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Werden die Auswirkungen russischer Gegensanktionen für EU-Staaten genügend berücksichtigt?


World Trade Organization (CC BY-SA 2.0) Alexander Stubb. Foto: World Trade Organization CC BY-SA 2.0


Ein Beitrag der Körber-Stiftung

Nicht nur Russland wird von den aktuellen Sanktionen der Europäischen Union getroffen, sondern auch das benachbarte Finnland. Finnland ist eines der EU-Länder, das zu 100 Prozent von russischen Erdgaslieferungen abhängig ist. Ein mögliches Überflugverbot würde starke Konsequenzen für die finnische Fluglinie Finnair haben. Mögliche Gegensanktionen Russlands stellen das Land, dessen wirtschaftliche Lage alles andere als rosig aussieht, vor große Probleme. Denn Finnland steht kurz davor, sein Triple-A-Rating zu verlieren.

Sanktionen sind ein kurzfristiges Mittel. Aber können wir von wirtschaftlich abhängigen EU-Staaten verlangen, sich von Russland zu distanzieren? Wie sollen wir innerhalb der EU mit Gegensanktionen umgehen? Welche langfristigen Strategien sind angebracht?

Am 29. September spricht Finnlands Ministerpräsident Alexander Stubb bei uns über diese Themen. Per Video-Livestream und Twitter unter #StubbBerlin könnt ihr dabei sein und kommentieren. Fragen an Finnlands Ministerpräsidenten könnt ihr auch hier vorab stellen.


Kommentare

  • Liam Fitzgerald Project for Democratic Union
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    Weitere politische und wirtschaftliche Integration sowie die Vervollkommnung des Binnenmarktes würden es Mitgliedstaaten der EU in solchen Situationen leichter machen, da Solidarität dann nicht nur ein Wort wäre, sondern von der staatlichen Struktur der Union her alltägliche Praxis. Vielleicht ist ein erster Schritt auf diesem Weg der, davon loszukommen von einzelnen EU- oder Eurostaaten zu reden, sondern von der EU und der Eurozone als Ganzem. Wenn wir wie hier in Finnland nicht einen 'anderen' Staat, sondern stattdessen einen Teil eines größeren Gebildes sehen, zu dem alle EU-Bürger gehören, wäre schon ein großer Schritt getan. Ausserdem würde diese andere Art von der EU zu denken auch hilfreich, wenn es darum geht, endlich ein gemeinsames aussenplitisches Profil zu finden, das auch in Russland wahrgenommen wird.

    Kurzum, das mindset der Europäer muss sich durch Kommunikation und alltägliches Diskutieren und Handeln dahingehend ändern, dass wir uns nicht primär als Finnen, Deutsche oder Slowenen sehen, sondern als Europäer. Der nächste Schritt ist dann, aus der supranationalen EU mit ihren teilweise schon staatlichen Strukturen einen föderal organisierten Staat zu formen.

    Das ist aber eine Sache, die in der jetzigen Krise keine Auswirkungen zeigen wird. Einerseits muss die EU dafür Sorge tragen, dass die Energieversorgung diversifiziert wird, andererseits aber auch die größte uns zur Verfügung stehende Ressource besser nutzen: die Energieeffizienz. Da ist noch Raum nach oben und sie bietet Möglichkeiten, langfristig einen wettbewerbsstarken Wirtschaftszweig in Europa noch stärker zu machen.

    Russland muss wissen, dass die EU nicht einfach übergangen werden kann, wenn es um die Belange des europäischen Kontinents geht. Sanktionen sind richtig, ebenso wichtig ist es aber, darauf zu pochen, dass im diplomatischen Austausch Lösungen immer möglich sind. In erster Linie geht es für die EU darum, starke, demokratisch verankerte staatliche Strukturen sowie ein europäisches mindset zu schaffen. Gelingt das, ist sehr viel gewonnen. Ich halte das für möglich und absolut notwendig.

    Und eines noch: Im Rating den definitiven Beweis für die wirtschaftliche Stärke eines Landes zu sehen, scheint überholt.

    • Danke für den Kommentar. Eine gemeinsame europäische Stimme zu finden, ist uns auch ein Anliegen. Eine gute Idee, auch in der alltäglichen Kommunikation weniger von einzelnen EU-Staaten zu sprechen und mehr von Europa.

      Zum Rating: Natürlich ist die Einstufung durch Rating-Agenturen nicht alles. Aber für die Staaten ist sie schon sehr wichtig. Wird sie nämlich verändert, hat dies direkte Auswirkungen auf die Zinsbelastung eines Staates (im Falle der Abwertung kommt ein Risikoaufschlag hinzu), d.h. die Refinanzierung eines Staates wird teurer, was seine prekäre Finanzlage verschärft. Man kann Rating-Agenturen nicht mögen, aber es gibt sie und die Finanzwelt richtet sich an ihren Einstufungen aus.

  • müsste in solchen momenten nicht die eu einspringen? - das wäre doch echte solidarität?! ich verstehe außerdem nicht ganz recht warum plötzlich alle so kalte füße bekommen. die russen merken die sanktionen doch schon ganz deutlich, oder?! - so sehr abhängig ist die eu (mal abgesehen von ressourcen wie öl :D ) ja nun nicht...und die usa haben durchs fracken sowieso bald alles selbst. hat jemand zahlen, wieviel die eu-wirtschaften tatsächlich an sanktionen faktisch verlieren?

    • Haha, ja, die USA und ihr Fracking...aber ja, guter Punkt: gibt es Zahlen zu den Auswirkungen der Sanktionen?

      • Zahlen zu den Auswirkungen sind uns nicht bekannt. Die Frage ist aber auch, inwieweit sich das tatsächlich berechnen ließe...

  • Ich finde es macht keinen Sinn, von den EU-Staaten zu verlangen, sich von Russland zu distanzieren. Das ist m.E. keine nachhaltige Lösung und wird Russland sicherlich auch nicht so wirklich interessieren...so wie es all die Sanktionen bisher auch nicht getan haben.

    Die Frage nach langfristigen Strategien ist natürlich gut, aber schwer zu beantworten. Man hätte in der Vergangenheit einfach schon auf Ausgewogenheit und darauf achten müssen, nicht nur abhängig von einem Land zu sein.