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Griechenland-Rettung: Der Ausverkauf Deutschlands geht weiter!


picture alliance / dpaIst die Austeritätspolitik der richtige Weg oder doch verfehlte Wirtschaftspolitik, so wie es in dieser Parodie von griechischen Künstlern dargestellt wird? Foto & Teaser: picture alliance / dpa


Ein Beitrag von MisterEde

Anders als Merkel und Schäuble versprochen haben, werden auch künftig Milliarden Euro im schwarzen Loch Griechenland versickern. Bereits jetzt haftet Deutschland nach Medienschätzungen mit 60-80 Mrd. Euro für die Verbindlichkeiten Griechenlands und dieser Betrag wird nun weiter wachsen. Anstatt in Deutschland für gute Schulen, Krankenhäuser und Straßen zu sorgen, wird damit wieder einmal für Milliarden Euro etwas versucht, was bereits jetzt immer wieder kläglich scheiterte.

Anmerkung: Was mich daran so ärgert, ist ja nicht, dass Griechenland weiterhin Finanzhilfen benötigt, sondern dass mit der Austeritätspolitik weiterhin dafür gesorgt wird, dass diese Finanzhilfen nichts oder nur sehr wenig bringen. Außerdem raffe ich echt nicht, wie man die offensichtlichen Probleme im Rest der Eurozone einfach so ignorieren kann.

Debatte: Jetzt gibt es doch zwei Möglichkeiten. Entweder ich liege mit meiner Kritik an der Austeritätspolitik richtig und da wird einfach ein riesen Schwachsinn betrieben, dann sollte es doch aber möglich sein, etwas gegen diesen milliardenschweren Unfall der Wirtschaftspolitik zu unternehmen. Oder ich liege falsch, dann müsste doch aber spätestens in einem Debattenportal Widerspruch kommen.


Kommentare

  • Hallo MisterEde,

    das ist die zentrale Diskussion, aber ich glaube der Grund, warum Politik sie nicht führen kann, liegt immer noch in der Konstruktion der Eurozone. Ich versuche mal ein paar Punkte zu machen.

    • es wird immer kritisiert, man habe über die Rettungsschirme ja nur die Banken gerettet und nicht die Griechen unterstützt. Ich finde das oberflächlich. Wenn Griechenland geholfen wurde, Schulden zu bedienen und nicht Bankrott zu gehen, dann ist das erst mal fast dasselbe. Ausserdem ist das Geld nicht in Taschen von Bankern verschwunden, sondern hat dafür gesorgt, dass Europas Banken nicht pleite gingen und ihre Kunden, also wir alle, gleich mit.

    • Niemand hat etwas dagegen, Geld für Griechenlands Infrastruktur, für die Schulen, Krankenhäuser und Beamten auszugeben, oder auch einfach für die Konjunktur dort. Das Problem ist nur einfach, eine Euro-Finanzierung ist für diese Dinge überhaupt nicht vorgesehen. Wir bewegen uns immer noch (vielleicht sogar EU-rechtswidrig) in einem Nothilfemodus, entgegen der Nicht-Beistandsklausel. Kurz: Deutschland kann gar nicht einfach so systematisch Geld nach Griechenland pumpen. Und wenn ja, warum dann nicht auch nach Portugal und Spanien?

    • Ein neuer Euro-Finanzausgleich / Transfer (neben dem bereits bestehenden EU-Haushalt mit Nettozahlern und - Empfängern) bräuchte eine grundlegende Reform der Eurozone und Vertragsänderungen. Dieser Prozess ist jetzt in 5 Jahren Eurokrise nicht zustande gekommen. Warum? Weil hierzu anscheinend jeder politische Wille fehlt...oder die demokratische Mehrheit? oder weil das Vertrauen fehlt in die Regierungen Griechenlands und anderer Länder mit den systematischen Transfers nachhaltig umzugehen? Weil diese vielleicht einfach davon leben würden, statt sie so schnell wie möglich überflüssig zu machen?

    • eine Systemlösung wäre natürlich viel demokratischer, beispielsweise könnte eine Euroregierung mit einem Eurzonen-Parlament abmachen, wer was bekommt, wir wären die in der tat unwürdigen 'bilateralen' Nächte der langen Messer zwischen Gläubigern und Schuldnern los. Allerdings birgt dieser Riesenschritt in Richtung 'Euro-Staatlichkeit' irre Konflikte, und unsere europäische Identität scheint mir viel zu schwach ausgeprägt, um sie zu ertragen (so wie der Bayer erträgt, das Bremen sein Geld ausgibt).

    • ich fände diese Debatte um die Eurozonen-Reform trotzdem elementar wichtig, aber die Systemdebatte wird nur von Experten geführt, von den Bundestagsparteien höre ich hierzu kein Wort. Jedenfalls zielführender als dieses ständige Austeritätspolitik ja oder nein. Am Anfang steht für mich selbst allerdings Misstrauen: Ich traue der EU, dem europäischen System, keine erfolgreiche, zentralisierte, nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik für den Euroraum im Ganze zu. Noch nicht.

    • Hallo Rakaba,

      Danke für die ausführliche Antwort. Ich greife die Punkte mal der Reihe nach auf:

      1. Ja und nein. Erst mal ist festzuhalten, dass Griechenland schon lange vorher, selbst in den geschönten Statistiken, eine massive Verschuldung angehäuft hatte. In der Finanzkrise drohte dann Griechenland auszufallen mit Folgen für die Finanzwelt und vor allem mit Folgen für das Vertrauen in andere Euro-Staaten. Und ob man in dieser Situation nun den Schuldner vor einer Insolvenz bewahrt hat, damit nun nicht der Eindruck entsteht, auch Spanien oder Portugal könnten im Euro-Währungsverbund insolvent gehen, oder ob man die Gläubiger-Banken vor einem Ausfall geschützt hat, ist da eigentlich eher eine philosophische Frage. Wahrscheinlich war schlicht beides das Ziel. In Irland sieht das aber gänzlich anders aus, dort gab es vor der Bankenrettung eine sehr moderate Staatsverschuldung. In Irland hat also vor allem die Bankenkrise die Schulden verursacht, deshalb würde ich vor allem in Bezug auf Irland davon sprechen, dass mit hunderten Milliarden Banken gerettet wurden, und nicht so sehr in Bezug auf Griechenland (wie das die Linke zum Beispiel macht, was ich für eher populistisch halte).

      2. Worin ich zustimme ist, dass es wichtig ist, nicht gezielt Griechenland zu fördern, sondern insgesamt die schwächeren oder schwächelnden Länder der Eurozone (EU). Es sollte nicht so sein, dass ein Land den Staatsbankrott anpeilt, um sich dann Investitionen und Hilfen der EU zu sichern. Ich sehe allerdings weniger bedenken in der Machbarkeit. Zwar kann das nicht so schnell institutionalisiert werden, aber gewisse Spielräume hat die EU mit ihren Institutionen schon jetzt und auch bilaterale Hilfen sind durchaus Möglichkeiten um rasch etwas zu bewegen.

      3. Ich habe es mal so beschrieben. Die Eurozone braucht eine stärkere politische Integration, also genau das, was viele politische Kreise, aber auch Bürger, ablehnen. Sicher ist das ein Problem, zu dem dazu kommt, dass den meisten Menschen bis zur Eurokrise gar nicht bewusst war, dass das überhaupt ein großes Problem ist (und ich glaube nicht wenigen ist das auch jetzt noch nicht so richtig klar).

      4. Das sehe ich gerade anders. Für eine wirtschaftspolitische Koordination braucht es meines Erachtens nicht unbedingt so große kulturelle Nähe. Eine gemeinsame Bemessungsgrundlage und Mindeststeuersätze sind ja z.B. nicht gerade identitätszerstörend.

      5. Ja, was ich halt faszinierend finde, dass sich hier nicht mal ein Bundestagsabgeordneter bereit erklärt in die Debatte mit einzusteigen und mal zu erklären, wieso er oder sie an dem bisherigen Vorgehen bei der sogenannten „Euro-Rettung“ festhalten will. Daher ist auch hier zurzeit so mein Eindruck, eine wirkliche Debatte ist in dieser Hinsicht gar nicht gewollt.
    • Hallo Rakaba,

      Deine Thesen leuchten mir ein. Eine System-Debatte um die Eurozone und eine Reform wären mehr als nötig, sonst bleibt es mit der gemeinsamen Währung eine Hängepartie, und das Drama mit Griechenland setzt sich fort.

      Aber so lange wir das "noch nicht" haben, könnte man unter den gegebenen Umständen für Griechenland, wenn schon nicht Transfers das Richtige sein können, Ideen für andere, kleinere Auslandshilfen denken? Ganz naiv will ich mal drei nennen:

      1. Griechenland erwartet in diesem Jahr wieder Millionen von Urlaubern. Wie wäre es mit einer Abgabe von - sagen wir - 10 E pro Fluggast für Projekte in Griechenland, die gewinnbringend arbeiten und Arbeitsplätze schaffen? (Solarenergie, was weiß ich)

      2. Wie wäre es, wenn die Olympiade alle 4 Jahre in Griechenland, dem Ursprungsland der Olympiade, stattfände?

      3. Eine europäische Exzellenz- Universität in Athen (in An-knüpfung an die große griech. Tradition)?

      Die Austeritätspolitik wird Griechenland von den Gläubigern aufgezwungen. Insofern greift sie in die Souveränität des griechischen Staates ein. Aber die Umsetzung der Sparpolitik ist Griechenlands Sache. Dass Griechenland an den Rentnern und Armen des Landes spart, ist doch nicht die Schuld der anderen 18 Euro-Staaten.

      Griechenland muss seine Wirtschaft umstrukturieren. Eine gerechtere Sozial- und Steuerpolitik schaffen. Sobald der Staat durch kreative und konstruktive Ideen, die auch ausländischen Investoren und der EU Lust machen zu investieren, wieder mehr "erwirtschaftet" hat, kann er das auch.

      • Hallo Doro,

        Sie haben ergänzt, "Griechenland muss seine Wirtschaft umstrukturieren" usw.

        Das ist aber nicht ganz oder nicht alleine richtig. Auch Deutschland muss endlich seine Lohndefizite ausgleichen, um z.B. nicht durch das deutsche Lohndumping Griechenland in die Knie zu zwingen.

      • Hallo Doro,

        Es stimmt, es ist wichtig jetzt konkrete Maßnahmen zu ergreifen und nicht sich Gedanken zu machen, wie die EU oder die Eurozone in 5 oder 10 Jahren aussehen soll. Eine einheitliche Besteuerung von Unternehmen oder eine stärkere politische Integration wird man nicht eben umsetzen können. Das muss man zwar auch angehen, aber man muss eben jetzt auch konkret handeln, um die jetzigen Probleme lösen.

        1. Ich weiß nicht wie das das IOK sehen würde, aber insgesamt eine nette Idee.
        2. Wissenschaft und Forschung zu fördern, würde ich voll unterstützen.
        3. Abgabe Fluggast. Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob das so gut ist, wenn damit wieder die Preise für Touristen steigen. Sinniger wäre es aus meiner Sicht nochmal zu überlegen, ob wir tatsächlich auf Hotelübernachtungen in Deutschland den niedrigeren MwSt.-Satz brauchen.
  • Was haltet ihr von dem Text-Ansatz, mit BILD-Niveau zu beginnen und sich dann zu der wichtigen Aussage hinzuarbeiten, „dass mit der Austeritätspolitik weiterhin dafür gesorgt wird, dass diese Finanzhilfen nichts oder nur sehr wenig bringen.“

    • Moin, MisterEde, ich befürchte ich hab das jetzt 'mal nicht verstanden.

      • Hallo nemo,

        im ersten Abschnitt wollte ich vom Ton her, z.B. „Ausverkauf“ oder „schwarzes Loch Griechenland“, der Eindruck eines aufgrund von Griechenland leidenden Deutschlands vermitteln, obwohl ja offensichtlich nicht Deutschland das Land ist, das unter den bisherigen Entwicklung groß zu leiden hat, sondern eher noch profitiert.

        Mein Gedanke: Wenn man darstellt, dass Deutschland unter der Austeritätspolitik leidet, spricht so ein Text vielleicht mehr Leute an als wenn die Überschrift lautet, „Griechenland leidet“. An der Kernaussage, die Austeritätspolitik versursacht einen großen Teil dieses Leids, ändert sich ja dadurch nichts und auf diese Aussage kommt es mir ja an.

        • I ‘ve got it now! Du wolltest sagen: Nicht Deutschland blutet aus, sondern im Gegenteil: „THE WINNER IS …“. Stimmt nämlich genau! Allein zwischen 1999 und 2014 trug das krisengeplagte Griechenland mit insgesamt 37,2 Milliarden EUR zum Bundesdeutschen Leistungsbilanzüberschuss bei. Plus Zinszahlungen in Höhe von 360 Millionen EUR p.a. an den Bundeshaushalt. Plus 40 bis 60 Milliarden Zinsersparnis p.a. wegen des Zinsverfalls für Deutsche und Internationale Staatspapiere, dank einer EZB Zinspolitik, die wesentlich auch auf die Rettung / Staatsfinanzierung der notleidenden Südländer der Eurozone gerichtet ist. Da kommt eine Menge Kohle in Deutsche Kassen!

          Zumindest das bisher nur theoretische deutsche Haftungsrisiko für den ESW haben wir schon mal verdient. Wird der dann doch nicht gebraucht, können wir ihn nutzen den Rest der EU/EWU weiter wettbewerbsmäßig platt zu machen.

          Oder der Ukraine einen sinnlosen Krieg zu finanzieren oder südlich des Transhimalaja für Deutsche Sicherheit zu kämpfen u.s.w.

          Aktuell: Einst hallten die Schritte deutscher SS-Offiziere durch die Gassen von Athen. Die Herren der TROIKA treten wesentlich leiser und bevorzugt in hand- und maßgefertigten Kalbslederschuhen auf. Warum Sie trotzdem in Athen so unbeliebt sind zeigt dieser ARD-Beitrag. Unfassbar was da mit Billigung des EU-Parlaments und der von Euch und auch von mir gewählten Vertreter gelaufen ist.

          Unbedingt gucken & lernen! Und Eure Europa-Abgeordneten per Twitter, Facebook & E-Mail mit Fragen bombardieren.

          BTW: Öffentlich-rechtlicher Journalismus vom feinsten!!

          • Hallo nemo,

            in diese Richtung, wobei für mich die Eurozone schon auch ein Ganzes ist. Soll heißen, wir profitieren vielleicht relativ gesehen, aber ich behaupte, wenn ein Apfel an einer Stelle faul ist, freut sich nicht eine andere Stelle, dass sie relativ gesehen noch frisch ist. Ich denke, der Ausverkauf der Eurozone ist der Ausverkauf Deutschlands wie auch Griechenlands. Nicht nur deutsche Sparer, sondern alle Sparer in der Eurozone stehen niedrigen Zinsen gegenüber und nicht nur griechische Arbeitslose, sondern auch deutsche Arbeitslose sind davon betroffen, dass die Konjunktur in der Eurozone nicht so läuft, wie sie laufen könnte. Und solange wir mit der Austeritätspolitik weitermachen werden die Probleme meines Erachtens eher verschärft als gelöst, ganz unabhängig davon welches Euro-Land im einzelnen betrachtet wird.

  • 'Der Ausverkauf Deutschlands' ??? Achso, wir armen...

    • Das war eben der Text-Ansatz, mit BILD-Niveau zu beginnen und sich dann zu der wichtigen Aussage hinzuarbeiten, „dass mit der Austeritätspolitik weiterhin dafür gesorgt wird, dass diese Finanzhilfen nichts oder nur sehr wenig bringen.“ (Siehe Kommentar unten)

      Sie haben aber natürlich recht anne-marie, eigentlich müsste es der Ausverkauf der Eurozone heißen.