Handel, Investition, Wettbewerb – Chancen und Risiken von TTIP

Izabella Reimers CC BY NC SA 2.0

Hier finden Sie die Positionen der an den Bürgerdialogen beteiligten Organisationen und Institutionen zum Themenkomplex der möglichen Chancen und Risiken von TTIP.

Indem Sie sich auf Publixphere registieren, können Sie die Texte in der rechten Spalte kommentieren und Ihre Meinung und Fragen einbringen.

[Zurück zur Übersicht]

Bündnis TTIP Unfairhandelbar

Zauberwort: Deregulierung! Ein Ziel der TTIP-VerhandlerInnen ist eine umfassende regulatorische Harmonisierung zwischen den USA und der EU. Im Gespräch ist die Einrichtung eines regulatorischen Rates, welcher aus Bürokraten und Wirtschaftslobbyisten besteht, eine zentrale Rolle bei Regulierungsmaßnahmen spielt und im Nachhinein Details über Harmonisierung von Regulierungen und Standards entscheiden soll (wie Hormonfleisch, Fracking etc.). De Gucht und Co. beteuern, dass Europäische Standards nicht gesenkt werden. Müssen sie auch nicht – dafür erkennt man einfach die jeweils anderen Standards an und Unternehmen können ihre Produkte dort zulassen wo die Standards am schwächsten sind. Dass dabei Verbraucher- und Umweltschutz auf der Strecke bleiben – wen kümmert‘s? Sollten Konzerne regulatorische Maßnahmen dennoch nicht stoppen können, dann schüttelt man eben ISDS aus dem Ärmel. Bei diesen Investor-Staat-Schiedsgerichtverfahren einigen sich drei Anwälte außerhalb jeglicher rechtstaatlicher Instanzen. Diese geheimen Gerichte stehen daher über der Souveränität des Staates, der Parlamente und der Verfassungsgerichte. Hat sich das „Gericht“ einmal entschieden ist die Entscheidung unanfechtbar. Diese Sonderklagerechte für multinationale Konzerne unterlaufen grundlegende Prinzipien des Rechtsstaates! Nicht absehbar sind ebenfalls die Folgen für Schwellen- und Entwicklungsländer. Geht es nach dem Willen der EU und USA soll das TTIP ihre Vormachtstellung ausbauen und als Blaupause für weltweite Handelsregeln dienen. Dass andere Staaten ihre Marktanteile verlieren und somit auch Ziele der Entwicklungspolitik untergraben werden wird in Kauf genommen.

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Bei TTIP geht es darum, Zölle und andere unnötige Handelsbarrieren - wie z. B. doppelte Zulassungsverfahren bei gleichen technischen Anforderungen etwa für Sicherheitsgurte - zwischen der EU und den USA abzubauen. Verbraucherinnen und Verbraucher können so über eine größere Produktauswahl verfügen und dank geringerer Handels- und Produktionskosten günstiger einkaufen. Kleine und mittelständische deutsche und europäische Unternehmen, die weltmarktfähige Produkte herstellen, aber wegen kostspieliger Produktprüfungsanforderungen nicht auf den US-Markt gehen, werden von der regulatorischen Zusammenarbeit bei gleichwertigen Sicherheitsstandards profitieren. Die Bundesregierung möchte sie bei ihrer Internationalisierung und Erschließung dynamisch wachsender Märkte unterstützen. Mit dem Abkommen sollen mehr Exporte und Importe, mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, mehr Wettbewerb sowie positive Impulse für den europäischen Arbeitsmarkt geschaffen werden. TTIP birgt zudem die Chance, dass die zwei größten Handelsräume weltweit zusammenwachsen und hohe Maßstäbe setzen. Die normsetzende Kraft des Abkommens kann dazu beitragen, die wirtschaftliche Globalisierung insgesamt nachhaltiger zu gestalten.

dbb beamtenbund und tarifunion

Wir befürworten fairen Wettbewerb und freien Handel, sehen Chancen in einer engeren wirtschaftlichen Verflechtung Europas mit den USA. Protektionismus schadet dem Wohlstand und der Entwicklung innovativer und wettbewerbsfähiger Güter und Ideen. Gleichzeitig wollen wir aber nicht, dass Leistungen der Daseinsvorsorge unter Privatisierungsdruck kommen. Für Bildung zum Beispiel müssen andere Regeln gelten als für kommerziellen Handel. Das Streitbeilegungsverfahren bei Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS) stellt inzwischen auch die Bundesregierung zu Recht in Frage. Die EU-Mitgliedstaaten und die USA sind verlässliche und sichere Rechtsstaaten. Besonders über öffentliche Dienstleistungen müssen Parlamente entscheiden, nicht internationale Schiedsgerichte. Im Falle von Rechtsstreitigkeiten müssen nationale oder europäische Gerichte urteilen.

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Freier Handel ist die Grundlage für unseren Wohlstand. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland wird durch den Export gesichert, in der Industrie ist es jeder zweite. Und dies betrifft nicht nur die großen Unternehmen: Gerade der industrielle Mittelstand ist exportorientiert. Viele kleinere Unternehmen profitieren als Zulieferer und Dienstleister indirekt vom Handel. Die USA sind der wichtigste deutsche Handelspartner außerhalb der EU. US-Investitionen sichern über 600.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Der Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen mit den USA wird daher zu mehr Handel und Investitionen führen und so Arbeitsplätze sichern und schaffen. Vor dem dadurch entstehenden Wettbewerb muss sich gerade die deutsche Wirtschaft nicht fürchten: Der Global Competitveness Report des World Economic Forum hat gerade wieder die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen hervorgehoben. Es spricht also viel dafür, dass TTIP gerade für Deutschland große Chancen mit sich bringt.

Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Verband kommunaler Unternehmen e.V.

Die kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen begleiten konstruktiv die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und weitere Freihandelsabkommen. Sie unterstützen das mit den Abkommen verfolgte Ziel, durch den Abbau von Handelshemmnissen und die Verbesserung der Investitionsbedingungen die Schaffung von Arbeitsplätzen zu befördern. Freihandelsabkommen bergen jedoch auch erhebliche Risiken für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, die durch die Kommunen und ihre Unternehmen verantwortet und erbracht werden. Beeinträchtigungen dieser, für die Bürgerinnen und Bürger wichtigen Dienstleistungen durch Freihandelsabkommen müssen ausgeschlossen werden. Die ausführliche Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände und des VKU finden Sie hier.

Europäische Kommission

Als Europäische Kommission verfolgen wir eine wachstums- und beschäftigungsfördernde Politik. Wir sind überzeugt, dass TTIP Europa nicht nur konkrete wirtschaftliche Vorteile bringen, sondern auch die Chancen für Arbeitnehmer, Verbraucher und Unternehmen deutlich verbessern wird. TTIP eröffnet europäischen Unternehmen neue Absatzmärkte und wird sich positiv auf den Investitions- und Handelsstandort Europa auswirken. Darüber hinaus setzt TTIP einen klaren Handlungsrahmen für die strategische Partnerschaft zwischen Europa und den USA. TTIP wird maßgeblich dazu beitragen, dass unsere gemeinsamen Werte und Prinzipien im Zeitalter der Globalisierung nachhaltig gewahrt werden. Wir fördern ein internationales System, das offenen Märkten, der Demokratie und dem Schutz des Einzelnen verpflichtet ist.

Deutscher Gewerkschaftsbund DGB

TTIP soll US-Unternehmen den Marktzugang in Europa erleichtern und umgekehrt. Das bietet Unternehmen neue Absatzmärkte, erhöht aber zugleich den Wettbewerbsdruck. Dieser Wettbewerb darf nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Kein Unternehmen darf kurzfristige Kostenvorteile besitzen, weil in seinem Herkunftsland die Arbeitnehmerrechte eingeschränkt oder Umwelt- und Verbraucherstandards niedriger sind. Bevor Märkte liberalisiert werden, muss deshalb sichergestellt sein, dass gleichwertige Schutzrechte auf höchstem Niveau bei den Handelspartnern existieren und dass diese auch künftig nicht abgebaut werden. Bislang werden Arbeitnehmerrechte in den USA nicht im gleichen Ausmaß geschützt, wie in Deutschland und anderen Staaten der EU.

Deutscher Industrie- und Handelskammertag DIHK

Die USA sind Deutschlands wichtigster Exportmarkt außerhalb Europas mit einem Exportwert von über 80 Milliarden € allein in 2013. Der Abbau von Zöllen und technischen Handelshemmnissen birgt großes Potenzial für neue Wachstumsimpulse in Deutschland. Gleichzeitig kann ein umfassendes Abkommen als Modell für weitere, auch multilaterale Abkommen dienen und klare Zeichen gegen den zunehmenden Protektionismus in der Weltwirtschaft setzen. Dies soll ausdrücklich nicht auf Kosten der europäischen Bürger geschehen: Ein ausgewogener Vertragstext ermöglicht beides - den Abbau von Handelshemmnissen und die Wahrung unserer Sicherheitsstandards.

Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA

Der deutsche Maschinenbau setzt sich ausdrücklich für ein umfassendes Handelsabkommen mit den USA ein. Zum einen würde es Zölle beseitigen. Zwar sind die Zölle zwischen der EU und den USA im Maschinenbaubereich mit 2 bis 4,5 Prozent relativ gering. Aber selbst niedrige Zölle bewirken bei einem absoluten bilateralen Handelsvolumen von rund 50 Milliarden Euro allein im Maschinenbau Belastungen von mehreren hundert Millionen Euro.
In unserer Industrie erschweren aber vor allem so genannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse den Export. Im Wesentlichen sind das unterschiedliche Regelungen und Standards, beispielsweise verschiedene Stecker, Kabel oder Gewinde. Weil europäische Unternehmen ihre Maschinen für den amerikanischen Markt umrüsten und neu zertifizieren müssen, sind ihre Produkte dort 5 bis 20 Prozent teurer. Die unterschiedlichen Normen wirken letztlich wie Zölle. Diese Hürden im transatlantischen Handel sind insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen schwer zu überwinden. Die Kosten für die Angleichung der Produkte bzw. Komponenten aufgrund unterschiedlicher Regularien können diese oft nicht übernehmen und verzichten deshalb auf das USA-Geschäft.


Foto & Teaser: Izabella Reimers | CC BY NC SA 2.0