Hangout mit Axel Voss: Datenschutz und Selbstverantwortung in einer globalen Datenverkehrsregelung

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Am 19. Mai 2014 trafen wir in Kooperation mit der Politikfabrik CDU-MdEP (EVP-Fraktion) und Datenschutzexperte Axel Voss MdEP, CDU im Google-Hangout zum Interview. Yannick Haan (Politikfabrik), Niklas Götz und Daniel Vedder (beide CATO-Blog) begleiteten das Gespräch.

Ähnlich zu den, bereits bei uns im Forum zur Verfügung gestellten Thesen begann Axel Voss MdEP, CDU mit einem nachdrücklichen Hinweis auf die Eigenverantwortung der BürgerInnen, die zunehmend sensible Daten ins Web einspeisten. Die Nutzerinnen müssten dem Staat an dieser Stelle helfen Schutz zu gewährleisten. Auf Nachfrage von danielv und mit dem Hinweis darauf, dass Unternehmen und anhängende Betriebssysteme ihre Nutzerinnen zunehmend zwingen Daten für den Gebrauch freizugeben, führte Voss die, vom EU-Parlement und vom Rat bis dato blockierte, angestrebte Datenschutzreform an, die in diesem Rahmen Abhilfe schaffen solle, vermutlich aber erst in 2015 auf den Weg käme. Zudem brauche es, so Voss, mehr Wettbewerber um einer Monopollandschaft innerhalb der Infrastruktur des Webs beizukommen.

Zum Thema Lobbying im IT-Sektor äußerte sich Voss (ab Minute 10:45 im Hangout) wie folgt:

"Gesetzgebung ist Wettbewerb der Ideen, politisch und inhaltlich. […] Da ich mich mit der ganzen Computertechnik nicht so gut auskenne, welche Auswirkungen nun bestimmte Regeln haben, ist es dann eben auch sinnvoll sich die möglichen Probleme bestimmter Firmen anzuhören. […] Wir bekommen natürlich auch Formulierungs-Vorschläge eingereicht, was ich auch manchmal sinnvoll finde, damit man besser erfassen kann, was die Lösung ihres Problems sein kann. Weil man, wenn vieles im Englischen stattfindet oftmals garnicht das Gespür dafür bekommt was nicht richtig läuft."

Wenn angemessen, sollte man durchaus auf die Vorschläge der Firmen eingehen und diese Formulierungen übernehmen, resümierte Voss anschließend.

Für ihn gibt es darüber hinaus einen deutlichen Unterschied zwischen Datenschutz, welcher sich auf einen rechtmäßigen Umgang mit Daten bezieht, und der Spionageaffaire, in der das Problem im unrechtmäßigen Umgang mit Daten liege.

Voss priorisiert als Lösung gemeinsame Standards zwischen der USA und der EU. Da dies aber vorläufig nicht absehbar sei, brauche es zunächst einen einheitlichen europäischen Weg: IT-Unabhängigkeit, Servern im Rechtsraum der EU, verbesserte Kontrollen sowie anhängende Verschlüsselungstechnologien.

Angestrebt sei letzlich eine 'Datenverkehrsordnung', also ein globales Abkommen zur Orientierung im Web wie im echten Straßenverkehr, mit globalisierten Standards.

Im Nachklapp auf das Hangout übte vor allem UserIn anne-marie harsche Kritik an den Aussagen des Europaabgeordneten.

Sie kritisierte die Einschätzung von Herrn Voss, dass die Nutzer*innen vorwiegend selbt für ihren Datenschutz verantwortlich seien:

"Herr Voss sagte, jeder solle Acht geben auf seine Daten, ist mithin selbstverantwortlich - nur, was heißt das realistisch? Keine Profile mehr in sozialen Netzwerken, kein Online-Shopping mehr? Oke, kool, schaffen wir einfach das Netz wieder ab!"

Kritisiert wurde von ihr darüber hinaus der Umgang des Datenschutzexperten mit Lobbyunternehmen und Klientelinteressen:

"Lobbyismus als 'Wettberwerb der Ideen' zu umschreiben halte ich allerdings für mutig, ebenso wir ihr Eingeständnis nichts von Technik zu verstehen und zur Entscheidungsfindung 'Experten' zu brauchen - Google und Co?!"

Weiterhin übte anne-marie deutliche Kritik am den Interviewpartnern des CARTO-Blogs, die ihrer Meinung nach zu unkritisch mit den Äußerungen Voss' umgegangen seien und auf rein technische Lösungen des Spionageskandals setzten:

"Liebe Blogger, glaubt ihr wirklich daran, dass Verschlüsselung, also technische Projekte eine echte Lösung sind? - brauchen wir nicht endlich richtungsweisende Politiken?"

Im Forum reagierten beide Blogger darauf: danielv meint:

"Natürlich wäre es wünschenswerter, umfassende rechtliche Lösungen zum Datenschutz zu finden, die von allen respektiert werden. Wir sollten daran arbeiten, aber es ist utopisch, zu glauben, dass wir es in nächster Zukunft hinbekommen können. Da ich mit dem Datenschutz aber nicht warten will, bis ein paar Tausend Politiker weltweit sich einig geworden sind, suche ich nach anderen Lösungen. Und da ist die billigste und einfachste Möglichkeit meines Erachtens nach die Verschlüsselung."

Auch NGoetz pflichtete dem bei:

"Verschlüsselung ist eine Notlösung, aber die beste die wir haben."

Wir danken der Politikfabrik, den Bloggern und Axel Voss für dieses spannende Hangout.


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