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Sprechende Kühlschränke und smarte Thermostate - Hilft uns das “Internet der Dinge” nachhaltiger zu Leben?


digitaler salon


Ein Beitrag von HIIG

Während in der Industrie Kommunikation zwischen autonomen Systemen ohne menschliches Zutun längst eine Alltäglichkeit ist, findet eine solche im privaten Bereich noch eher selten statt. Doch dies scheint sich zu ändern: Das “Internet der Dinge” zieht in unsere Haushalte ein. Diverse Player aus verschiedenen Branchen präsentieren uns Visionen von einem Zuhause, das dann spült und wäscht, wenn der Strom gerade günstig ist und unsere Heizung selbstständig einschaltet, wenn wir uns von der Arbeit auf den Weg nach Hause machen.

Liegt vor uns also eine Zukunft, in dem unser Zuhause unliebsame Haushaltsaufgaben übernimmt und uns auch noch beim Stromsparen hilft? Oder handelt es sich beim “Internet der Dinge” lediglich um eine Ansammlung von Gadgets, die wir im Grunde gar nicht benötigen. Und wer entscheidet eigentlich, wie unsere Geräte kommunizieren und was sie sich gegenseitig mitteilen?


Diese Diskussion diente der Vorbereitung des "Digitalen Salons", organisiert vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Alle von euch vorab eingebrachten Beiträge hatten die Chance, in die Diskussion am 24. September in Berlin einzufließen.


Kommentare

  • Ökonomisch ist die Frage, wie viel Prozent der Stromrechnung sich tatsächlich einsparen lassen würden. Zum einen macht der reine Strompreis nur einen kleineren Bestandteil des Endverbraucherpreises je kWh aus und Grundgebühren oder ähnliches fallen ja zusätzlich an. Daneben ist die Frage wie viel Stromverbrauch ein Verbraucher überhaupt zeitunabhängig planen kann. Ich will ja z.B. nicht Essen wenn der Strom günstig ist, sondern wenn ich Hunger habe. Und genauso lasse ich beim Schlafen nicht das Licht an, nur weil der Preis gerade niedriger ist.

    • Laut einer von RWE beim Frauenhofer Institut in Auftrag gegebenen Studie liegt das Energie-Einsparpotenzial durch eine Smart Home Haussteuerung für private Haushalte bei zwischen 17% und 40%. Der Anteil der Energie, der in privaten Haushalten verbraucht wird, liegt laut Umweltbundesamt bei 25,1% (Stand 2011) vom Gesamtenergieverbrauch in Deutschland. Da RWE selber ein Anbieter von Smart-Home Technologie ist, müssen entsprechende Zahlen natürlich unter Vorbehalt betrachtet werden.

      • Hallo Mattis,

        mit dem Begriff „Energie-Einsparpotential“ komme ich hier nicht so ganz klar. Wenn ich es richtig verstehe, geht es mit einer solchen Technologie ja nicht darum Energie einzusparen, sondern die Energie zur richtigen Zeit (z.B. nachts) zu verwenden. Insofern hätte ich jetzt gedacht, das Energieeinsparpotential ist 0%. Die Frage ist also eher, wie ist das Kosteneinsparpotential.

        Ich hatte das nur mal so grob überschlagen. 20% des Stromverbrauchs lässt sich vielleicht planen und geht man von 25ct. je kWh Endverbraucherpreis aus und einem Netto-Strompreis, der zwischen 2 und 6 Cent schwankt, dann lässt sich vielleicht 20% (4ct plus MwSt. von insgesamt 25ct.) des Preises je kWh einsparen. Insgesamt könnte der Preis je kWh dann um 4% (20% mal 20%) sinken. Bei monatlich 40 Euro Stromverbrauch und 10 Euro Zählergebühr wären das 1,60 Euro monatlich bzw. 3,2% der gesamten Stromrechnung. Allerdings wäre diese Einsparung eben keine Energie-Einsparung sondern nur eine Kostenersparnis.

        • Hallo MisterEde,

          viele Technologien im Bereich des Smart Home zielen tatsächlich eher auf eine Kosteneinsparung als auf eine Energieeinsparung ab. Allerdings soll mit einer Vernetzung einiger Elemente auch tatsächlich Energie eingespart werden können. So kann beispielsweise durch Kommunikation zwischen Heizung und Fenstern verhindert werden, dass bei geöffnetem Fenster geheizt wird. Weitere Beispiele werden in dem schon unten genannten Blogeintrag genannt.

          http://upload-magazin.de/blog/7086-internet-der-dinge-beispiele/

          • Hallo Mattis,

            danke für die Antwort, jetzt verstehe ich den Unterschied. Ich beziehe mich auf die Frage, ob ein Ausrichten des Stromverbrauchs nach dem Strompreis ökonomisch von Interesse ist. Daher mein Blick auf die Kosteneinsparung. Du beschäftigst dich hingegen eher mit der Frage, ob durch eine intelligente Steuerung Geräte effizienter (eingesetzt) werden können, also der Verbrauch reduziert wird.

  • Nützliche Gadgets oder (Selbst)Kontrolle 24/7

    Etwas Grundsätzliches zum Nachdenken von mir: Es geht hier nicht um Spielereien, um Erleichterungen oder tolle Gadgets, sondern es geht um Kontrolle und es geht um Macht. Im Zeitalter des Neoliberalismus heißt das vor allem Kontrolle und Macht für den Markt.

    In der Ideologie des Neoliberalismus ist der einzelne Mensch die kleinste Einheit, die es zu kontrollieren und zu beherrschen gilt, um die Kapitalverwertung in diesen Volkswirtschaften (Investitionen, Produktion, Konsum) möglichst wenig zu behindern und diese ungestört planen zu können. Dabei gilt für den einzelnen Menschen das Gleiche wie für alle anderen Akteure (Unternehmen, Banken, Investoren) des Marktes: verhalte dich rational, suche dir z.B. immer das Angebot mit der für dich optimalen Preis/Leistung, bleibe selbst wettbewerbsfähig, z.B. indem du dich ständig auch in deiner Freizeit weiterbildest, investiere, z.B. in deine Gesundheit, um dem Wettbewerb der einzelnen Menschen untereinander bestehen zu können, riskiere etwas, denn nur so kommt der Erfolg etc.

    Nun sind aber Menschen nun einmal Menschen. Sie verhalten sich irrational und gelegentlich emotional, sie vergessen ständig etwas, sind viel zu oft zufrieden mit dem was sie haben und eigentlich eher risikoscheu. Das ist in der Ideologie des Neoliberalismus nicht hinnehmbar. Wo ihre Rolle im Kapitalverwertungsprozess (wie in der Produktion) nicht komplett von Maschinen übernommen werden kann, muss also eine andere Lösung her. Das WWW und die mit ihm verbundenen neuen Technologien kommen dafür genau zur richtigen Zeit. Über die Steuerungsmöglichkeit per Smartphone lässt sich z.B. nicht nur der vermeintlich effizientere Einsatz knapper Ressourcen (Energie) steuern, sondern auch der Verkauf von smarteren und damit teureren Endgeräten beschleunigen. Gleichzeitig - und das ist ungleich wichtiger! – fällt eine Unmenge von Daten über die Lebensgewohnheiten des einzelnen Menschen an. Mit ihnen kann man jene allgegenwärtigen Algorithmen füttern, die unser Leben und unsere Konsumgewohnheiten steuern sollen. Zusätzliche fallen Daten für den großen Bereich "Sicherheit" und Überwachung an. Was ist für die neue Software, mit der die Polizei in einigen Staaten der USA bereits arbeitet, um vor dem Täter am Tatort zu sein, wichtiger als Informationen über die alltäglichen Lebensgewohnheiten jedes einzelnen Menschen? BKA und Landeskriminalämter haben sich ja bereits Chancen und Möglichkeiten dieser neuen Technik von den US-amerikanischen Herstellern präsentieren lassen.

    Andere Gadgets wie die neue iWatch von Apple dienen der permanenten Selbstüberwachung. Habe ich mich heute genug bewegt, wie sieht es mit meiner Gesundheit aus, bin ich noch fit genug für den allumfassenden Wettbewerb? Das eigene Leben wird so zur statistischen Größe, die sich einordnet in den riesigen Datenstrom der neoliberal organisierten Gesamtgesellschaft und ihr Kontrolle und Machausübung erleichtert.

  • so wie fensterläden, die auf- und zugeschaltet werden, online. zugegeben, irgendwie ist das alles ziemlich praktisch, zeitsparend, effizient, cosy. dies birgt aber auch hohe gefahren. seid ihr einmal gehackt bekommt ihr nicht nur nachts besuch sonder vllt auch gleich zehn statt einem huhn vom supermarkt. schöne neue welt.

    • Eine neue Technologie bringt natürlich stets auch neue Sicherheitsprobleme mit sich. Allerdings kann durch Smart-Home Technologie auch ein Sicherheitsvorteil erreicht werden. So kann Sie ein solches System beispielweise darüber informieren, wenn sich Personen bei Ihnen zuhause aufhalten, obwohl Sie garnicht zuhause sind.

      • ich halte die i-watch allerdings, lieber mattis, für eine moderne form der elektronischen fußfessel - angewendet in firmen wird alles ausles- und überprüfbar, tranparent eben. wir haben unseren eigenen bordcomputer, verlassen uns voll auf technik und geben kontrolle ab - an leute, die derer habhaft werden. das muss man doch kritisch sehen oder?!

  • Ich finde es toll. Gerne würde ich in einem smarten Zuhause wohnen und alle möglichen Geräte digital vorab - entsprechend meines Nutzerverhaltens - einstellen. Energie- und Geldsparen noch dazu - also, warum nicht? Wir befinden uns in einer Zeit des technologischen Fortschritts, warum sollten wir uns dem widersetzen?

    Klar kann ich unten angeführte Argumente, zB gegen die iwatch, verstehen...aber manchmal habe ich das Gefühl, dass gerade wir Deutschen uns aus solcher Furcht vor dem Verlust unserer Daten uns gegen tollen und praktischen Innovationen wehren..so bleiben wir sicher nicht die Innovationsnation Nr. 1...sind die allgegenwärtigen Hemmungen gegenüber neuer Technologien - wie auch in dieser Diskussion hier - einfach auch kulturell behaftet? Warum ist dem so?

  • Ich weiß noch nicht, ob das Internet der Dinge so unmittelbar seinen Durchbruch haben wird. Intuitiv sehe ich auch noch nicht die Bedürfnisse, die es stillt. Habt ihr hier noch mehr Beispiele? Aber das hat man über das Handy und das Internet wahrscheinlich auch gesagt :)

    • Das Upload-Magazin hat in einem Blogpost zum Internet der Dinge viele Beispiele aufgeführt. Einige davon sind auch heute schon im Einsatz.

      http://upload-magazin.de/blog/7086-internet-der-dinge-beispiele/

    • Die zwischenmenschliche Kommunikation wird zunehmend abgelöst von der Kommunikation zwischen Mensch und digitalem Instrumentarium. Wobei der Mensch zunehmend die Handlungshoheit verliert und sich digitalen Anweisungen unterordnen muss.

      Ein Beispiel, nicht aus dem häuslichen, sondern aus dem öffentlichen Bereich:

      Brüsseler Flughafen am Sonntag, dem 14.9.: Online-Ticket an den Monitor halten, Boarding-Pass-Zettel entnehmen.

      Gepäck auf ein Fließband stellen, den Boarding-Pass an den Monitor halten. Gepäck-Klebestreifen entnehmen und in der richtigen Weise am Koffergriff befestigen (wenn nicht richtig zusammengeklebt, nimmt das Fließband den Koffer nicht an). Wie machen es die Andern? Sie machen es auch falsch. Endlich findet man einen jungen Flughafenangestellten, der es vormacht. Man hat viel Zeit verloren.

      Man begibt sich zu dem auf dem Boarding-Pass angegebenen Gate. Man sitzt und wartet. Kein Monitor an der Wand. Ab und zu eine Durchsage, die man in dem Lärm nicht versteht. Noch nicht einmal, ob sie auf Englisch, Französisch oder Flämisch ist. Die Abflugszeit nähert sich. Stimmt was nicht? Weit entfernt findet man einen kleinen Monitor in einem Durchgang und stellt fest, das Abflugsgate ist vor kurzem geändert worden. In letzter Minute schafft man es, das Flugzeug zu besteigen.

      Schöne neue Welt. Und sie wird immer noch schöner, je mehr Maschinen die Kommunikation mit dem Menschen übernehmen. Und kälter und unbarmherziger. Denn im Zweifelsfall behalten die Computer Recht und nicht der Mensch, der zu dumm ist, sich ihnen anzupassen.

      Ganz davon abgesehen, dass alles, was man tut und macht, digital aufgezeichnet und gespeichert wird: Der Mensch sollte sich nicht freiwillig und sehenden Auges in die Knechtschaft der digitalen Welt begeben.

      Der neue Flughafen BER wird noch automatisierter sein als der Flughafen in Brüssel. Ich betrete jetzt schon den Flughafen Tegel mit Wehmut, wenn ich mir vorstelle, es wird ihn eines Tages mit seinen Schaltern, hinter denen Menschen sitzen, nicht mehr geben.

      • Ohne in das immer wieder aufkommende Gerede von "Damals war alles besser" einzustimmen, habe ich ein großes Problem mit dem hinzukommenden Optimierungswahn: Ich genieße es Google Maps auf meinem Smartphone zu haben – aber neben dem ständig anwesenden Gefühl von der kompletten Überwachung, wenn ich ein weiteres Ziel eingebe, merke ich, dass ich mich ständig einem Optimierungszwang hingebe. Welche Strecke ist nun die schnellste? An welchem Supermarkt komme ich noch spät abends vorbei, um mir mein Abendessen zu kaufen? Ich denke jetzt schon nur noch selten nach und lasse die Algorithmen entscheiden, was am besten für mich ist. Wie wird es, wenn ich gar nicht mehr mit denken muss? Wer ist dann dafür verantwortlich, dass mir mein Essen nicht mehr schmeckt? Denn ich gehe davon aus, dass sich die Algorithmen nicht nur an meine Entscheidungen anpassen, sondern auch mein Geschmack sich an die Algorithmen anpasst. Wenn die sagen, dass das richtig ist, wird es ja schon stimmen...