1 | **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** |
2 | ------------------------------------------------------------ |
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4 | **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** |
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8 | ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch |
9 | er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j |
10 | peg) |
11 | (c) European Parliament |
12 | |
13 | *von Simon Wendelin Burger.* |
14 | |
15 | Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des |
16 | vom Rat der Europäischen Union an die Europäische |
17 | Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines |
18 | Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der |
19 | dadurch enthüllten Tragweite der geplanten |
20 | transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft |
21 | TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer |
22 | Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer |
23 | stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und |
24 | Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des |
25 | Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden |
26 | dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen |
27 | unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der |
28 | europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen |
29 | Parlament – moniert. |
30 | Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen |
31 | Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht |
32 | vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während |
33 | des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, |
34 | kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem |
35 | Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die |
36 | Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende |
37 | Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, |
38 | das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, |
39 | zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den |
40 | rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und |
41 | die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar |
42 | das Scheitern eines fertig verhandelten |
43 | Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am |
44 | Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens |
45 | ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] |
46 | Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des |
47 | Europäischen Parlaments, und somit der Wille der |
48 | europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der |
49 | Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung |
50 | hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des |
51 | Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der |
52 | Europäischen Union kurz skizziert werden. |
53 | |
54 | |
55 | Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen |
56 | Parlaments |
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59 | |
60 | **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** |
61 | |
62 | Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt |
63 | gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem |
64 | Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und |
65 | dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der |
66 | nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. |
67 | Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im |
68 | Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: |
69 | Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich |
70 | die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die |
71 | Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome |
72 | Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, |
73 | die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch |
74 | die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza |
75 | und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter |
76 | sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag |
77 | von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu |
78 | den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine |
79 | Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats |
80 | angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der |
81 | Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch |
82 | weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse |
83 | der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte |
84 | gegenüber der Europäischen Kommission zu. |
85 | Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste |
86 | Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am |
87 | sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei |
88 | welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von |
89 | der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten |
90 | zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle |
91 | Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] |
92 | Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr |
93 | wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen |
94 | Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen |
95 | Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, |
96 | Anwendung.[8] |
97 | Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen |
98 | Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere |
99 | Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der |
100 | jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit |
101 | geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes |
102 | Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen |
103 | vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des |
104 | Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), |
105 | oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des |
106 | Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die |
107 | Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung |
108 | entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der |
109 | beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] |
110 | Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen |
111 | der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der |
112 | Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den |
113 | mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich |
114 | ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der |
115 | gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, |
116 | die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den |
117 | Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] |
118 | Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil |
119 | des Politikbereichs des auswärtigen Handels der |
120 | Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den |
121 | Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und |
122 | Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein |
123 | Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die |
124 | Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre |
125 | Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen |
126 | Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert |
127 | werden sollen. |
128 | |
129 | |
130 | Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der |
131 | gemeinsamen Handelspolitik |
132 | ------------------------------------------------------------ |
133 | --------------------------------------------------------- |
134 | |
135 | **ARTIKEL 207 AEUV** |
136 | |
137 | Die Europäische Union ist der größte einheitliche |
138 | Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa |
139 | stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, |
140 | sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für |
141 | europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als |
142 | logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden |
143 | somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der |
144 | Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess |
145 | miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung |
146 | und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den |
147 | Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. |
148 | Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte |
149 | gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame |
150 | Handelspolitik» bezeichnet und begründet |
151 | Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome |
152 | Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch |
153 | in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] |
154 | Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon |
155 | fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen |
156 | Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die |
157 | Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich |
158 | nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch |
159 | nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der |
160 | Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders |
161 | hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien |
162 | und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen |
163 | Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren |
164 | erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten |
165 | Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament |
166 | im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, |
167 | formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den |
168 | Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. |
169 | |
170 | Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der |
171 | vertraglichen Handelspolitik |
172 | ------------------------------------------------------------ |
173 | --------------------------------------------------------- |
174 | |
175 | **ARTIKEL 207, 218 AEUV** |
176 | |
177 | Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von |
178 | Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel |
179 | durchaus begünstigt, wird ein Großteil der |
180 | Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- |
181 | oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem |
182 | oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der |
183 | gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als |
184 | vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen |
185 | zur transatlantischen Handels- und |
186 | Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der |
187 | vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. |
188 | Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union |
189 | internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, |
190 | wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in |
191 | dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten |
192 | ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des |
193 | speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des |
194 | Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte |
195 | Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, |
196 | die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame |
197 | Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben |
198 | gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses |
199 | des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der |
200 | Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. |
201 | Zustimmungsverfahren, auszugehen. |
202 | Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten |
203 | Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen |
204 | in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das |
205 | Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens |
206 | hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen |
207 | Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht |
208 | vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen |
209 | Einfluss auf den von der Europäischen Kommission |
210 | verhandelten Vertragstext nehmen kann. |
211 | Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise |
212 | dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der |
213 | vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission |
214 | dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen |
215 | Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch |
216 | berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und |
217 | Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission |
218 | jedoch nicht. |
219 | |
220 | |
221 | Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische |
222 | Legitimation von «TTIP» |
223 | ------------------------------------------------------------ |
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225 | |
226 | Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass |
227 | von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, |
228 | dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im |
229 | Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: |
230 | Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome |
231 | Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form |
232 | erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der |
233 | vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes |
234 | Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, |
235 | das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und |
236 | Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es |
237 | nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der |
238 | Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch |
239 | durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. |
240 | Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die |
241 | Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig |
242 | entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des |
243 | Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des |
244 | Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, |
245 | Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text |
246 | einzubringen. Auch wenn die regelmäßige |
247 | Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise |
248 | kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von |
249 | Missständen politischer Druck auf die Europäische |
250 | Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der |
251 | demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische |
252 | Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das |
253 | Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart |
254 | einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. |
255 | |
256 | ------------------------------------------------------- |
257 | * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von |
258 | Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages |
259 | über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) |
260 | erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen |
261 | Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes |
262 | strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG |
263 | vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht |
264 | offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das |
265 | Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und |
266 | ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. |
267 | * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von |
268 | Verhand-lung und den Erlass eines Verhandlungsmandats |
269 | jedoch zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe |
270 | Entschließung des Europäischen Parlaments zu den |
271 | Verhandlungen der EU mit den Verei-nigten Staaten von |
272 | Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen, 15. Mai |
273 | 2013, 2013/2558 (RSP). |
274 | * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt |
275 | L 145, 31. Mai 2001. |
276 | * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
277 | Amts-blatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) |
278 | * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf |
279 | anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting |
280 | Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen |
281 | im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. |
282 | * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, |
283 | Nomos, 2012, Art 289 AEUV. |
284 | * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt |
285 | C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). |
286 | * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze |
287 | (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. |
288 | * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. |
289 | * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), |
290 | EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere |
291 | Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, |
292 | Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit |
293 | und Datenschutz. |
294 | * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. |
295 | * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze |
296 | (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. |
297 | * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. |
298 | * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. |
299 | * [15] Vergleiche: Art 47 EUV. |
300 | * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 |
301 | Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass |
302 | Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten |
303 | können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik |
304 | überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte |
305 | Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den |
306 | Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert |
307 | werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere |
308 | Ausführungen verzichtet. |
309 | * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. |
310 | * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. |
311 | * [19] Siehe Artikel 2 EUV. |
11-20 von 27
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Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger* 2 3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 ---------------------------------------------------- 7 Europäischen Union 8 ----------------------------------- 9 10 *von Simon Wendelin Burger*11 12 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des13 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 14 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 15 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 16 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 17 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 18 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 19 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 20 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 21 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 22 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 23 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 24 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 25 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 26 Parlament – moniert. 27 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 28 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 29 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 30 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 31 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 32 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 33 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 34 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 35 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 36 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 37 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 38 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 39 das Scheitern eines fertig verhandelten 40 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 41 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 42 ACTA nachdrücklich bewiesen. 43 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 44 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 45 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 46 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 47 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 48 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 49 Europäischen Union kurz skizziert werden. 50 51 52 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 53 Parlaments 54 ------------------------------------------------------------ 55 -------------------------------------- 56 57 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 58 59 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 60 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 61 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 62 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 63 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 64 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 65 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 66 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 67 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 68 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 69 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 70 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 71 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 72 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 73 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 74 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 75 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 76 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 77 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 78 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 79 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 80 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 81 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 82 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 83 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 84 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 85 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 86 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 87 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 88 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 89 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 90 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 91 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 92 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 93 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 94 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 95 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 96 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 97 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 98 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 99 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 100 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 101 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 102 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 103 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 104 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 105 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 106 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 107 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 108 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 109 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 110 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 111 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 112 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 113 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 114 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 115 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 116 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 117 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 118 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 119 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 120 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 121 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 122 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 123 werden sollen. 124 125 126 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 127 gemeinsamen Handelspolitik 128 ------------------------------------------------------------ 129 --------------------------------------------------------- 130 131 **ARTIKEL 207 AEUV** 132 133 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 134 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 135 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 136 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 137 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 138 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 139 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 140 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 141 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 142 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 143 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 144 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 145 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 146 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 147 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 148 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 149 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 150 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 151 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 152 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 153 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 154 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 155 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 156 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 157 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 158 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 159 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 160 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 161 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 162 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 163 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 164 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 165 166 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 167 vertraglichen Handelspolitik 168 ------------------------------------------------------------ 169 --------------------------------------------------------- 170 171 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 172 173 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 174 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 175 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 176 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 177 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 178 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 179 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 180 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 181 zur transatlantischen Handels- und 182 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 183 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 184 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 185 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 186 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 187 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 188 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 189 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 190 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 191 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 192 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 193 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 194 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 195 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 196 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 197 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 198 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 199 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 200 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 201 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 202 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 203 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 204 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 205 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 206 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 207 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 208 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 209 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 210 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 211 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 212 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 213 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 214 jedoch nicht. 215 216 217 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 218 Legitimation von «TTIP» 219 ------------------------------------------------------------ 220 ---------------------------------------------- 221 222 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 223 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 224 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 225 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 226 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 227 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 228 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 229 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 230 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 231 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 232 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 233 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 234 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 235 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 236 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 237 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 238 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 239 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 240 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 241 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 242 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 243 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 244 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 245 Missständen politischer Druck auf die Europäische 246 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 247 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 248 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 249 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 250 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 --------------------------------------------------- 7 ------------------------------------------------------------ 8 ---------------------------------------------------- 9 Europäischen Union 10 -------------------------------- 11 ----------------------------------- 12 13 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 14 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 15 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 16 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 17 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 18 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 19 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 20 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 21 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 22 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 23 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 24 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 25 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 26 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 27 Parlament – moniert. 28 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 29 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 30 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 31 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 32 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 33 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 34 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 35 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 36 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 37 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 38 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 39 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 40 das Scheitern eines fertig verhandelten 41 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 42 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 43 ACTA nachdrücklich bewiesen. 44 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 45 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 46 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 47 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 48 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 49 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 50 Europäischen Union kurz skizziert werden. 51 52 53 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 54 Parlaments 55 ------------------------------------------------------------ 56 -------------------------------------- 57 58 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 59 60 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 61 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 62 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 63 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 64 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 65 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 66 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 67 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 68 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 69 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 70 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 71 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 72 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 73 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 74 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 75 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 76 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 77 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 78 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 79 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 80 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 81 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 82 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 83 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 84 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 85 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 86 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 87 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 88 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 89 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 90 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 91 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 92 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 93 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 94 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 95 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 96 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 97 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 98 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 99 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 100 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 101 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 102 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 103 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 104 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 105 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 106 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 107 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 108 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 109 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 110 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 111 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 112 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 113 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 114 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 115 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 116 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 117 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 118 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 119 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 120 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 121 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 122 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 123 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 124 werden sollen. 125 126 127 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 128 gemeinsamen Handelspolitik 129 ------------------------------------------------------------ 130 --------------------------------------------------------- 131 132 **ARTIKEL 207 AEUV** 133 134 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 135 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 136 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 137 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 138 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 139 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 140 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 141 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 142 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 143 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 144 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 145 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 146 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 147 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 148 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 149 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 150 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 151 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 152 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 153 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 154 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 155 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 156 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 157 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 158 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 159 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 160 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 161 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 162 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 163 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 164 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 165 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 166 167 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 168 vertraglichen Handelspolitik 169 ------------------------------------------------------------ 170 --------------------------------------------------------- 171 172 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 173 174 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 175 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 176 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 177 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 178 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 179 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 180 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 181 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 182 zur transatlantischen Handels- und 183 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 184 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 185 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 186 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 187 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 188 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 189 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 190 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 191 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 192 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 193 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 194 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 195 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 196 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 197 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 198 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 199 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 200 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 201 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 202 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 203 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 204 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 205 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 206 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 207 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 208 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 209 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 210 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 211 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 212 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 213 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 214 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 215 jedoch nicht. 216 217 218 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 219 Legitimation von «TTIP» 220 ------------------------------------------------------------ 221 ---------------------------------------------- 222 223 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 224 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 225 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 226 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 227 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 228 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 229 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 230 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 231 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 232 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 233 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 234 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 235 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 236 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 237 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 238 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 239 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 240 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 241 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 242 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 243 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 244 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 245 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 246 Missständen politischer Druck auf die Europäische 247 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 248 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 249 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 250 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 251 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER 4 ------------------------------------------------------------ 5 ------------------------------------------------- 6 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION 7 ------------------------------------------------------------ 8 --------------------------------------------------- 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft 2 mit TTIP? 3 4 Europarechtliche Hintergrundtexte zu «TTIP»: Die 5 Mitwirkungsrechte des Europäischen Parla-ments in der 6 Außenhandelspolitik der Europäischen Union 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische Kommission 10 erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und Bürger 17 in die inhaltliche Ausgestaltung des Handelsvertrages immer 18 lauter. Besonders häu-fig werden dabei die fehlenden 19 Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen unmit-telbar 20 demokratisch gewählten Vertretungskör-pers der europäischen 21 Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen Parlament – 22 moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, kommen 27 dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem Vertrag 28 von Lissabon neu gefassten Vertrag über die Arbeitsweise der 29 Europäischen Union (AEUV) weitgehende Mitwirkungsrechte bei 30 der Erlassung des Rechtsaktes selbst, das heißt bei der 31 Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, zu. Dass diese 32 Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den rechtskräftigen 33 Abschluss eines Handelsvertrages ist und die mangelnde 34 Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar das Scheitern 35 eines fertig verhandelten Wirt-schaftsabkommens zur Folge 36 haben kann, wurde am Beispiel des multilateralen 37 Anti-Produktpiraterie-Abkommens ACTA nachdrück-lich 38 bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des 49 Europäischen Parlaments 50 51 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV 52 53 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 54 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem Europäischen 55 Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und dem Rat der 56 Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern der nationalen 57 Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. Dabei blieben 58 die Befugnisse des Parlaments im Entscheidungsprozess lange 59 hinter denen des Rats zurück: Bis zum Vertrag von Maastricht 60 von 1992 beschränkte sich die Beteiligung des Parlaments 61 größtenteils auf die Anhörung durch Rat und Kommission 62 einerseits sowie autonome Fragerechte gegenüber diesen 63 Institutionen andererseits, die jedoch jeweils keine 64 Bindungswirkung entfalteten. Durch die darauffolgenden 65 Vertragsänderungen von Ams-terdam, Nizza und Lissabon wurde 66 die Stellung des Parlaments weiter sukzessive aufgewertet, 67 sodass mit dem durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen 68 AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu den meisten 69 Politikbereichen der Europä-ischen Union eine Gleichstellung 70 der Rolle des Parlaments mit der des Rats angenommen wer-den 71 kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der Rechtsetzung kommen 72 dem Parlament darüber hinaus noch weitreichende Kompetenzen 73 hin-sichtlich der Budgetbeschlüsse der Europäischen Union 74 sowie umfassende Kontrollrechte gegenüber der Europäischen 75 Kommission zu. 76 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 77 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 78 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei 79 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über von 80 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 81 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 82 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche 83 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste 84 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und 85 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 86 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 87 Anwendung. 88 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 89 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 90 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 91 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit 92 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes 93 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen 94 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 95 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage (Zustimmungsverfahren), 96 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 97 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 98 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 99 entfalten. Darüber hin-aus kommt dem Parlament in keinem der 100 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 101 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in Belangen 102 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 103 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 104 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 105 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 106 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung, 107 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den 108 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt. 109 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen Bestandteil 110 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der Europäischen 111 Union darstellt, fällt diese nicht in den Anwendungs-bereich 112 der Gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik, weswegen 113 diesbezügliche Rege-lungen kein Anhörungsverfahren bedingen. 114 Vielmehr findet die Außenhandelspolitik der Europäischen 115 Union ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur 116 gemeinsamen Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz 117 erläutert werden sollen. 118 119 120 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par- 121 laments in der gemeinsamen Handelspolitik 122 123 ARTIKEL 207 AEUV 124 125 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche 126 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 127 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten, 128 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für 129 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als 130 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden 131 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 132 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess 133 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 134 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 135 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen fällt. 136 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 137 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame 138 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet 139 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome 140 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 141 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 142 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon 143 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den ausschließlichen 144 Zuständig-keitsbereich der Europäischen Union. Da die 145 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich nicht 146 mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch nationale 147 Parlamente besteht, bedürfen die von der Europäischen Union 148 gesetzten Maßnahmen einer besonders hohen demokratischen 149 Legitimierung, weswe-gen Richtlinien und Verordnungen, das 150 heißt Rechtsakte zur autonomen Handelssteuerung, im 151 ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im 152 Sinne der oben gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass 153 das Europäi-sche Parlament im diesbezüglichen 154 Entschei-dungsprozess das Recht hat, formelle 155 Abände-rungsvorschläge einzubringen oder den Rechts-akt 156 gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 157 158 159 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par- 160 laments in der vertraglichen Handelspolitik 161 162 ARTIKEL 207, 218 AEUV 163 164 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von Zöllen 165 oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel durchaus 166 begünstigt, wird ein Großteil der Außen-wirtschaftspolitik 167 der Europäischen Union durch bi- oder multilaterale 168 völkerrechtlichen Abkommen mit einem oder mehreren 169 Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil der ge-meinsamen 170 Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als vertragliche 171 Handelspolitik be-zeichnet. Auch das Abkommen zur 172 transat-lantischen Handels- und Investitionspartner-schaft 173 TTIP ist als Instrument der vertraglichen Handelspolitik zu 174 klassifizieren. 175 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union 176 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 177 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 178 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten 179 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 180 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 181 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 182 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 183 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 184 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben gemachten 185 Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses des 186 transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 187 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 188 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 189 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten 190 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen 191 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 192 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 193 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 194 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 195 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 196 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion 197 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 198 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 199 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 200 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission 201 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen 202 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch 203 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 204 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission 205 jedoch nicht. 206 207 208 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische 209 Legitimation von «TTIP» 210 211 212 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass 213 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 214 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 215 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt: 216 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 217 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form erneut 218 einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der vertraglichen 219 Handelspolitik immer noch ein absolutes Veto-recht. Das 220 Europäische Parlament hätte daher die Kraft, das Abkommen 221 zur transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft 222 gänzlich zu blockieren, sollte es nicht seinem politischen 223 Willen entsprechen. Der Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das 224 Parlament auch durchaus zu einem derartigen Schritt bereit 225 sein könnte. 226 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 227 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig entfaltet 228 sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des Parlaments im 229 Hinsicht auf den Beschluss des Verhandlungsmandates vor und 230 erlaubt diesem auch nicht, Änderungs-vorschläge zum fertig 231 verhandelten Text einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige 232 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se 233 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von 234 Missständen politischer Druck auf die Europäische Kommission 235 ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der demokratischen 236 Grundwerte , der sich die Europäische Union verpflichtet, 237 vermutlich erstrebenswert, das Parlament aktiver an der 238 inhaltlichen Gestaltung von derart einschneidenden 239 Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union** 6 ----------------------------------- 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 22 Parlament – moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 35 das Scheitern eines fertig verhandelten 36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 38 ACTA nachdrücklich bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 49 Parlaments 50 ------------------------------------------------------------ 51 -------------------------------------- 52 53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 54 55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 77 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 119 werden sollen. 120 121 122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 123 gemeinsamen Handelspolitik 124 ------------------------------------------------------------ 125 --------------------------------------------------------- 126 127 **ARTIKEL 207 AEUV** 128 129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 161 162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 163 vertraglichen Handelspolitik 164 ------------------------------------------------------------ 165 --------------------------------------------------------- 166 167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 168 169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 177 zur transatlantischen Handels- und 178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 193 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 202 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 210 jedoch nicht. 211 212 213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 214 Legitimation von «TTIP» 215 ------------------------------------------------------------ 216 ---------------------------------------------- 217 218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 241 Missständen politischer Druck auf die Europäische 242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu Dokumenten247 während des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden248 kann, kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den249 seit dem Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über250 die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende251 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,252 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,253 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den254 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und255 die mangelnde Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar256 das Scheitern eines fertig verhandelten257 Wirt-schaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am258 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens259 ACTA nachdrück-lich bewiesen.260 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des261 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der262 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der263 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung264 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des265 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der266 Europäischen Union kurz skizziert werden.267 268 269 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des270 Europäischen Parlaments271 272 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV273 274 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt275 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem276 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und277 dem Rat der Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern278 der nationalen Regierungen zusammensetzt, als279 Staatenkammer. Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments280 im Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:281 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich282 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die283 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome284 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,285 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch286 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Ams-terdam,287 Nizza und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter288 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag289 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu290 den meisten Politikbereichen der Europä-ischen Union eine291 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats292 angenommen wer-den kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der293 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch294 weitreichende Kompetenzen hin-sichtlich der295 Budgetbeschlüsse der Europäischen Union sowie umfassende296 Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission zu.297 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste298 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am299 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei300 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über301 von der Europäischen Kommission vorge-schlagenen302 Rechtsakten zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle303 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche304 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste305 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und306 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen307 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,308 Anwendung.309 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen310 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere311 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der312 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit313 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes314 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen315 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des316 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage317 (Zustimmungsverfahren), oder aber auch nur eine318 diesbezügliche Anhörung des Parlaments (Anhörungsverfahren)319 vorsehen, in dem die Stellungnahmen des Parlaments jedoch320 keine Bindungswirkung entfalten. Darüber hin-aus kommt dem321 Parlament in keinem der beiden Fälle ein formelles322 Abänderungsrecht zu.323 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in324 Belangen der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der325 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den326 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich327 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der328 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung,329 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den330 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt.331 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen332 Bestandteil des Politikbereichs des auswärtigen Handels der333 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den334 Anwendungs-bereich der Gemeinsamen Außen- und335 Sicher-heitspolitik, weswegen diesbezügliche Rege-lungen336 kein Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die337 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre338 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen339 Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz erläutert340 werden sollen.341 342 343 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-344 laments in der gemeinsamen Handelspolitik345 346 ARTIKEL 207 AEUV347 348 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche349 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa350 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten,351 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für352 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als353 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden354 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der355 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess356 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung357 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den358 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen359 fällt. Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte360 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame361 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet362 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome363 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch364 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.365 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon366 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den367 ausschließlichen Zuständig-keitsbereich der Europäischen368 Union. Da die Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher369 grundsätzlich nicht mehr tätig werden und daher keine370 Kontrolle durch nationale Parlamente besteht, bedürfen die371 von der Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer372 besonders hohen demokratischen Legitimierung, weswe-gen373 Richtlinien und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur374 autonomen Handelssteuerung, im ordentlichen375 Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im Sinne der oben376 gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäi-sche377 Parlament im diesbezüglichen Entschei-dungsprozess das378 Recht hat, formelle Abände-rungsvorschläge einzubringen379 oder den Rechts-akt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.380 381 382 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-383 laments in der vertraglichen Handelspolitik384 385 ARTIKEL 207, 218 AEUV386 387 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von388 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel389 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der390 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-391 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem392 oder mehreren Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil393 der ge-meinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt,394 als vertragliche Handelspolitik be-zeichnet. Auch das395 Abkommen zur transat-lantischen Handels- und396 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der397 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.398 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union399 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,400 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in401 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten402 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des403 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des404 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte405 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,406 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame407 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben408 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses409 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der410 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.411 Zustimmungsverfahren, auszugehen.412 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten413 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen414 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das415 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens416 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen417 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht418 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen419 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion420 verhandelten Vertragstext nehmen kann.421 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise422 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der423 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission424 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen425 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch426 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und427 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission428 jedoch nicht.429 430 431 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische432 Legitimation von «TTIP»433 434 435 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass436 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,437 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im438 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt:439 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome440 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form441 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der442 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes443 Veto-recht. Das Europäische Parlament hätte daher die444 Kraft, das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und445 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es446 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der447 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch448 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.449 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die450 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig451 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des452 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des453 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,454 Änderungs-vorschläge zum fertig verhandelten Text455 einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige456 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se457 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von458 Missständen politischer Druck auf die Europäische459 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der460 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union461 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament462 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart463 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zulassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 22 Parlament – moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 35 das Scheitern eines fertig verhandelten 36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 38 ACTA nachdrücklich bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 49 Parlaments 50 ------------------------------------------------------------ 51 -------------------------------------- 52 53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 54 55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 77 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 119 werden sollen. 120 121 122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 123 gemeinsamen Handelspolitik 124 ------------------------------------------------------------ 125 --------------------------------------------------------- 126 127 **ARTIKEL 207 AEUV** 128 129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 161 162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 163 vertraglichen Handelspolitik 164 ------------------------------------------------------------ 165 --------------------------------------------------------- 166 167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 168 169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 177 zur transatlantischen Handels- und 178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 193 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 202 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 210 jedoch nicht. 211 212 213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 214 Legitimation von «TTIP» 215 ------------------------------------------------------------ 216 ---------------------------------------------- 217 218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 241 Missständen politischer Druck auf die Europäische 242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.