Foto & Teaser: tzzimone CC BY-NC 2.0
Ein Beitrag von Doro
"Die Alles ist möglich-Lüge", ein Buch von Susanne Garsoffky und Britta Sembach mit dem Untertitel "Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind" (Pantheon-Verlag, Sept. 2014) schildert die Situation realistisch. Dabei fordern die Autorinnen nicht eine Rückkehr zur alten Rollenverteilung: der Mann der Ernährer der Familie und der Berufstätige, die Frau für Haushalt und Familie zuständig im Verzicht auf eine Berufstätigkeit. Die gut ausgebildete Frau ist für unsere Wirtschaft unentbehrlich, und ihre Berufstätigkeit ist für ihre eigene Existenzabsicherung notwendig.
Aber die beiden Journalistinnen fordern für unsere Gesetzgebung, für unser Steuer- und Rentensystem und von unserer Arbeitswelt ein Umdenken weg von linearen Erwerbsbiographien hin zu in Wellen verlaufenden Biographien: Zeiten der Berufstätigkeit sollen unterbrochen werden können von Zeiten der Fürsorge für Kinder oder pflegebedürftige Alte, Zeiten, in denen es möglich ist, für einen Zeitraum, je nach individuellen Erfordernissen - wenigstens für die ersten drei Lebensjahre des Kindes -, aus dem Beruf auszusteigen mit der Option, später ohne Karriere-Verlust wieder einzusteigen.
Sie fordern diese Möglichkeit für Frauen und auswechselbar Männer. Oder zumindest die Möglichkeit der Teilzeit-Arbeit für Frauen und Männer für die Lebensphase, in der die Fürsoge für ein (Klein-) Kind im Vordergrund steht. Ohne spätere berufliche Nachteile bzw. sogar mit Arbeitsplatzgarantie. (Es ist schade, dass Manuela Schwesigs Idee einer Familienzeit - Männer und Frauen als Eltern von Kleinkindern arbeiten 32 Stunden in der Woche - von Frau Merkel unbesehen abgeschmettert wurde. Frau Schwesig will Anfang 2015 ein Gesetz vorlegen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Pflegezeiten Angehöriger. Ich hoffe, sie bleibt am Ball!)
Das "Lebensphasen-Modell" ist sicher eine schöne Vision. Aber kann unsere Wirtschaft, können unsere Unternehmen so flexibel sein? Brauchen sie nicht die Vollzeit-MitarbeiterInnen, die möglichst ohne Unterbrechungen - schon 12 bis 14 Monate Elternzeit sind für sie kaum zu verkraften! - und mit vollem Einsatz zur Verfügung stehen? Würde nicht Deutschlands Wirtschaft unter einer zu familienfreundlichen Arbeits- und Sozialpolitik Schaden nehmen?
Und wer sagt denn, dass in unserer globalisierten Welt eine Nation den Nachwuchs aus den eigenen Reihen, sprich: aus dem eigenen Land zukünftig braucht? So fragt sicher mancher Arbeitgeber, den nur die Gewinnoptimierung in der Gegenwart interessiert.
Unsere Wirtschaft interessiert nicht das Wohl des Kindes. Wenn das Kind schon als Einjähriges in Kinderkrippen untergebracht und von abgehetzten Vätern oder Müttern gebracht und abgeholt werden muss, ist das Privatsache und ein individuelles (Organisations-) Problem.
Ideologisiert wird die Kinderkrippen-Unterbringung zusätzlich mit dem Argument der "Chancengleichheit für alle Kinder". Merkwürdig ist nur, dass die Familien, deren Kindern man zur Chancengleichheit verhelfen möchte, das Kinderkrippen-Angebot kaum nutzen. Die familiäre Tradition, dass Kleinkinder in der häuslichen Geborgenheit aufwachsen, steht ihnen näher.
Junge Eltern sollten sich nicht von unserer Wirtschaft und von Ideologisierungen instrumentalisieren lassen. Das Bekenntnis unserer ehem. Familienministerin Kristina Schröder, sie habe die schönsten Augenblicke in den ersten zwei Lebensjahren ihrer Tochter verpasst, stimmt nachdenklich.