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Sollte das Vereinigte Königreich die EU verlassen?


Ein Diskussionsanstoß der Redaktion

In einer vielbeachteten Rede hat sich der britische Premierminister David Cameron im Januar 2013 zur Zukunft Großbritanniens in der Europäischen Union geäußert. Darin warb er für seine Vision einer wettbewerbsorientierteren, flexibleren und demokratischeren Union und kündigte ein Referendum an: Das britische Volk solle 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen.

Sollte das Vereinigte Königreich die EU verlassen?


Kommentare

  • lindyhop25 ist dagegen
    +4

    Nein, das Vereinigte Königreich sollte die EU nicht verlassen. Ich frage mich, was passieren wird, wenn der erste Mitgliedsstaat die EU verlässt. Generell ist das während der Krise wohl der wahrscheinlichste Zeitpunkt. Zudem steigt die Arbeitslosenquote in Großbritannien gerade erheblich, was sich nicht positiv auf die öffentliche Meinung zur EU auswirken wird. Ein Austritt Großbritanniens wäre jetzt wohl auch für andere Staaten ein starkes Signal. Es würde vermutlich viele Demonstrationen in Ländern wie zB Portugal geben, dass sie dem Beispiel Großbritanniens folgen sollten. Andererseits bin ich davon überzeugt, dass auch die Tories es nicht ernst meinen können mit dem Austritt aus der EU. Einerseits wollen sie zwar die UKIP daran hindern, noch stärker zu werden. Andererseits müssen sie sich aber auch um die Einheit Großbritanniens sorgen, da Schottland sich eventuell von England loseisen möchte, selbst aber deutlich pro-europäisch ist. Auch ist die Wirtschaft der Londoner City viel zu sehr vom Binnenmarkt abhängig. Ein Austritt aus der EU wäre für England gleichbedeutend dem eigenhändigen Abhacken sämtlicher Gliedmaßen, sodass nur noch ein bewegungsunfähiger Rumpf übrig bliebe. Das kann nicht im Sinne der britischen Regierung sein.

    • David Krappitz Mitglied JEB
      +2

      Hallo lindyhop, ich schließe mich dir vollständig an: Ein Austritt des VK aus der EU wäre für alle Beteiligten sehr nachteilhaft. Um nur zwei Punkte zu nennen: Ökonomisch ist das VK als drittgrößte Volkswirtschaft eine zentrale Stütze der europäischen Wirtschaft und großer Abnehmer kontinentaleuropäischer (va natürlich deutscher) Güter. Außenpolitisch (gerade auch sicherheitspolitisch) ist das VK noch immer ein derart relevanter Akteur, dass die gesamte europäische Diplomatie leiden würde, wenn sie nicht auch die britische Stimme beinhaltet. Genauso ist die britische Stimme für sich genommen leise und schwach geworden, sodass es gar nicht im Interesse der Briten sein kann, sich auf eigene Füße stellen zu müssen. Und letztlich ist für die EU auch nicht ersichtlich, welche Dynamik ein EU-Austritt der Briten in anderen Mitgliedstaaten auslösen könnte!!

      Jetzt habe ich - "leider" - einen recht guten Draht zum VK, habe dort Familie, Bekannte und habe selbst eine Weile dort gelebt. In der Gefahr der Pauschalisierung: Mir ist seitdem keine europäische Bevölkerung begegnet mit einer derartigen Selbstwahrnehmung und einem derartigen Scheuklappenblick auf die EU. Dass sie nicht mehr das Empire des 19. Jhds. sind, ist den Briten inzwischen klar. Dennoch herrscht eine chronisch hohe Selbsteinschätzung vor, die zugleich das Bild der EU als etwas lediglich Störendes prägt. Von einem gemeinsamen Schicksal Europas weiß man im VK nichts; man ist sich selbst am nächsten und hält sich auch für stark genug, um nicht auf die EU angewiesen zu sein. Medial wirkt sich dies insofern aus, als dass EU-Bashing mittlerweile zum guten Ton gehört. Bestenfalls scheint der EU Desinteresse entgegenzukommen. Ein wirkliches Bedürfnis, Mitglied der europäischen Union zu sein, sei es emotional oder pragmatisch, verspüre ich bei den wenigsten.

      Soweit die Sicht der Briten auf die EU. Bei der Debatte um einen potenziellen Austritt sollten wir jedoch auch den Blick der EU auf Großbritannien berücksichtigen. Die EU hat seit Anfang der 90er eine enorme Entwicklung hingelegt. Die Vollendung des Binnenmarktes, die Einrichtung politischer Institutionen mit einer graduell steigenden Demokratisierung, die Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion, der Reformvertrag von Lissabon, die weiteren Integrationsschritte in der Krise... bei all diesen Integrationsschritten hat das VK wenn überhaupt widerwillig teilgenommen. Cameron drohte 2009 noch aus der Opposition heraus, er werde den Lissabon-Vertrag niemals unterzeichnen, würde er bis dahin Premierminister. Gegen den Fiskalvertrag hat er sich verweigert. Und schaut man sich die Haltung der politischen Landschaft des VK mit Blick auf die Europawahl an: Weder die Tories, noch Labour, noch UKIP unterstützen die Aufstellung von europäischen Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten. Einzig die Liberalen fördern diese Entwicklung hin zu einer tieferen und demokratischeren politischen Union in der EU.

      Was ich mit diesen Beispielen zeigen will, ist: Der Großteil des politischen VK und seiner Bevölkerung lehnen eine aktive Teilnahme an der Vertiefung der europäischen Integration strikt ab. Das VK grenzt sich damit bewusst von allen 27 anderen Mitgliedstaaten ab, die sich in changierenden Nuancen alle mehr oder weniger für eine vertiefte Integration aussprechen. Nach dem jetzigen Stand des europäischen politischen Systems sind diese 27 Staaten und ihre Bürger jedoch auf die Zustimmung des VK zu einer weiteren Integration angewiesen. Und nach den Entwicklungen (Beispiel: Cameron zu Lissabon) zu urteilen erscheint die Vorstellung nicht abwegig, dass sich das VK einer weiteren Integration, insbesondere einer Politisierung und Demokratisierung der EU, entgegenstellt.

      Die Frage, die sich daher die EU auch gegenüber einer Mitgliedschaft des VK (in seiner heutigen Form) stellen muss, ist: Gehen wir das Risiko ein, dass wir uns in unserem Wunsch und in Teilen auch unserem Bedarf an weiterer Integration von der Haltung der britischen Politik und Bevölkerung ausbremsen lassen? Oder bedarf es nicht letztlich einer Beziehung zwischen dem VK und der EU, die sowohl das Unabhängigkeitsbestreben des VK als aus das Integrationsbestreben der EU fördert? Nach dem jetzigen Stand der Dinge würde dies bedeuten, dass die Mitgliedschaft des VK in der EU jedenfalls kein Vetorecht mehr umfasst, damit an Gestaltungskraft verliert und ggfs. zu einer Art privilegierter Partnerschaft degradiert wird. Denn natürlich kann sich ein Referendum über den Verbleib des VK in der EU gewinnen lassen. Ob das aber für die weitere Entwicklung der EU von Vorteil ist, muss hiermit auch hinterfragt werden.

      • Hallo DavidKrappitz, es ist ein Dillemma mit den Briten. Ich finde dort wird in Reinform durchexerziert, was auch in Deutschland immer wieder aufscheint und im EU-System angelegt ist: die Unkenntlich-Machung der Verwantwortlichkeiten. Die Briten "externalisieren" Europa als wäre es ein Alien. So schade, dass sie kein Gefühl mehr dafür haben, dass sie selbst Europa sind und gestalten. Dass sie mit im "Fahrersitz" sitzen. Doch wer die eigene Rolle nicht kennt und bewusst annimmt, kann in dieser EU nur leiden.

  • Aus Sicht der EU-Partner wäre ein Austritt Großbritanniens ein großer Verlust - kulturell, wirtschaftlich, diplomatisch. Und, was Humor und Understatement betrifft...

    • Waere ein grosser Verlust - bin völlig Deiner Meinung!

  • Nah vielen Diskussionen mit Briten ist mir klar: Sie wissen nicht ganz was es bedeuten würde. Einerseits debattieren sie dass das vereinigte Königreich nie richtig in der EU war... Bestes Beispiel der Pfund... Wie in jedem Land suchen die Briten Sündenböcke für ihre Probleme. Die EU ist durch die Krise natürlich ein einfaches Ziel. Jedoch wird noch nicht bedacht was für eine Auswirkung es auf ihre Wirtschaft hätte wenn sie austreten . Was wohl auch erst ein Thema wäre kurz bevor sie einen Austritt unterschreiben.

  • Die Briten sollten schon 2014 ueber ihren EU-Verbleib abstimmen. Das mobilisiert dann noch einmal alle Akteure, bringt auch auf der Insel alle Argumente auf den Tisch und dann ist auch mal gut - mit oder ohne Grossbritannien. Dieser Eiertanz muss ein Ende haben.

    • Die Schotten stimmen 2014 über ihren Austritt aus dem Vereinigten Königreich ab.