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Jürgen Klute: Was tun gegen Jugendarbeitslosigkeit in Europa?


dpa / Picture AllianceJugendliche aus ganz Europa nehmen am 03.07.2013 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin an einer Demonstration gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa teil. Foto & Teaser: Picture Alliance / dpa


Ein Beitrag von Jürgen Klute

Thesen von Jürgen Klute, MdEP (Die Linke), zur Frage:

Was kann man gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa tun?

  • Die am schlimmsten von der Eurokrise getroffenen EU-Länder brauchen europäische Unterstützung um jungen Job-Suchenden und prekär Beschäftigten Perspektiven bieten zu können. Der gegenwärtige Sparzwang verschärft die Krise und muss dringend gelockert werden.

  • Der EU-Haushalt könnte eine zentrale Rolle spielen, um Jobs auch strukturschwachen Regionen zu schaffen. Doch der EU-Haushalt ist stark unterfinanziert. Die Beschäftigungsgarantie wird unter diesen Bedingungen vorerst ein leeres Versprechen bleiben.

  • Vollbeschäftigung muss ein zentrales Ziel der Politik bleiben. Angesichts immer effizienterer Produktionsabläufe muss deshalb auch wieder darüber geredet werden, wie Arbeit gerechter verteilt werden kann, zum Beispiel über kürzere Arbeitszeiten.


Diese Thesen konnten im Hangout mit Jürgen Klute am 22.05.2014 live diskutiert werden. Hier der Link zum Video.

Die Zusammenfassung des Hangouts findet ihr als 'Kurzdarstellung' hier.


Kommentare

  • Brigitte_Pothmer MdB, Grüne
    +5

    Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel das Förderprogramm MobiPro zuverlässig und seriös auszufinanzieren. MobiPro-EU wurde im letzten Jahr als Beitrag zum Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa und zur Sicherung des deutschen Fachkräftebedarfs aufgelegt. In einem grünen Antrag fordern wir deshalb: Der Antrags-Stopp für 2014 muss sofort aufgehoben und das Programm MobiPro verlässlich bis 2018 ausfinanziert werden. Die europäische Solidarität darf nicht bei 2000 jungen Europäerinnen und Europäern im Jahr ihre Grenzen finden. Vor allem muss den jungen Menschen, die im Glauben an eine Förderung durch MobiPro nach Deutschland gekommen sind, schnell und unbürokratisch geholfen werden. Den Antrag gibt es hier

    • Liebe Frau Pothmer, das ist sicher ein gutes Programm, aber bleibt es angesichts der Herausforderung nicht eine recht kleine Maßnahme?

      Martin Schulz nannte in der Wahlarena außerdem Mittelstandskredite der Europäischen Investitionsbank als einen Ansatz. Auch da frage ich mich - in welchem Umfang und reicht das? Auch die Investititionsbank braucht Kreditnehmer, die ein tragfähiges Geschäftsmodell haben - wie ist hier die Entwicklung in Südeuropa?

      • Brigitte_Pothmer MdB, Grüne
        +1

        Natürlich ist MobiPro ein kleines Programm, das aber für die TeilnehmerInnen einen großen Unterschied macht.

        Unsere Antwort auf die Doppelkrise von Wirtschaft und Umwelt lautet Green New Deal. Mehr dazu gibt es hier: http://www.gruene.de/themen/wirtschaft-arbeit/green-new-deal-konkret.html

      • und, liebe frau pothmer, auf dauer sollte es doch nicht das ziel sein junge qualifizierte menschen in 'fremden' arbeitsmärkten unterzubringen? - kommt es so nicht zu brain drain? wie sähe eine finanzierung aus, die vor ort anknüpft und so auch die jeweils betroffenen märkte ankurbelt?

        • Brigitte_Pothmer MdB, Grüne
          +2

          Langfristig brauchen und wollen wir einen europäischen Arbeitsmarkt. Die Erfahrungen mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit zeigen, dass Menschen zwar mehrere Jahre in einem anderen Land arbeiten, aber dann häufig auch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Dort profitieren sie dann natürlich auch von den Erfahrungen und Qualifikationen, die sie in einem anderen Land gesammelt haben.

          • Liebe moseni, liebe Brigitte_Pothmer MdB, Grüne , lieber Klaus,

            anbei eine kurze Zusammenfassung der Reaktion von Jürgen Klute auf eure Fragen und Denkanstöße.

            MdEP Jürgen Klute Die LINKE wies zu Beginn des Hangouts noch einmal nachdrücklich auf die große Verantwortung der EU hin, Teilhabe am Wohlstand zu schaffen um demokratisches, pro-europäisches Interesse innerhalb der Nationalstaaten aufrecht zu erhalten. Förderprogramme, so Klute, würden jungen Leuten helfen und Perspektiven schaffen. Er selbst habe im Ruhrgebiet beobachten können, dass staatliche Maßnahmen durchaus geeignet seien Regionen wirtschaftlich wieder 'auf die Beine' zu stellen. Die geförderte Mobilität in europäischen Programmen sei deshalb zwar gut, gleichzeitig dürfe diese aber in keinem Zwang münden und keine dauerhafte Abwanderung qualifizierter Fachkräfte aus ihren heimischen Ökonomien nach sich ziehen. 'Abwanderungs'-Ländern ginge zunehmend Fachkompetenz verloren, wohingegen 'Ziel'-Länder wie Deutschland deutlich profitierten, indem sie sich bereits die Ausbildung sparten. Den 'Entsende'-Ländern fehlten darüber hinaus Steuereinnahmen und Einzahlende in die Sozialsysteme. Länder wie Deutschland sollten deshalb in eine Art 'Kompensations-Fond' einzahlen um ein faires Gleichgewicht innerhalb der konkurrierenden Ökonomien zu gewährleisten – so etwas sei, nach Klutes Einschätzung, vorerst aber nicht durchsetzbar. Bereits beim Aufstocken der 'Jugendarbeitslosigkeitsinitiative', die alle jungen Erwachsenen bis zum 25. Lebensjahr in ihrer Ausbildung fördert, habe es massiven Gegenwind – vor allem aus Deutschland und Großbritannien – gegeben. Deshalb würden für alle 28 Mitgliedsstaaten weiterhin nur sechs Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre bereitgestellt – dies sei, so Klute, eine viel zu geringe Summe.

  • Eigentlich sehe ich es als utopisch an, Vollbeschäftigung tatsächlich noch als (realistisches) politisches Ziel zu formulieren. Dennoch finde ich den Ansatz, Arbeit gerechter zu verteilen, gut. Sie sprechen von verkürzten Arbeitszeiten - wie genau stellen Sie sich das vor, was wäre ein mögliches Modell? Könnte ein 6-Stunden-Arbeitstag oder eine 4-Tage-Woche eine Lösung sein? Oder wären Arbeitszeitkonten oder sogar Kurzarbeit eine Möglichkeit?

  • Lieber Herr Klute,

    in den Kommentaren zeigen sich doch recht viele Zweifel, wie effizient EU-Mittel im Kampf gegen Arbeitslosigkeit sind. Ich bin nicht so voreingenommen, und halte speziell die Qualifikation von Menschen für sehr sinnvoll. Trotzdem: gibt es Untersuchungen zur Effizienz und Effektivität des EU-Mittel-Einsatzes, vielleicht sogar eine griffige Gleichung wie 1 Millionen EU-Strukturfonds = 10.000 Arbeitsplätze?

    Arbeitszeiten sind meines Wissens noch keine EU-Kompetenz. Wie wollen Sie im Parlament Entscheidungen zum Arbeitsmarkt an sich ziehen und mit welchem Argument überzeugen Sie die Bürger, das diese bei Ihnen gut aufgehoben sind? (Finanzen und Komptenzen)

    • Lieber CarstenWag, lieber Klaus,

      so reagierte Jürgen Klute Die LINKE auf eure Hinweise und Fragen:

      Jürgen Klute machte deutlich, dass es zunehmend zu Modellen der Arbeitszeitverkürzung, Flexibilisierung im Rahmen aufgabenbezogener Arbeitsfelder, mithin zu einer Umverteilung von Arbeit kommen müsse. Dies stünde im Übrigen keinesfalls im Widerspruch zu Vollbeschäftigung. Die Obergrenzen für Arbeitszeiten liegen, so Klute, in der Souveränität der EU, dies böte große Spielräume für neue Vorstellungen der Nutzung vorhandener Arbeitskraft.

  • Lieber Herr Klute, aber welche konkreten politischen Forderunge folgen Ihrer Bestandsaufnahme? Sollen mehr Gelder fließen? Und wohin genau? Wie verrückt ist es, junge Menschen nicht in Arbeit zu bekommen?!

    • Ich kann mich hier nur anschließen. Wie schafft der Staat Arbeit? Ein Klassiker. Gibt es hier neue Ideen?

      Die FDP würde sagen, Unternehmen schaffen Arbeit, der Markt regelt das, der Staat kann nicht Wirtschaft - nur als kleiner Ansporn für Sie.

    • Louisa ist dafür
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      Ich finde das auch nicht so einfach. Grundsätzlich stimme ich Herrn Klute ja zu, aber wie bekommen wir es hin, dass der EU-Haushalt soweit aufgestockt wird, dass er auch wirklich für die Lösung dieser wichtigen europäischen Probleme genutzt werden kann? Sehen Sie wirklich eine Chance, dass man dies in der nächsten Legislaturperiode durchgedrückt bekommt? ich momentan nicht...

      • neben der Frage, ob durch staatliche oder private Mittel effektiver Arbeitsplätze geschaffen werden können, fände ich in dieser Debatte die Frage interessant: sind Fördermaßnahmen auf EU-Ebene effektiver als auf nationaler/regionaler Ebene? Oder müssen EU-weite sowie nationale Förderprogramme Hand in Hand laufen?

        • Lieber Sebastian,

          anbei die Reaktion von Jürgen Klute Die LINKE auf deine Frage.

          Jürgen Klute geht davon aus, dass unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen zwischen den Ländern ausgeglichen werden müssen. Selbstverständlich aber müssten die Mittel, die die EU bereitstellt mit nationalen Mitteln ergänzt werden, sodass die Verantwortung auf beiden Seiten liege und eine Art 'Kombinationsmodell' entstehe.

      • Liebe anne-marie, liebe Louisa, lieber Bachmann,

        anbei Erklärungen und Antworten von Jürgen Klute Die LINKE auf eure Fragen.

        Der Europa-Parlamentarier machte deutlich, dass nach seiner Auffassung genau dort Arbeitslosigkeit tendenziell eher hoch sei, wo der Staat fehle. Programme könnten dem Abhilfe schaffen. Natürlich könne der Staat nicht allein alle Arbeitsplätze schaffen, dennoch brauche es Instrumente, um Jugendlichen einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es gehe also um eine gute Kombination des Einsatzes staatlicher Mittel im Zusammenspiel mit der freien Wirtschaft.

  • In nur wenigen Tagen sind rund 450 Millionen Europäerinnen und Europäer aufgerufen, ein neues Europäisches Parlament zu wählen. Es wird daher Zeit, den Kandidatinnen und Kandidaten auf den Zahn zu fühlen.

    Zusammen mit Bloggern will die Politikfabrik, eine studentische Agentur für politische Kommunikation, per Google Hangout mit den Kandidaten über verschiedene Themen diskutieren. Dabei kannst du dich auch einmischen. Entweder indem du bereits hier deine Fragen einreichst oder während des Hangouts dich einfach über #deinEuropa in die Diskussion einbringst.

    Die Antworten zu den im Hangout mit Jürgen Klute gestellten Fragen werden wir im Nachhinein wieder hier in die Diskussion auf Publixphere einbringen.