Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigt sich zufrieden mit der neuen Prostitutionsgesetzgebung. "Es wird erstmalig klare Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben, die dem Schutz der Frauen dienen." Foto: dpa
Union und SPD haben sich auf Eckpunkte eines neuen Prostituionsgesetzes geeinigt. Eignen sich die neuen Maßnahmen, um die Situation von Prostituierten zu verbessern?
Ein Diskussionsanstoß der Redaktion
Über kaum etwas hat die Publixphere-Community intensiver diskutiert als über die Reform der Prostitutionsgesetzgebung von 2002 (siehe Zusammenfassung). Sollen wie in Schweden Freier bestraft werden - so wie es das EU-Parlament in einer Entschließung favorisiert? (Februar 2014)? Kann es freiwillige Sexarbeit überhaupt geben oder geht es hier immer um Zwang? Welche Regeln schützen Prostituierte, welche beschneiden ihre Rechte auf Selbstbestimmung?
Union und SPD sind sich einig
Jüngst hat sich die Große Koalition nach monatelangem Streit auf die Grundzüge einer Reform geeinigt. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) will sie im März dem Kabinett vorlegen. Prinzipiell bleibt Deutschland beim Entkriminalisierungsprinzip - anders als etwa Schweden und Norwegen, wo der "käufliche Erwerb sexueller Dienstleistungen" verboten ist.
Eckpunkte der Reform:
- Bordelle benötigen künftig eine Erlaubnis, statt wie bisher nur eine Gewerbeanmeldung. Hierzu sind räumliche und hygienische Vorgaben einzuhalten. Betreiber müssen sich einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. Einschlägig vorbestrafte Akteure sollen kein Bordell eröffnen dürfen. Entwürdigende Geschäftsmodelle wie „Flatrate-Sex“ werden verboten.
- Prostituierte müssen sich anmelden, und diese Anmeldung alle zwei Jahre erneuern. Bei welcher Behörde, bleibt offen.
- Prostituierte müssen alle 12 Monate eine medizinische Beratung aufsuchen. Eine medizinische Untersuchung wird allerdings nicht zur Pflicht. Die Beratung kann auch ein niedergelassenen Arzt oder das Gesundheitsamt leisten, und muss nicht durch Gynäkologen erfolgen.
- eine Kondompflicht wird eingeführt - allerdings ohne Bußgeld-Androhung gegen die Prostituierten. Die Pflicht soll es den Strafbehörden ermöglichen, unangemeldete Kontrollen in den Bordellen durchzuführen. Die Bundesländer entscheiden, wie sie kontrollieren und sanktionieren.
- Das Mindestalter für Prostituierte wird nicht von 18 auf 21 Jahren hochgesetzt. Allerdings müssen Prostituierte unter 21 Jahren halbjährlich zur medizinischen Beratung. Ihre Anmeldung gilt immer nur für 12 Monate.
Neben einer Neuregerung der legalen Prostitution stehen neue Maßnahmen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution zur Diskussion. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat hierzu Ende Januar 2015 einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt, der bestehendes EU-Recht umsetzen soll. Zugleich kündigt Maas weitere Schritte an. Zur Debatte steht beispielsweise, Freier zu bestrafen, wenn sie wissentlich die Dienste einer Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen.
Diskussion: Verbessern die Maßnahmen die Situation von Prostituierten?
Angesichts der neuen Entwicklung möchten wir die Debatte an dieser Stelle fortführen: geht die Große Koalition den richtigen Weg? Müsste die neue Prostitutionsgesetzgebung schärfer oder schwächer ausfallen? Wird die Selbstbestimmung von Prostituierten durch die neuen Pflichten unzulässig beschränkt? Fehlt eine Ächtung des "Frauenkaufs", wie sie etwa die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer fordert?