Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der EU

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  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

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    1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    2 ------------------------------------------------------------
    3 ---------------------------------------------------
    4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU**
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    8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch
    9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j
    10 peg)
    11 (c) European Parliament
    12
    13 *von Simon Wendelin Burger.*
    14
    15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der
    19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    29 Parlament – moniert.
    30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht
    32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann,
    34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende
    37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    42 das Scheitern eines fertig verhandelten
    43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5]
    46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    52 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    53
    54
    55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    56 Parlaments
    57 ------------------------------------------------------------
    58 --------------------------------------
    59
    60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    61
    62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    84 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste
    86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten
    90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7]
    92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr
    93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen
    94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen
    95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,
    96 Anwendung.[8]
    97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen
    103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10]
    110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11]
    118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    127 werden sollen.
    128
    129
    130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    131 gemeinsamen Handelspolitik
    132 ------------------------------------------------------------
    133 ---------------------------------------------------------
    134
    135 **ARTIKEL 207 AEUV**
    136
    137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12]
    154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die
    157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten
    165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament
    166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    169
    170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    171 vertraglichen Handelspolitik
    172 ------------------------------------------------------------
    173 ---------------------------------------------------------
    174
    175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    176
    177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    185 zur transatlantischen Handels- und
    186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union
    189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des
    193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    201 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    210 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch
    216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    218 jedoch nicht.
    219
    220
    221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    222 Legitimation von «TTIP»
    223 ------------------------------------------------------------
    224 ----------------------------------------------
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    226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    249 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische
    252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das
    253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
    255
    256 -------------------------------------------------------
    257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von
    258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages
    259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
    260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen
    261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes
    262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG
    263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht
    264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das
    265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und
    266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar.
    267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von
    268 Verhand-lung und den Erlass eines Verhandlungsmandats
    269 jedoch zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe
    270 Entschließung des Europäischen Parlaments zu den
    271 Verhandlungen der EU mit den Verei-nigten Staaten von
    272 Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen, 15. Mai
    273 2013, 2013/2558 (RSP).
    274 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt
    275 L 145, 31. Mai 2001.
    276 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
    277 Amts-blatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV)
    278 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf
    279 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting
    280 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen
    281 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt.
    282 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3,
    283 Nomos, 2012, Art 289 AEUV.
    284 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt
    285 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV).
    286 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze
    287 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV.
    288 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV.
    289 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.),
    290 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere
    291 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik,
    292 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit
    293 und Datenschutz.
    294 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV.
    295 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze
    296 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV.
    297 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV.
    298 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV.
    299 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV.
    300 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3
    301 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass
    302 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten
    303 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik
    304 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte
    305 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den
    306 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert
    307 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere
    308 Ausführungen verzichtet.
    309 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV.
    310 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV.
    311 * [19] Siehe Artikel 2 EUV.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

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    1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    2 Außenhandelspolitik der
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    5 Europäischen Union
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    8 *von Simon Wendelin Burger*
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    10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    24 Parlament – moniert.
    25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    37 das Scheitern eines fertig verhandelten
    38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    40 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    47 Europäischen Union kurz skizziert werden.
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    49
    50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    51 Parlaments
    52 ------------------------------------------------------------
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    55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
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    57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    79 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    121 werden sollen.
    122
    123
    124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    125 gemeinsamen Handelspolitik
    126 ------------------------------------------------------------
    127 ---------------------------------------------------------
    128
    129 **ARTIKEL 207 AEUV**
    130
    131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    163
    164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    165 vertraglichen Handelspolitik
    166 ------------------------------------------------------------
    167 ---------------------------------------------------------
    168
    169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    170
    171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    179 zur transatlantischen Handels- und
    180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    195 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    204 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    212 jedoch nicht.
    213
    214
    215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    216 Legitimation von «TTIP»
    217 ------------------------------------------------------------
    218 ----------------------------------------------
    219
    220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    241 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    243 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    2 Außenhandelspolitik der
    3 ------------------------------------------------------------
    4 ----------------------------------------------------
    5 Europäischen Union
    6 -----------------------------------
    7
    8 *von Simon Wendelin Burger*
    9
    10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    24 Parlament – moniert.
    25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    37 das Scheitern eines fertig verhandelten
    38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    40 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    47 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    48
    49
    50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    51 Parlaments
    52 ------------------------------------------------------------
    53 --------------------------------------
    54
    55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    56
    57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    79 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    121 werden sollen.
    122
    123
    124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    125 gemeinsamen Handelspolitik
    126 ------------------------------------------------------------
    127 ---------------------------------------------------------
    128
    129 **ARTIKEL 207 AEUV**
    130
    131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    163
    164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    165 vertraglichen Handelspolitik
    166 ------------------------------------------------------------
    167 ---------------------------------------------------------
    168
    169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    170
    171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    179 zur transatlantischen Handels- und
    180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    195 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    204 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    212 jedoch nicht.
    213
    214
    215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    216 Legitimation von «TTIP»
    217 ------------------------------------------------------------
    218 ----------------------------------------------
    219
    220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    243 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger*
    2
    3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    4 Außenhandelspolitik der
    5 ------------------------------------------------------------
    6 ----------------------------------------------------
    7 Europäischen Union
    8 -----------------------------------
    9
    10 *von Simon Wendelin Burger*
    11
    12 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    13 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    14 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    15 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    16 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    17 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    18 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    19 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    20 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    21 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    22 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    23 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    24 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    25 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    26 Parlament – moniert.
    27 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    28 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    29 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    30 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    31 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    32 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    33 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    34 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    35 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    36 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    37 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    38 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    39 das Scheitern eines fertig verhandelten
    40 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    41 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    42 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    43 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    44 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    45 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    46 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    47 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    48 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    49 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    50
    51
    52 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    53 Parlaments
    54 ------------------------------------------------------------
    55 --------------------------------------
    56
    57 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    58
    59 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    60 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    61 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    62 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    63 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    64 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    65 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    66 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    67 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    68 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    69 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    70 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    71 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    72 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    73 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    74 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    75 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    76 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    77 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    78 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    79 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    80 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    81 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    82 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    83 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    84 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    85 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    86 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    87 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    88 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    89 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    90 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    91 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    92 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    93 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    94 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    95 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    96 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    97 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    98 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    99 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    100 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    101 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    102 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    103 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    104 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    105 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    106 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    107 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    108 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    109 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    110 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    111 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    112 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    113 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    114 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    115 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    116 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    117 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    118 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    119 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    120 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    121 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    122 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    123 werden sollen.
    124
    125
    126 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    127 gemeinsamen Handelspolitik
    128 ------------------------------------------------------------
    129 ---------------------------------------------------------
    130
    131 **ARTIKEL 207 AEUV**
    132
    133 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    134 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    135 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    136 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    137 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    138 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    139 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    140 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    141 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    142 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    143 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    144 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    145 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    146 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    147 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    148 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    149 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    150 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    151 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    152 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    153 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    154 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    155 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    156 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    157 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    158 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    159 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    160 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    161 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    162 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    163 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    164 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    165
    166 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    167 vertraglichen Handelspolitik
    168 ------------------------------------------------------------
    169 ---------------------------------------------------------
    170
    171 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    172
    173 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    174 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    175 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    176 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    177 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    178 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    179 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    180 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    181 zur transatlantischen Handels- und
    182 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    183 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    184 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    185 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    186 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    187 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    188 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    189 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    190 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    191 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    192 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    193 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    194 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    195 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    196 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    197 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    198 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    199 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    200 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    201 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    202 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    203 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    204 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    205 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    206 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    207 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    208 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    209 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    210 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    211 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    212 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    213 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    214 jedoch nicht.
    215
    216
    217 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    218 Legitimation von «TTIP»
    219 ------------------------------------------------------------
    220 ----------------------------------------------
    221
    222 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    223 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    224 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    225 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    226 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    227 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    228 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    229 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    230 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    231 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    232 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    233 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    234 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    235 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    236 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    237 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    238 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    239 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    240 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    241 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    242 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    243 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    244 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    245 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    246 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    247 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    248 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    249 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    250 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    4 Außenhandelspolitik der
    5 ------------------------------------------------------------
    6 ---------------------------------------------------
    7 ------------------------------------------------------------
    8 ----------------------------------------------------
    9 Europäischen Union
    10 --------------------------------
    11 -----------------------------------
    12
    13 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    14 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    15 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    16 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    17 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    18 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    19 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    20 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    21 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    22 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    23 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    24 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    25 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    26 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    27 Parlament – moniert.
    28 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    29 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    30 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    31 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    32 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    33 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    34 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    35 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    36 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    37 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    38 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    39 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    40 das Scheitern eines fertig verhandelten
    41 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    42 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    43 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    44 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    45 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    46 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    47 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    48 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    49 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    50 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    51
    52
    53 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    54 Parlaments
    55 ------------------------------------------------------------
    56 --------------------------------------
    57
    58 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    59
    60 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    61 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    62 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    63 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    64 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    65 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    66 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    67 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    68 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    69 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    70 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    71 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    72 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    73 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    74 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    75 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    76 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    77 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    78 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    79 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    80 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    81 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    82 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    83 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    84 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    85 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    86 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    87 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    88 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    89 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    90 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    91 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    92 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    93 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    94 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    95 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    96 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    97 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    98 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    99 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    100 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    101 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    102 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    103 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    104 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    105 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    106 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    107 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    108 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    109 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    110 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    111 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    112 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    113 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    114 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    115 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    116 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    117 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    118 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    119 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    120 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    121 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    122 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    123 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    124 werden sollen.
    125
    126
    127 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    128 gemeinsamen Handelspolitik
    129 ------------------------------------------------------------
    130 ---------------------------------------------------------
    131
    132 **ARTIKEL 207 AEUV**
    133
    134 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    135 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    136 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    137 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    138 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    139 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    140 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    141 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    142 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    143 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    144 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    145 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    146 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    147 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    148 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    149 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    150 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    151 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    152 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    153 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    154 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    155 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    156 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    157 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    158 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    159 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    160 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    161 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    162 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    163 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    164 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    165 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    166
    167 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    168 vertraglichen Handelspolitik
    169 ------------------------------------------------------------
    170 ---------------------------------------------------------
    171
    172 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    173
    174 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    175 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    176 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    177 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    178 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    179 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    180 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    181 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    182 zur transatlantischen Handels- und
    183 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    184 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    185 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    186 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    187 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    188 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    189 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    190 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    191 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    192 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    193 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    194 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    195 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    196 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    197 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    198 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    199 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    200 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    201 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    202 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    203 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    204 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    205 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    206 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    207 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    208 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    209 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    210 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    211 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    212 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    213 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    214 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    215 jedoch nicht.
    216
    217
    218 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    219 Legitimation von «TTIP»
    220 ------------------------------------------------------------
    221 ----------------------------------------------
    222
    223 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    224 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    225 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    226 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    227 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    228 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    229 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    230 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    231 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    232 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    233 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    234 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    235 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    236 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    237 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    238 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    239 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    240 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    241 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    242 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    243 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    244 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    245 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    246 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    247 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    248 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    249 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    250 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    251 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER
    4 ------------------------------------------------------------
    5 -------------------------------------------------
    6 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION
    7 ------------------------------------------------------------
    8 ---------------------------------------------------
    9
    10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    24 Parlament – moniert.
    25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    37 das Scheitern eines fertig verhandelten
    38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    40 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    47 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    48
    49
    50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    51 Parlaments
    52 ------------------------------------------------------------
    53 --------------------------------------
    54
    55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    56
    57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    79 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    121 werden sollen.
    122
    123
    124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    125 gemeinsamen Handelspolitik
    126 ------------------------------------------------------------
    127 ---------------------------------------------------------
    128
    129 **ARTIKEL 207 AEUV**
    130
    131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    163
    164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    165 vertraglichen Handelspolitik
    166 ------------------------------------------------------------
    167 ---------------------------------------------------------
    168
    169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    170
    171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    179 zur transatlantischen Handels- und
    180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    195 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    204 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    212 jedoch nicht.
    213
    214
    215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    216 Legitimation von «TTIP»
    217 ------------------------------------------------------------
    218 ----------------------------------------------
    219
    220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    243 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft
    2 mit TTIP?
    3
    4 Europarechtliche Hintergrundtexte zu «TTIP»: Die
    5 Mitwirkungsrechte des Europäischen Parla-ments in der
    6 Außenhandelspolitik der Europäischen Union
    7
    8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische Kommission
    10 erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines
    11 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    12 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten
    13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und Bürger
    17 in die inhaltliche Ausgestaltung des Handelsvertrages immer
    18 lauter. Besonders häu-fig werden dabei die fehlenden
    19 Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen unmit-telbar
    20 demokratisch gewählten Vertretungskör-pers der europäischen
    21 Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen Parlament –
    22 moniert.
    23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, kommen
    27 dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem Vertrag
    28 von Lissabon neu gefassten Vertrag über die Arbeitsweise der
    29 Europäischen Union (AEUV) weitgehende Mitwirkungsrechte bei
    30 der Erlassung des Rechtsaktes selbst, das heißt bei der
    31 Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, zu. Dass diese
    32 Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den rechtskräftigen
    33 Abschluss eines Handelsvertrages ist und die mangelnde
    34 Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar das Scheitern
    35 eines fertig verhandelten Wirt-schaftsabkommens zur Folge
    36 haben kann, wurde am Beispiel des multilateralen
    37 Anti-Produktpiraterie-Abkommens ACTA nachdrück-lich
    38 bewiesen.
    39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    41 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der
    42 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung
    43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    45 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    46
    47
    48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des
    49 Europäischen Parlaments
    50
    51 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV
    52
    53 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    54 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem Europäischen
    55 Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und dem Rat der
    56 Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern der nationalen
    57 Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. Dabei blieben
    58 die Befugnisse des Parlaments im Entscheidungsprozess lange
    59 hinter denen des Rats zurück: Bis zum Vertrag von Maastricht
    60 von 1992 beschränkte sich die Beteiligung des Parlaments
    61 größtenteils auf die Anhörung durch Rat und Kommission
    62 einerseits sowie autonome Fragerechte gegenüber diesen
    63 Institutionen andererseits, die jedoch jeweils keine
    64 Bindungswirkung entfalteten. Durch die darauffolgenden
    65 Vertragsänderungen von Ams-terdam, Nizza und Lissabon wurde
    66 die Stellung des Parlaments weiter sukzessive aufgewertet,
    67 sodass mit dem durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen
    68 AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu den meisten
    69 Politikbereichen der Europä-ischen Union eine Gleichstellung
    70 der Rolle des Parlaments mit der des Rats angenommen wer-den
    71 kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der Rechtsetzung kommen
    72 dem Parlament darüber hinaus noch weitreichende Kompetenzen
    73 hin-sichtlich der Budgetbeschlüsse der Europäischen Union
    74 sowie umfassende Kontrollrechte gegenüber der Europäischen
    75 Kommission zu.
    76 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    77 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    78 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei
    79 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über von
    80 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    81 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    82 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche
    83 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste
    84 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und
    85 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen
    86 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,
    87 Anwendung.
    88 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    89 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    90 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    91 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit
    92 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    93 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen
    94 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    95 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    96 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    97 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    98 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    99 entfalten. Darüber hin-aus kommt dem Parlament in keinem der
    100 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    101 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in Belangen
    102 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    103 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    104 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    105 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    106 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung,
    107 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den
    108 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt.
    109 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen Bestandteil
    110 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der Europäischen
    111 Union darstellt, fällt diese nicht in den Anwendungs-bereich
    112 der Gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik, weswegen
    113 diesbezügliche Rege-lungen kein Anhörungsverfahren bedingen.
    114 Vielmehr findet die Außenhandelspolitik der Europäischen
    115 Union ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur
    116 gemeinsamen Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz
    117 erläutert werden sollen.
    118
    119
    120 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-
    121 laments in der gemeinsamen Handelspolitik
    122
    123 ARTIKEL 207 AEUV
    124
    125 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche
    126 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    127 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten,
    128 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für
    129 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als
    130 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden
    131 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    132 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess
    133 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    134 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    135 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen fällt.
    136 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    137 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame
    138 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet
    139 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome
    140 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    141 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    142 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon
    143 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den ausschließlichen
    144 Zuständig-keitsbereich der Europäischen Union. Da die
    145 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich nicht
    146 mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch nationale
    147 Parlamente besteht, bedürfen die von der Europäischen Union
    148 gesetzten Maßnahmen einer besonders hohen demokratischen
    149 Legitimierung, weswe-gen Richtlinien und Verordnungen, das
    150 heißt Rechtsakte zur autonomen Handelssteuerung, im
    151 ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im
    152 Sinne der oben gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass
    153 das Europäi-sche Parlament im diesbezüglichen
    154 Entschei-dungsprozess das Recht hat, formelle
    155 Abände-rungsvorschläge einzubringen oder den Rechts-akt
    156 gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    157
    158
    159 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-
    160 laments in der vertraglichen Handelspolitik
    161
    162 ARTIKEL 207, 218 AEUV
    163
    164 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von Zöllen
    165 oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel durchaus
    166 begünstigt, wird ein Großteil der Außen-wirtschaftspolitik
    167 der Europäischen Union durch bi- oder multilaterale
    168 völkerrechtlichen Abkommen mit einem oder mehreren
    169 Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil der ge-meinsamen
    170 Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als vertragliche
    171 Handelspolitik be-zeichnet. Auch das Abkommen zur
    172 transat-lantischen Handels- und Investitionspartner-schaft
    173 TTIP ist als Instrument der vertraglichen Handelspolitik zu
    174 klassifizieren.
    175 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union
    176 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    177 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    178 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten
    179 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    180 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    181 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    182 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    183 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    184 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben gemachten
    185 Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses des
    186 transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    187 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    188 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    189 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten
    190 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen
    191 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    192 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    193 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    194 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    195 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    196 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion
    197 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    198 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    199 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    200 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission
    201 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen
    202 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch
    203 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    204 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission
    205 jedoch nicht.
    206
    207
    208 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische
    209 Legitimation von «TTIP»
    210
    211
    212 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass
    213 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    214 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    215 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt:
    216 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    217 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form erneut
    218 einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der vertraglichen
    219 Handelspolitik immer noch ein absolutes Veto-recht. Das
    220 Europäische Parlament hätte daher die Kraft, das Abkommen
    221 zur transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft
    222 gänzlich zu blockieren, sollte es nicht seinem politischen
    223 Willen entsprechen. Der Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das
    224 Parlament auch durchaus zu einem derartigen Schritt bereit
    225 sein könnte.
    226 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    227 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig entfaltet
    228 sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des Parlaments im
    229 Hinsicht auf den Beschluss des Verhandlungsmandates vor und
    230 erlaubt diesem auch nicht, Änderungs-vorschläge zum fertig
    231 verhandelten Text einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige
    232 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se
    233 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von
    234 Missständen politischer Druck auf die Europäische Kommission
    235 ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der demokratischen
    236 Grundwerte , der sich die Europäische Union verpflichtet,
    237 vermutlich erstrebenswert, das Parlament aktiver an der
    238 inhaltlichen Gestaltung von derart einschneidenden
    239 Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    2 Außenhandelspolitik der
    3 ------------------------------------------------------------
    4 ----------------------------------------------------
    5 Europäischen Union
    6 -----------------------------------
    7
    8 *von Simon Wendelin Burger*
    9
    10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    24 Parlament – moniert.
    25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    37 das Scheitern eines fertig verhandelten
    38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    40 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    47 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    48
    49
    50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    51 Parlaments
    52 ------------------------------------------------------------
    53 --------------------------------------
    54
    55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    56
    57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    79 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    121 werden sollen.
    122
    123
    124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    125 gemeinsamen Handelspolitik
    126 ------------------------------------------------------------
    127 ---------------------------------------------------------
    128
    129 **ARTIKEL 207 AEUV**
    130
    131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    163
    164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    165 vertraglichen Handelspolitik
    166 ------------------------------------------------------------
    167 ---------------------------------------------------------
    168
    169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    170
    171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    179 zur transatlantischen Handels- und
    180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    195 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    204 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    212 jedoch nicht.
    213
    214
    215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    216 Legitimation von «TTIP»
    217 ------------------------------------------------------------
    218 ----------------------------------------------
    219
    220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    243 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 **Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    2 Außenhandelspolitik der
    3 ------------------------------------------------------------
    4 ----------------------------------------------------
    5 Europäischen Union**
    6 -----------------------------------
    7
    8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    22 Parlament – moniert.
    23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    35 das Scheitern eines fertig verhandelten
    36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    38 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    45 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    46
    47
    48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    49 Parlaments
    50 ------------------------------------------------------------
    51 --------------------------------------
    52
    53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    54
    55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    77 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    119 werden sollen.
    120
    121
    122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    123 gemeinsamen Handelspolitik
    124 ------------------------------------------------------------
    125 ---------------------------------------------------------
    126
    127 **ARTIKEL 207 AEUV**
    128
    129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    161
    162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    163 vertraglichen Handelspolitik
    164 ------------------------------------------------------------
    165 ---------------------------------------------------------
    166
    167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    168
    169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    177 zur transatlantischen Handels- und
    178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    193 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    202 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    210 jedoch nicht.
    211
    212
    213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    214 Legitimation von «TTIP»
    215 ------------------------------------------------------------
    216 ----------------------------------------------
    217
    218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    241 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu Dokumenten
    247 während des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden
    248 kann, kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den
    249 seit dem Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über
    250 die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    251 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    252 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    253 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den
    254 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    255 die mangelnde Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar
    256 das Scheitern eines fertig verhandelten
    257 Wirt-schaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    258 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    259 ACTA nachdrück-lich bewiesen.
    260 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    261 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    262 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der
    263 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung
    264 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    265 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    266 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    267
    268
    269 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des
    270 Europäischen Parlaments
    271
    272 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV
    273
    274 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    275 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    276 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    277 dem Rat der Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern
    278 der nationalen Regierungen zusammensetzt, als
    279 Staatenkammer. Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments
    280 im Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    281 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    282 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    283 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    284 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    285 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    286 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Ams-terdam,
    287 Nizza und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    288 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    289 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    290 den meisten Politikbereichen der Europä-ischen Union eine
    291 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    292 angenommen wer-den kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    293 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    294 weitreichende Kompetenzen hin-sichtlich der
    295 Budgetbeschlüsse der Europäischen Union sowie umfassende
    296 Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    297 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    298 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    299 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei
    300 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über
    301 von der Europäischen Kommission vorge-schlagenen
    302 Rechtsakten zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    303 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche
    304 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste
    305 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und
    306 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen
    307 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,
    308 Anwendung.
    309 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    310 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    311 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    312 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit
    313 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    314 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen
    315 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    316 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage
    317 (Zustimmungsverfahren), oder aber auch nur eine
    318 diesbezügliche Anhörung des Parlaments (Anhörungsverfahren)
    319 vorsehen, in dem die Stellungnahmen des Parlaments jedoch
    320 keine Bindungswirkung entfalten. Darüber hin-aus kommt dem
    321 Parlament in keinem der beiden Fälle ein formelles
    322 Abänderungsrecht zu.
    323 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in
    324 Belangen der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    325 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    326 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    327 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    328 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung,
    329 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den
    330 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt.
    331 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen
    332 Bestandteil des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    333 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    334 Anwendungs-bereich der Gemeinsamen Außen- und
    335 Sicher-heitspolitik, weswegen diesbezügliche Rege-lungen
    336 kein Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    337 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    338 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    339 Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    340 werden sollen.
    341
    342
    343 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-
    344 laments in der gemeinsamen Handelspolitik
    345
    346 ARTIKEL 207 AEUV
    347
    348 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche
    349 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    350 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten,
    351 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für
    352 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als
    353 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden
    354 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    355 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess
    356 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    357 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    358 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen
    359 fällt. Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    360 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame
    361 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet
    362 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome
    363 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    364 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    365 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon
    366 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den
    367 ausschließlichen Zuständig-keitsbereich der Europäischen
    368 Union. Da die Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher
    369 grundsätzlich nicht mehr tätig werden und daher keine
    370 Kontrolle durch nationale Parlamente besteht, bedürfen die
    371 von der Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer
    372 besonders hohen demokratischen Legitimierung, weswe-gen
    373 Richtlinien und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur
    374 autonomen Handelssteuerung, im ordentlichen
    375 Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im Sinne der oben
    376 gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäi-sche
    377 Parlament im diesbezüglichen Entschei-dungsprozess das
    378 Recht hat, formelle Abände-rungsvorschläge einzubringen
    379 oder den Rechts-akt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    380
    381
    382 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-
    383 laments in der vertraglichen Handelspolitik
    384
    385 ARTIKEL 207, 218 AEUV
    386
    387 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    388 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    389 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    390 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    391 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    392 oder mehreren Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil
    393 der ge-meinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt,
    394 als vertragliche Handelspolitik be-zeichnet. Auch das
    395 Abkommen zur transat-lantischen Handels- und
    396 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    397 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    398 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union
    399 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    400 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    401 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten
    402 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    403 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    404 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    405 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    406 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    407 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    408 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    409 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    410 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    411 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    412 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten
    413 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen
    414 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    415 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    416 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    417 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    418 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    419 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion
    420 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    421 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    422 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    423 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission
    424 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen
    425 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch
    426 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    427 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission
    428 jedoch nicht.
    429
    430
    431 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische
    432 Legitimation von «TTIP»
    433
    434
    435 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass
    436 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    437 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    438 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt:
    439 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    440 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    441 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    442 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    443 Veto-recht. Das Europäische Parlament hätte daher die
    444 Kraft, das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    445 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    446 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    447 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    448 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    449 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    450 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    451 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    452 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    453 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    454 Änderungs-vorschläge zum fertig verhandelten Text
    455 einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige
    456 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se
    457 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von
    458 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    459 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    460 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    461 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    462 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    463 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    2 Außenhandelspolitik der
    3 ------------------------------------------------------------
    4 ----------------------------------------------------
    5 Europäischen Union
    6 -----------------------------------
    7
    8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    22 Parlament – moniert.
    23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    35 das Scheitern eines fertig verhandelten
    36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    38 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des
    44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    45 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    46
    47
    48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    49 Parlaments
    50 ------------------------------------------------------------
    51 --------------------------------------
    52
    53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    54
    55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    77 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    119 werden sollen.
    120
    121
    122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    123 gemeinsamen Handelspolitik
    124 ------------------------------------------------------------
    125 ---------------------------------------------------------
    126
    127 **ARTIKEL 207 AEUV**
    128
    129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    161
    162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    163 vertraglichen Handelspolitik
    164 ------------------------------------------------------------
    165 ---------------------------------------------------------
    166
    167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    168
    169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    177 zur transatlantischen Handels- und
    178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    193 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    202 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    210 jedoch nicht.
    211
    212
    213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    214 Legitimation von «TTIP»
    215 ------------------------------------------------------------
    216 ----------------------------------------------
    217
    218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    241 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
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