Sieben Fehler, die Proeuropäer machen - Historie

1-2 von 2
Sortieren:
  • Sieben Fehler, die Proeuropäer machen

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Ryan McGuire Was können wir einfach nicht mehr hören, wenn für Europa geworben wird? Foto: Ryan McGuire (CC0 1.0)

    Ansteckend ist sie oft nicht unbedingt, die Begeisterung für Europa. Proeuropäer sollten in Diskussionen sieben häufige Fehler dringlichst vermeiden, meint Ludger WortmannJEF ...


    Ein Betrag von Ludger WortmannJEF


    Hinweis: Dieser Text erschien zunächst auf treffpunkteuropa.de


    Es mag ein Klischee sein, doch wenn ein begeisterter US-Amerikaner über sein Land spricht, dann sagt er: „Amerika ist das Land, in dem es jeder schaffen kann! Die großartigsten Tage dieses Landes liegen noch vor uns, schließlich sind wir Amerikaner!“ Wenn ein begeisterter Europäer über Europa spricht, dann sagt er: „Europa ist gar nicht so schlecht, wie die Leute sagen. Immerhin haben wir Frieden! Vielleicht wird es ja gar nicht viel schlechter als jetzt.“ Die Ursache ist vermutlich, dass Föderalisten mit Kritik rechnen und deshalb eine defensive Haltung einnehmen. Der Effekt ist aber das Gegenteil der erhofften Begeisterung. Man gewinnt den Eindruck, hier stammelt ein bürgerferner, verkopfter Eurokrat vor sich hin. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, kommt hier eine Liste der Kommunikationsfehler, die der Proeuropäer vermeiden sollte.

    1. Geschwurbel

    Häufig heißt es im Sonntagsredenton, dass Europa Begeisterung und eine Vision brauche. Konkret nachgefragt, kommt ebenso häufig gar nichts. Wer keine Vision hat, sollte auch nach keiner rufen. Ebenso ist es sinnlos, mehr Europa zu fordern, wenn nicht klar ist, was das heißt. Ständig davon zu reden, dass man vom europäischen Gedanken beseelt sei, aber auf die Frage, was dieser denn heiße, nur „Europa“ antworten zu können, hilft auch niemandem weiter.

    2. Schlechte Alltagsargumente

    Nach den Vorteilen Europas fragend, bekommt man als Antwort häufig, dass man kein Geld mehr umtauschen müsse und außerdem die Roaminggebühren gesunken seien. Das ist zwar richtig, aber diese scheinbar im Alltag ansetzende Legitimation hat gleich mehrere Fehler. Erstens sind der Nichtbesuch einer Wechselstube und niedrige Handyrechnungen ein ziemlich schwacher Trost für jemanden, der glaubt, seine nationale Identität sei in Gefahr. Zweitens bezieht sie sich nur auf Folgen der europäischen Integration, nicht auf ihren Kern. Drittens schafft sie ständig neuen Legitimationszwang, weil sie an einzelne politische Maßnahmen geknüpft ist. Bleiben neue schöne Maßnahmen aus, ist die Legitimation weg.

    3. Europa = Frieden

    Immerhin haben wir Frieden! Ja, das ist richtig. Leider hilft das in der aktuellen Debatte nicht. Frieden ist erstens etwas, das man als Selbstverständlichkeit empfindet, wenn man keinen Krieg erlebt hat. Zweitens ist das Argument auf die Vergangenheit gerichtet und bietet daher weder Lösungen für die Gegenwart noch Hoffnung für die Zukunft.

    4. Die chancenlosen kleinen Länder

    Oft wird behauptet, Europa müsse sich zusammenschließen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Früher stimmte das: Kleine Märkte hatten wenig Chancen, weil in ihnen Unternehmen keine Skaleneffekte erzielen konnten. Inzwischen können kleine Länder dank der Globalisierung den Weltmarkt für ihre Skaleneffekte nutzen. Man kann nicht behaupten, dass Singapur, die Schweiz oder Neuseeland allzu schlecht dastünden. Das Argument muss richtigerweise lauten: Wenn sich Europa nicht zusammenschließt, muss es damit rechnen, von anderen Bedingungen diktiert zu bekommen, nichts bewegen zu können oder gegeneinander ausgespielt zu werden.

    5. Stillstand als Zukunftsvision

    Wer sagt, man brauche Europa, damit in Zukunft alles beim Alten bleibt und nur etwas schlechter wird, braucht sich über niedrige Geburtenraten nicht zu wundern. Begeisterung erzielt man nicht mit der Hoffnung auf Besitzstandswahrung, sondern auf eine strahlende Zukunft.

    6. Wichtige Argumente vergessen

    Dass es ein gewaltiger Freiheitsgewinn ist, nicht nur in einem, sondern in 28 verschiedenen Ländern sein Leben gestalten zu können, dass es nirgendwo auf der Welt ein so vielfältiges Gebilde gibt, das nicht gleichzeitig ein Entwicklungsland ist, dass ein geeintes Europa uns ermöglicht, unsere Werte in der Welt mit der Stimme einer Supermacht zu vertreten, hört man selten. Warum?

    7. Probleme schönreden

    Gerne wird behauptet, man müsse Europa mehr vermitteln, dann würden die Leute es auch mögen. Dank umfangreicher Gipfeltreffen und Sonderrechte für Regierungen fühlen sich viele Europäer zu Recht von Politikern anderer Länder regiert, die sie selbst nie wählen durften. Erst in einem bundesstaatlichen System können wir dafür sorgen, dass Entscheidungen nur von Leuten getroffen werden, die man selbst auch abwählen kann.

    Hier also ein Vorschlag für den Satz des Proeuropäers in verbesserter Form:

    „Europa ist der Ort, an dem man seine Träume in 28 Ländern verwirklichen kann, eine Nation vieler Nationen, in der niemand Hunger, Tyrannei und Krieg fürchten muss. Unsere gemeinsame Zukunft wird noch ruhmreicher sein als unsere große Vergangenheit!“


    Links zum Thema

  • Sieben Fehler, die Proeuropäer machen

    von admin, angelegt

    Foto: Ryan McGuire Was können wir einfach nicht mehr hören, wenn für Europa geworben wird? Foto: Ryan McGuire (CC0 1.0)

    Ansteckend ist sie oft nicht unbedingt, die Begeisterung für Europa. Proeuropäer sollten in Diskussionen sieben häufige Fehler dringlichst vermeiden, meint Ludger Wortmann JEF ...


    Ein Betrag von Ludger Wortmann JEF


    Hinweis: Dieser Text erschien zunächst auf treffpunkteuropa.de


    Es mag ein Klischee sein, doch wenn ein begeisterter US-Amerikaner über sein Land spricht, dann sagt er: „Amerika ist das Land, in dem es jeder schaffen kann! Die großartigsten Tage dieses Landes liegen noch vor uns, schließlich sind wir Amerikaner!“ Wenn ein begeisterter Europäer über Europa spricht, dann sagt er: „Europa ist gar nicht so schlecht, wie die Leute sagen. Immerhin haben wir Frieden! Vielleicht wird es ja gar nicht viel schlechter als jetzt.“ Die Ursache ist vermutlich, dass Föderalisten mit Kritik rechnen und deshalb eine defensive Haltung einnehmen. Der Effekt ist aber das Gegenteil der erhofften Begeisterung. Man gewinnt den Eindruck, hier stammelt ein bürgerferner, verkopfter Eurokrat vor sich hin. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, kommt hier eine Liste der Kommunikationsfehler, die der Proeuropäer vermeiden sollte.

    1. Geschwurbel

    Häufig heißt es im Sonntagsredenton, dass Europa Begeisterung und eine Vision brauche. Konkret nachgefragt, kommt ebenso häufig gar nichts. Wer keine Vision hat, sollte auch nach keiner rufen. Ebenso ist es sinnlos, mehr Europa zu fordern, wenn nicht klar ist, was das heißt. Ständig davon zu reden, dass man vom europäischen Gedanken beseelt sei, aber auf die Frage, was dieser denn heiße, nur „Europa“ antworten zu können, hilft auch niemandem weiter.

    2. Schlechte Alltagsargumente

    Nach den Vorteilen Europas fragend, bekommt man als Antwort häufig, dass man kein Geld mehr umtauschen müsse und außerdem die Roaminggebühren gesunken seien. Das ist zwar richtig, aber diese scheinbar im Alltag ansetzende Legitimation hat gleich mehrere Fehler. Erstens sind der Nichtbesuch einer Wechselstube und niedrige Handyrechnungen ein ziemlich schwacher Trost für jemanden, der glaubt, seine nationale Identität sei in Gefahr. Zweitens bezieht sie sich nur auf Folgen der europäischen Integration, nicht auf ihren Kern. Drittens schafft sie ständig neuen Legitimationszwang, weil sie an einzelne politische Maßnahmen geknüpft ist. Bleiben neue schöne Maßnahmen aus, ist die Legitimation weg.

    3. Europa = Frieden

    Immerhin haben wir Frieden! Ja, das ist richtig. Leider hilft das in der aktuellen Debatte nicht. Frieden ist erstens etwas, das man als Selbstverständlichkeit empfindet, wenn man keinen Krieg erlebt hat. Zweitens ist das Argument auf die Vergangenheit gerichtet und bietet daher weder Lösungen für die Gegenwart noch Hoffnung für die Zukunft.

    4. Die chancenlosen kleinen Länder

    Oft wird behauptet, Europa müsse sich zusammenschließen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Früher stimmte das: Kleine Märkte hatten wenig Chancen, weil in ihnen Unternehmen keine Skaleneffekte erzielen konnten. Inzwischen können kleine Länder dank der Globalisierung den Weltmarkt für ihre Skaleneffekte nutzen. Man kann nicht behaupten, dass Singapur, die Schweiz oder Neuseeland allzu schlecht dastünden. Das Argument muss richtigerweise lauten: Wenn sich Europa nicht zusammenschließt, muss es damit rechnen, von anderen Bedingungen diktiert zu bekommen, nichts bewegen zu können oder gegeneinander ausgespielt zu werden.

    5. Stillstand als Zukunftsvision

    Wer sagt, man brauche Europa, damit in Zukunft alles beim Alten bleibt und nur etwas schlechter wird, braucht sich über niedrige Geburtenraten nicht zu wundern. Begeisterung erzielt man nicht mit der Hoffnung auf Besitzstandswahrung, sondern auf eine strahlende Zukunft.

    6. Wichtige Argumente vergessen

    Dass es ein gewaltiger Freiheitsgewinn ist, nicht nur in einem, sondern in 28 verschiedenen Ländern sein Leben gestalten zu können, dass es nirgendwo auf der Welt ein so vielfältiges Gebilde gibt, das nicht gleichzeitig ein Entwicklungsland ist, dass ein geeintes Europa uns ermöglicht, unsere Werte in der Welt mit der Stimme einer Supermacht zu vertreten, hört man selten. Warum?

    7. Probleme schönreden

    Gerne wird behauptet, man müsse Europa mehr vermitteln, dann würden die Leute es auch mögen. Dank umfangreicher Gipfeltreffen und Sonderrechte für Regierungen fühlen sich viele Europäer zu Recht von Politikern anderer Länder regiert, die sie selbst nie wählen durften. Erst in einem bundesstaatlichen System können wir dafür sorgen, dass Entscheidungen nur von Leuten getroffen werden, die man selbst auch abwählen kann.

    Hier also ein Vorschlag für den Satz des Proeuropäers in verbesserter Form:

    „Europa ist der Ort, an dem man seine Träume in 28 Ländern verwirklichen kann, eine Nation vieler Nationen, in der niemand Hunger, Tyrannei und Krieg fürchten muss. Unsere gemeinsame Zukunft wird noch ruhmreicher sein als unsere große Vergangenheit!“


    Links zum Thema