Christliche Feiertage ja, Tanzverbot nein! Machen wir es uns zu einfach? Foto: tottr (CC BY-SA 2.0)
Ob Feiertage oder Romantische Hochzeit - vom Christentum profitieren wir alle. Seine Rituale und Institutionen ziehen an. Gleichzeitig werden die Kirchen leerer und grauhaariger. Passt das noch zusammen?
Ein Beitrag von Juker
Ich feiere gern. Ich bin froh, in einem Land zu leben, in dem die Sperrstunde weitgehend abgeschafft wurde und die Freiheit des Einzelnen auch vor dem Recht auf Dauer und Intensität des Rausches nicht halt macht. Nächtliche Aktivitäten solcher Art konzentrieren sich im poststudentischen Alter für gewöhnlich auf Wochenenden. Ohne den “Tag des Herrn Jesus Christus” (Sonntag) wäre das jedoch schwer vorstellbar.
Geschenke ja, Tanzverbot nein?
Sobald sich Ostern nähert, gerät Jahr für Jahr wieder das so genannte Tanzverbot ins Blickfeld. Dieses passt eigentlich nicht in mein liberales Weltbild. Wenn wir jedoch gleichzeitig Weihnachten & Co. wie selbstverständlich als Feiertage ansehen und “mitnehmen”, obwohl wir nicht christlich leben, macht uns das dann nicht zu Heuchlern oder zumindest Opportunisten? Deutschland besteht nicht nur aus einer urbanen, weitgehend säkular geprägten Generation Y, sondern eben auch aus Millionen von Bürgern, die am Sonntag Vormittag keinen Techno, sondern das Abendmahl konsumieren. Reißt es der säkularen Gesellschaft wirklich einen Zacken aus der Krone, wenn sie an ausgewählten Tagen dieser Tatsache Rechnung trägt und einfach mal um 3 ins Bett geht?
Ganz in weiß, aber bitte ohne Kirchensteuer
Ich gehe selten in die Kirche. Einen normalen Sonntagvormittag verbringe ich lieber mit Zeitung und Eierspeisen. Aber deswegen lediglich standesamtlich heiraten? Da würde wohl vielen das authentische Ambiente einer kirchlichen Trauung fehlen. Wie praktisch, dass der Herr Pfarrer auch noch für lau zur Tat schreitet. Nicht einmal in die Kirche eintreten muss man dafür! Das wäre ja auch immer schöner, bei 8,5% Kirchensteuer. Rechtfertigen Bilderbuchvorstellungen von der perfekten Hochzeit den Konsum eines heiligen Sakramentes, mit dessen religiösen Kern man sich nicht identifziert?
Keine Gesellschaft lebt ohne Widersprüche. Ich will weder im totalitaristisch-atheistischen Nord-Korea, noch in den vielerorts christlich-fundamentalistischen USA leben. Die friedliche Koexistenz von Kirche, Staat und Gesellschaft sollte selbstverständlich sein und dennoch in ihren Nuancen immer wieder aufs neue überprüft und debattiert werden. In Deutschland sehe ich hier Nachholbedarf. Folgende Frage treiben mich dabei um:
Ist es scheinheilig, das Christentum zu kritisieren, seine Repräsentanten anzugreifen und gleichzeitig christliche Feiertage “mitzunehmen”? Picken wir uns dementsprechend nicht lediglich nur die religiösen Rosinen (Weihnachten, Heiraten etc.) heraus?