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Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
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Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? 30 31 ##Politischer Kontext 32 33 Union und SPD einigten sich in ihrem 34 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 35 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 36 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 37 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 38 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 39 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 40 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 41 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 42 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 43 soll es nicht mehr geben. 44 45 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 46 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 47 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 48 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 49 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 50 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 51 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 52 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 53 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 54 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 55 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 56 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 57 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 58 59 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 60 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 61 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 62 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 63 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 64 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 65 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 66 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 67 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 68 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 69 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 70 71 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 72 73 **Fehlende Informationen** 74 75 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 76 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 77 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 78 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 79 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 80 [Patrick 81 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 82 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 83 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 84 legale Prostitution.“ 85 86 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 87 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 88 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 89 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 90 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 91 werden.“ 92 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 93 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 94 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 95 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 96 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 97 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 98 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 99 eher nicht.“ 100 101 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 102 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 103 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 104 Thema. 105 106 **Was muss geregelt werden?** 107 108 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 109 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 110 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 111 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 112 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 113 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 114 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 115 116 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 117 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 118 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 119 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 120 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 121 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 122 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 123 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 124 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 125 Politik aber kaum Interesse habe. 126 127 @Emil verweist dagegen auf den 128 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 129 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 130 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 131 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 132 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 133 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 134 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 135 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 136 Sexarbeiterinnen. 137 138 **Freierbestrafung** 139 140 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 141 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 142 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 143 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 144 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 145 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 146 einen 147 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 148 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 149 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 150 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 151 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 152 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 153 zu einer anderen 154 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 155 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 156 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 157 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 158 Zwangsprostitution schützt“. 159 160 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 161 162 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 163 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 164 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 165 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 166 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 167 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 168 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 169 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 170 171 Dagegen schreibt 172 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 173 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 174 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 175 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 176 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 177 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 178 angegriffen sehen. 179 180 **Wo fängt der Zwang an?** 181 182 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 183 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 184 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 185 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 186 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 187 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 188 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 189 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 190 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 191 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 192 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 193 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 194 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 195 bestehe. 196 197 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 198 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 199 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 200 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 201 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 202 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 203 204 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 205 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 206 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 207 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 208 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 209 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 210 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 211 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 212 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 213 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 214 vorbehalten würden?“ 215 216 **Darf der Staat eingreifen?** 217 218 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 219 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 220 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 221 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 222 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 223 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 224 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 225 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 226 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 227 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 228 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 229 reden.“ 230 231 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 232 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 233 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 234 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 235 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 236 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 237 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 238 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 239 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 240 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 241 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 242 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 243 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 244 245 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 246 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 247 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 248 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 249 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 250 ausgenommen sein?“ 251 252 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 253 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 254 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 255 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 256 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 257 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 258 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 259 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 260 teuren Essen einlädt.“ 261 262 ------------------------------------------------------------ 263 --------------------------------- 264 265 ##Links 266 267 - [Hintergrundtext: 268 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 269 ry/45) 270 271 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 272 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 273 274 - [Diskussion: Wer geht es darum rechtliche,275 gesellschaftliche und soziale Bedingungenzuverbessern?276 277 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige278 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und279 Ausbeutung?280 281 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem282 Körper tun?283 284 ##Politischer Kontext285 286 Union und SPD einigten sich in ihrem287 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti288 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die289 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter290 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014).291 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte292 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did293 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter294 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden.295 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle296 soll es nicht mehr geben.297 298 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die299 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002300 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset301 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von302 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den303 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage304 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer305 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen306 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros307 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der308 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland309 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies310 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“311 312 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die313 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig,314 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier315 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“316 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen317 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer318 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d319 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD320 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014)321 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer322 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich.323 324 ##Themen der Publixphere-Diskussion:325 326 **Fehlende Informationen**327 328 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur329 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt330 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu331 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und332 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“.333 [Patrick334 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick335 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß336 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als337 legale Prostitution.“338 339 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es340 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter341 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht342 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben,343 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu344 werden.“345 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a346 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil347 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich348 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden.349 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen350 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die351 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl352 eher nicht.“353 354 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine355 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292)356 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum357 Thema.358 359 **Was muss geregelt werden?**360 361 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren362 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung363 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen364 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit365 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle366 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits367 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.”368 369 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen370 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe371 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum372 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man373 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen374 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die375 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol376 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel377 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die378 Politik aber kaum Interesse habe.379 380 @Emil verweist dagegen auf den381 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p382 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC%383 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm384 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale385 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen386 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol387 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem388 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von389 Sexarbeiterinnen.390 391 **Freierbestrafung**392 393 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen394 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift395 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in396 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger397 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist398 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf399 einen400 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu401 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins402 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert403 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten.404 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen405 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen406 zu einer anderen407 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti408 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische409 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz410 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor411 Zwangsprostitution schützt“.412 413 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?**414 415 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur416 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich417 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so.418 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen419 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das420 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die421 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in422 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“.423 424 Dagegen schreibt425 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a426 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von427 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften428 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu429 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die430 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht431 angegriffen sehen.432 433 **Wo fängt der Zwang an?**434 435 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte,436 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa437 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte438 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben,439 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als440 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“441 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey442 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus443 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh444 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des445 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten446 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein447 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister448 bestehe.449 450 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER451 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und452 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution453 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht454 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,455 solange kein Zwang im Spiel ist?“456 457 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der458 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und459 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,460 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen461 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn462 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest463 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich464 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin465 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte466 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst467 vorbehalten würden?“468 469 **Darf der Staat eingreifen?**470 471 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der472 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der473 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der474 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung475 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder476 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf477 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)478 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder479 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist480 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg481 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu482 reden.“483 484 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob485 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und486 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“487 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a488 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution489 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die490 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.491 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,492 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware493 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann494 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und495 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben496 wird dem etwas entgegenzusetzen?“497 498 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:499 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –500 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele501 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von502 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik503 ausgenommen sein?“504 505 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,506 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr507 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle508 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution509 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine510 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der511 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines512 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem513 teuren Essen einlädt.“514 515 ------------------------------------------------------------516 ---------------------------------517 518 ##Links519 520 - [Hintergrundtext:521 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego522 ry/45)523 524 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich525 verbieten?](https://publixphere.de/d/274)526 527 - [Diskussion: Wer geht zu528 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ##Stand: 13. Juni 2014 2 3 ***@Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 4 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 5 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 6 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 7 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 8 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 9 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 10 und sind eingeladen, sich einzubringen.*** 11 12 ##Was sind die Knackpunkte der Diskussion? 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Wo fängt der Zwang an?** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 245 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 246 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 247 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu 248 müssen. Auch dieses könnte man als Zwangsprostitution im249 weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian meint: „Prostitution250 aus einer Zwangslage heraus wollen wir nicht und wir251 wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ @Emil verweist252 auf die Sichtweise des schwedischen Gesetzgebers, wonach es253 einen selbstbestimmten Sexarbeiter nicht geben könne, da254 immer ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und255 Dienstleister bestehe.256 257 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER258 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und259 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution260 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht261 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,262 solange kein Zwang im Spiel ist?“263 264 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der265 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und266 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,267 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen268 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn269 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest270 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich271 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin272 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte273 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst274 vorbehalten würden?“275 276 **Darf der Staat eingreifen?**277 278 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der279 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der280 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der281 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung282 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder283 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf284 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)285 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder286 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist287 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg288 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu289 reden.“290 291 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob292 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und293 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta294 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution295 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die296 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.297 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,298 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware299 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann300 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und301 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben302 wird dem etwas entgegenzusetzen?“303 304 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:305 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –306 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele307 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von308 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik309 ausgenommen sein?“310 311 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,312 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr313 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle314 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution315 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine316 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der317 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines318 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zueinem319 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 2 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 3 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 4 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 5 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 6 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 7 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren und 8 sind eingeladen, sich einzubringen. Die folgende 9 Kurzdarstellung bezieht sich auf die Diskussion bis zum 13. 10 Juni 2014*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder ihre 15 rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen 16 zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage die 45 „Handschrift der Frauenhändler und ihrer LobbyistInnen“, 46 heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der 51 Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, auch 55 Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier wird auch 56 das „nordische“ oder „schwedische“ Modell genannt. In 57 Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen seit 1998 58 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 59 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 60 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 61 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) diesen 62 Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer "Genehmigung 63 der sexuellen Ausbeutung“ geich. 64 65 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 66 67 **Fehlende Informationen** 68 69 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 70 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 71 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 72 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 73 menschenwürdige Prostitution (…) ein Ausnahmefall?“. 74 [Patrick 75 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 76 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 77 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als legale 78 Prostitution.“ 79 80 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 81 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 82 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 83 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 84 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 85 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 86 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 87 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 88 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 89 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 90 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 91 eher nicht.“ 92 93 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 94 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) gestartet. 95 Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum Thema. 96 97 **Was muss geregelt werden?** 98 99 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 100 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung zu 101 schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 102 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 103 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 104 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 105 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 106 107 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 108 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe es 109 Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 110 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 111 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen Sexes 112 reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die sich 113 direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol fordert, eher 114 über effektive Gesetze gegen Menschenhandel zu diskutieren 115 und die Opferrechte zu stärken, woran die Politik aber kaum 116 Interesse habe. 117 118 @Emil verweist dagegen auf den 119 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 120 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 121 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 122 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 123 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen und 124 Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 125 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem als 126 „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 127 Sexarbeiterinnen. 128 129 **Freierbestrafung** 130 131 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 132 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 133 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 134 den Ofen: „(…) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 135 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 136 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 137 einen 138 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 139 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 140 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert auf 141 der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. Es 142 hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen Kampagne 143 der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen zu einer 144 anderen 145 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 146 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 147 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz Frauen 148 und Mädchen aus dem Osten Europas vor Zwangsprostitution 149 schützt“. 150 151 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 152 153 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 154 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 155 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 156 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen sind 157 nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das Herausholen 158 der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die Sexarbeit ist das 159 Problem, sondern die Art und Weise, in der die Gesellschaft 160 diesen Beruf wahrnimmt“. 161 162 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (…) eine der 163 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 164 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 165 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 166 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 167 angegriffen sehen. 168 169 **Wo fängt der Zwang an?** 170 171 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 172 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 173 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 174 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, sich 175 prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 176 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 177 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 178 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 179 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 180 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 181 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 182 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 183 184 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 185 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 186 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 187 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 188 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 189 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 190 191 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 192 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 193 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 194 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 195 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(…) wenn (…) 196 Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest von 197 Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich ein 198 Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin kämen 199 wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 200 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 201 vorbehalten würden?“ 202 203 **Darf der Staat eingreifen?** 204 205 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 206 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 207 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 208 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 209 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 210 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 211 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 212 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 213 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 214 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 215 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 216 reden.“ 217 218 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 219 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 220 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 221 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 222 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 223 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 224 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 225 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 226 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 227 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 228 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 229 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 230 231 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 232 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 233 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 234 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 235 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 236 ausgenommen sein?“ 237 238 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 239 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 240 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 241 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 242 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 243 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 244 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines Dates, 245 wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem teuren 246 Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? 30 31 ##Politischer Kontext 32 33 Union und SPD einigten sich in ihrem 34 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 35 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 36 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 37 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 38 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 39 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 40 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 41 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 42 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 43 soll es nicht mehr geben. 44 45 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 46 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 47 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 48 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 49 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 50 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 51 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 52 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 53 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 54 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 55 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 56 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 57 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 58 59 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 60 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 61 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 62 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 63 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 64 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 65 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 66 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 67 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 68 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 69 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 70 71 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 72 73 **Fehlende Informationen** 74 75 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 76 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 77 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 78 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 79 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 80 [Patrick 81 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 82 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 83 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 84 legale Prostitution.“ 85 86 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 87 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 88 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 89 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 90 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 91 werden.“ 92 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 93 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 94 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 95 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 96 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 97 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 98 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 99 eher nicht.“ 100 101 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 102 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 103 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 104 Thema. 105 106 **Was muss geregelt werden?** 107 108 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 109 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 110 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 111 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 112 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 113 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 114 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 115 116 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 117 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 118 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 119 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 120 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 121 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 122 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 123 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 124 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 125 Politik aber kaum Interesse habe. 126 127 @Emil verweist dagegen auf den 128 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 129 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 130 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 131 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 132 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 133 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 134 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 135 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 136 Sexarbeiterinnen. 137 138 **Freierbestrafung** 139 140 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 141 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 142 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 143 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 144 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 145 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 146 einen 147 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 148 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 149 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 150 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 151 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 152 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 153 zu einer anderen 154 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 155 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 156 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 157 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 158 Zwangsprostitution schützt“. 159 160 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 161 162 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 163 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 164 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 165 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 166 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 167 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 168 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 169 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 170 171 Dagegen schreibt 172 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 173 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 174 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 175 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 176 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 177 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 178 angegriffen sehen. 179 180 **Wo fängt der Zwang an?** 181 182 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 183 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 184 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 185 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 186 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 187 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 188 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 189 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 190 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 191 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 192 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 193 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 194 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 195 bestehe. 196 197 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 198 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 199 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 200 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 201 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 202 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 203 204 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 205 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 206 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 207 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 208 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 209 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 210 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 211 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 212 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 213 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 214 vorbehalten würden?“ 215 216 **Darf der Staat eingreifen?** 217 218 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 219 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 220 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 221 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 222 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 223 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 224 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 225 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 226 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 227 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 228 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 229 reden.“ 230 231 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 232 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 233 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 234 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 235 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 236 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 237 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 238 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 239 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 240 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 241 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 242 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 243 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 244 245 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 246 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 247 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 248 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 249 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 250 ausgenommen sein?“ 251 252 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 253 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 254 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 255 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 256 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 257 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 258 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 259 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 260 teuren Essen einlädt.“ 261 262 ------------------------------------------------------------ 263 --------------------------------- 264 265 *Dieser Text kann abschnittsweise kommentiert werden. Eine 266 neue Diskussion zum Thema Prostitution könnt ihr 267 (eingeloggt) unter diesem 268 [Link](https://publixphere.de/i/publixphere-de/proposal/new? 269 category=45) anlegen.* 270 271 272 ##Links 273 274 - [Hintergrundtext: 275 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 276 ry/45) 277 278 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 279 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 280 281 - [Diskussion: Wer geht zu 282 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ##Stand: 13. Juni 2014 2 3 ***@Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 4 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 5 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 6 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 7 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 8 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 9 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 10 und sind eingeladen, sich einzubringen.*** 11 12 ##Was sind die Knackpunkte der Diskussion? 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 trägtdie „Handschrift der Frauenhändler und ihrer46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Selbstbestimmung oder Zwang** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 245 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 246 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 247 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 248 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende Kurzdarstellung bezieht sich auf 14 die Diskussion bis zum 13. Juni 2014*** 15 16 ##Knackpunkte der Diskussion 17 18 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 19 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 20 Bedingungen zu verbessern? 21 22 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 23 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 24 Ausbeutung? 25 26 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 27 Körper tun? 28 29 ##Politischer Kontext 30 31 Union und SPD einigten sich in ihrem 32 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 33 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 34 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 35 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 36 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 37 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 38 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 39 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 40 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 41 soll es nicht mehr geben. 42 43 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 44 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 45 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 46 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 47 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 48 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 49 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 50 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 51 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 52 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 53 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 54 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 55 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 56 57 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 58 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 59 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 60 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 61 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 62 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 63 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 64 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 65 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 66 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 67 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 68 69 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 70 71 **Fehlende Informationen** 72 73 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 74 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 75 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 76 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 77 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 78 [Patrick 79 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 80 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 81 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 82 legale Prostitution.“ 83 84 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 85 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 86 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 87 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 88 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 89 werden.“ 90 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 91 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 92 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 93 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 94 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 95 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 96 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 97 eher nicht.“ 98 99 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 100 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 101 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 102 Thema. 103 104 **Was muss geregelt werden?** 105 106 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 107 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 108 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 109 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 110 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 111 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 112 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 113 114 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 115 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 116 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 117 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 118 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 119 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 120 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 121 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 122 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 123 Politik aber kaum Interesse habe. 124 125 @Emil verweist dagegen auf den 126 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 127 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 128 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 129 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 130 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 131 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 132 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 133 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 134 Sexarbeiterinnen. 135 136 **Freierbestrafung** 137 138 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 139 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 140 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 141 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 142 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 143 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 144 einen 145 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 146 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 147 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 148 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 149 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 150 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 151 zu einer anderen 152 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 153 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 154 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 155 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 156 Zwangsprostitution schützt“. 157 158 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 159 160 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 161 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 162 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 163 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 164 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 165 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 166 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 167 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 168 169 Dagegen schreibt 170 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 171 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 172 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 173 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 174 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 175 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 176 angegriffen sehen. 177 178 **Wo fängt der Zwang an?** 179 180 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 181 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 182 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 183 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 184 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 185 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 186 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 187 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 188 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 189 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 190 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 191 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 192 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 193 bestehe. 194 195 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 196 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 197 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 198 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 199 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 200 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 201 202 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 203 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 204 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 205 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 206 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 207 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 208 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 209 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 210 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 211 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 212 vorbehalten würden?“ 213 214 **Darf der Staat eingreifen?** 215 216 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 217 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 218 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 219 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 220 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 221 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 222 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 223 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 224 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 225 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 226 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 227 reden.“ 228 229 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 230 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 231 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 232 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 233 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 234 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 235 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 236 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 237 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 238 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 239 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 240 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 241 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 242 243 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 244 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 245 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 246 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 247 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 248 ausgenommen sein?“ 249 250 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 251 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 252 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 253 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 254 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 255 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 256 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 257 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 258 teuren Essen einlädt.“ 259 260 ------------------------------------------------------------ 261 --------------------------------- 262 263 ##Links 264 265 - [Hintergrundtext: 266 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 267 ry/45) 268 269 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 270 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 271 272 - [Diskussion: Wer geht zu 273 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ##Stand: 13. Juni 2014 2 3 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 4 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 5 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 6 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 7 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 8 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 9 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 10 und sind eingeladen, sich einzubringen.*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Wo fängt der Zwang an?** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 245 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 246 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 247 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 248 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 2 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 3 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 4 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 5 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 6 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 7 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 8 und sind eingeladen, sich einzubringen. Die folgende 9 Kurzdarstellung bezieht sich auf die Diskussion bis zum 13. 10 Juni 2014*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Wo fängt der Zwang an?** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist die politische245 Debatte umeine gesellschaftliche Praxis, die es immer246 geben wird - in der einen oder anderen Form. Und sei es in 247 der Form eines Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn 248 er sie zu verbieten („Freier-Bestrafung“). Alle249 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich250 einzubringen.***251 252 ##Knackpunkte der Diskussion253 254 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder255 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen256 Bedingungen zu verbessern?257 258 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige259 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und260 Ausbeutung?261 262 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem263 Körper tun?264 265 ##Politischer Kontext266 267 Union und SPD einigten sich in ihrem268 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti269 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die270 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter271 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014).272 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte273 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did274 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter275 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden.276 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle277 soll es nicht mehr geben.278 279 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die280 Sittenwidrigkeit Prostition 2002281 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset282 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von283 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den284 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage285 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer286 LobbyistInnen“, heißt es ineinem„[Appel gegen287 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro288 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der289 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland290 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies291 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“292 293 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die294 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig,295 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier296 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell297 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller298 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament299 empfiehlt in einer300 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d301 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD302 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014)303 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer304 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich.305 306 ##Themen der Publixphere-Diskussion:307 308 **Fehlende Informationen**309 310 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur311 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt312 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu313 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und314 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“.315 [Patrick316 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick317 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß318 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als319 legale Prostitution.“320 321 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es322 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter323 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht324 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben,325 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu326 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein327 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen328 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen329 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen330 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die331 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl332 eher nicht.“333 334 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine335 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292)336 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum337 Thema.338 339 **Was muss geregelt werden?**340 341 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren342 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung343 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen344 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit345 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle346 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits347 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.”348 349 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen350 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe351 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum352 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man353 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen354 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die355 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol356 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel357 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die358 Politik aber kaum Interesse habe.359 360 @Emil verweist dagegen auf den361 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p362 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC%363 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm364 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale365 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen366 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol367 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem368 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von369 Sexarbeiterinnen.370 371 **Freierbestrafung**372 373 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen374 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift375 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in376 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger377 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist378 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf379 einen380 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu381 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins382 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert383 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten.384 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen385 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen386 zu einer anderen387 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti388 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische389 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz390 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor391 Zwangsprostitution schützt“.392 393 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?**394 395 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur396 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich397 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so.398 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen399 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das400 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die401 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in402 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“.403 404 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der405 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und406 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen407 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen,408 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht409 angegriffen sehen.410 411 **Wo fängt der Zwang an?**412 413 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte,414 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa415 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte416 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben,417 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als418 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian419 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir420 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“421 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen422 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter423 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis424 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe.425 426 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER427 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und428 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution429 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht430 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,431 solange kein Zwang im Spiel ist?“432 433 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der434 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und435 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,436 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen437 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn438 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest439 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich440 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin441 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte442 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst443 vorbehalten würden?“444 445 **Darf der Staat eingreifen?**446 447 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der448 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der449 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der450 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung451 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder452 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf453 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)454 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder455 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist456 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg457 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu458 reden.“459 460 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob461 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und462 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta463 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution464 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die465 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.466 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,467 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware468 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann469 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und470 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben471 wird dem etwas entgegenzusetzen?“472 473 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:474 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –475 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele476 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von477 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik478 ausgenommen sein?“479 480 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,481 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr482 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle483 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution484 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine485 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der486 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines487 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem488 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ##Stand: 13. Juni 2014 2 3 ***@Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 4 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 5 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 6 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 7 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 8 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 9 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 10 und sind eingeladen, sich einzubringen.*** 11 12 ##Was sind die Knackpunkte der Diskussion? 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 trägt die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Selbstbestimmung oder Zwang** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 245 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 246 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 247 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu 248 verschärfen. Ein konkreter Gesetzentwurf wird noch249 erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). Das250 Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte251 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did252 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter253 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden.254 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle255 soll es nicht mehr geben.256 257 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die258 Sittenwidrigkeit Prostition 2002259 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset260 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von261 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den262 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage263 trägt die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer264 LobbyistInnen“, heißt es ineinem„[Appel gegen265 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro266 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der267 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland268 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies269 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“270 271 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die272 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig,273 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier274 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell275 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller276 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament277 empfiehlt in einer278 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d279 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD280 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014)281 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer282 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich.283 284 ##Themen der Publixphere-Diskussion:285 286 **Fehlende Informationen**287 288 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur289 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt290 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu291 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und292 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“.293 [Patrick294 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick295 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß296 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als297 legale Prostitution.“298 299 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es300 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter301 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht302 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben,303 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu304 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein305 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen306 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen307 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen308 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die309 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl310 eher nicht.“311 312 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine313 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292)314 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum315 Thema.316 317 **Was muss geregelt werden?**318 319 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren320 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung321 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen322 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit323 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle324 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits325 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.”326 327 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen328 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe329 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum330 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man331 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen332 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die333 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol334 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel335 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die336 Politik aber kaum Interesse habe.337 338 @Emil verweist dagegen auf den339 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p340 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC%341 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm342 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale343 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen344 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol345 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem346 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von347 Sexarbeiterinnen.348 349 **Freierbestrafung**350 351 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen352 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift353 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in354 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger355 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist356 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf357 einen358 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu359 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins360 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert361 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten.362 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen363 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen364 zu einer anderen365 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti366 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische367 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz368 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor369 Zwangsprostitution schützt“.370 371 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?**372 373 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur374 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich375 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so.376 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen377 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das378 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die379 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in380 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“.381 382 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der383 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und384 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen385 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen,386 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht387 angegriffen sehen.388 389 **Selbstbestimmung oder Zwang**390 391 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte,392 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa393 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte394 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben,395 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als396 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian397 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir398 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“399 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen400 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter401 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis402 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe.403 404 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER405 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und406 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution407 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht408 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,409 solange kein Zwang im Spiel ist?“410 411 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der412 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und413 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,414 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen415 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn416 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest417 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich418 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin419 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte420 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst421 vorbehalten würden?“422 423 **Darf der Staat eingreifen?**424 425 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der426 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der427 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der428 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung429 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder430 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf431 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)432 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder433 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist434 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg435 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu436 reden.“437 438 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob439 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und440 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta441 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution442 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die443 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.444 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,445 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware446 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann447 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und448 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben449 wird dem etwas entgegenzusetzen?“450 451 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:452 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –453 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele454 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von455 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik456 ausgenommen sein?“457 458 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,459 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr460 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle461 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution462 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine463 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der464 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines465 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem466 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 Forstin Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun 2 doch gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) 3 (4. Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte 4 um eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 5 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 6 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 7 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren und 8 sind eingeladen, sich einzubringen. 9 10 ##Was sind die Knackpunkte der Diskussion? (Stand: 13. Juni 11 2014) 12 13 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder ihre 14 rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen 15 zu verbessern? 16 17 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 18 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 19 Ausbeutung? 20 21 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 22 Körper tun? 23 24 ##Politischer Kontext 25 26 Union und SPD einigten sich in ihrem 27 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 28 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 29 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 30 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 31 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 32 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 33 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 34 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 35 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 36 soll es nicht mehr geben. 37 38 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 39 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 40 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 41 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 42 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 43 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 44 trägt die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 45 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 46 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 47 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 48 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 49 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der 50 Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 51 52 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 53 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, auch 54 Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier wird auch 55 das „nordische“ oder „schwedische“ Modell genannt. In 56 Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen seit 1998 57 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 58 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 59 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 60 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) diesen 61 Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer "Genehmigung 62 der sexuellen Ausbeutung“ geich. 63 64 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 65 66 **Fehlende Informationen** 67 68 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 69 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 70 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 71 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 72 menschenwürdige Prostitution (…) ein Ausnahmefall?“. 73 [Patrick 74 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 75 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 76 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als legale 77 Prostitution.“ 78 79 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 80 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 81 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 82 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 83 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 84 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 85 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 86 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 87 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 88 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 89 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 90 eher nicht.“ 91 92 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 93 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) gestartet. 94 Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum Thema. 95 96 **Was muss geregelt werden?** 97 98 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 99 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung zu 100 schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 101 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 102 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 103 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 104 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 105 106 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 107 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe es 108 Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 109 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 110 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen Sexes 111 reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die sich 112 direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol fordert, eher 113 über effektive Gesetze gegen Menschenhandel zu diskutieren 114 und die Opferrechte zu stärken, woran die Politik aber kaum 115 Interesse habe. 116 117 @Emil verweist dagegen auf den 118 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 119 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 120 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 121 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 122 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen und 123 Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 124 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem als 125 „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 126 Sexarbeiterinnen. 127 128 **Freierbestrafung** 129 130 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 131 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 132 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 133 den Ofen: „(…) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 134 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 135 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 136 einen 137 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 138 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 139 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert auf 140 der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. Es 141 hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen Kampagne 142 der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen zu einer 143 anderen 144 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 145 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 146 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz Frauen 147 und Mädchen aus dem Osten Europas vor Zwangsprostitution 148 schützt“. 149 150 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 151 152 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 153 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 154 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 155 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen sind 156 nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das Herausholen 157 der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die Sexarbeit ist das 158 Problem, sondern die Art und Weise, in der die Gesellschaft 159 diesen Beruf wahrnimmt“. 160 161 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (…) eine der 162 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 163 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 164 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 165 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 166 angegriffen sehen. 167 168 **Selbstbestimmung oder Zwang** 169 170 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 171 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 172 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 173 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, sich 174 prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 175 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 176 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 177 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 178 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 179 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 180 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 181 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 182 183 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 184 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 185 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 186 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 187 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 188 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 189 190 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 191 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 192 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 193 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 194 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(…) wenn (…) 195 Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest von 196 Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich ein 197 Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin kämen 198 wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 199 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 200 vorbehalten würden?“ 201 202 **Darf der Staat eingreifen?** 203 204 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 205 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 206 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 207 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 208 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 209 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 210 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 211 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 212 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 213 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 214 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 215 reden.“ 216 217 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 218 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 219 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 220 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 221 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 222 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 223 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 224 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 225 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 226 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 227 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 228 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 229 230 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 231 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 232 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 233 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 234 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 235 ausgenommen sein?“ 236 237 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 238 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 239 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 240 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 241 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 242 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 243 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines Dates, 244 wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem teuren 245 Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ##Stand: 13. Juni 2014 2 3 ***@Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 4 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 5 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 6 eine Verschärfung der Prostitiutionsgesetzgebung in 7 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 8 macht, den Kauf sexueller Dienstleistungen zu verbieten 9 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren 10 und sind eingeladen, sich einzubringen.*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 Sittenwidrigkeit Prostition 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro 48 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell 57 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller 58 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament 59 empfiehlt in einer 60 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 61 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 62 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 63 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 64 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 65 66 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 67 68 **Fehlende Informationen** 69 70 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 71 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 72 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 73 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 74 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 75 [Patrick 76 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 77 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 78 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 79 legale Prostitution.“ 80 81 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 82 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 83 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 84 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 85 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 86 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein 87 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen 88 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen 89 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 90 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 91 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 92 eher nicht.“ 93 94 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 95 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 96 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 97 Thema. 98 99 **Was muss geregelt werden?** 100 101 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 102 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 103 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 104 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 105 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 106 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 107 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 108 109 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 110 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 111 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 112 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 113 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 114 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 115 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 116 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 117 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 118 Politik aber kaum Interesse habe. 119 120 @Emil verweist dagegen auf den 121 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 122 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 123 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 124 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 125 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 126 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 127 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 128 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 129 Sexarbeiterinnen. 130 131 **Freierbestrafung** 132 133 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 134 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 135 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 136 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 137 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 138 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 139 einen 140 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 141 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 142 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 143 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 144 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 145 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 146 zu einer anderen 147 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 148 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 149 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 150 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 151 Zwangsprostitution schützt“. 152 153 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 154 155 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 156 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 157 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 158 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 159 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 160 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 161 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 162 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 163 164 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 165 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 166 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 167 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 168 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 169 angegriffen sehen. 170 171 **Wo fängt der Zwang an?** 172 173 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 174 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 175 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 176 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 177 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 178 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 179 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 180 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 181 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 182 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 183 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 184 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 185 186 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 187 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 188 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 189 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 190 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 191 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 192 193 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 194 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 195 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 196 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 197 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 198 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 199 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 200 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 201 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 202 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 203 vorbehalten würden?“ 204 205 **Darf der Staat eingreifen?** 206 207 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 208 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 209 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 210 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 211 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 212 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 213 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 214 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 215 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 216 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 217 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 218 reden.“ 219 220 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 221 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 222 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 223 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 224 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 225 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 226 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 227 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 228 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 229 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 230 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 231 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 232 233 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 234 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 235 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 236 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 237 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 238 ausgenommen sein?“ 239 240 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 241 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 242 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 243 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 244 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 245 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 246 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 247 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu 248 verbessern?249 250 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige251 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und252 Ausbeutung?253 254 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem255 Körper tun?256 257 ##Politischer Kontext258 259 Union und SPD einigten sich in ihrem260 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti261 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die262 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter263 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014).264 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte265 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did266 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter267 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden.268 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle269 soll es nicht mehr geben.270 271 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die272 Sittenwidrigkeit Prostition 2002273 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset274 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von275 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den276 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage277 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer278 LobbyistInnen“, heißt es ineinem„[Appel gegen279 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro280 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der281 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland282 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies283 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“284 285 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die286 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig,287 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier288 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell289 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller290 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament291 empfiehlt in einer292 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d293 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD294 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014)295 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer296 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich.297 298 ##Themen der Publixphere-Diskussion:299 300 **Fehlende Informationen**301 302 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur303 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt304 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu305 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und306 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“.307 [Patrick308 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick309 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß310 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als311 legale Prostitution.“312 313 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es314 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter315 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht316 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben,317 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu318 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein319 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen320 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen321 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen322 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die323 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl324 eher nicht.“325 326 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine327 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292)328 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum329 Thema.330 331 **Was muss geregelt werden?**332 333 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren334 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung335 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen336 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit337 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle338 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits339 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.”340 341 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen342 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe343 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum344 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man345 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen346 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die347 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol348 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel349 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die350 Politik aber kaum Interesse habe.351 352 @Emil verweist dagegen auf den353 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p354 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC%355 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm356 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale357 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen358 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol359 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem360 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von361 Sexarbeiterinnen.362 363 **Freierbestrafung**364 365 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen366 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift367 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in368 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger369 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist370 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf371 einen372 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu373 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins374 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert375 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten.376 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen377 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen378 zu einer anderen379 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti380 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische381 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz382 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor383 Zwangsprostitution schützt“.384 385 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?**386 387 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur388 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich389 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so.390 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen391 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das392 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die393 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in394 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“.395 396 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der397 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und398 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen399 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen,400 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht401 angegriffen sehen.402 403 **Wo fängt der Zwang an?**404 405 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte,406 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa407 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte408 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben,409 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als410 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian411 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir412 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“413 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen414 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter415 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis416 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe.417 418 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER419 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und420 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution421 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht422 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,423 solange kein Zwang im Spiel ist?“424 425 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der426 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und427 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,428 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen429 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn430 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest431 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich432 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin433 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte434 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst435 vorbehalten würden?“436 437 **Darf der Staat eingreifen?**438 439 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der440 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der441 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der442 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung443 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder444 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf445 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)446 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder447 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist448 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg449 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu450 reden.“451 452 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob453 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und454 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta455 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution456 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die457 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.458 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,459 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware460 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann461 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und462 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben463 wird dem etwas entgegenzusetzen?“464 465 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:466 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –467 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele468 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von469 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik470 ausgenommen sein?“471 472 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,473 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr474 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle475 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution476 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine477 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der478 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines479 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem480 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 2 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 3 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 4 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 5 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 6 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 7 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 8 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 9 einzubringen. Die folgende Kurzdarstellung bezieht sich auf 10 die Diskussion bis zum 13. Juni 2014*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 48 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 57 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 58 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 59 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 60 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 61 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 62 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 63 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 64 65 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 66 67 **Fehlende Informationen** 68 69 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 70 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 71 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 72 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 73 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 74 [Patrick 75 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 76 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 77 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 78 legale Prostitution.“ 79 80 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 81 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 82 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 83 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 84 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 85 werden.“ 86 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 87 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 88 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 89 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 90 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 91 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 92 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 93 eher nicht.“ 94 95 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 96 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 97 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 98 Thema. 99 100 **Was muss geregelt werden?** 101 102 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 103 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 104 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 105 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 106 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 107 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 108 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 109 110 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 111 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 112 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 113 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 114 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 115 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 116 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 117 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 118 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 119 Politik aber kaum Interesse habe. 120 121 @Emil verweist dagegen auf den 122 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 123 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 124 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 125 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 126 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 127 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 128 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 129 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 130 Sexarbeiterinnen. 131 132 **Freierbestrafung** 133 134 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 135 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 136 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 137 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 138 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 139 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 140 einen 141 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 142 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 143 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 144 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 145 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 146 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 147 zu einer anderen 148 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 149 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 150 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 151 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 152 Zwangsprostitution schützt“. 153 154 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 155 156 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 157 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 158 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 159 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 160 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 161 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 162 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 163 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 164 165 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der 166 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und 167 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen 168 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, 169 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 170 angegriffen sehen. 171 172 **Wo fängt der Zwang an?** 173 174 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 175 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 176 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 177 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 178 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 179 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian 180 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir 181 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“ 182 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen 183 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter 184 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis 185 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe. 186 187 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 188 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 189 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 190 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 191 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 192 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 193 194 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 195 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 196 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 197 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 198 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 199 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 200 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 201 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 202 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 203 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 204 vorbehalten würden?“ 205 206 **Darf der Staat eingreifen?** 207 208 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 209 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 210 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 211 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 212 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 213 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 214 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 215 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 216 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 217 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 218 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 219 reden.“ 220 221 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 222 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 223 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta 224 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 225 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 226 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 227 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 228 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 229 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 230 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 231 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 232 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 233 234 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 235 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 236 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 237 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 238 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 239 ausgenommen sein?“ 240 241 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 242 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 243 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 244 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 245 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 246 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 247 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 248 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu 249 verbessern?250 251 - gibt es freiwillige, selbstsbestimmte, menschenwürdige252 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und253 Ausbeutung?254 255 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem256 Körper tun?257 258 ##Politischer Kontext259 260 Union und SPD einigten sich in ihrem261 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti262 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die263 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter264 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014).265 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte266 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did267 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter268 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden.269 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle270 soll es nicht mehr geben.271 272 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die273 Sittenwidrigkeit Prostition 2002274 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset275 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von276 Prostitutierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den277 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage278 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer279 LobbyistInnen“, heißt es ineinem„[Appel gegen280 Prosititution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pro281 stitution-111249)“ (Nobember 2013), initiert von der282 feministischen Zeitschrift „Emma“. „Seither ist Deutschland283 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies284 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“285 286 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die287 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig,288 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier289 wird auch das „nordische“ oder „schwedische“ Modell290 genannt. In Schweden ist der Kauf sexueller291 Dienstleistungen seit 1998 verboten. Das EU-Parlament292 empfiehlt in einer293 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d294 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD295 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014)296 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer297 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich.298 299 ##Themen der Publixphere-Diskussion:300 301 **Fehlende Informationen**302 303 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur304 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt305 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu306 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und307 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“.308 [Patrick309 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick310 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß311 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als312 legale Prostitution.“313 314 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es315 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter316 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht317 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben,318 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu319 werden.“ @Berta zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein320 Großteil der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen321 und sich hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen322 werden. Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen323 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die324 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl325 eher nicht.“326 327 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine328 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292)329 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum330 Thema.331 332 **Was muss geregelt werden?**333 334 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren335 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung336 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen337 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit338 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle339 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits340 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.”341 342 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen343 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe344 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum345 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man346 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen347 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die348 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol349 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel350 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die351 Politik aber kaum Interesse habe.352 353 @Emil verweist dagegen auf den354 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p355 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC%356 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm357 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale358 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen359 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol360 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem361 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von362 Sexarbeiterinnen.363 364 **Freierbestrafung**365 366 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen367 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift368 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in369 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger370 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist371 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf372 einen373 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu374 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins375 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert376 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten.377 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen378 Kampagne der Diskissionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen379 zu einer anderen380 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti381 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische382 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz383 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor384 Zwangsprostitution schützt“.385 386 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?**387 388 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur389 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich390 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so.391 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen392 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das393 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die394 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in395 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“.396 397 Dagegen schreibt @Berta: „Prostitution ist (...) eine der398 ältesten Arten von Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und399 Gesellschaften (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen400 quasi zu Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen,401 die meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht402 angegriffen sehen.403 404 **Wo fängt der Zwang an?**405 406 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte,407 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa408 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte409 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben,410 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als411 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ @Kilian412 meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus wollen wir413 nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh anfangen kann.“414 @Emil verweist auf die Sichtweise des schwedischen415 Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten Sexarbeiter416 nicht geben könne, da immer ein Abhängigkeitsverhältnis417 zwischen Käufer und Dienstleister bestehe.418 419 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER420 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und421 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution422 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht423 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen,424 solange kein Zwang im Spiel ist?“425 426 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der427 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und428 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs,429 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen430 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn431 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest432 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich433 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin434 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte435 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst436 vorbehalten würden?“437 438 **Darf der Staat eingreifen?**439 440 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der441 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der442 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der443 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung444 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder445 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf446 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs)447 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder448 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist449 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg450 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu451 reden.“452 453 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob454 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und455 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ @Berta456 verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution457 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die458 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.459 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu,460 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware461 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann462 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und463 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben464 wird dem etwas entgegenzusetzen?“465 466 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft:467 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität –468 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele469 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von470 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik471 ausgenommen sein?“472 473 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin,474 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr475 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle476 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution477 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine478 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der479 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines480 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem481 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 2 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 3 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 4 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 5 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 6 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 7 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 8 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 9 einzubringen. Die folgende Kurzdarstellung bezieht sich auf 10 die Diskussion bis zum 13. Juni 2014*** 11 12 ##Knackpunkte der Diskussion 13 14 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 15 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 16 Bedingungen zu verbessern? 17 18 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 19 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 20 Ausbeutung? 21 22 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 23 Körper tun? 24 25 ##Politischer Kontext 26 27 Union und SPD einigten sich in ihrem 28 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 29 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 30 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 31 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 32 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 33 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 34 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 35 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 36 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 37 soll es nicht mehr geben. 38 39 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 40 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 41 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 42 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 43 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 44 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 45 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 46 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 47 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 48 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 49 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 50 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 51 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 52 53 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 54 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 55 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 56 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 57 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 58 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 59 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 60 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 61 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 62 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 63 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 64 65 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 66 67 **Fehlende Informationen** 68 69 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 70 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 71 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 72 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 73 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 74 [Patrick 75 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 76 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 77 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 78 legale Prostitution.“ 79 80 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 81 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 82 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 83 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 84 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 85 werden.“ 86 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 87 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 88 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 89 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 90 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 91 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 92 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 93 eher nicht.“ 94 95 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 96 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 97 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 98 Thema. 99 100 **Was muss geregelt werden?** 101 102 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 103 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 104 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 105 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 106 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 107 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 108 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 109 110 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 111 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 112 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 113 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 114 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 115 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 116 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 117 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 118 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 119 Politik aber kaum Interesse habe. 120 121 @Emil verweist dagegen auf den 122 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 123 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 124 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 125 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 126 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 127 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 128 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 129 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 130 Sexarbeiterinnen. 131 132 **Freierbestrafung** 133 134 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 135 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 136 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 137 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 138 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 139 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 140 einen 141 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 142 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 143 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 144 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 145 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 146 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 147 zu einer anderen 148 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 149 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 150 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 151 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 152 Zwangsprostitution schützt“. 153 154 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 155 156 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 157 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 158 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 159 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 160 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 161 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 162 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 163 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 164 165 Dagegen schreibt 166 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 167 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 168 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 169 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 170 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 171 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 172 angegriffen sehen. 173 174 **Wo fängt der Zwang an?** 175 176 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 177 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 178 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 179 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 180 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 181 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 182 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 183 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 184 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 185 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 186 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 187 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 188 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 189 bestehe. 190 191 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 192 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 193 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 194 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 195 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 196 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 197 198 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 199 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 200 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 201 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 202 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 203 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 204 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 205 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 206 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 207 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 208 vorbehalten würden?“ 209 210 **Darf der Staat eingreifen?** 211 212 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 213 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 214 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 215 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 216 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 217 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 218 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 219 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 220 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 221 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 222 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 223 reden.“ 224 225 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 226 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 227 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 228 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 229 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 230 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 231 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 232 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 233 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 234 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 235 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 236 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 237 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 238 239 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 240 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 241 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 242 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 243 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 244 ausgenommen sein?“ 245 246 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 247 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 248 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 249 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 250 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 251 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 252 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 253 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 254 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende Kurzdarstellung bezieht sich auf 14 die Diskussion bis zum 13. Juni 2014*** 15 16 ##Knackpunkte der Diskussion 17 18 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 19 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 20 Bedingungen zu verbessern? 21 22 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 23 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 24 Ausbeutung? 25 26 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 27 Körper tun? 28 29 ##Politischer Kontext 30 31 Union und SPD einigten sich in ihrem 32 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 33 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 34 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 35 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 36 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 37 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 38 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 39 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 40 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 41 soll es nicht mehr geben. 42 43 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 44 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 45 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 46 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 47 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 48 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 49 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 50 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 51 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 52 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 53 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 54 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 55 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 56 57 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 58 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 59 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 60 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 61 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 62 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 63 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 64 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 65 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 66 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 67 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 68 69 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 70 71 **Fehlende Informationen** 72 73 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 74 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 75 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 76 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 77 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 78 [Patrick 79 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 80 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 81 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 82 legale Prostitution.“ 83 84 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 85 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 86 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 87 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 88 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 89 werden.“ 90 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 91 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 92 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 93 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 94 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 95 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 96 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 97 eher nicht.“ 98 99 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 100 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 101 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 102 Thema. 103 104 **Was muss geregelt werden?** 105 106 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 107 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 108 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 109 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 110 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 111 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 112 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 113 114 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 115 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 116 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 117 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 118 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 119 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 120 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 121 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 122 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 123 Politik aber kaum Interesse habe. 124 125 @Emil verweist dagegen auf den 126 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 127 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 128 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 129 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 130 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 131 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 132 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 133 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 134 Sexarbeiterinnen. 135 136 **Freierbestrafung** 137 138 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 139 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 140 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 141 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 142 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 143 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 144 einen 145 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 146 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 147 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 148 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 149 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 150 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 151 zu einer anderen 152 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 153 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 154 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 155 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 156 Zwangsprostitution schützt“. 157 158 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 159 160 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 161 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 162 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 163 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 164 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 165 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 166 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 167 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 168 169 Dagegen schreibt 170 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 171 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 172 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 173 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 174 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 175 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 176 angegriffen sehen. 177 178 **Wo fängt der Zwang an?** 179 180 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 181 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 182 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 183 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 184 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 185 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 186 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 187 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 188 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 189 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 190 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 191 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 192 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 193 bestehe. 194 195 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 196 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 197 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 198 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 199 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 200 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 201 202 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 203 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 204 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 205 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 206 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 207 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 208 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 209 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 210 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 211 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 212 vorbehalten würden?“ 213 214 **Darf der Staat eingreifen?** 215 216 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 217 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 218 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 219 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 220 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 221 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 222 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 223 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 224 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 225 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 226 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 227 reden.“ 228 229 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 230 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 231 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 232 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 233 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 234 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 235 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 236 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 237 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 238 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 239 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 240 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 241 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 242 243 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 244 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 245 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 246 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 247 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 248 ausgenommen sein?“ 249 250 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 251 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 252 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 253 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 254 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 255 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 256 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 257 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 258 teuren Essen einlädt.“ -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende Kurzdarstellung bezieht sich auf 14 die Diskussion bis zum 13. Juni 2014*** 15 16 ##Knackpunkte der Diskussion 17 18 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 19 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 20 Bedingungen zu verbessern? 21 22 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 23 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 24 Ausbeutung? 25 26 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 27 Körper tun? 28 29 ##Politischer Kontext 30 31 Union und SPD einigten sich in ihrem 32 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 33 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 34 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 35 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 36 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 37 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 38 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 39 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 40 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 41 soll es nicht mehr geben. 42 43 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 44 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 45 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 46 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 47 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 48 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 49 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 50 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 51 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 52 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 53 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 54 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 55 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 56 57 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 58 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 59 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 60 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 61 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 62 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 63 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 64 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 65 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 66 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 67 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 68 69 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 70 71 **Fehlende Informationen** 72 73 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 74 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 75 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 76 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 77 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 78 [Patrick 79 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 80 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 81 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 82 legale Prostitution.“ 83 84 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 85 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 86 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 87 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 88 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 89 werden.“ 90 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 91 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 92 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 93 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 94 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 95 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 96 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 97 eher nicht.“ 98 99 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 100 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 101 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 102 Thema. 103 104 **Was muss geregelt werden?** 105 106 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 107 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 108 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 109 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 110 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 111 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 112 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 113 114 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 115 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 116 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 117 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 118 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 119 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 120 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 121 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 122 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 123 Politik aber kaum Interesse habe. 124 125 @Emil verweist dagegen auf den 126 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 127 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 128 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 129 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 130 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 131 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 132 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 133 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 134 Sexarbeiterinnen. 135 136 **Freierbestrafung** 137 138 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 139 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 140 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 141 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 142 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 143 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 144 einen 145 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 146 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 147 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 148 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 149 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 150 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 151 zu einer anderen 152 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 153 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 154 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 155 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 156 Zwangsprostitution schützt“. 157 158 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 159 160 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 161 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 162 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 163 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 164 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 165 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 166 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 167 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 168 169 Dagegen schreibt 170 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 171 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 172 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 173 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 174 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 175 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 176 angegriffen sehen. 177 178 **Wo fängt der Zwang an?** 179 180 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 181 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 182 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 183 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 184 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 185 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 186 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 187 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 188 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 189 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 190 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 191 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 192 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 193 bestehe. 194 195 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 196 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 197 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 198 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 199 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 200 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 201 202 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 203 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 204 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 205 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 206 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 207 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 208 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 209 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 210 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 211 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 212 vorbehalten würden?“ 213 214 **Darf der Staat eingreifen?** 215 216 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 217 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 218 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 219 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 220 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 221 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 222 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 223 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 224 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 225 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 226 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 227 reden.“ 228 229 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 230 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 231 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 232 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 233 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 234 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 235 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 236 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 237 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 238 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 239 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 240 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 241 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 242 243 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 244 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 245 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 246 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 247 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 248 ausgenommen sein?“ 249 250 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 251 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 252 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 253 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 254 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 255 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 256 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 257 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 258 teuren Essen einlädt.“ 259 ------------------------------------------------------------ 260 --------------------------------- 261 262 ##Links 263 264 - [Hintergrundtext: 265 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 266 ry/45) 267 268 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 269 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 270 271 - [Diskussion: Wer geht zu 272 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) 273 274 -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen verbietet 11 („Freier-Bestrafung“). Alle Politik-Interessierten waren und 12 sind eingeladen, sich einzubringen. Die folgende 13 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 14 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 15 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 16 17 ##Knackpunkte der Diskussion 18 19 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder geht 20 es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 21 Bedingungen zu verbessern? 22 23 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 24 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 25 Ausbeutung? 26 27 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 28 Körper tun? 29 30 ##Politischer Kontext 31 32 Union und SPD einigten sich in ihrem 33 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 34 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 35 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 36 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 37 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 38 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 39 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 40 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 41 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 42 soll es nicht mehr geben. 43 44 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 45 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 46 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 47 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 48 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 49 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage die 50 „Handschrift der Frauenhändler und ihrer LobbyistInnen“, 51 heißt es in einem „[Appel gegen 52 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 53 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 54 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 55 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der 56 Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 57 58 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 59 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, auch 60 Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier findet 61 sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ Modell. In 62 Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen seit 1998 63 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 64 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 65 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 66 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) diesen 67 Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer "Genehmigung 68 der sexuellen Ausbeutung“ geich. 69 70 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 71 72 **Fehlende Informationen** 73 74 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 75 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 76 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 77 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 78 menschenwürdige Prostitution (…) ein Ausnahmefall?“. 79 [Patrick 80 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 81 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 82 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als legale 83 Prostitution.“ 84 85 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 86 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 87 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 88 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 89 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 90 werden.“ 91 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 92 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 93 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 94 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 95 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 96 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 97 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 98 eher nicht.“ 99 100 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 101 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) gestartet. 102 Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum Thema. 103 104 **Was muss geregelt werden?** 105 106 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 107 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung zu 108 schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 109 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 110 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 111 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 112 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 113 114 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 115 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe es 116 Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 117 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 118 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen Sexes 119 reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die sich 120 direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol fordert, eher 121 über effektive Gesetze gegen Menschenhandel zu diskutieren 122 und die Opferrechte zu stärken, woran die Politik aber kaum 123 Interesse habe. 124 125 @Emil verweist dagegen auf den 126 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 127 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 128 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 129 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 130 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen und 131 Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 132 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem als 133 „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 134 Sexarbeiterinnen. 135 136 **Freierbestrafung** 137 138 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 139 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 140 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 141 den Ofen: „(…) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 142 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 143 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 144 einen 145 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 146 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 147 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert auf 148 der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. Es 149 hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen Kampagne 150 der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen zu einer 151 anderen 152 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 153 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 154 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz Frauen 155 und Mädchen aus dem Osten Europas vor Zwangsprostitution 156 schützt“. 157 158 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 159 160 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 161 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 162 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 163 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen sind 164 nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das Herausholen 165 der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die Sexarbeit ist das 166 Problem, sondern die Art und Weise, in der die Gesellschaft 167 diesen Beruf wahrnimmt“. 168 169 Dagegen schreibt 170 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 171 bout): „Prostitution ist (…) eine der ältesten Arten von 172 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften (und 173 gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu Haushalt 174 (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die meisten 175 Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht angegriffen sehen. 176 177 **Wo fängt der Zwang an?** 178 179 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 180 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 181 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 182 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, sich 183 prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 184 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 185 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 186 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 187 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 188 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 189 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 190 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 191 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 192 bestehe. 193 194 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 195 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 196 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 197 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 198 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 199 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 200 201 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 202 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 203 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 204 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 205 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(…) wenn (…) 206 Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest von 207 Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich ein 208 Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin kämen 209 wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 210 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 211 vorbehalten würden?“ 212 213 **Darf der Staat eingreifen?** 214 215 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 216 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 217 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 218 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 219 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 220 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 221 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 222 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 223 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 224 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 225 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 226 reden.“ 227 228 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 229 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 230 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 231 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 232 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 233 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 234 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 235 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 236 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 237 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 238 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 239 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 240 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 241 242 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 243 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 244 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 245 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 246 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 247 ausgenommen sein?“ 248 249 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 250 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 251 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 252 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 253 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 254 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 255 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines Dates, 256 wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem teuren 257 Essen einlädt.“ 258 259 ------------------------------------------------------------ 260 --------------------------------- 261 262 Dieser Text kann abschnittsweise kommentiert werden. Eine 263 neue Diskussion zum Thema Prostitution könnt ihr 264 (eingeloggt) unter diesem 265 [Link](https://publixphere.de/i/publixphere-de/proposal/new? 266 category=45) anlegen. 267 268 269 ##Links 270 271 - [Hintergrundtext: 272 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 273 ry/45) 274 275 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 276 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 277 278 - [Diskussion: Wer geht zu 279 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? 30 31 ##Politischer Kontext 32 33 Union und SPD einigten sich in ihrem 34 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 35 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 36 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 37 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 38 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 39 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 40 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 41 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 42 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 43 soll es nicht mehr geben. 44 45 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 46 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 47 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 48 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 49 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 50 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 51 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 52 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 53 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 54 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 55 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 56 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 57 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 58 59 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 60 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 61 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 62 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 63 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 64 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 65 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 66 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 67 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 68 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 69 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 70 71 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 72 73 **Fehlende Informationen** 74 75 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 76 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 77 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 78 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 79 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 80 [Patrick 81 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 82 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 83 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 84 legale Prostitution.“ 85 86 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 87 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 88 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 89 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 90 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 91 werden.“ 92 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 93 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 94 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 95 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 96 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 97 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 98 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 99 eher nicht.“ 100 101 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 102 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 103 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 104 Thema. 105 106 **Was muss geregelt werden?** 107 108 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 109 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 110 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 111 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 112 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 113 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 114 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 115 116 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 117 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 118 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 119 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 120 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 121 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 122 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 123 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 124 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 125 Politik aber kaum Interesse habe. 126 127 @Emil verweist dagegen auf den 128 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 129 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 130 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 131 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 132 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 133 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 134 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 135 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 136 Sexarbeiterinnen. 137 138 **Freierbestrafung** 139 140 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 141 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 142 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 143 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 144 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 145 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 146 einen 147 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 148 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 149 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 150 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 151 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 152 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 153 zu einer anderen 154 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 155 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 156 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 157 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 158 Zwangsprostitution schützt“. 159 160 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 161 162 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 163 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 164 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 165 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 166 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 167 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 168 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 169 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 170 171 Dagegen schreibt 172 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 173 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 174 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 175 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 176 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 177 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 178 angegriffen sehen. 179 180 **Wo fängt der Zwang an?** 181 182 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 183 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 184 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 185 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 186 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 187 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 188 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 189 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 190 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 191 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 192 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 193 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 194 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 195 bestehe. 196 197 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 198 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 199 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 200 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 201 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 202 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 203 204 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 205 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 206 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 207 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 208 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 209 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 210 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 211 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 212 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 213 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 214 vorbehalten würden?“ 215 216 **Darf der Staat eingreifen?** 217 218 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 219 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 220 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 221 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 222 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 223 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 224 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 225 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 226 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 227 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 228 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 229 reden.“ 230 231 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 232 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 233 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 234 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 235 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 236 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 237 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 238 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 239 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 240 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 241 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 242 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 243 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 244 245 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 246 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 247 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 248 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 249 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 250 ausgenommen sein?“ 251 252 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 253 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 254 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 255 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 256 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 257 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 258 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 259 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 260 teuren Essen einlädt.“ 261 262 ------------------------------------------------------------ 263 --------------------------------- 264 265 Dieser Text kann abschnittsweise kommentiert werden. Eine 266 neue Diskussion zum Thema Prostitution könnt ihr 267 (eingeloggt) unter diesem 268 [Link](https://publixphere.de/i/publixphere-de/proposal/new? 269 category=45) anlegen. 270 271 272 ##Links 273 274 - [Hintergrundtext: 275 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 276 ry/45) 277 278 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 279 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 280 281 - [Diskussion: Wer geht zu 282 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? 30 31 ##Politischer Kontext 32 33 Union und SPD einigten sich in ihrem 34 [Koalitionsvertrag](https://www.tagesschau.de/inland/koaliti 35 onsvertrag136.pdf) (Dezember 2013, Seite 104) darauf, die 36 Gesetzgebung zur Prostitution zu verschärfen. Ein konkreter 37 Gesetzentwurf wird noch erarbeitet (Stand 11. Juni 2014). 38 Das Bundesfamilienministerium hat erste Ansatzpunkte 39 [vorgestellt](http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did 40 =206114.html). Demnach soll unter anderem das Mindestalter 41 für Prostituierte von 18 auf 21 angehoben werden. 42 „Menschenunwürdige Geschäftsmodelle" wie Flatrate-Bordelle 43 soll es nicht mehr geben. 44 45 Die - seinerzeit rot-grüne - Bundesregierung hatte die 46 *Sittenwidrigkeit* von Prostitution 2002 47 [aufgehoben](http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitutionsgeset 48 z). Das Ziel: die rechtliche und soziale Situation von 49 Prostituierten stärken. Frauenrechtlerinnen halten den 50 Ansatz jedoch für gescheitert. Das Gesetz von 2002 trage 51 die „Handschrift der Frauenhändler und ihrer 52 LobbyistInnen“, heißt es in einem „[Appel gegen 53 Prostitution](http://www.emma.de/thema/der-appell-gegen-pros 54 titution-111249)“ (Nobember 2013), initiiert von der 55 feministischen Zeitschrift „Emma“: „Seither ist Deutschland 56 zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies 57 der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden.“ 58 59 Von der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung fordert die 60 Initiative unter anderem: „die Ächtung und, wenn nötig, 61 auch Bestrafung der Freier“. Eine Bestrafung der Freier 62 findet sich auch im „nordischen“ oder „schwedischen“ 63 Modell. In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen 64 seit 1998 verboten. Das EU-Parlament empfiehlt in einer 65 [Entschließung](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.d 66 o?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BD 67 OC%2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) (Februar 2014) 68 diesen Ansatz. Die deutsche Legalisierung komme einer 69 "Genehmigung der sexuellen Ausbeutung“ geich. 70 71 ##Themen der Publixphere-Diskussion: 72 73 **Fehlende Informationen** 74 75 Viele Kommentare verweisen auf fehlende Informationen zur 76 Prostitution in Deutschland und Europa. @Emil fragt 77 beispielsweise: „Gibt es verlässliche Zahlen und Fakten zu 78 einem erfolgreichen Verbot? Ist selbstbestimmte und 79 menschenwürdige Prostitution (...) ein Ausnahmefall?“. 80 [Patrick 81 Müller](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Patrick 82 Mueller/about) meint: „Ich habe den Eindruck, man weiß 83 besser, wie viel illegale Schwarzarbeit existiert als 84 legale Prostitution.“ 85 86 Schon über die Gründe der fehlenden Informationen gibt es 87 eine Kontroverse. @HekateGT kommentiert: „Das liegt unter 88 anderem daran, dass viele Sexarbeiterinnen sich nicht 89 öffentlich outen wollen, weil sie keine Lust darauf haben, 90 in ihrem privaten Umfeld diskriminiert und ausgegrenzt zu 91 werden.“ 92 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 93 bout) zufolge fehlen Statistiken, „weil (...) ein Großteil 94 der Frauen aus armen Ostblockländern zu uns kommen und sich 95 hier prostituieren bzw. zur Prostitution gezwungen werden. 96 Wer hat denn ein Interesse daran, dass diese Frauen 97 irgendwie 'registriert' werden? Die Zuhälter? Die 98 Bordellbesitzer? Die Frauen? Die Freier vielleicht? Wohl 99 eher nicht.“ 100 101 Zur Frage „Wer geht zu Prostituierten?“ hat @HannahDo eine 102 [eigene Diskussion](https://publixphere.de/d/292) 103 gestartet. Das Forum sammelt hier verschiedene Artikel zum 104 Thema. 105 106 **Was muss geregelt werden?** 107 108 Offen bleibt im Forum, welche Regelungen zu reformieren 109 sind, um Prostituierte (Frauen und Männer) vor Ausbeutung 110 zu schützen. @HekateGT kommentiert: „alle die widrigen 111 Begleitumstände, die immer wieder im Zusammenhang mit 112 Sexarbeit thematisiert werden - als da sind: sexuelle 113 Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel - werden bereits 114 durch das STGB (*„Strafgesetzbuch“, Anm. d. R.*) abgedeckt.” 115 116 @sonjdol hält das Prostitutionsgesetz für den falschen 117 Ansatzpunkt, um Menschenhandel einzudämmen – hierfür gebe 118 es Gesetze gegen Menschenhandel. „Ich verstehe nicht, warum 119 alle immer wieder in diese Falle tappen. Als würde man 120 Vergewaltigung durch eine Regulierung einvernehmlichen 121 Sexes reduzieren können und nicht durch Paragraphen, die 122 sich direkt auf Vergewaltigung beziehen.“ @sonjdol 123 fordert, eher über effektive Gesetze gegen Menschenhandel 124 zu diskutieren und die Opferrechte zu stärken, woran die 125 Politik aber kaum Interesse habe. 126 127 @Emil verweist dagegen auf den 128 [Entschluss](http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?p 129 ubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT%2BREPORT%2BA7-2014-0071%2B0%2BDOC% 130 2BXML%2BV0%2F%2FDE&language=DE) des EU-Parlaments. Ihm 131 zufolge stellt die Einstufung der Prostitution als legale 132 „Sexarbeit“ keine Lösung dar, um schutzbedürftige Frauen 133 und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. @sonjdol 134 kritisiert den Parlamentsbeschluss scharf, unter anderem 135 als „Zeichen der anhaltenden Stigmatisierung“ von 136 Sexarbeiterinnen. 137 138 **Freierbestrafung** 139 140 Die Option, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen 141 durch Freier zu verbieten („schwedisches Modell"), streift 142 das Forum nur kurz. @HekateGT hält es für einen „Schuss in 143 den Ofen: „(...) die Sexarbeit ist dadurch nicht weniger 144 geworden - aber die Gewalt gegen Sexarbeiterinnen ist 145 dramatisch angestiegen.“ @sonjdol meint mit Verweis auf 146 einen 147 [Artikel](http://menschenhandelheute.net/2012/02/24/prostitu 148 tion-in-schweden-sexkaufverbot/) des Online-Magazins 149 menschenhandelheute.net: „Das Schwedische Modell basiert 150 auf der Stigmatisierung und Entrechtung von Prostituierten. 151 Es hilft ihnen nicht.“ Das Magazin Emma, auf dessen 152 Kampagne der Diskussionsanstoß Bezug nimmt, kommt dagegen 153 zu einer anderen 154 [Einschätzung](http://www.emma.de/artikel/dossier-prostituti 155 on-abschaffen-modell-schweden-265411): Die schwedische 156 Regierung könne belegen, „dass das Anti-Freier-Gesetz 157 Frauen und Mädchen aus dem Osten Europas vor 158 Zwangsprostitution schützt“. 159 160 **Sexarbeit oder Prostitution? Beruf oder Ausbeutung?** 161 162 In der Diskussion dominieren grundsätzliche Fragen zur 163 Prostitution – etwa, ob es sich um einen gesellschaftlich 164 akzeptierten Beruf handeln kann. @HekateGT sieht es so. 165 Sexarbeit sei "an sich" kein Problem. „Was wir brauchen 166 sind nicht zusätzliche Reglementierungen, sondern das 167 Herausholen der Sexarbeit aus der Grauzone. NICHT die 168 Sexarbeit ist das Problem, sondern die Art und Weise, in 169 der die Gesellschaft diesen Beruf wahrnimmt“. 170 171 Dagegen schreibt 172 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 173 bout): „Prostitution ist (...) eine der ältesten Arten von 174 Ausbeutung von Frauen. Es gab Zeiten und Gesellschaften 175 (und gibt es noch heute), da gehörten Frauen quasi zu 176 Haushalt (wie das Vieh).“ @sonjdol meint dagegen, die 177 meisten Sexarbeiter*innen würden ihre Würde nicht 178 angegriffen sehen. 179 180 **Wo fängt der Zwang an?** 181 182 Gerungen wird mit der Frage, ob es eine selbstbestimmte, 183 freiwilige Prostitution bzw. Sexarbeit geben kann. @Louisa 184 kommentiert: „Ich denke (...), dass viele durch bestimmte 185 (nicht frei entschiedene) Situationen das Gefühl haben, 186 sich prosituieren zu müssen. Auch dieses könnte man als 187 Zwangsprostitution im weitesten Sinne verstehen.“ 188 [Kilian](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Donkey 189 /about) meint: „Prostitution aus einer Zwangslage heraus 190 wollen wir nicht und wir wissen, das Zwang sehr früh 191 anfangen kann.“ @Emil verweist auf die Sichtweise des 192 schwedischen Gesetzgebers, wonach es einen selbstbestimmten 193 Sexarbeiter nicht geben könne, da immer ein 194 Abhängigkeitsverhältnis zwischen Käufer und Dienstleister 195 bestehe. 196 197 @HekateGT verweist hier auf andere Berufe: „Es gibt IMMER 198 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und 199 Arbeitnehmer“. @sonjdol hält die freiwillige Prostitution 200 für möglich, wenn sie fragt: „Warum sollen Menschen nicht 201 mir ihrer Sexualität anfangen dürfen, was sie wollen, 202 solange kein Zwang im Spiel ist?“ 203 204 @HekateGT dreht das Zwangsargument um, und sieht in der 205 Sexarbeit auch eine Befreiung von ökonomischen und 206 staatlichen Zwängen (Leiharbeit, Werkverträge, Billigjobs, 207 Hartz IV). Ihrer Auffassung zufolge wollen 208 Prostitutionsgegner diesen Weg verhindern: „(...) wenn 209 (...) Frauen in die Sexarbeit gehen um sich noch einen Rest 210 von Selbstständigkeit zu sichern, dann ist das natürlich 211 ein Schlupfloch, das man dicht machen muss. Denn wohin 212 kämen wir, wenn die Arbeitssklavinnen sich noch das letzte 213 Bisschen Verfügung über ihren eigene Körper selbst 214 vorbehalten würden?“ 215 216 **Darf der Staat eingreifen?** 217 218 Verschiedene Sichtweisen gibt es auch zur Frage, wann der 219 Staat sexuelle Aktivitäten regulieren darf. Im Fall der 220 "Sexarbeit" lehnt @sonjdol das grundsätzlich ab: „Nein, der 221 Staat darf und soll kein Recht haben, mir die Entscheidung 222 abzunehmen, was ich mit meinem Körper mache. Ich bin weder 223 Eigentum noch Sklavin des Staates. Der Staat darf 224 meinetwegen Sexarbeit besteuern oder wie (andere Jobs) 225 regulieren, aber vorschreiben, ob man das tun darf oder 226 nicht, definitiv nicht.“ @Undine kommentiert: „Es ist 227 unfassbar zynisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg 228 Entscheidungen zu treffen und dabei von Schutz und Würde zu 229 reden.“ 230 231 @Emil meint dagegen: „..bei der grundsätzlichen Frage, ob 232 der Staat einschränken darf, wie ich mit meinem Körper (und 233 meiner Seele?) umgehe, bin ich echt ratlos.“ 234 [Berta](https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/berta/a 235 bout) verteidigt den Ansatz, gesetzlich gegen Prostitution 236 vorzugehen. Es gehe in der Prostitutionsdebatte um die 237 Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. 238 „Öffnen wir dem Kapitalismus Tür und Tor - und lassen zu, 239 dass (Frauen)Körper bzw. (Frauen)Körperöffnungen zur Ware 240 werden, dass Sex beliebig gekauft und verkauft werden kann 241 und öffnen damit den Weg für Zuhälter, Menschenhändler und 242 Bordellbesitzer, die damit fett Kohle machen? Oder haben 243 wird dem etwas entgegenzusetzen?“ 244 245 Auch @Krause fragt nach den Grenzen der Marktwirtschaft: 246 „Warum soll nicht wenigstens die menschliche Sexualität – 247 immerhin ein wesentlicher Teil des Lebens und für viele 248 Menschen grundlegender Bestandteil ihrer Identität – von 249 einer neoliberal-kapitalistischen Verwertungslogik 250 ausgenommen sein?“ 251 252 @sonjdol kommentiert dagegen: „Kapitalismus hin, 253 Kapitalismus her: Ich finde es schlimmer, dass Menschen ihr 254 Gehirn und ihre Intelligenz an Konzerne verkaufen, um Kohle 255 auf dem Rücken armer Menschen zu verdienen.“ Prostitution 256 sei gesetzlich nicht abzuschaffen. „Es ist eine 257 gesellschaftliche Praxis, die es immer geben wird - in der 258 einen oder anderen Form. Und sei es in der Form eines 259 Dates, wo Frau mit Mann ins Bett geht, wenn er sie zu einem 260 teuren Essen einlädt.“ 261 262 ------------------------------------------------------------ 263 --------------------------------- 264 265 Text: Alexander Wragge und Katharina Mosene 266 267 ***Hinweis*** *: Dieser Text kann abschnittsweise 268 kommentiert werden. Eine neue Diskussion zum Thema 269 Prostitution könnt ihr (eingeloggt) unter diesem 270 [Link](https://publixphere.de/i/publixphere-de/proposal/new? 271 category=45) anlegen.* 272 273 274 ##Links 275 276 - [Hintergrundtext: 277 Prostitution](https://publixphere.de/i/publixphere-de/catego 278 ry/45) 279 280 - [Diskussion: Prostitution nun doch gesetzlich 281 verbieten?](https://publixphere.de/d/274) 282 283 - [Diskussion: Wer geht zu 284 Prostituierten?](https://publixphere.de/d/292) -
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von admin, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? 30 31 32 33 -
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von Community Management , angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun? -
Prostitution gesetzlich verbieten? (Originalversion)
von testen, angelegt1 ![Foto: Jake Guild (CC BY 2 2.0)](https://publixphere-cms.publixphere.de/de/bilder/prost 3 ution_gross.bmp/@@images/image.bmp) 4 5 ***Louisa startete die Diskussion [„Prostitution nun doch 6 gesetzlich verbieten?“](https://publixphere.de/d/274) (4. 7 Dezember 2013). Hintergrund ist die politische Debatte um 8 eine Verschärfung der Prostitutionsgesetzgebung in 9 Deutschland. @Louisa fragt, ob das schwedische Modell Sinn 10 macht, welches den Kauf sexueller Dienstleistungen 11 verbietet („Freier-Bestrafung“). Alle 12 Politik-Interessierten waren und sind eingeladen, sich 13 einzubringen. Die folgende 14 [Kurzdarstellung](https://publixphere.de/i/publixphere-de/pa 15 ge/1_Was_sind_Kurzdarstellungen) bezieht sich auf die 16 Kommentare und Beiträge bis zum 13. Juni 2014*** 17 18 ##Knackpunkte der Diskussion 19 20 - muss es das Ziel sein, Prostitution abzuschaffen oder 21 geht es darum rechtliche, gesellschaftliche und soziale 22 Bedingungen zu verbessern? 23 24 - gibt es freiwillige, selbstbestimmte, menschenwürdige 25 Prostitution bzw. Sexarbeit? Wo beginnen Zwang und 26 Ausbeutung? 27 28 - Darf der Staat darüber bestimmen, was Menschen mit ihrem 29 Körper tun?