1 | **DER GRUNDSATZ DER OFFENHEIT UND DAS RECHT AUF** |
2 | ------------------------------------------------------------ |
3 | --------------------------------------------- |
4 | **ZUGANG ZU DOKUMENTEN** |
5 | ------------------------------------------------------------ |
6 | -------------------------------- |
7 | |
8 | ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro |
9 | paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. |
10 | png) |
11 | |
12 | von Simon Wendelin Burger. |
13 | |
14 | Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des |
15 | vom Rat der Europäischen Union an die Europäische |
16 | Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines |
17 | Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der |
18 | dadurch enthüllten Tragweite der geplanten |
19 | transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft |
20 | TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer |
21 | Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer |
22 | stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und |
23 | Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des |
24 | Handelsvertrages immer lauter. |
25 | Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur |
26 | durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele |
27 | das Paradebeispiel für das Fehlen von Transparenz in den |
28 | Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen |
29 | Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass |
30 | trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und |
31 | Bürger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik |
32 | vorgenommen würden. |
33 | Der Unmut bezieht sich dabei hauptsächlich auf fehlende |
34 | Informationen zu den geplan-ten Inhalten der |
35 | transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: |
36 | Von vielen Seiten wird gefordert, dass das |
37 | Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht |
38 | werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre |
39 | Dokumentation zu den verhandelten Inhalten und ihren |
40 | Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit |
41 | debattierbar machen soll.[2] |
42 | Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen |
43 | Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit |
44 | einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer |
45 | Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen |
46 | in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und |
47 | Investitionspartnerschaft, merkt aber offen an, dass einige |
48 | Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden |
49 | könnten, da „Verhandlungspartner gegenseitiges Vertrauen |
50 | aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein |
51 | gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“[3] Es ist daher |
52 | unumstritten, dass sich die Kommission tatsächlich |
53 | vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhalten und nicht zu |
54 | veröffentlichen; gewisse interne Unterlagen, wie |
55 | beispielsweise die Positionspapiere der Europäischen |
56 | Kommission, werden auch auf Anfrage nicht herausgegeben.[4] |
57 | |
58 | Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch |
59 | entstehende Anschein von der Führung von |
60 | Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der |
61 | Europäischen Kommission als «bürgerferner |
62 | Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der |
63 | Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. |
64 | Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von |
65 | Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen |
66 | Widerspruch zu der Verpflichtung zu mehr Inklusion und |
67 | Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren |
68 | Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den |
69 | Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben |
70 | die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das |
71 | Recht, am „demokratischen Leben der Union teilzunehmen“, |
72 | weswegen auch die Entscheidungen der Institutionen |
73 | „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden |
74 | müssen.[5] |
75 | Im Folgenden sollen daher die Verpflichtungen der |
76 | Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer |
77 | transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie |
78 | die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf |
79 | Dokumentzugang kurz skizziert werden. |
80 | |
81 | Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die |
82 | primärrechtlichen |
83 | ------------------------------------------------------------ |
84 | ------------------------------- |
85 | Transparenzgarantien |
86 | ------------------------------------- |
87 | |
88 | **ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA)** |
89 | |
90 | Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von |
91 | Transparenz in der Arbeitsweise und den |
92 | Entscheidungsprozessen der europäischen Institutionen ist |
93 | Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der |
94 | Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den |
95 | allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert.[6] Demnach |
96 | sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der |
97 | Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische |
98 | Kommission und der Rat der Europäischen Union – |
99 | grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und |
100 | Rechtsetzungstätigkeit transparent auszugestalten und die |
101 | Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren |
102 | Entscheidungen teilhaben zu lassen.[7] |
103 | Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und |
104 | sekundärrechtliche Bestimmungen konkretisiert: Gemäß Art 15 |
105 | Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen Parlaments |
106 | sowie jene des Rates der Europäischen Union, sofern sie |
107 | Beratungen und Abstimmungen über Gesetzgebungsakte |
108 | betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber hinaus haben die |
109 | Institutionen die Pflicht, die das Gesetzge-bungsverfahren |
110 | betreffenden Dokumente öffentlich zugänglich zu machen.[8] |
111 | Da der Erlass des Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat |
112 | keinen eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil |
113 | des eigentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu einem solchen |
114 | darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten |
115 | Ausführungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die |
116 | Europäische Kommission gerichtete Verhandlungsmandat nicht |
117 | von dieser Pflicht umfasst ist, weswegen die Geheimhaltung |
118 | desselben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 |
119 | Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der |
120 | Offenheit begründet.[9] Die Beratung und Abstimmung über |
121 | die Inkraftsetzung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, |
122 | die in einem besonderen Gesetzgebungsverfahren stattfindet, |
123 | sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel |
124 | 15 AEUV zu subsu-mieren.[10] |
125 | Neben der Öffentlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens und |
126 | der Veröffentlichungspflicht von Gesetzgebungsakten |
127 | schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere |
128 | Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein |
129 | individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. |
130 | Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder |
131 | juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz |
132 | in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten |
133 | der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union |
134 | [...].“[11] |
135 | Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hinsicht umfassender |
136 | als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: |
137 | Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich |
138 | nicht allein auf Dokumente betreffend eines |
139 | Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in |
140 | Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen |
141 | Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt |
142 | wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen |
143 | Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht |
144 | ausschlaggebend ist.[12] Darüber hinaus verpflichtet |
145 | Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden |
146 | Institutionen der Europäischen Union; der Anspruch auf |
147 | Dokumentzugang besteht gegenüber allen Organen und |
148 | Einrichtungen der EU und somit auch gegenüber der |
149 | Europäischen Kommission. |
150 | Im Lichte der Weite des Begriffs des Dokuments und des |
151 | Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher |
152 | angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder |
153 | Unionsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristischen |
154 | Person mit (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat grundsätzlich |
155 | das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene |
156 | Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und |
157 | Positionspapiere der Europäischen Kommission Einsicht zu |
158 | nehmen. |
159 | Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf |
160 | Dokumentzugang aus Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht |
161 | unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz |
162 | 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: |
163 | Verfahren und Schranken des Rechts auf Zugang zu Dokumenten |
164 | sind in demzufolge in der Ratsverordnung 1049/2001 |
165 | geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird.[13] |
166 | |
167 | Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und dessen |
168 | sekundärrechtliche Ausgestaltung |
169 | ------------------------------------------------------------ |
170 | --------------------------------------------------------- |
171 | |
172 | **VERORDNUNG (EG) 1049/2011** |
173 | |
174 | Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht |
175 | auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des |
176 | Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den |
177 | Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem |
178 | Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] |
179 | betreffen.“[14] Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist |
180 | dabei nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte |
181 | im Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich |
182 | in irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen |
183 | der Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, |
184 | undokumentierte Informationen für eine/n AntragstellerIn zu |
185 | beschaffen oder zu kompilieren.[15] |
186 | Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und |
187 | Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung |
188 | (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der |
189 | Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union |
190 | und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet |
191 | öffentlich zugänglich gemacht werden. Sollten die Dokumente |
192 | nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann jeder der |
193 | obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag auf |
194 | Informationserteilung an das entsprechende Organ |
195 | richten.[16] |
196 | Im Falle einer Antragsstellung wird die Berechtigung zum |
197 | Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, |
198 | wobei eine Zugangsverweigerung nur mit schriftlicher |
199 | Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs |
200 | können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten |
201 | Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen |
202 | vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 |
203 | unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relativen |
204 | Zugangsverweigerungsgründen: |
205 | Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise |
206 | der Schutz der öffentlichen Interessen in Bezug auf die |
207 | öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die |
208 | Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik.[17] Nimmt das |
209 | angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen |
210 | durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den |
211 | Dokumentzugang zwingend ab. |
212 | Im Falle der relativen Verweigerungsgründe hingegen kann |
213 | die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur |
214 | dann verweigern, wenn kein überwiegendes öffentliches |
215 | Interesse an der Veröffentlichung besteht; Anwendungsfälle |
216 | sind beispielsweise die Gefährdung von geschäftlichen |
217 | Interessen einer natürlichen oder juristischen Person |
218 | (Wettbewerbsrecht), die Gefährdung eines anhängigen |
219 | Gerichtsverfahrens oder der Schutz des |
220 | Beratungsgeheimnisses des Organs.[18] |
221 | Darüber hinaus kann die angefragte Einrichtung den Zugang |
222 | zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die |
223 | Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen |
224 | unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand darstellen |
225 | würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des |
226 | ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in |
227 | Betracht gezogen werden sollte.[19] |
228 | Da bisher noch keine Veröffentlichung des |
229 | Verhandlungsmandats des Rates und der diversen |
230 | Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen |
231 | Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die |
232 | Institutionen eine Gefährdung von öffentlichen Interessen |
233 | durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im |
234 | Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei |
235 | auf den Schutz der Interessen in den internationalen |
236 | Beziehungen,[20] während von Seiten der Europäischen |
237 | Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen |
238 | argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des |
239 | unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt |
240 | wurden.[21] |
241 | |
242 | Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der |
243 | Verhandlungen zu TTIP |
244 | ------------------------------------------------------------ |
245 | ------------------------------------------------- |
246 | |
247 | Die Analyse der primär- und sekundärrechtlichen |
248 | Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und |
249 | Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den |
250 | Unionsbürgerinnen und –bürgern weitreichende |
251 | Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle |
252 | Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. |
253 | Trotz der Reichweite der europarechtlichen |
254 | Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein |
255 | gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung |
256 | zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu |
257 | einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll |
258 | ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer |
259 | Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen |
260 | der internationalen Beziehungen können die Institutionen |
261 | eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, |
262 | selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden |
263 | öffentlichen Interesse liegt. |
264 | In Hinblick auf die demokratischen Grundsätze und die |
265 | Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu |
266 | denen sich die Europäische Union in den Verträgen bekennt, |
267 | scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen |
268 | zufriedenzustellen. |
269 | |
270 | ------------------------------------------------------------ |
271 | ---------------------------------------------- |
272 | * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von |
273 | Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages |
274 | über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) |
275 | erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen |
276 | Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes |
277 | strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) |
278 | 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des |
279 | Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ |
280 | gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die |
281 | Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu |
282 | einsehbar. |
283 | * [2] Siehe unter anderem: |
284 | (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP |
285 | (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v |
286 | erweigert-transparenz-bei-ttip), |
287 | (2) Blogeintrag von campact |
288 | (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- |
289 | ttip-studie-nicht/), |
290 | (3) Blogeintrag von Lobbycontrol |
291 | (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d |
292 | ruck-fuer-mehr-transparenz/), |
293 | (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, |
294 | Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. |
295 | * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission |
296 | (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 |
297 | 276.pdf). |
298 | * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace |
299 | Österreich |
300 | (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge |
301 | n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe |
302 | rde-gegen-EU-Kommission-ein). |
303 | * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, |
304 | 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). |
305 | * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
306 | Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: |
307 | AEUV). |
308 | * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht |
309 | der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), |
310 | Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff |
311 | „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche |
312 | „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das |
313 | heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch |
314 | solche der Legislative. |
315 | * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. |
316 | * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; |
317 | In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische |
318 | Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders |
319 | großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines |
320 | derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der |
321 | Offenheit vereinbar sei (siehe: |
322 | http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en |
323 | /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in |
324 | dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. |
325 | * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht |
326 | der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), |
327 | Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles |
328 | Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im |
329 | ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu |
330 | erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen |
331 | nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel |
332 | 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass |
333 | Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den |
334 | Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. |
335 | * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung |
336 | (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der |
337 | Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische |
338 | Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, |
339 | was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in |
340 | Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 |
341 | AEUV, Rz 12). |
342 | * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai |
343 | 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. |
344 | * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai |
345 | 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] |
346 | 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 |
347 | EGV. |
348 | * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. |
349 | * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht |
350 | der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), |
351 | Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. |
352 | * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 |
353 | der Verordnung (EG) 1049/2001. |
354 | * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. |
355 | * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. |
356 | * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht |
357 | der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), |
358 | Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. |
359 | * [20] Siehe |
360 | http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en |
361 | /54634/html.bookmark |
362 | * [21] |
363 | http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen |
364 | /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer |
365 | de-gegen-EU-Kommission-ein/ |
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Der Grundsatz der Offenheit und das Recht auf Zugang zu Dokumenten
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Der Grundsatz der Offenheit und das Recht auf Zugang zu Dokumenten
von admin, angelegt1 **DER GRUNDSATZ DER OFFENHEIT UND DAS RECHT AUF** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------- 4 **ZUGANG ZU DOKUMENTEN** 5 ------------------------------------------------------------ 6 -------------------------------- 7 8 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 9 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 10 png) 11 12 von Simon Wendelin Burger. 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. 25 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 26 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 27 das Paradebeispiel für das Fehlen von Transparenz in den 28 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 29 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 30 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 31 Bürger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 32 vorgenommen würden. 33 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsächlich auf fehlende 34 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 35 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 36 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 37 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 38 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 39 Dokumentation zu den verhandelten Inhalten und ihren 40 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 41 debattierbar machen soll.[2] 42 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 43 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 44 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 45 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 46 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 47 Investitionspartnerschaft, merkt aber offen an, dass einige 48 Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 49 könnten, da „Verhandlungspartner gegenseitiges Vertrauen 50 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 51 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“[3] Es ist daher 52 unumstritten, dass sich die Kommission tatsächlich 53 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhalten und nicht zu 54 veröffentlichen; gewisse interne Unterlagen, wie 55 beispielsweise die Positionspapiere der Europäischen 56 Kommission, werden auch auf Anfrage nicht herausgegeben.[4] 57 58 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 59 entstehende Anschein von der Führung von 60 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 61 Europäischen Kommission als «bürgerferner 62 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 63 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 64 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 65 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 66 Widerspruch zu der Verpflichtung zu mehr Inklusion und 67 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 68 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 69 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 70 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 71 Recht, am „demokratischen Leben der Union teilzunehmen“, 72 weswegen auch die Entscheidungen der Institutionen 73 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 74 müssen.[5] 75 Im Folgenden sollen daher die Verpflichtungen der 76 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 77 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 78 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 79 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 80 81 Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die 82 primärrechtlichen 83 ------------------------------------------------------------ 84 ------------------------------- 85 Transparenzgarantien 86 ------------------------------------- 87 88 **ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA)** 89 90 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 91 Transparenz in der Arbeitsweise und den 92 Entscheidungsprozessen der europäischen Institutionen ist 93 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 94 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 95 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert.[6] Demnach 96 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 97 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 98 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 99 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 100 Rechtsetzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 101 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 102 Entscheidungen teilhaben zu lassen.[7] 103 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 104 sekundärrechtliche Bestimmungen konkretisiert: Gemäß Art 15 105 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen Parlaments 106 sowie jene des Rates der Europäischen Union, sofern sie 107 Beratungen und Abstimmungen über Gesetzgebungsakte 108 betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber hinaus haben die 109 Institutionen die Pflicht, die das Gesetzge-bungsverfahren 110 betreffenden Dokumente öffentlich zugänglich zu machen.[8] 111 Da der Erlass des Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat 112 keinen eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil 113 des eigentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu einem solchen 114 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 115 Ausführungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 116 Europäische Kommission gerichtete Verhandlungsmandat nicht 117 von dieser Pflicht umfasst ist, weswegen die Geheimhaltung 118 desselben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 119 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 120 Offenheit begründet.[9] Die Beratung und Abstimmung über 121 die Inkraftsetzung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, 122 die in einem besonderen Gesetzgebungsverfahren stattfindet, 123 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 124 15 AEUV zu subsu-mieren.[10] 125 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens und 126 der Veröffentlichungspflicht von Gesetzgebungsakten 127 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 128 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 129 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 130 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 131 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 132 in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten 133 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 134 [...].“[11] 135 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hinsicht umfassender 136 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 137 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 138 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 139 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 140 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 141 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 142 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 143 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 144 ausschlaggebend ist.[12] Darüber hinaus verpflichtet 145 Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden 146 Institutionen der Europäischen Union; der Anspruch auf 147 Dokumentzugang besteht gegenüber allen Organen und 148 Einrichtungen der EU und somit auch gegenüber der 149 Europäischen Kommission. 150 Im Lichte der Weite des Begriffs des Dokuments und des 151 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 152 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 153 Unionsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristischen 154 Person mit (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat grundsätzlich 155 das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 156 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 157 Positionspapiere der Europäischen Kommission Einsicht zu 158 nehmen. 159 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 160 Dokumentzugang aus Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht 161 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 162 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 163 Verfahren und Schranken des Rechts auf Zugang zu Dokumenten 164 sind in demzufolge in der Ratsverordnung 1049/2001 165 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird.[13] 166 167 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und dessen 168 sekundärrechtliche Ausgestaltung 169 ------------------------------------------------------------ 170 --------------------------------------------------------- 171 172 **VERORDNUNG (EG) 1049/2011** 173 174 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 175 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 176 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 177 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 178 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 179 betreffen.“[14] Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist 180 dabei nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte 181 im Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich 182 in irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen 183 der Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 184 undokumentierte Informationen für eine/n AntragstellerIn zu 185 beschaffen oder zu kompilieren.[15] 186 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 187 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 188 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 189 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 190 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 191 öffentlich zugänglich gemacht werden. Sollten die Dokumente 192 nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann jeder der 193 obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag auf 194 Informationserteilung an das entsprechende Organ 195 richten.[16] 196 Im Falle einer Antragsstellung wird die Berechtigung zum 197 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 198 wobei eine Zugangsverweigerung nur mit schriftlicher 199 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 200 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 201 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 202 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 203 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relativen 204 Zugangsverweigerungsgründen: 205 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 206 der Schutz der öffentlichen Interessen in Bezug auf die 207 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 208 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik.[17] Nimmt das 209 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 210 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 211 Dokumentzugang zwingend ab. 212 Im Falle der relativen Verweigerungsgründe hingegen kann 213 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 214 dann verweigern, wenn kein überwiegendes öffentliches 215 Interesse an der Veröffentlichung besteht; Anwendungsfälle 216 sind beispielsweise die Gefährdung von geschäftlichen 217 Interessen einer natürlichen oder juristischen Person 218 (Wettbewerbsrecht), die Gefährdung eines anhängigen 219 Gerichtsverfahrens oder der Schutz des 220 Beratungsgeheimnisses des Organs.[18] 221 Darüber hinaus kann die angefragte Einrichtung den Zugang 222 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 223 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 224 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand darstellen 225 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 226 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 227 Betracht gezogen werden sollte.[19] 228 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 229 Verhandlungsmandats des Rates und der diversen 230 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 231 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 232 Institutionen eine Gefährdung von öffentlichen Interessen 233 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im 234 Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei 235 auf den Schutz der Interessen in den internationalen 236 Beziehungen,[20] während von Seiten der Europäischen 237 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 238 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 239 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 240 wurden.[21] 241 242 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 243 Verhandlungen zu TTIP 244 ------------------------------------------------------------ 245 ------------------------------------------------- 246 247 Die Analyse der primär- und sekundärrechtlichen 248 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 249 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 250 Unionsbürgerinnen und –bürgern weitreichende 251 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 252 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 253 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 254 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 255 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 256 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 257 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 258 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 259 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 260 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 261 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 262 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 263 öffentlichen Interesse liegt. 264 In Hinblick auf die demokratischen Grundsätze und die 265 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 266 denen sich die Europäische Union in den Verträgen bekennt, 267 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 268 zufriedenzustellen. 269 270 ------------------------------------------------------------ 271 ---------------------------------------------- 272 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 273 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 274 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 275 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 276 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 277 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 278 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 279 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 280 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 281 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 282 einsehbar. 283 * [2] Siehe unter anderem: 284 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 285 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 286 erweigert-transparenz-bei-ttip), 287 (2) Blogeintrag von campact 288 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 289 ttip-studie-nicht/), 290 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 291 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 292 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 293 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 294 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 295 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 296 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 297 276.pdf). 298 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 299 Österreich 300 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 301 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 302 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 303 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 304 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 305 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 306 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 307 AEUV). 308 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 309 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 310 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 311 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 312 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 313 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 314 solche der Legislative. 315 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 316 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 317 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 318 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 319 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 320 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 321 Offenheit vereinbar sei (siehe: 322 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 323 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 324 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 325 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 326 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 327 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 328 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 329 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 330 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 331 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 332 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 333 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 334 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 335 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 336 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 337 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 338 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 339 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 340 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 341 AEUV, Rz 12). 342 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 343 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 344 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 345 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 346 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 347 EGV. 348 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 349 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 350 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 351 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 352 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 353 der Verordnung (EG) 1049/2001. 354 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 355 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 356 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 357 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 358 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 359 * [20] Siehe 360 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 361 /54634/html.bookmark 362 * [2] Siehe unter anderem:363 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP364 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v365 erweigert-transparenz-bei-ttip),366 (2) Blogeintrag von campact367 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene-368 ttip-studie-nicht/),369 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol370 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d371 ruck-fuer-mehr-transparenz/),372 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit,373 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014.374 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission375 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152376 276.pdf).377 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace378 Österreich379 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge380 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe381 rde-gegen-EU-Kommission-ein).382 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326,383 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV).384 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,385 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden:386 AEUV).387 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht388 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),389 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff390 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche391 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das392 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch393 solche der Legislative.394 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV.395 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV;396 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische397 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders398 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines399 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der400 Offenheit vereinbar sei (siehe:401 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en402 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in403 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH.404 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht405 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),406 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles407 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im408 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu409 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen410 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel411 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass412 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den413 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist.414 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung415 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der416 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische417 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern,418 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in419 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15420 AEUV, Rz 12).421 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai422 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a.423 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai424 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG]425 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255426 EGV.427 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001.428 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht429 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),430 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46.431 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8432 der Verordnung (EG) 1049/2001.433 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001.434 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001.435 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht436 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),437 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58.438 * [20] Siehe439 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en440 /54634/html.bookmark441 *[21]442 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 443 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 444 de-gegen-EU-Kommission-ein/ -
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Das Prinzip der Offenheit und der Zugang zu Dokumenten
von admin, angelegt1 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 2 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 3 png) 4 5 von Simon Wendelin Burger. 6 7 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 8 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 9 Kommission erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 10 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 11 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 12 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 13 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 14 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 15 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 16 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 17 Handelsvertrages immer lauter. 18 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 19 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 20 das Paradebei-spiel für das Fehlen von Transparenz in den 21 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 22 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 23 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 24 Bür-ger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 25 vorgenommen würden. 26 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsäch-lich auf fehlende 27 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 28 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 29 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 30 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 31 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 32 Dokumentation zu den verhandelten Inhal-ten und ihren 33 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 34 debattierbar machen soll. 35 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 36 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 37 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 38 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 39 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 40 Investitions-partnerschaft, merkt aber offen an, dass 41 einige Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 42 könnten, da „Verhandlungspartner ge-genseitiges Vertrauen 43 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 44 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“ Es ist daher 45 un-umstritten, dass sich die Kommission tatsäch-lich 46 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhal-ten und nicht zu 47 veröffentlichen; gewisse inter-ne Unterlagen, wie 48 beispielsweise die Positi-onspapiere der Europäischen 49 Kommission, wer-den auch auf Anfrage nicht herausgegeben. 50 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 51 entstehende Anschein von der Führung von 52 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 53 Europäischen Kommission als «bürgerferner 54 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 55 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 56 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 57 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 58 Widerspruch zu der Verpflich-tung zu mehr Inklusion und 59 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 60 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 61 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 62 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 63 Recht, am „demokrati-schen Leben der Union teilzunehmen“, 64 weswe-gen auch die Entscheidungen der Institutionen 65 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 66 müssen. 67 Im Folgenden sollen daher die Verpflich-tungen der 68 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 69 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 70 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 71 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 72 73 74 Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die 75 primärrechtlichen Transparenzgarantien 76 77 ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA) 78 79 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 80 Transparenz in der Arbeitsweise und den 81 Entscheidungsprozessen der europäi-schen Institutionen ist 82 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 83 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 84 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert. Demnach 85 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 86 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 87 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 88 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 89 Recht-setzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 90 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 91 Entscheidungen teilhaben zu lassen. 92 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 93 sekundärrechtliche Be-stimmungen konkretisiert: Gemäß Art 94 15 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen 95 Parlaments sowie jene des Rates der Europäi-schen Union, 96 sofern sie Beratungen und Ab-stimmungen über 97 Gesetzgebungsakte betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber 98 hinaus haben die Institutionen die Pflicht, die das 99 Gesetzge-bungsverfahren betreffenden Dokumente öf-fentlich 100 zugänglich zu machen. Da der Erlass des 101 Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat keinen 102 eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil des 103 eigentlichen Gesetz-gebungsverfahrens zu einem solchen 104 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 105 Ausfüh-rungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 106 Europäische Kommission gerichtete Ver-handlungsmandat nicht 107 von dieser Pflicht um-fasst ist, weswegen die Geheimhaltung 108 dessel-ben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 109 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 110 Offenheit begründet. Die Beratung und Abstimmung über die 111 Inkraftset-zung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, die 112 in einem besonderen Gesetzgebungsverfah-ren stattfindet, 113 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 114 15 AEUV zu subsu-mieren. 115 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzge-bungsverfahrens und 116 der Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten 117 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 118 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 119 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 120 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 121 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 122 in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten 123 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 124 [...].“ 125 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hin-sicht umfassender 126 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 127 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 128 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 129 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 130 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 131 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 132 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 133 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 134 ausschlaggebend ist. Darüber hinaus verpflichtet Artikel 135 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden Institutionen 136 der Europäi-schen Union; der Anspruch auf Dokumentzugang 137 besteht gegenüber allen Organen und Einrichtungen der EU 138 und somit auch gegenüber der Europäischen Kommission. 139 Im Lichte der Weite des Begriffs des Do-kuments und des 140 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 141 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 142 Uni-onsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristi-schen 143 Person mit (Wohn)sitz in einem Mit-gliedsstaat 144 grundsätzlich das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 145 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 146 Positi-onspapiere der Europäischen Kommission Ein-sicht zu 147 nehmen. 148 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 149 Dokumentzugang aus Artikel 15 Ab-satz 3 AEUV nicht 150 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 151 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 152 Verfah-ren und Schranken des Rechts auf Zugang zu 153 Dokumenten sind in demzufolge in der Ratsver-ordnung 154 1049/2001 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird. 155 156 157 158 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und 159 dessen sekundärrechtliche Ausgestaltung 160 161 VERORDNUNG (EG) 1049/2011 162 163 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 164 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 165 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 166 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 167 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 168 betreffen.“ Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist dabei 169 nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte im 170 Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich in 171 irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen der 172 Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 173 undoku-mentierte Informationen für eine/n Antragstel-lerIn 174 zu beschaffen oder zu kompilieren. 175 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 176 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 177 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 178 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 179 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 180 öffentlich zugänglich gemacht wer-den. Sollten die 181 Dokumente nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann 182 jeder der obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag 183 auf Informationserteilung an das ent-sprechende Organ 184 richten. 185 Im Falle einer Antragsstellung wird die Be-rechtigung zum 186 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 187 wobei eine Zugangs-verweigerung nur mit schriftlicher 188 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 189 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 190 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 191 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 192 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relati-ven 193 Zugangsverweigerungsgründen: 194 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 195 der Schutz der öffentli-chen Interessen in Bezug auf die 196 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 197 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik. Nimmt das 198 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 199 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 200 Dokumentzu-gang zwingend ab. 201 Im Falle der relativen Verweigerungsgrün-de hingegen kann 202 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 203 dann verwei-gern, wenn kein überwiegendes öffentliches 204 Interesse an der Veröffentlichung besteht; An-wendungsfälle 205 sind beispielsweise die Gefähr-dung von geschäftlichen 206 Interessen einer natür-lichen oder juristischen Person 207 (Wettbewerbs-recht), die Gefährdung eines anhängigen 208 Ge-richtsverfahrens oder der Schutz des 209 Bera-tungsgeheimnisses des Organs. 210 Darüber hinaus kann die angefragte Ein-richtung den Zugang 211 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 212 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 213 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand dar-stellen 214 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 215 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 216 Betracht ge-zogen werden sollte. 217 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 218 Verhandlungsmandats des Rates und der diver-sen 219 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 220 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 221 Institutionen eine Ge-fährdung von öffentlichen Interessen 222 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im 223 Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei 224 auf den Schutz der Interessen in den internationalen 225 Beziehungen, während von Seiten der Europäischen 226 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 227 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 228 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 229 wurden. 230 231 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 232 Verhandlungen zu TTIP 233 234 Die Analyse der primär- und sekundär-rechtlichen 235 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 236 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 237 Unionsbür-gerinnen und –bürgern weitreichende 238 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 239 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 240 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 241 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 242 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 243 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 244 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 245 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 246 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 247 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 248 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 249 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 250 öffentlichen Interesse liegt. 251 In Hinblick auf die demokratischen Grund-sätze und die 252 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 253 denen sich die Europä-ische Union in den Verträgen bekennt, 254 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 255 zu-friedenzustellen. 256 257 ------------------------------------------------------------ 258 ---------------------------------------------- 259 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 260 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 261 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 262 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 263 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 264 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 265 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 266 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 267 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 268 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 269 einsehbar. 270 * [2] Siehe unter anderem: 271 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 272 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 273 erweigert-transparenz-bei-ttip), 274 (2) Blogeintrag von campact 275 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 276 ttip-studie-nicht/), 277 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 278 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 279 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 280 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 281 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 282 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 283 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 284 276.pdf). 285 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 286 Österreich 287 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 288 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 289 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 290 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 291 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 292 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 293 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 294 AEUV). 295 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 296 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 297 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 298 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 299 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 300 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 301 solche der Legislative. 302 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 303 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 304 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 305 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 306 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 307 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 308 Offenheit vereinbar sei (siehe: 309 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 310 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 311 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 312 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 313 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 314 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 315 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 316 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 317 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 318 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 319 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 320 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 321 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 322 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 323 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 324 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 325 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 326 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 327 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 328 AEUV, Rz 12). 329 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 330 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 331 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 332 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 333 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 334 EGV. 335 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 336 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 337 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 338 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 339 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 340 der Verordnung (EG) 1049/2001. 341 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 342 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 343 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 344 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 345 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 346 * [20] Siehe 347 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 348 /54634/html.bookmark 349 * [21] 350 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 351 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 352 de-gegen-EU-Kommission-ein/ 353 354 355 356 357 358 -
Das Prinzip der Offenheit und der Zugang zu Dokumenten
von admin, angelegt1 **DER GRUNDSATZ DER OFFENHEIT UND DAS RECHT AUF** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------- 4 **ZUGANG ZU DOKUMENTEN** 5 ------------------------------------------------------------ 6 -------------------------------- 7 8 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 9 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 10 png) 11 12 von Simon Wendelin Burger. 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. 25 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 26 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 27 das Paradebei-spiel für das Fehlen von Transparenz in den 28 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 29 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 30 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 31 Bür-ger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 32 vorgenommen würden. 33 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsäch-lich auf fehlende 34 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 35 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 36 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 37 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 38 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 39 Dokumentation zu den verhandelten Inhal-ten und ihren 40 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 41 debattierbar machen soll. 42 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 43 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 44 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 45 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 46 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 47 Investitions-partnerschaft, merkt aber offen an, dass 48 einige Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 49 könnten, da „Verhandlungspartner ge-genseitiges Vertrauen 50 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 51 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“ Es ist daher 52 un-umstritten, dass sich die Kommission tatsäch-lich 53 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhal-ten und nicht zu 54 veröffentlichen; gewisse inter-ne Unterlagen, wie 55 beispielsweise die Positi-onspapiere der Europäischen 56 Kommission, wer-den auch auf Anfrage nicht herausgegeben. 57 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 58 entstehende Anschein von der Führung von 59 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 60 Europäischen Kommission als «bürgerferner 61 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 62 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 63 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 64 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 65 Widerspruch zu der Verpflich-tung zu mehr Inklusion und 66 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 67 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 68 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 69 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 70 Recht, am „demokrati-schen Leben der Union teilzunehmen“, 71 weswe-gen auch die Entscheidungen der Institutionen 72 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 73 müssen. 74 Im Folgenden sollen daher die Verpflich-tungen der 75 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 76 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 77 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 78 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 79 80 81 Der Grundsatz der Offenheit des europäischenRegierens und82 die primärrechtlichen Transparenzgarantien 83 84 ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA) 85 86 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 87 Transparenz in der Arbeitsweise und den 88 Entscheidungsprozessen der europäi-schen Institutionen ist 89 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 90 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 91 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert. Demnach 92 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 93 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 94 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 95 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 96 Recht-setzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 97 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 98 Entscheidungen teilhaben zu lassen. 99 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 100 sekundärrechtliche Be-stimmungen konkretisiert: Gemäß Art 101 15 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen 102 Parlaments sowie jene des Rates der Europäi-schen Union, 103 sofern sie Beratungen und Ab-stimmungen über 104 Gesetzgebungsakte betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber 105 hinaus haben die Institutionen die Pflicht, die das 106 Gesetzge-bungsverfahren betreffenden Dokumente öf-fentlich 107 zugänglich zu machen. Da der Erlass des 108 Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat keinen 109 eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil des 110 eigentlichen Gesetz-gebungsverfahrens zu einem solchen 111 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 112 Ausfüh-rungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 113 Europäische Kommission gerichtete Ver-handlungsmandat nicht 114 von dieser Pflicht um-fasst ist, weswegen die Geheimhaltung 115 dessel-ben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 116 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 117 Offenheit begründet. Die Beratung und Abstimmung über die 118 Inkraftset-zung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, die 119 in einem besonderen Gesetzgebungsverfah-ren stattfindet, 120 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 121 15 AEUV zu subsu-mieren. 122 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzge-bungsverfahrens und 123 der Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten 124 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 125 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 126 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 127 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 128 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 129 in einem Mitglied-staat das Recht der**130 ------------------------------------------------------------131 ---------------------------------------------132 ------------------------------------------------------------133 --------------------------------------134 135 **Unionsbürgerinnen und –bürgerauf Zugang zu Dokumenten136 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 137 [...].“ 138 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hin-sicht umfassender 139 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 140 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 141 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 142 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 143 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 144 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 145 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 146 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 147 ausschlaggebend ist. Darüber hinaus verpflichtet Artikel 148 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden Institutionen 149 der Europäi-schen Union; der Anspruch auf Dokumentzugang 150 besteht gegenüber allen Organen und Einrichtungen der EU 151 und somit auch gegenüber der Europäischen Kommission. 152 Im Lichte der Weite des Begriffs des Do-kuments und des 153 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 154 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 155 Uni-onsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristi-schen 156 Person mit (Wohn)sitz in einem Mit-gliedsstaat 157 grundsätzlich das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 158 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 159 Positi-onspapiere der Europäischen Kommission Ein-sicht zu 160 nehmen. 161 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 162 Dokumentzugang aus Artikel 15 Ab-satz 3 AEUV nicht 163 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 164 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 165 Verfah-ren und Schranken des Rechts auf Zugang zu 166 Dokumenten sind in demzufolge in der Ratsver-ordnung 167 1049/2001 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird. 168 169 170 171 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und 172 dessen sekundärrechtliche Ausgestaltung 173 174 VERORDNUNG (EG) 1049/2011 175 176 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 177 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 178 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 179 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 180 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 181 betreffen.“ Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist dabei 182 nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte im 183 Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich in 184 irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen der 185 Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 186 undoku-mentierte Informationen für eine/n Antragstel-lerIn 187 zu beschaffen oder zu kompilieren. 188 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 189 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 190 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 191 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 192 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 193 öffentlich zugänglich gemacht wer-den. Sollten die 194 Dokumente nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann 195 jeder der obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag 196 auf Informationserteilung an das ent-sprechende Organ 197 richten. 198 Im Falle einer Antragsstellung wird die Be-rechtigung zum 199 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 200 wobei eine Zugangs-verweigerung nur mit schriftlicher 201 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 202 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 203 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 204 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 205 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relati-ven 206 Zugangsverweigerungsgründen: 207 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 208 der Schutz der öffentli-chen Interessen in Bezug auf die 209 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 210 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik. Nimmt das 211 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 212 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 213 Dokumentzu-gang zwingend ab. 214 Im Falle der relativen Verweigerungsgrün-de hingegen kann 215 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 216 dann verwei-gern, wenn kein überwiegendes öffentliches 217 Interesse an der Veröffentlichung besteht; An-wendungsfälle 218 sind beispielsweise die Gefähr-dung von geschäftlichen 219 Interessen einer natür-lichen oder juristischen Person 220 (Wettbewerbs-recht), die Gefährdung eines anhängigen 221 Ge-richtsverfahrens oder der Schutz des 222 Bera-tungsgeheimnisses des Organs. 223 Darüber hinaus kann die angefragte Ein-richtung den Zugang 224 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 225 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 226 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand dar-stellen 227 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 228 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 229 Betracht ge-zogen werden sollte. 230 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 231 Verhandlungsmandats des Rates und der diver-sen 232 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 233 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 234 Institutionen eine Ge-fährdung von öffentlichen Interessen 235 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im 236 Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei 237 auf den Schutz der Interessen in den internationalen 238 Beziehungen, während von Seiten der Europäischen 239 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 240 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 241 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 242 wurden. 243 244 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 245 Verhandlungen zu TTIP 246 247 Die Analyse der primär- und sekundär-rechtlichen 248 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 249 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 250 Unionsbür-gerinnen und –bürgern weitreichende 251 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 252 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 253 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 254 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 255 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 256 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 257 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 258 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 259 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 260 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 261 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 262 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 263 öffentlichen Interesse liegt. 264 In Hinblick auf die demokratischen Grund-sätze und die 265 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 266 denen sich die Europä-ische Union in den Verträgen bekennt, 267 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 268 zu-friedenzustellen. 269 270 ------------------------------------------------------------ 271 ---------------------------------------------- 272 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 273 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 274 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 275 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 276 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 277 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 278 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 279 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 280 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 281 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 282 einsehbar. 283 * [2] Siehe unter anderem: 284 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 285 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 286 erweigert-transparenz-bei-ttip), 287 (2) Blogeintrag von campact 288 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 289 ttip-studie-nicht/), 290 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 291 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 292 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 293 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 294 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 295 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 296 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 297 276.pdf). 298 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 299 Österreich 300 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 301 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 302 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 303 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 304 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 305 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 306 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 307 AEUV). 308 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 309 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 310 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 311 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 312 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 313 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 314 solche der Legislative. 315 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 316 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 317 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 318 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 319 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 320 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 321 Offenheit vereinbar sei (siehe: 322 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 323 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 324 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 325 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 326 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 327 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 328 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 329 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 330 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 331 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 332 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 333 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 334 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 335 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 336 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 337 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 338 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 339 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 340 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 341 AEUV, Rz 12). 342 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 343 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 344 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 345 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 346 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 347 EGV. 348 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 349 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 350 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 351 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 352 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 353 der Verordnung (EG) 1049/2001. 354 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 355 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 356 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 357 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 358 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 359 * [20] Siehe 360 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 361 /54634/html.bookmark 362 * [2] Siehe unter anderem:363 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP364 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v365 erweigert-transparenz-bei-ttip),366 (2) Blogeintrag von campact367 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene-368 ttip-studie-nicht/),369 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol370 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d371 ruck-fuer-mehr-transparenz/),372 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit,373 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014.374 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission375 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152376 276.pdf).377 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace378 Österreich379 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge380 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe381 rde-gegen-EU-Kommission-ein).382 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326,383 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV).384 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,385 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden:386 AEUV).387 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht388 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),389 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff390 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche391 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das392 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch393 solche der Legislative.394 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV.395 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV;396 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische397 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders398 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines399 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der400 Offenheit vereinbar sei (siehe:401 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en402 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in403 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH.404 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht405 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),406 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles407 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im408 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu409 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen410 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel411 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass412 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den413 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist.414 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung415 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der416 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische417 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern,418 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in419 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15420 AEUV, Rz 12).421 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai422 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a.423 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai424 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG]425 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255426 EGV.427 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001.428 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht429 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),430 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46.431 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8432 der Verordnung (EG) 1049/2001.433 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001.434 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001.435 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht436 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),437 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58.438 * [20] Siehe439 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en440 /54634/html.bookmark441 *[21]442 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 443 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 444 de-gegen-EU-Kommission-ein/ -
Der Grundsatz
Das Prinzipder Offenheit und das Recht aufderZugang zu Dokumentenvon admin, angelegt1 **DER GRUNDSATZ DER OFFENHEIT UND DAS RECHT AUF** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------- 4 **ZUGANG ZU DOKUMENTEN** 5 ------------------------------------------------------------ 6 -------------------------------- 7 8 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 9 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 10 png) 11 12 von Simon Wendelin Burger. 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. 25 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 26 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 27 das Paradebei-spiel für das Fehlen von Transparenz in den 28 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 29 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 30 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 31 Bür-ger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 32 vorgenommen würden. 33 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsäch-lich auf fehlende 34 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 35 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 36 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 37 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 38 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 39 Dokumentation zu den verhandelten Inhal-ten und ihren 40 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 41 debattierbar machen soll. 42 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 43 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 44 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 45 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 46 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 47 Investitions-partnerschaft, merkt aber offen an, dass 48 einige Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 49 könnten, da „Verhandlungspartner ge-genseitiges Vertrauen 50 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 51 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“ Es ist daher 52 un-umstritten, dass sich die Kommission tatsäch-lich 53 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhal-ten und nicht zu 54 veröffentlichen; gewisse inter-ne Unterlagen, wie 55 beispielsweise die Positi-onspapiere der Europäischen 56 Kommission, wer-den auch auf Anfrage nicht herausgegeben. 57 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 58 entstehende Anschein von der Führung von 59 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 60 Europäischen Kommission als «bürgerferner 61 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 62 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 63 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 64 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 65 Widerspruch zu der Verpflich-tung zu mehr Inklusion und 66 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 67 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 68 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 69 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 70 Recht, am „demokrati-schen Leben der Union teilzunehmen“, 71 weswe-gen auch die Entscheidungen der Institutionen 72 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 73 müssen. 74 Im Folgenden sollen daher die Verpflich-tungen der 75 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 76 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 77 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 78 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 79 80 81 Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die 82 primärrechtlichen Transparenzgarantien 83 84 ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA) 85 86 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 87 Transparenz in der Arbeitsweise und den 88 Entscheidungsprozessen der europäi-schen Institutionen ist 89 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 90 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 91 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert. Demnach 92 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 93 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 94 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 95 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 96 Recht-setzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 97 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 98 Entscheidungen teilhaben zu lassen. 99 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 100 sekundärrechtliche Be-stimmungen konkretisiert: Gemäß Art 101 15 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen 102 Parlaments sowie jene des Rates der Europäi-schen Union, 103 sofern sie Beratungen und Ab-stimmungen über 104 Gesetzgebungsakte betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber 105 hinaus haben die Institutionen die Pflicht, die das 106 Gesetzge-bungsverfahren betreffenden Dokumente öf-fentlich 107 zugänglich zu machen. Da der Erlass des 108 Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat keinen 109 eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil des 110 eigentlichen Gesetz-gebungsverfahrens zu einem solchen 111 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 112 Ausfüh-rungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 113 Europäische Kommission gerichtete Ver-handlungsmandat nicht 114 von dieser Pflicht um-fasst ist, weswegen die Geheimhaltung 115 dessel-ben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 116 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 117 Offenheit begründet. Die Beratung und Abstimmung über die 118 Inkraftset-zung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, die 119 in einem besonderen Gesetzgebungsverfah-ren stattfindet, 120 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 121 15 AEUV zu subsu-mieren. 122 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzge-bungsverfahrens und 123 der Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten 124 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 125 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 126 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 127 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 128 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 129 in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten 130 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 131 [...].“ 132 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hin-sicht umfassender 133 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 134 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 135 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 136 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 137 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 138 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 139 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 140 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 141 ausschlaggebend ist. Darüber hinaus verpflichtet Artikel 142 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden Institutionen 143 der Europäi-schen Union; der Anspruch auf Dokumentzugang 144 besteht gegenüber allen Organen und Einrichtungen der EU 145 und somit auch gegenüber der Europäischen Kommission. 146 Im Lichte der Weite des Begriffs des Do-kuments und des 147 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 148 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 149 Uni-onsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristi-schen 150 Person mit (Wohn)sitz in einem Mit-gliedsstaat 151 grundsätzlich das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 152 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 153 Positi-onspapiere der Europäischen Kommission Ein-sicht zu 154 nehmen. 155 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 156 Dokumentzugang aus Artikel 15 Ab-satz 3 AEUV nicht 157 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 158 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 159 Verfah-ren und Schranken des Rechts auf Zugang zu 160 Dokumenten sind in demzufolge in der Ratsver-ordnung 161 1049/2001 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird. 162 163 164 165 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und 166 dessen sekundärrechtliche Ausgestaltung 167 168 VERORDNUNG (EG) 1049/2011 169 170 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 171 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 172 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 173 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 174 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 175 betreffen.“ Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist dabei 176 nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte im 177 Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich in 178 irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen der 179 Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 180 undoku-mentierte Informationen für eine/n Antragstel-lerIn 181 zu beschaffen oder zu kompilieren. 182 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 183 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 184 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 185 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 186 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 187 öffentlich zugänglich gemacht wer-den. Sollten die 188 Dokumente nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann 189 jeder der obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag 190 auf Informationserteilung an das ent-sprechende Organ 191 richten. 192 Im Falle einer Antragsstellung wird die Be-rechtigung zum 193 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 194 wobei eine Zugangs-verweigerung nur mit schriftlicher 195 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 196 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 197 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 198 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 199 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relati-ven 200 Zugangsverweigerungsgründen: 201 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 202 der Schutz der öffentli-chen Interessen in Bezug auf die 203 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 204 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik. Nimmt das 205 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 206 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 207 Dokumentzu-gang zwingend ab. 208 Im Falle der relativen Verweigerungsgrün-de hingegen kann 209 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 210 dann verwei-gern, wenn kein überwiegendes öffentliches 211 Interesse an der Veröffentlichung besteht; An-wendungsfälle 212 sind beispielsweise die Gefähr-dung von geschäftlichen 213 Interessen einer natür-lichen oder juristischen Person 214 (Wettbewerbs-recht), die Gefährdung eines anhängigen 215 Ge-richtsverfahrens oder der Schutz des 216 Bera-tungsgeheimnisses des Organs. 217 Darüber hinaus kann die angefragte Ein-richtung den Zugang 218 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 219 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 220 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand dar-stellen 221 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 222 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 223 Betracht ge-zogen werden sollte. 224 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 225 Verhandlungsmandats des Rates und der diver-sen 226 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 227 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 228 Institutionen eine Ge-fährdung von öffentlichen Interessen 229 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im 230 Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei 231 auf den Schutz der Interessen in den internationalen 232 Beziehungen, während von Seiten der Europäischen 233 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 234 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 235 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 236 wurden. 237 238 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 239 Verhandlungen zu TTIP 240 241 Die Analyse der primär- und sekundär-rechtlichen 242 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 243 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 244 Unionsbür-gerinnen und –bürgern weitreichende 245 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 246 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 247 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 248 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 249 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 250 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 251 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 252 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 253 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 254 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 255 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 256 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 257 öffentlichen Interesse liegt. 258 In Hinblick auf die demokratischen Grund-sätze und die 259 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 260 denen sich die Europä-ische Union in den Verträgen bekennt, 261 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 262 zu-friedenzustellen. 263 264 ------------------------------------------------------------ 265 ---------------------------------------------- 266 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 267 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 268 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 269 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 270 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 271 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 272 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 273 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 274 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 275 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 276 einsehbar. 277 * [2] Siehe unter anderem: 278 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 279 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 280 erweigert-transparenz-bei-ttip), 281 (2) Blogeintrag von campact 282 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 283 ttip-studie-nicht/), 284 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 285 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 286 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 287 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 288 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 289 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 290 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 291 276.pdf). 292 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 293 Österreich 294 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 295 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 296 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 297 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 298 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 299 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 300 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 301 AEUV). 302 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 303 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 304 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 305 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 306 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 307 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 308 solche der Legislative. 309 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 310 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 311 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 312 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 313 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 314 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 315 Offenheit vereinbar sei (siehe: 316 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 317 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 318 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 319 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 320 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 321 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 322 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 323 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 324 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 325 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 326 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 327 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 328 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 329 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 330 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 331 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 332 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 333 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 334 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 335 AEUV, Rz 12). 336 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 337 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 338 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 339 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 340 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 341 EGV. 342 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 343 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 344 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 345 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 346 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 347 der Verordnung (EG) 1049/2001. 348 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 349 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 350 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 351 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 352 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 353 * [20] Siehe 354 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 355 /54634/html.bookmark 356 * [21] 357 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 358 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 359 de-gegen-EU-Kommission-ein/ -
Der Grundsatz der Offenheit und das Recht auf Zugang zu Dokumenten
von admin, angelegt1 **DER GRUNDSATZ DER OFFENHEIT UND DAS RECHT AUF** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------- 4 **ZUGANG ZU DOKUMENTEN** 5 ------------------------------------------------------------ 6 -------------------------------- 7 8 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 9 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 10 png) 11 12 von Simon Wendelin Burger. 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. 25 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 26 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 27 das Paradebeispiel für das Fehlen von Transparenz in den 28 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 29 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 30 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 31 Bürger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 32 vorgenommen würden. 33 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsächlich auf fehlende 34 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 35 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 36 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 37 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 38 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 39 Dokumentation zu den verhandelten Inhalten und ihren 40 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 41 debattierbar machen soll.[2] 42 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 43 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 44 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 45 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 46 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 47 Investitionspartnerschaft, merkt aber offen an, dass einige 48 Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 49 könnten, da „Verhandlungspartner gegenseitiges Vertrauen 50 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 51 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“[3] Es ist daher 52 unumstritten, dass sich die Kommission tatsächlich 53 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhalten und nicht zu 54 veröffentlichen; gewisse interne Unterlagen, wie 55 beispielsweise die Positionspapiere der Europäischen 56 Kommission, werden auch auf Anfrage nicht herausgegeben.[4] 57 58 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 59 entstehende Anschein von der Führung von 60 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 61 Europäischen Kommission als «bürgerferner 62 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 63 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 64 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 65 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 66 Widerspruch zu der Verpflichtung zu mehr Inklusion und 67 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 68 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 69 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 70 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 71 Recht, am „demokratischen Leben der Union teilzunehmen“, 72 weswegen auch die Entscheidungen der Institutionen 73 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 74 müssen.[5] 75 Im Folgenden sollen daher die Verpflichtungen der 76 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 77 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 78 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 79 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 80 81 **Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die 82 primärrechtlichen Transparenzgarantien** 83 84 ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA) 85 86 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 87 Transparenz in der Arbeitsweise und den 88 Entscheidungsprozessen der europäischen Institutionen ist 89 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 90 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 91 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert.[6] Demnach 92 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 93 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 94 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 95 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 96 Rechtsetzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 97 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 98 Entscheidungen teilhaben zu lassen.[7] 99 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 100 sekundärrechtliche Bestimmungen konkretisiert: Gemäß Art 15 101 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen Parlaments 102 sowie jene des Rates der Europäischen Union, sofern sie 103 Beratungen und Abstimmungen über Gesetzgebungsakte 104 betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber hinaus haben die 105 Institutionen die Pflicht, die das Gesetzge-bungsverfahren 106 betreffenden Dokumente öffentlich zugänglich zu machen.[8] 107 Da der Erlass des Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat 108 keinen eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil 109 des eigentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu einem solchen 110 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 111 Ausführungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 112 Europäische Kommission gerichtete Verhandlungsmandat nicht 113 von dieser Pflicht umfasst ist, weswegen die Geheimhaltung 114 desselben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 115 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 116 Offenheit begründet.[9] Die Beratung und Abstimmung über 117 die Inkraftsetzung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, 118 die in einem besonderen Gesetzgebungsverfahren stattfindet, 119 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 120 15 AEUV zu subsu-mieren.[10] 121 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens und 122 der Veröffentlichungspflicht von Gesetzgebungsakten 123 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 124 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 125 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 126 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 127 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 128 in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten 129 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 130 [...].“[11] 131 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hinsicht umfassender 132 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 133 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 134 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 135 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 136 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 137 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 138 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 139 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 140 ausschlaggebend ist.[12] Darüber hinaus verpflichtet 141 Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden 142 Institutionen der Europäischen Union; der Anspruch auf 143 Dokumentzugang besteht gegenüber allen Organen und 144 Einrichtungen der EU und somit auch gegenüber der 145 Europäischen Kommission. 146 Im Lichte der Weite des Begriffs des Dokuments und des 147 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 148 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 149 Unionsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristischen 150 Person mit (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat grundsätzlich 151 das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 152 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 153 Positionspapiere der Europäischen Kommission Einsicht zu 154 nehmen. 155 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 156 Dokumentzugang aus Artikel 15 Absatz 3 AEUV nicht 157 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 158 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 159 Verfahren und Schranken des Rechts auf Zugang zu Dokumenten 160 sind in demzufolge in der Ratsverordnung 1049/2001 161 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird.[13] 162 163 **Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und dessen 164 sekundärrechtliche Ausgestaltung** 165 166 VERORDNUNG (EG) 1049/2011 167 168 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 169 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 170 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 171 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 172 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 173 betreffen.“[14] Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist 174 dabei nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte 175 im Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich 176 in irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen 177 der Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 178 undokumentierte Informationen für eine/n AntragstellerIn zu 179 beschaffen oder zu kompilieren.[15] 180 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 181 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 182 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 183 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 184 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 185 öffentlich zugänglich gemacht werden. Sollten die Dokumente 186 nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann jeder der 187 obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag auf 188 Informationserteilung an das entsprechende Organ 189 richten.[16] 190 Im Falle einer Antragsstellung wird die Berechtigung zum 191 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 192 wobei eine Zugangsverweigerung nur mit schriftlicher 193 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 194 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 195 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 196 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 197 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relativen 198 Zugangsverweigerungsgründen: 199 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 200 der Schutz der öffentlichen Interessen in Bezug auf die 201 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 202 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik.[17] Nimmt das 203 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 204 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 205 Dokumentzugang zwingend ab. 206 Im Falle der relativen Verweigerungsgründe hingegen kann 207 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 208 dann verweigern, wenn kein überwiegendes öffentliches 209 Interesse an der Veröffentlichung besteht; Anwendungsfälle 210 sind beispielsweise die Gefährdung von geschäftlichen 211 Interessen einer natürlichen oder juristischen Person 212 (Wettbewerbsrecht), die Gefährdung eines anhängigen 213 Gerichtsverfahrens oder der Schutz des 214 Beratungsgeheimnisses des Organs.[18] 215 Darüber hinaus kann die angefragte Einrichtung den Zugang 216 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 217 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 218 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand darstellen 219 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 220 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 221 Betracht gezogen werden sollte.[19] 222 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 223 Verhandlungsmandats des Rates und der diversen 224 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 225 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 226 Institutionen eine Gefährdung von öffentlichen Interessen 227 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. 228 Im Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat229 dabei auf den Schutz der Interessen in den internationalen 230 Beziehungen,[20] während von Seiten der Europäischen 231 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 232 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 233 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 234 wurden.[21] 235 236 **Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 237 Verhandlungen zu TTIP** 238 239 Die Analyse der primär- und sekundärrechtlichen 240 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 241 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 242 Unionsbürgerinnen und –bürgern weitreichende 243 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 244 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 245 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 246 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 247 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 248 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 249 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 250 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 251 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 252 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 253 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 254 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 255 öffentlichen Interesse liegt. 256 In Hinblick auf die demokratischen Grundsätze und die 257 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 258 denen sich die Europäische Union in den Verträgen bekennt, 259 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 260 zufriedenzustellen. 261 262 ------------------------------------------------------------ 263 ---------------------------------------------- 264 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 265 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 266 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 267 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 268 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 269 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 270 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 271 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 272 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 273 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 274 einsehbar. 275 * [2] Siehe unter anderem: 276 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 277 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 278 erweigert-transparenz-bei-ttip), 279 (2) Blogeintrag von campact 280 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 281 ttip-studie-nicht/), 282 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 283 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 284 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 285 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 286 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 287 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 288 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 289 276.pdf). 290 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 291 Österreich 292 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 293 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 294 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 295 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 296 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 297 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 298 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 299 AEUV). 300 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 301 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 302 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 303 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 304 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 305 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 306 solche der Legislative. 307 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 308 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 309 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 310 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 311 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 312 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 313 Offenheit vereinbar sei (siehe: 314 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 315 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 316 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 317 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 318 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 319 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 320 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 321 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 322 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 323 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 324 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 325 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 326 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 327 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 328 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 329 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 330 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 331 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 332 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 333 AEUV, Rz 12). 334 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 335 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 336 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 337 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 338 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 339 EGV. 340 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 341 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 342 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 343 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 344 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 345 der Verordnung (EG) 1049/2001. 346 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 347 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 348 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 349 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 350 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 351 * [20] Siehe 352 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 353 /54634/html.bookmark 354 * [2] Siehe unter anderem:355 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP356 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v357 erweigert-transparenz-bei-ttip),358 (2) Blogeintrag von campact359 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene-360 ttip-studie-nicht/),361 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol362 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d363 ruck-fuer-mehr-transparenz/),364 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit,365 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014.366 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission367 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152368 276.pdf).369 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace370 Österreich371 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge372 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe373 rde-gegen-EU-Kommission-ein).374 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326,375 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV).376 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,377 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden:378 AEUV).379 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht380 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),381 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff382 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche383 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das384 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch385 solche der Legislative.386 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV.387 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV;388 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische389 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders390 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines391 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der392 Offenheit vereinbar sei (siehe:393 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en394 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in395 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH.396 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht397 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),398 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles399 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im400 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu401 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen402 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel403 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass404 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den405 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist.406 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung407 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der408 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische409 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern,410 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in411 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15412 AEUV, Rz 12).413 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai414 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a.415 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai416 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG]417 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255418 EGV.419 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001.420 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht421 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),422 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46.423 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8424 der Verordnung (EG) 1049/2001.425 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001.426 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001.427 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht428 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010),429 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58.430 * [20] Siehe431 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en432 /54634/html.bookmark433 *[21]434 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 435 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 436 de-gegen-EU-Kommission-ein/ -
Das Prinzip der Offenheit und der Zugang zu Dokumenten
von admin, angelegt1 *Der Grundsatz der Offenheit des europäischen Regierens und 2 das Recht der* 3 ------------------------------------------------------------ 4 --------------------------------------------- 5 ------------------------------------------------------------ 6 -------------------------------------- 7 *Unionsbürgerinnen und –bürger auf den Zugang zu Dokumenten* 8 ------------------------------------------------------------ 9 -------------------------------- 10 ------------------------------------------------------------ 11 --------------------------------- 12 13 ![Dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 14 paeischer-salon-3/dokument-gross-616-216.png/@@images/image. 15 png) 16 17 von Simon Wendelin Burger. 18 19 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 20 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 21 Kommission erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 22 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 23 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 24 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 25 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 26 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 27 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 28 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 29 Handelsvertrages immer lauter. 30 Dabei ist gerade das Verhandlungsmandat, dessen Inhalt nur 31 durch ein «Leak» an die Öffentlichkeit gelangte, für viele 32 das Paradebei-spiel für das Fehlen von Transparenz in den 33 Verhandlungen zu TTIP. Vor allem von deutsch-sprachigen 34 Medien und Bürgerbewegungen wird wiederholt moniert, dass 35 trotz großen Interesses von Seiten der Bürgerinnen und 36 Bür-ger keine wirklichen Versuche inklusiver Politik 37 vorgenommen würden. 38 Der Unmut bezieht sich dabei hauptsäch-lich auf fehlende 39 Informationen zu den geplan-ten Inhalten der 40 transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft: 41 Von vielen Seiten wird gefordert, dass das 42 Verhandlungsmandat von offizieller Stelle bekannt gemacht 43 werden muss, und dass die Europäische Kommission ihre 44 Dokumentation zu den verhandelten Inhal-ten und ihren 45 Verhandlungspositionen öffentlich zugänglich und somit 46 debattierbar machen soll. 47 Die Europäische Kommission hingegen wirbt auf verschiedenen 48 Internetauftritten und Informationsveranstaltungen mit 49 einer «Transparenzoffensive» und veröffentlicht auf einer 50 Vielzahl von Kanälen Informationen zu Inhalt und Positionen 51 in den Verhandlungen zum transatlantischen Handels- und 52 Investitions-partnerschaft, merkt aber offen an, dass 53 einige Dokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden 54 könnten, da „Verhandlungspartner ge-genseitiges Vertrauen 55 aufbauen müssen [und] jegliche Verhandlung daher ein 56 gewisses Maß an Vertraulichkeit erfordert.“ Es ist daher 57 un-umstritten, dass sich die Kommission tatsäch-lich 58 vorbehält, gewisse Dokumente zurückzuhal-ten und nicht zu 59 veröffentlichen; gewisse inter-ne Unterlagen, wie 60 beispielsweise die Positi-onspapiere der Europäischen 61 Kommission, wer-den auch auf Anfrage nicht herausgegeben. 62 Für EU-Skeptiker und –Kritiker fügt sich der dadurch 63 entstehende Anschein von der Führung von 64 Geheimverhandlungen nur zu gut in den altbekannten Ruf der 65 Europäischen Kommission als «bürgerferner 66 Bürokratieapparat» und lässt viele an der Legitimität der 67 Kommission als Verhandlungsführerin zweifeln. 68 Und tatsächlich steht die Geheimhaltung von 69 Verhandlungsunterlagen prima facie in einem deutlichen 70 Widerspruch zu der Verpflich-tung zu mehr Inklusion und 71 Bürgernähe, die der Europäischen Union und ihren 72 Institutionen durch die Verträge auferlegt wird: Nach den 73 Grundsätzen des Vertrags über die Europäische Union haben 74 die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das 75 Recht, am „demokrati-schen Leben der Union teilzunehmen“, 76 weswe-gen auch die Entscheidungen der Institutionen 77 „möglichst offen und möglichst bürgernah“ getroffen werden 78 müssen. 79 Im Folgenden sollen daher die Verpflich-tungen der 80 Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zu einer 81 transparenten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung sowie 82 die unionsrechtliche Ausgestaltung des Rechts auf 83 Dokumentzugang kurz skizziert werden. 84 85 86 Der Grundsatz der Offenheit des Regierens und die 87 primärrechtlichen Transparenzgarantien 88 89 ARTIKEL 15 AEUV (VGL. ARTIKEL 42 GRUNDRECHTSCHARTA) 90 91 Die zentrale primärrechtliche Vorschrift zur Garantie von 92 Transparenz in der Arbeitsweise und den 93 Entscheidungsprozessen der europäi-schen Institutionen ist 94 Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der 95 Europäischen Union, der in seinem ersten Absatz den 96 allgemeinen «Grundsatz der Offenheit» normiert. Demnach 97 sind alle „Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der 98 Europäischen Union“ – das heißt also auch die Europäische 99 Kommission und der Rat der Europäischen Union – 100 grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Verwaltungs- und 101 Recht-setzungstätigkeit transparent auszugestalten und die 102 Zivilgesellschaft möglichst weitgehend an ihren 103 Entscheidungen teilhaben zu lassen. 104 Dieser abstrakte Grundsatz wird durch weitere primär- und 105 sekundärrechtliche Be-stimmungen konkretisiert: Gemäß Art 106 15 Absatz 2 AEUV sind die Tagungen des Europäischen 107 Parlaments sowie jene des Rates der Europäi-schen Union, 108 sofern sie Beratungen und Ab-stimmungen über 109 Gesetzgebungsakte betreffen, öffentlich abzuhalten. Darüber 110 hinaus haben die Institutionen die Pflicht, die das 111 Gesetzge-bungsverfahren betreffenden Dokumente öf-fentlich 112 zugänglich zu machen. Da der Erlass des 113 Verhandlungsmandats zu TTIP durch den Rat keinen 114 eigenständigen Gesetzgebungsakt und auch keinen Teil des 115 eigentlichen Gesetz-gebungsverfahrens zu einem solchen 116 darstellt, ist in Hinblick auf die oben gemachten 117 Ausfüh-rungen davon auszugehen, dass das vom Rat an die 118 Europäische Kommission gerichtete Ver-handlungsmandat nicht 119 von dieser Pflicht um-fasst ist, weswegen die Geheimhaltung 120 dessel-ben – zumindest in Bezug auf Artikel 15 Absatz 3 121 Unterabsatz 4 AEUV – keinen Widerspruch zum Grundsatz der 122 Offenheit begründet. Die Beratung und Abstimmung über die 123 Inkraftset-zung des völkerrechtlichen Abkommens selbst, die 124 in einem besonderen Gesetzgebungsverfah-ren stattfindet, 125 sind jedoch jedenfalls unter die Bestimmungen des Artikel 126 15 AEUV zu subsu-mieren. 127 Neben der Öffentlichkeit des Gesetzge-bungsverfahrens und 128 der Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten 129 schreibt Artikel 15 Absatz 3 AEUV als weitere 130 Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit ein 131 individuelles «Recht auf den Zugang zu Dokumenten» vor. 132 Demnach hat „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder 133 juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz 134 in einem Mitglied-staat das Recht auf Zugang zu Dokumenten 135 der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union 136 [...].“ 137 Dabei ist dieses Recht in mehrfacher Hin-sicht umfassender 138 als die Veröffentlichungs-pflicht von Gesetzgebungsakten: 139 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten beschränkt sich 140 nicht allein auf Dokumente betreffend eines 141 Gesetzgebungsverfahrens, sondern besteht tatsächlich in 142 Hinblick auf sämtliche Dokumente aus allen 143 Tätigkeitsbereichen der Union, die von einem Organ erstellt 144 wurden oder bei diesem eingegangen sind und sich in dessen 145 Besitz befinden, wobei die Form des Dokumentträgers nicht 146 ausschlaggebend ist. Darüber hinaus verpflichtet Artikel 147 15 Absatz 3 AEUV nicht nur die gesetzgebenden Institutionen 148 der Europäi-schen Union; der Anspruch auf Dokumentzugang 149 besteht gegenüber allen Organen und Einrichtungen der EU 150 und somit auch gegenüber der Europäischen Kommission. 151 Im Lichte der Weite des Begriffs des Do-kuments und des 152 Adressatenkreises des Artikel 15 Absatz 3 AEUV muss daher 153 angenommen werden, dass jedem Unionsbürger, jeder 154 Uni-onsbürgerin sowie jeder natürlichen und juristi-schen 155 Person mit (Wohn)sitz in einem Mit-gliedsstaat 156 grundsätzlich das Recht zukommt, in das vom Rat erlassene 157 Verhandlungsmandat sowie die diversen Verhandlungs- und 158 Positi-onspapiere der Europäischen Kommission Ein-sicht zu 159 nehmen. 160 Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Recht auf 161 Dokumentzugang aus Artikel 15 Ab-satz 3 AEUV nicht 162 unmittelbar anwendbar ist, sondern gemäß Artikel 15 Absatz 163 3 Unterabsatz 1 AEUV unter Gesetzesvorbehalt steht: 164 Verfah-ren und Schranken des Rechts auf Zugang zu 165 Dokumenten sind in demzufolge in der Ratsver-ordnung 166 1049/2001 geregelt, die im Folgenden weiter erläutert wird. 167 168 169 170 Das Recht auf den Zugang zu Dokumenten und 171 dessen sekundärrechtliche Ausgestaltung 172 173 VERORDNUNG (EG) 1049/2011 174 175 Im Sinne der Verordnung (EG) 1049/2001 besteht ein Recht 176 auf Zugang zu allen „Inhalten unabhängig von der Form des 177 Datenträgers, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den 178 Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem 179 Zuständigkeitsbereich eines [Organs der Europäischen Union] 180 betreffen.“ Der Umfang des Anspruchsgegenstands ist dabei 181 nur darauf beschränkt, dass die betreffenden Inhalte im 182 Besitz der angefragten Institution und auch tatsächlich in 183 irgendeiner Form dokumentiert sind; die Institutionen der 184 Europäischen Union sind demnach nicht verpflichtet, 185 undoku-mentierte Informationen für eine/n Antragstel-lerIn 186 zu beschaffen oder zu kompilieren. 187 Um den Zugang zu Informationen für die Bürgerinnen und 188 Bürger zu erleichtern schreibt Artikel 11 der Verordnung 189 (EG) 1049/2001 vor, dass Listen von Dokumenten der 190 Europäische Kommission, des Rates der Europäischen Union 191 und des Europäischen Parlaments in Registern im Internet 192 öffentlich zugänglich gemacht wer-den. Sollten die 193 Dokumente nicht direkt zum Abruf zur Verfügung stehen, kann 194 jeder der obengenannten Anspruchsberechtigten einen Antrag 195 auf Informationserteilung an das ent-sprechende Organ 196 richten. 197 Im Falle einer Antragsstellung wird die Be-rechtigung zum 198 Zugang für jedes Dokument im Einzelfall konkret geprüft, 199 wobei eine Zugangs-verweigerung nur mit schriftlicher 200 Begründung erfolgen darf. Einschränkungen des Zugangs 201 können dabei nur in engen, in der Verordnung festgelegten 202 Grenzen zum Schutze öffentlicher oder privater Interessen 203 vorgenommen werden. Artikel 4 der Verordnung (EG) 1049/2001 204 unter-scheidet dabei zwischen absoluten und relati-ven 205 Zugangsverweigerungsgründen: 206 Zu den absoluten Verweigerungsgründen zählen beispielsweise 207 der Schutz der öffentli-chen Interessen in Bezug auf die 208 öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen oder die 209 Finanz-, Wirtschafts- oder Währungspolitik. Nimmt das 210 angefragte Organ die Gefährdung einer dieser Interessen 211 durch die Preisgabe des Dokuments an, so lehnt sie den 212 Dokumentzu-gang zwingend ab. 213 Im Falle der relativen Verweigerungsgrün-de hingegen kann 214 die angefragte Institution den Zugang zu einem Dokument nur 215 dann verwei-gern, wenn kein überwiegendes öffentliches 216 Interesse an der Veröffentlichung besteht; An-wendungsfälle 217 sind beispielsweise die Gefähr-dung von geschäftlichen 218 Interessen einer natür-lichen oder juristischen Person 219 (Wettbewerbs-recht), die Gefährdung eines anhängigen 220 Ge-richtsverfahrens oder der Schutz des 221 Bera-tungsgeheimnisses des Organs. 222 Darüber hinaus kann die angefragte Ein-richtung den Zugang 223 zu einem Dokument auch dann verweigern, wenn die 224 Beschaffung oder Prüfung der Zugangsberechtigung einen 225 unver-hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand dar-stellen 226 würde, was jedoch nur als ultima ratio und zum Schutz des 227 ungestörten Ablaufs der ordnungsgemäßen Verwaltung in 228 Betracht ge-zogen werden sollte. 229 Da bisher noch keine Veröffentlichung des 230 Verhandlungsmandats des Rates und der diver-sen 231 Verhandlungs- und Positionspapiere der Europäischen 232 Kommission vorgenommen wurde ist es evident, dass die 233 Institutionen eine Ge-fährdung von öffentlichen Interessen 234 durch eine Veröffentlichung angenommen haben müssen. Im 235 Falle des Verhandlungsmandates stützte sich der Rat dabei 236 auf den Schutz der Interessen in den internationalen 237 Beziehungen, während von Seiten der Europäischen 238 Kommission mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen 239 argumentiert wird und Anfragen bereits sogar aufgrund des 240 unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands abgelehnt 241 wurden. 242 243 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Transparenz der 244 Verhandlungen zu TTIP 245 246 Die Analyse der primär- und sekundär-rechtlichen 247 Bestimmungen zur Transparenz der Arbeitsweise und 248 Entscheidungsfindung der Europäischen Union zeigt, dass den 249 Unionsbür-gerinnen und –bürgern weitreichende 250 Informa-tionsansprüche zukommen, die grundsätzlich alle 251 Politikbereiche der Europäischen Union umfassen. 252 Trotz der Reichweite der europarechtlichen 253 Transparenzgarantien bleibt den Institutionen aber ein 254 gewisser Spielraum in der Prüfung der Zugangsberechtigung 255 zu Dokumenten, der gerade im Rahmen der Verhandlungen zu 256 einem derart bedeutenden Abkommen wie TTIP voll 257 ausgeschöpft zu werden scheint: Bei der Annahme einer 258 Gefährdung von wirtschaftlichen Interessen oder Interessen 259 der internationalen Beziehungen können die Institutionen 260 eine Veröffentlichung von Informationen zwingend ablehnen, 261 selbst wenn der Zugang zu den Dokumenten im überwiegenden 262 öffentlichen Interesse liegt. 263 In Hinblick auf die demokratischen Grund-sätze und die 264 Prinzipien eines bürgernahen und inklusiven Regierens, zu 265 denen sich die Europä-ische Union in den Verträgen bekennt, 266 scheint diese Regelung freilich nicht vollkommen 267 zu-friedenzustellen. 268 269 ------------------------------------------------------------ 270 ---------------------------------------------- 271 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 272 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 273 über die Ar-beitsweise der Europäischen Union (AEUV) 274 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 275 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 276 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung (EG) 277 1049/2001 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des 278 Mandats nicht offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ 279 gelangte das Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die 280 Öffentlichkeit und ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu 281 einsehbar. 282 * [2] Siehe unter anderem: 283 (1) Blogeintrag von Ska Keller, MEP 284 (www.ska-keller.de/de/presse/eu-us-freihandelsabkommen-rat-v 285 erweigert-transparenz-bei-ttip), 286 (2) Blogeintrag von campact 287 (blog.campact.de/2014/08/peinlich-eu-kommissar-kennt-eigene- 288 ttip-studie-nicht/), 289 (3) Blogeintrag von Lobbycontrol 290 (www.lobbycontrol.de/2014/06/ttip-verhandlungen-wir-machen-d 291 ruck-fuer-mehr-transparenz/), 292 (4) Freihandelsabkommen: Goliath gegen Goliath, Die Zeit, 293 Nr. 7/2014, 19. Februar 2014. 294 * [3] Siehe Informationsblatt der Europäischen Kommission 295 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/march/tradoc_152 296 276.pdf). 297 * [4] Siehe unter anderem: Blogeintrag von Greenpeace 298 Österreich 299 (http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldunge 300 n/Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwe 301 rde-gegen-EU-Kommission-ein). 302 * [5] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt C326, 303 26. Oktober 2012, Art 1, Art 10 Abs 3; (Im Folgenden: EUV). 304 * [6] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 305 Amts-blatt C326, 26. Oktober 2012, Art 15; (Im Folgenden: 306 AEUV). 307 * [7] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 308 der Euro-päischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 309 Beck, Art 15 AEUV, Rn 8-11; Beachte: Der Begriff 310 „Verwaltung“ bezieht sich demnach auf sämtliche 311 „gubernative“ Tätigkeiten der Europäi-schen Union – das 312 heißt nicht nur Maßnahmen der Exekutive, sondern auch 313 solche der Legislative. 314 * [8] Art 15 Abs 3 Unterabs 5 AEUV. 315 * [9] Vergleiche Art 218 Abs 3 AEUV und Art 289 Abs 3 AEUV; 316 In einem Brief an den Rat argumentiert die Europäische 317 Bürgerbeauftrage jedoch, dass im Lichte des besonders 318 großen öffentlichen Interesse die Geheimhaltung eines 319 derart elementaren Dokuments nicht mit dem Grundsatz der 320 Offenheit vereinbar sei (siehe: 321 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 322 /54634/html.bookmark); die verbindliche Entscheidung in 323 dieser Sache obliegt jedoch letztendlich dem EuGH. 324 * [10] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 325 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 326 Beck, Art 15 AEUV, Rn 19; umfasst sind demnach alles 327 Gesetzgebungsakte die vom Rat (und dem Parlament) im 328 ordentlichen oder be-sonderen Gesetzgebungsverfahren zu 329 erlassen sind, worunter der Erlass internationaler Abkommen 330 nach den Verfahrensbestimmungen von Artikel 207 und Artikel 331 218 AEUV zu subsumieren sind. Zu beachten ist aber, dass 332 Art 15 Abs 3 Unterabs 5 auch hier in Hinblick auf den 333 Dokumentzugang auf die Verord-nung (EG) 1049/2001 verweist. 334 * [11] Art 15 Abs 3 AEUV. Gemäß Art 2 Abs 2 der Verordnung 335 (EG) 1049/2001 können die angefragten Organe den Kreis der 336 Anspruchsberechtigten auf natürliche und juristische 337 Personen ohne (Wohn)sitz in einem Mitgliedsstaat erweitern, 338 was der gängigen Praxis entspricht (Siehe Wegener in 339 Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage [2011], Beck, Art 15 340 AEUV, Rz 12). 341 * [12] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 342 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001, Art 2 Abs 3, Art 3 lit a. 343 * [13] Verordnung (EG) 1049/2001 des Rates vom 30. Mai 344 2001, ABl L 145, 31. Mai 2001 (Im Weiteren: VO [EG] 345 1049/2001); Beachte: Grundlage der Verordnung war Art 255 346 EGV. 347 * [14] Art 3 lit. b der Verordnung (EG) 1049/2001. 348 * [15] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 349 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 350 Beck, Art 15 AEUV, Rn 46. 351 * [16] Zu Antragstellung und Verfahren siehe Art 6 – Art 8 352 der Verordnung (EG) 1049/2001. 353 * [17] Art 4 Abs 1 der Verordnung (EG) 1049/2001. 354 * [18] Art 4 Abs 2-4 der Verordnung (EG) 1049/2001. 355 * [19] Siehe Krajewski/Rösslein in Grabitz/Hilf, Das Recht 356 der Europäischen Union, 41. Ergänzungslieferung (2010), 357 Beck, Art 15 AEUV, Rn 58. 358 * [20] Siehe 359 http://www.ombudsman.europa.eu/cases/correspondence.faces/en 360 /54634/html.bookmark 361 * [21] 362 http://www.greenpeace.org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen 363 /Gentechnik-News/2014/TTIP-Greenpeace-legt-formelle-Beschwer 364 de-gegen-EU-Kommission-ein/
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