Des Kaisers neue Kleider - Historie

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    von Community Management , angelegt

    GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012 GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012 Übersicht der gescheiterten Staaten anhand des Failed States Indexes. Foto & Teaser: Failed States Index 2012, GNU Free Documentation License, Version 1.2 / CC BY-SA 3.0


    Ein Beitrag von nemo

    Irak, Lybien, Süd-Sudan: Vom Imperialismus zum Failed State

    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.

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    GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012Übersicht der gescheiterten Staaten anhand des Failed States Indexes. Foto & Teaser: Failed States Index 2012, GNU Free Documentation License, Version 1.2 / CC BY-SA 3.0 Link: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/


    Ein Beitrag von nemo

    Irak, Lybien, Süd-Sudan: Vom Imperialismus zum Failed State

    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.

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    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

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    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.

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    GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012Übersicht der gescheiterten Staaten anhand des Failed States Indexes Link: http://ffp.statesindex.org/rankings-2013-sortable . Foto & Teaser: GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012 Failed States Index 2012, 2012. Foto & Teaser: GNU Free Documentation License, Version 1.2 / CC BY-SA 3.0


    Irak, Lybien, Süd-Sudan: Vom Imperialismus zum Failed State

    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.

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    GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012Failed GNU Free Documentation License, version 1.2, CC BY-SA 3.0 Failed-states-index-2012 *Failed States Index 2012. Foto & Teaser: GNU Free Documentation License, Version 1.2 / CC BY-SA 3.0 3.0.


    Irak, Lybien, Süd-Sudan: Vom Imperialismus zum Failed State

    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

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    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.

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    Irak, Lybien, Süd-Sudan: Vom Imperialismus zum Failed State

    Betrachtet man die letzten zwei bis drei Dekaden, so kommt man nicht umhin einen stetigen Rückgang von Staatlichkeit in den Ländern der postkolonialen Welt zu verzeichnen. Zur wachsenden Gruppe von failed states haben sich allein in den letzten Monaten endgültig auch Syrien, Lybien, der Süd-Sudan und der Irak gesellt. Betrachtet man die Gesamtentwicklung, so fällt auf, dass überwiegend rohstoffreiche Regionen in Afrika (Lybien, DR Congo, Sudan) und dem Mittlere Osten (Irak) betroffen sind oder aber Regionen von wichtiger geostrategischer Bedeutung ( Yemen und Somalia am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Suez-Kanal).

    Für mich stellt sich die Frage: Haben die rohstoffabhängigen westlichen Staaten nach Kolonialismus und Imperialismus einen neuen Weg gefunden, sich den ungehinderten Zugang zu diesen Ressourcen zu sichern? Spielen failed states dabei eine Rolle? Meine 1) These:

    • Für die westlichen demokratisch-kapitalistisch organisierten Staaten bedeutete das Ende des Kolonialzeitalters (nötig weil unethisch und noch wichtiger: nicht mehr finanzierbar) und des offenen Imperialismus zunächst einen großen Kontrollverlust sowohl über die Rohstoffreserven der Dritten Welt als über geostrategisch wichtige Regionen und Handelsrouten.

    • Im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre gelang es diesen Staaten im Rahmen der Globalisierung ein völlig anderes Empire als neue Weltordnung zu etablieren, das informell und ohne geographisch oder politisch zuzuordnendes Machtzentrum ist. Ebenso informell ist auch seine Machtausübung. Sie wird „transportiert“ über die Märkte, den IMF oder Ideologien (z.B. „Good Governance“ oder bestimmte makroökonomische Modelle wie den Neoliberalismus). Gewollt ist dabei von den Akteuren des Empire u.a. eine zunehmende Entstaatlichung aller Gesellschaften, um den Primat des Marktes zu garantieren und politisch-demokratische Einflüsse darauf weitestgehend auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Staaten aus denen heraus das neue Empire agiert (z.B. USA, Deutschland oder die EU) als auch für sogenannten Schwellenländer und die Staaten der Dritten Welt.

    • Diese Entstaatlichung hat in den Entitäten, die aus ehemaligen Kolonien oder Mandatsgebieten innerhalb willkürlich gezogener Grenzen entstanden und so historisch bedingt nur über wenig eigene staatliche Strukturen verfügten dann letztlich failed states werden lassen. Das neue Empire ist damit der mühsamen und kostenträchtigen Arbeit enthoben sich mit potentiell mächtigeren Zentralregierungen auseinanderzusetzen, um seinen Einfluss zu wahren. Stattdessen reicht eine Einigung mit regionalen Ethnien, Clanchefs oder Stämmen. Der neue Status dieser Entitäten als failed states legitimiert zudem ein ständiges militärisches Interventionsrecht, oft unter Instrumentalisierung der UN, das Einfluss und Kontrolle sichert. Um die sozialen Folgen dieser Entstaatlichung kümmern sich dann NGO’s wie Oxfam oder Medicins sans frontieres.

    • Das im Verlauf dieser Entstaatlichung und des folgenden Zerfalls das Potential für grausame, blutige Bürgerkriege freigesetzt wird wie jetzt im zerfallenden Irak und in Syrien, nimmt das neue Empire hin, stehen am Ende doch neue, kleinere Entitäten, die besser zu kontrollieren und zu beeinflussen sind. Militärische Interventionen werden so effektiver und zunächst weniger kostenträchtig, weil sie regional beschränkt ausgeführt werden können. Zudem tragen die Kosten in den Gesellschaften der intervenierenden Staaten ohnehin die Steuerzahler und nicht diejenigen, die in den betroffenen Regionen strategische wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Also schreckliche Aussichten für einen großen Teil der Dritten Welt, insbesondere in Afrika und dem Mittleren Osten? Ich befürchte ja.

    1) Ich beziehe mich mit diesem Begriff und Teilen meiner Argumentation auf Michael Hardt/Antonio Negri’s im Jahr 2000 erschienenes Buch „Empire“ ( deutsch 2002). Eine komplette PDF Version dieses Buches findet sich hier. Leider nur auf Englisch und nicht zum Ausdrucken.