Die Entscheidung des Papstes, Priestern während des Heiligen Jahres (8.12.2015 bis 20.11.2016), das er als „Jubiläum der Barmherzigkeit“ ausgerufen hat, die Erlaubnis zu geben, Abtreibung zu vergeben, offenbart eine Kirche, die nichts versteht.
Es ist sicher eine der schwersten, wenn nicht die schwerste Situation im Leben der meisten der betroffenen Frauen, vor der Entscheidung zu stehen, ob Abtreibung oder nicht. Hier lässt die katholische Kirche die Frauen allein, ohne das Angebot eines Seelsorgegesprächs mit offenem Ausgang, d.h. mit Empathie, ohne Urteil und Verurteilung.
Mit Begriffen wie „Sünde, Verbrechen, Mord“ zu operieren, geht an dem Problem völlig vorbei.
Ebenso der Begriff „Vergebung“. Die „Vergebung“ wird institutionalisiert. Durften bisher nur höhere geistliche Amtsinhaber die Absolution für Abtreibung (in Ausnahmefällen) erteilen, so dürfen es jetzt generell Priester – ein Jahr lang (!). Wie kann eine Kirche so über Gottes Willen und Barmherzigkeit verfügen?
Eine Abtreibung zieht - ein Jahr lang! - nicht mehr automatisch die Exkommunikation der Frau nach sich. Wie wird die Exkommunikation katholischer Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, fortan gehandhabt?
Ich denke, viele Frauen, die eine Abtreibung haben vornehmen lassen, leiden lange unter Schuldgefühlen, selbst wenn ihre Entscheidung nicht anders hat ausfallen können. Schuld ist etwas anderes als Sünde. Schuld und Trauer liegen oft dicht beieinander. (Die oberflächliche "Mein Bauch gehört mir" - Diskussion ist
m.E.Vergangenheit.) Letztlich sind sie damit allein. Aber es ist gut, wenn es Freunde gibt, evt. auch Psychologen. Und es ist gut, dass es Seelsorger/innen anderer Kirchen gibt, oder einfach nur Christen (im Sinne des "Priestertums aller Gläubigen"), die "Gottes Barmherzigkeit" immer zusprechen dürfen.