Syrien-Konflikt


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In Syrien bekämpfen sich Unterstützer und Gegner des Regimes von Baschar Al-Assad erbittert. Die Vereinten Nationen gehen von zehntausenden zivilen Todesopfern und über einer Million Flüchtlingen aus. Human Rights Watch beklagt Kriegsverbrechen.

Von Alexander Matschke und Alexander Wragge

Worum geht es in dem Konflikt?

Der Konflikt in Syrien, der sich zu einem blutigen Bürgerkrieg entwickelt hat, begann im März 2011 mit Protesten gegen das Regime von Baschar Al-Assad.

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Als Auslöser gelten die Verhaftung und Misshandlung einer Gruppe von Schülern, die in der Provinzstadt Dara’a regimekritische Parolen an eine Wand geschrieben hatten. Das Regime verschärfte die Situation, als es am 18. März auf Demonstranten schießen ließ, die die Freilassung der Jugendlichen forderten. Die Proteste breiteten sich daraufhin rasch aus, beispielsweise in Städten wie Homs, Hama und Vororten von Damaskus.

Zu diesem Zeitpunkt hatten Protestbewegungen in Tunesien und Ägypten bereits ihre jeweiligen Regierungen gestürzt. Und auch in Libyen war ein Aufstand im Gange. Assad, der Syrien seit dem Jahr 2000 regiert und das Präsidentenamt von seinem Vater übernommen hatte, reagierte mit unklaren Reformversprechen und mit Gewalt auf die Demonstrationen im Land. In Folge des Vorgehens des Regimes gegen die Bevölkerung gründeten Deserteure der syrischen Armee im Juli 2011 in der Türkei die Freie Syrische Armee (FSA). In der Folge eskalierte der bewaffnete Konflikt mit den Truppen des Regimes zunehmend.

Im UN-Sicherheitsrat scheiterte im Oktober 2011 eine klare Verurteilung des Assad-Regimes an den Stimmen von Russland und China. Dahinter standen wohl auch Befürchtungen der beiden Veto-Mächte, der Westen könnte wie im Fall Libyens militärisch eingreifen und das Kräfteverhältnis in der Region zu seinen Gunsten verändern. Russland, ein Verbündeter Assads, belieferte das Regime seinerseits mit Waffen.

Die Konfliktlage lässt Möglichkeiten eines militärischen Eingreifens immer schwierger erscheinen. Die EU hat im Mai 2013 zwar ein Embargo gegen Syrien gelockert, so dass Waffenlieferungen an Rebellengruppen unter Umständen möglich sind. Fronten und Fraktionen im Syrien-Konflikt sind allerdings für Beobachter schwierig einzuschätzen. Die Aufständischen gehören überwiegend zur Mehrheit der Sunniten. Untesrützung erhalten sie teilweise auch von radikalen sunnitischen Gruppen wie der Al-Kaida. Schiitische Staaten wie der Iran haben sich dagegen hinter Machthaber Assad gestellt, der zur Minderheiten der Alawiten gehört

Nachdem die libanesisch-schiitische Organisation Hisbollah immer stärker auf Seiten des Assad-Regimes in den Bürgerkrieg eingegriffen hat, konnten die regierungstreuen Truppen wichtige Gebiete von den Rebellen zurückerobern. Der Syrien-Konflikt hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Nachbarstaaten. "Dabei treiben manche regionale Staaten den Konflikt an, während andere sich dafür einsetzen eine Ausbreitung der Spannungen zu verhindern," schreibt die europäische Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) in einer Studie (externer Link, englisch).

Die USA haben Anfang 2014 nach Informationen aus amerikanischen und europäischen Sicherheitskreisen damit begonnen, leichte Waffen an moderate syrische Rebellen im Süden des Landes zu liefern. Der US-Kongress habe in geheimen Abstimmungen die Finanzierung der Rüstungslieferungen gebilligt, berichtet die "Welt". Auch Saudi-Arabien soll Rebellengruppen mit Waffen unterstützen. [weniger anzeigen]


Wer sind die Opfer des Konflikts?

Insbesondere die Zivilbevölkerung leidet unter dem Bürgerkrieg. Die Vereinten Nationen gingen im April 2013 von über 93.000 Toten aus (externer Link, englisch). Millionen Menschen seien auf der Flucht.

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Viele von ihnen befinden sich in Flüchtlingslagern in Syriens Nachbarländern Türkei, Libanon und Jordanien. Die Zahl der Binnenflüchtlinge wird auf 4,3 Millionen geschätzt (Oktober 2013). Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft dem Assad-Regime Kriegsverbrechen vor. Die Nichtregierungsorganisation Amnesty International hat im März 2013 einen Bericht über Gräueltaten beider Seiten veröffentlicht. Auch die Vereinten Nationen beklagen in einem Anfang Juni veröffentlichten Bericht Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien, die überwiegend durch Regierungstruppen und deren Verbündete verübt würden. Im Oktober 2013 berichtete Human Rights Watch über ein von Rebellen verübtes Massaker im Verwaltungsbezirk Latakia, bei dem mindestens 190 Zivilisten getötet und über 200 als Geiseln genommen worden seien. [weniger anzeigen]

Wurde Giftgas eingesetzt?

Vorwürfe der Rebellen, das syrische Regime habe bei Kämpfen chemische Kampfstoffe eingesetzt, hätten im August und September 2013 beinahe ein militärisches Eingriffen der USA provoziert.

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US-Präsident Barack Obama zeigte sich entschlossen, Ziele in Syrien anzugreifen. Vor einem Marschbefehl wollte er jedoch die Zustimmung des US-Kongresses einholen. Nachdem das syrische Regime zugesagt hatte, seine Giftgasbestände unter internationale Kontrolle stellen zu wollen, betonte Obama in einer Rede an die Nation, dass er eine diplomatische Lösung der Frage bevorzuge. Einen Militärschlag schließt er jedoch weiterhin nicht aus.

Am 14. September 2013 haben sich die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, darauf verständigt, dass die syrischen Giftgasbestände vernichtet werden sollen. Andernfalls drohen sie mit einer Resolution des UN-Sicherheitsrats.

Wenig später legte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Bericht des UN-Chefwaffeninspekteurs Ake Sellström über Analysen der Waffeninspektoren vor. Aus dem Report geht vor, dass das Nervengas Sarin bei Kämpfen in Syrien eingesetzt worden ist. Offen bleibt, wer für den Angriff verantwortlich ist, bei dem am 21. August östlich von Damaskus 1300 Zivilisten getötet worden sein sollen. Die UN-Experten hatten kein Mandat erhalten, diese Frage zu prüfen.

Großbritannien hat nach einer Entscheidung des Parlaments erklärt, nicht an Militäraktionen gegen Syrien teilzunehmen. Frankreich, das frühzeitig von Beweisen für einen Chemiewaffeneinsatz durch Assads Armee ausgegangen war, signalisierte hingegen seine Bereitschaft zu einem möglichen militärischen Vorgehen. Die Bundesregierung will sich "in keinem Fall" beteiligen. [weniger anzeigen]

UN-Friedenskonferenz

Eine UN-Friedenskonferenz in Genf (Start: 22. Januar) soll den Konflikt lösen. Bislang gestalten sich die Vehandlungen mühsam.

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UN-Vermittler Lakhdar Brahimi bat das syrische Volk wegen der geringen Fortschritte Mitte Februar 2014 um Verzeihung. Zwar haben sich die Vertreter von Regierung und Opposition auf eine dritte Verhandlungsrunde verständigt, allerdings noch keinen Termin festgelegt.

Die syrische Regierung beharrt nach Brahimis Angaben darauf, dass als erstes zwingend über den Kampf gegen den "Terrorismus" gesprochen werden müsse, als den sie den Aufstand einstufen. Ein Vertreter der Opposition sagte, bei der Sitzung sei "nichts Positives" herausgekommen.

Der deutsche Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zweifelt an einem schnellen Ende des Konflikts. "Von einer politischen Lösung der Krise sind wir leider noch weit entfernt", so Steinmeier Mitte Februar 2014. [weniger anzeigen]


Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2014.