Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt! - Historie

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  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von Community Management , angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von sehr niedrigen Löhnen, etwa im Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND, ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von Community Management , angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von sehr niedrigen Löhnen, etwa im Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND, ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von sehr niedrigen Löhnen, etwa im Niedriglohnsektoren wie dem Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND, ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von Niedriglohnsektoren wie dem Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND , ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von Niedriglohnsektoren wie dem Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak Link: https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/fbanaszak/about , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland Link: https://publixphere.de/i/publixphere-de/user/Junge_Union/about ) (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Foto:  picture alliance / dpa

    Sind die Lücken in den Rentenversicherungskassen auch die Folge von Niedriglohnsektoren wie dem Friseurgewerbe? Foto: picture alliance / dpa.

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak, Banaszak, Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63":


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Hinweis *Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak, Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND ist eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63" : *:


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    *Hinweis Hinweis der Redaktion: Der folgende Text von Felix Banaszak, Banaszak, Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND ist eine Antwort auf Nicolas Sölters Sölters* (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63" *: :


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Hinweis der Redaktion: Der folgende Text vonFelix Banaszak, Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND Link: http://www.gruene-jugend.de ist eine Antwort auf Nicolas Sölters* Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63" vonFelix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND Link: http://www.gruene-jugend.de :


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

  • Das Rentenpaket der Großen Koalition verdient Kritik – aber nicht die, die es bekommt!

    von admin, angelegt

    Der folgende Text ist eine Eine Antwort auf Nicolas Sölters (Junge Union Deutschland) Diskussions-Anstoß "Der ganz große Schluck aus der Pulle - Gedanken zur Rente mit 63" von Felix Banaszak , Bundessprecher der GRÜNEN JUGEND : .


    Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte die Union neben Angela Merkel wenige Themen. Unter den wenigen konkreten Botschaften war die Forderung nach einer sogenannten Mütterrente, also einer Rentenerhöhung für die typische CDU-Wählerin. Die SPD hatte ein paar mehr Themen, wovon sie jedoch nicht allzu viele in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU umsetzen konnte – ein Symbolprojekt musste her, die Rente mit 63 für die SPD-Klientel der älteren männlichen Facharbeiter. Wahlversprechen zu halten ist das eine. Teure, klientelorientierte Projekte auf Kosten des Gemeinwohls umzusetzen das andere. Die Rentenpläne kosten Milliarden, greifen jedoch weder das massive Problem steigender Altersarmut noch die grundsätzlichen Strukturprobleme des deutschen Rentensystems auf. Anstatt jetzt die Weichen für eine nachhaltig finanzierbare, sozial gerechte Rentenpolitik zu stellen, wird die Lösung der Strukturprobleme in die Zukunft verschoben. Beitragszahler_innen werden belastet und das allgemeine Rentenniveau wird mittelfristig sinken, weil das Geld für die aktuellen Maßnahmen gebunden ist.

    Junge Union und Junge Liberale stimmen nun das Konzert der entrechteten „jungen Generation“ an. Als Sprecher einer Jugendorganisation muss ich jedoch sagen: Das von ihnen, dem BDI oder Arbeitgeberverbänden vorgebrachte Argument der Generationenungerechtigkeit geht am Kernkonflikt vorbei.

    Let’s talk about Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit!

    Das Problem ist nicht, dass „den Alten“ das Geld der Jungen gegeben wird, weil dies im System der Umlagefinanzierung und des Generationenvertrags so angelegt und auch sozial gerecht ausgestaltet ist. Zudem ist es zynisch, in Zeiten steigender Altersarmut, insbesondere von Frauen und prekär Beschäftigten, das Zerrbild der reichen Rentner_innen zu bedienen. Unser Ziel ist nicht, weniger Geld in die Rente zu stecken, sondern sinnvoller und zielgerichteter zu investieren. Das eigentliche Problem ist nämlich: Das Geld kommt nicht bei denen an, die es brauchen. Die Rente mit 63 ist eine Maßnahme, die sich auf klassisch männliche Erwerbsbiographien bezieht, d. h. früher Berufseintritt, weitgehend stabile, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse bis ins hohe Alter bei vergleichsweise guter Entlohnung. Etwa 95% der Begünstigten der Rente mit 63 sind männliche Facharbeiter. Natürlich lässt sich argumentieren, dass auch diese das Recht haben sollten, nach einem langen Erwerbsleben frühzeitig verrentet zu werden. Das Gesetz gibt jedoch keine Antwort auf die Frage der Altenpflegerin, was nun mit ihrem Rentenanspruch ist. Die wird nämlich in der Regel leer ausgehen – und das, obwohl sie es viel nötiger hätte.

    Das noch viel größere Problem ist jedoch die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Die Kerngleichung des deutschen Rentensystems ist simpel: Wer in jungen Jahren gut verdient, wird im Alter gut abgesichert sein. Wer als junger Mensch prekär beschäftigt ist, wird im Alter eine mickrige Rente beziehen und auf Grundsicherungsniveau zurückfallen. Das Rentenpaket gibt darauf keine Antwort. Die, die von Altersarmut betroffen sind, profitieren nicht im Ansatz davon. Selbst die Mütterrente wird komplett auf die Grundsicherung angerechnet, was bedeutet, dass armutsbedrohte Eltern keinen Vorteil haben.

    Zu guter Letzt die Finanzierung: Zumindest bis 2018 sollen die Zusatzleistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt werden, d.h. über die Beiträge der Arbeitnehmer_innen. Möglich wurde dies für 2014 dadurch, dass die auf Grund der gebildeten Rücklagen gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitrags von 18,9% auf 18,3% kurzfristig kassiert wurde. Eine Finanzierung dieser versicherungsfremden Zusatzleistungen über die Rentenbeiträge ist nicht unkritisch. Erstens, weil die Leistungen damit ausschließlich von abhängig Beschäftigten, nicht aber beispielsweise von Abgeordneten, Beamt_innen oder Selbstständigen finanziert werden. Möglich und im Falle der „Mütterrente“ gerechter wäre eine Steuerfinanzierung, die auch von der Großen Koalition ab 2018 (also nach ihrer Regierungszeit) nicht ausgeschlossen wird. Auch dies würde jedoch langfristige Probleme bei der Finanzierung anderer, für uns prioritärer Vorhaben wie z.B. die armutssichere Garantierente mit sich bringen. Kurz gesagt: Das Rentenpaket ist ein sehr teures, aber im Sinne der Armutsvermeidung weitgehend wirkungsloses Vorhaben, das nur bestimmten Gruppen zu Gute kommt. Wir haben grüne Konzepte, die den Umbau zu einem nachhaltig sicheren Rentensystem besser ermöglichen.

    Nachhaltig und gerecht für Alle

    Wir müssen jetzt die Diskussion darüber führen, wie wir auf lange Sicht ein solidarisches, sozial gerechtes Rentensystem sicherstellen können. Die demografische Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, da künftig die Einkommen von mehr Rentner_innen, von einem kleineren Kreis von Betragszahler_innen finanziert werden müssen. Die beinahe hysterisch vorgebrachte Angst, dass es sich um eine unaufhaltsame und höchst dramatische Entwicklung handelt, ist jedoch weithin unbegründet. Zum einen ist für die Finanzierbarkeit des Sozial- und Rentensystems bei weitem nicht allein die nominelle Zahl der Arbeitnehmer_innen entscheidend, sondern vor allem die Wirtschaftsleistung, so dass bei steigender Produktivität ein umlagefinanziertes System auch funktioniert. Rentenpolitik ist primär kein Generationen-, sondern ein Verteilungskonflikt: Wer in jungen Jahren viel verdient, wird allen Unkenrufen der Apologeten der privaten Rentenversicherung zum Trotz auch im Alter ein auskömmliches Einkommen haben. Doch wer mit 25 in prekärer Beschäftigung ist, wird auch im Alter von Armut bedroht sein. Die GRÜNE JUGEND vertritt deshalb auch nicht die Interessen „der jungen Generation”, sondern bemüht sich um ein gerechtes Rentensystem, mit dem alle Menschen in Würde leben können. Die Belastungen der aktuell zahlenden Generation spielen in der Gesamtbetrachtung eine genauso große Rolle wie das Rentenniveau der aktuellen Rentenbeziehenden.

    Aus den Fehlern lernen

    Wenn die Junge Union nun die Rentenreformen zwischen 2001 und 2007 lobt, widersprechen wir dem aufs Schärfste. Schon damals wurden mit dem Argument der Generationengerechtigkeit und der Anpassung an den demografischen Wandel viele neoliberale Reformen begründet, und auch unter Rot-Grün gab es faktische Sozialleistungskürzungen, wie die mit der Einführung der Riester-Rente verbundene Absenkung des Rentenniveaus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die als Sachzwang dargestellte Abkehr von der Umlagefinanzierung hin zu einer Verlagerung auf kapitalgedeckte Systeme hat das propagierte Ziel der Absicherung der Alterssicherung jedoch klar verfehlt. Anstelle eines solidarischen Systems, in dem diejenigen, die haben, für diejenigen aufkommen, die brauchen, wird die Verantwortung für die Absicherung im Alter auf die_den Einzelne_n abgeschoben. Das ist die Privatisierung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Profiteure dieser Regelung sitzen in den Chefetagen und Arbeitgeberverbänden – und eben nicht in den Großraumbüros oder an der Supermarktkasse.

    Auch einige der arbeitsmarktpolitischen Reformen der Regierung Schröder, die die Liberalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben und zum Wachsen des Niedriglohnsektors beigetragen haben, sehen wir kritisch. Wir kritisieren deren Auswirkungen auf die Stabilität der Gesetzlichen Rentenversicherung – seien es die Teilprivatisierungen der Rente („Riester“ und „Rürup“) oder die Gesetze Hartz I – III. Durch diese Reformen haben sich ein Anstieg der Jobs im Niedriglohnbereich und nicht sozialversicherungspflichtiger Jobs abgezeichnet. Minijobs, Honorar- und Werkverträge, sowie schlecht bezahlte Praktika haben die Rentenversicherungskassen nachhaltig beschädigt. Solche Beschäftigungsverhältnisse führen zu geringeren Rentenansprüchen und damit nicht selten zu Altersarmut. Auch führen sie dazu, dass die Rentenkasse weniger Beiträge erhält, sodass zur Finanzierung die Beiträge erhöht werden müssen. Dies ist eine Politik, die die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungen einschränkt und Menschen langfristig in existenzbedrohende Situationen bringt.

    Wir brauchen eine Bürger_innenversicherung in der Rente

    Für uns ist klar: Wir wollen die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) stärken und nachhaltig sichern. Um dies zu erreichen, bedarf es struktureller Veränderungen. Mittelfristig wollen wir die Gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürger_innenversicherung umbauen, in der nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Beamt_innen und Selbstständige pflichtversichert sind. Dies ist ein Beitrag zur Erhöhung der finanziellen Kapazitäten der Rentenkassen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Eine Bürger_innenversicherung verringert die Auswirkungen von Einkommensunterschieden im Erwerbsleben und stärkt die Solidarität innerhalb der Gesellschaft. Das derzeit noch deutlich geringere Niveau der Renten kann so schrittweise dem der Pensionen angeglichen werden. Der Einbezug von Selbstständigen ist notwendig, da immer weniger Menschen „klassische“ Erwerbsbiographien mit langen Phasen der abhängigen Beschäftigung haben und das Armutsrisiko der Selbstständigen überdurchschnittlich hoch ist. Wir wollen die staatliche Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge beenden. Kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme sind nicht geeignet, das dringende Problem der Altersarmut zu beseitigen und zeigen auch in den Mittelschichten keine nachweisbaren Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung. Stattdessen macht sie die Rente gegenüber den Schwankungen der globalen Finanzmärkte abhängig. Diese werden durch das zusätzliche Anlagevermögen der Pensionsfonds weiter aufgebläht, was Finanzkrisen wahrscheinlicher macht. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für eine Beendung der staatlichen Zuschüsse für kapitalgedeckte Altersversicherungen aus. Das frei werdende Steuergeld soll stattdessen dafür genutzt werden, die von uns geforderte Basisrente zu finanzieren und so effektiv gegen Altersarmut vorzugehen.

    Hier noch der rentenpolitische Beschluss vom 42. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND.

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