Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele - Historie

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  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

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    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt – die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Das muss auch die Politik begreifen, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Gegen das Gegeneinander

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich auch die Initiative European Republic für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

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    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0) Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0) "Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt – die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Das muss auch die Politik begreifen, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Gegen das Gegeneinander

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich auch die Initiative European Republic für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

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    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Gegen das Gegeneinander

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich auch die Initiative European Republic für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

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  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

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    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Das muss auch die Politik begreifen, , Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Gegen das Gegeneinander

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich auch die Initiative European Republic für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen - sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

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    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Gegen das Gegeneinander

    Das Gegeneinander nicht mehr bieten lassen

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich auch die Initiative European Republic für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen - sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben, beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sind es sogar 78 Prozent. Werden alle Altersgruppen miteinbezogen, liegt die Zustimmung zur EU dagegen nur bei durchschnittlich Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Das ''Das Gegeneinander nicht mehr bieten lassen

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstirniger engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen, Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet.

    Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang, Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell setzt sich Link: https://publixphere.net/d/1959 [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative European Republic " für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa. Wir Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Rollback Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen - sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sogar 78 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    ''Das Gegeneinander nicht mehr bieten lassen

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet. Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative „European Republic" für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle ...


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sogar 78 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    ''Das ''Das Gegeneinander nicht mehr bieten lassen

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet. Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative „European Republic" für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

    Aidin Halimi Asl: Beleidige nicht meine Generation

    European Republic: Europa: Eine neue Version ist verfügbar

    Treffpunkt Europa: EU-Arbeitslosenversicherung: Damit die Eurozone zum Stehaufmännchen wird

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)"Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0)

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken mittlerweile ist. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sogar 78 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    ''Das Gegeneinander nicht mehr bieten lassen

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet. Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative „European Republic" für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

    Links zur Generationen- und Europadebatte

    Aidin Halimi Asl: Beleidige nicht meine Generation Link: https://publixphere.net/d/1996

    European Republic: Europa: Eine neue Version ist verfügbar Link: https://publixphere.net/d/1959

    Treffpunkt Europa: EU-Arbeitslosenversicherung: Damit die Eurozone zum Stehaufmännchen wird Link: http://www.treffpunkteuropa.de/EU-Arbeitslosenversicherung-Damit-die-Eurozone-zum-Stehaufmannchen,05808

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Weldon Kennedy (CC BY 2.0) "Die mobilste und transnationalste Generation aller Zeiten". Im Bild: Die spanische Treppe in Rom. Foto: Weldon Kennedy Link: https://www.flickr.com/photos/99123936@N00/5201171630/in/photolist-8VBn7W-7Xcpu-etS5yA-etQnc7-31Lwg-4gDrXm-iDQxXj-4E5uW-i5h9Rt-eLF72J-7Zr55N-6oBPuK-etMdbg-tjUQW-8D7QP1-4gDs2o-a8tp4p-4gzokZ-fxP49u-9rF9d4-4W6g1C-9NycsG-y9qXY-9XS6dj-nzRPHG-8dia6X-48XhtT-dGbabP-31f11v-6ELD8o-7sZSD9-etQnuo-5pcw4e-8ALMz9-pgibJe-9JRjrP-8AHHMr-6ypzdb-ccxVPy-6EGn8x-8ALP1s-t3XLy-etS65N-6jnuWd-a7AtoK-4jitch-8PRnY-rNkZpK-ukBL94-u3YKXR (CC BY 2.0 Link: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/ )

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa weiß, wie lebensfern nationales Denken ist. erlebt, wie untauglich nationale Denkmuster geworden sind. Sie muss sich endlich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sogar 78 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet. Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative „European Republic" für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

  • Generation Europa: Wir sind anders...und wir sind viele

    von Linn Selle, angelegt

    Ob im Freundeskreis oder auf dem Arbeitsmarkt - die Generation Europa erlebt, wie untauglich nationale Denkmuster geworden sind. Sie muss sich in der Politik wiederfinden, fordert Linn Selle


    Ein Beitrag von Linn Selle

    Die Jugend von heute: Immer auf der Jagd nach einem Facebook-Like, ohne Bock auf echte Politik? Ich bin da anderer Meinung. Untätigkeit wird uns oft nur deshalb vorgeworfen, weil wir uns politisch anders empfinden und ausdrücken als vorherige Generationen. Viele Denkschablonen haben für uns an Kraft verloren. Wir sind anders, aber nicht „mangelhaft“ oder unpolitisch.

    Die heutige junge Generation ist die mobilste und transnationalste aller Zeiten. Uns hat die europäische Einigung ungeahnte Mobilitäts- und Zukunftschancen eröffnet. Chancen, die viele Freundinnen und Freunde aus dem europäischen Süden im Übrigen dringend benötigen. Wir leben Europa und fühlen uns zunehmend nicht mehr nur noch als „Deutsche“, sondern auch als „Europäer/innen“ (1). Europa in dieser Hinsicht als Elitenprojekt zu beschreiben wäre vermessen: Mehr als 250.000 junge Menschen nehmen im Jahr in der EU am ERASMUS-Programm teil. Viele Tausend kommen noch durch bilaterale Austauschprogramme hinzu. Das fördert ein Gemeinschaftsgefühl, das vor 30 Jahren nur einem kleinen Teil der Bildungselite zu Gute kam. Die Lebenswirklichkeit endet nicht an Oder und Rhein, der Sinnhorizont auch nicht. Viele junge Menschen haben nicht nur in Deutschland Freunde, sondern selbstverständlich auch in Griechenland, Großbritannien oder Italien. Im persönlichen Kontakt merken wir ständig, wie ähnlich wir uns als junge Europäer/innen sind. Europa ist unsere gemeinsame Heimat.

    Das ändert den Blick auf uns, unsere Nachbarn und Europa. Nicht überraschend also, dass 70 Prozent der jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Gutes ansehen, in Deutschland sogar 78 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind das unter allen Altersgruppen nur knapp 50 Prozent.

    Gleichzeitig sind junge Menschen in politischen Strukturen und der Öffentlichkeit stark unterrepräsentiert. Unsere Vorstellungen fließen oft nicht direkt in den politischen Diskurs ein. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist in zwei von drei Fällen männlich und zwischen 1950 und 1965 geboren. Das aktuelle Durchschnittsalter im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Gerade einmal 32 Abgeordnete sind jünger als 35 Jahre. Natürlich sollte das bloße Alter nicht überbewertet werden, aber persönliche Erfahrungen prägen natürlich unsere Prioritäten und eben auch unsere politische Wahrnehmung.

    Vor diesem Hintergrund muss der national, in Teilen auch nationalistisch, geprägte Europa-Diskurs die junge Generation immer öfter verstören. Er passt nicht mehr zu unserer Lebenswirklichkeit. Immer noch wird über „die Griechen“ und „die Deutschen“ debattiert. Während wir täglich erleben, wie unwichtig diese nationalen Schablonen für unsere Beziehungen und gemeinsamen Interessen sind.

    Für uns als junge Europäer/innen gibt es große politische Projekte. Wir müssen raus aus dem Dauerkrisen-Modus. Das sozialstaatliche Europa und das europäische Wohlstandsversprechen sind aktiv zu gestalten. Unseren arbeitslosen Altersgenossinnen in vielen Teilen Europas ist mit engstiringer Nationalstaaterei nicht geholfen. Wir bewegen uns längst in einem gemeinsamen europäischen Markt, der sich nicht nur durch grenzüberschreitendes Reisen sondern auch durch eine grenzüberschreitende Wertschöpfung auszeichnet. Europäische soziale Sicherungssysteme wären ein Anfang um wirtschaftliche Ungleichgewichte auszubalancieren. Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern sie seit Jahren. Aktuell [setzt sich[(https://publixphere.net/d/1959) auch die Initiative „European Republic" für sie ein. Aber bislang: Fehlanzeige. Das könne man „dem Bürger“ nicht zumuten, sagen uns die Älteren. Auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich ein unwürdiges Kleinklein, das auf den national tickenden Stammtisch schielt. Auch das ist nicht mehr unser Europa und wir müssen schließlich in dem Europa leben, das grauhaarige Politiker heute erschaffen (oder kaputtmachen).

    Unsere Lebenswirklichkeit ist europäisch. Wir haben als junge Europäer gemeinsame Interessen und sollten uns den populistischen Roll Back in das nationale Gegeneinander nicht mehr bieten lassen – sei es nun in Deutschland, Frankreich oder sonstwo. Wir sind schon zu viele, um nicht gehört zu werden.

    Anmerkung

    (1) Vincenzo Cicchelli schreibt: „Überall in Europa wird der Jugend bewusst, dass die Kultur ihres Heimatlandes sicherlich wichtig & konstituierend für ihre Identität ist, aber nicht ausreicht, um die Welt zu begreifen. Die Jugendlichen wollen die anderen Kulturen kennenlernen, denn sie ahnen, dass die kulturpolitischen und wirtschaftlichen Fragen mit der Globalisierung eng zusammenhängen.“ Vincenzo Cicchelli, L’esprit cosmopolite: voyages de formation des jeunes en Europe, Paris 2012.

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