Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der EU

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  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

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    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER
    4 ------------------------------------------------------------
    5 -------------------------------------------------
    6 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION
    7 ------------------------------------------------------------
    8 ---------------------------------------------------
    9
    10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    24 Parlament – moniert.
    25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    37 das Scheitern eines fertig verhandelten
    38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    40 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    47 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    48
    49
    50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    51 Parlaments
    52 ------------------------------------------------------------
    53 --------------------------------------
    54
    55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    56
    57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    79 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    121 werden sollen.
    122
    123
    124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    125 gemeinsamen Handelspolitik
    126 ------------------------------------------------------------
    127 ---------------------------------------------------------
    128
    129 **ARTIKEL 207 AEUV**
    130
    131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    163
    164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    165 vertraglichen Handelspolitik
    166 ------------------------------------------------------------
    167 ---------------------------------------------------------
    168
    169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    170
    171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    179 zur transatlantischen Handels- und
    180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    195 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    204 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    212 jedoch nicht.
    213
    214
    215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    216 Legitimation von «TTIP»
    217 ------------------------------------------------------------
    218 ----------------------------------------------
    219
    220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    243 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

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    1 *von Simon Wendelin Burger.*
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    3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!**
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    7 ** DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER
    8 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION**
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    12 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    13 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    14 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    15 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    16 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    17 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    18 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    19 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    20 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    21 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    22 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    23 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    24 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    25 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    26 Parlament – moniert.
    27 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    28 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    29 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    30 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    31 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    32 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    33 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    34 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    35 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    36 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    37 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    38 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    39 das Scheitern eines fertig verhandelten
    40 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    41 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    42 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    43 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    44 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    45 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    46 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    47 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    48 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    49 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    50
    51
    52 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    53 Parlaments
    54 ------------------------------------------------------------
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    57 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
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    59 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    60 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    61 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    62 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    63 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    64 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    65 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    66 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    67 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    68 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    69 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    70 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    71 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    72 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    73 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    74 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    75 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    76 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    77 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    78 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    79 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    80 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    81 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    82 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    83 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    84 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    85 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    86 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    87 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    88 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    89 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    90 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    91 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    92 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    93 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    94 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    95 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    96 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    97 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    98 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    99 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    100 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    101 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    102 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    103 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    104 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    105 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    106 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    107 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    108 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    109 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    110 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    111 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    112 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    113 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    114 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    115 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    116 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    117 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    118 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    119 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    120 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    121 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    122 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    123 werden sollen.
    124
    125
    126 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    127 gemeinsamen Handelspolitik
    128 ------------------------------------------------------------
    129 ---------------------------------------------------------
    130
    131 **ARTIKEL 207 AEUV**
    132
    133 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    134 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    135 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    136 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    137 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    138 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    139 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    140 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    141 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    142 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    143 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    144 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    145 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    146 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    147 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    148 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    149 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    150 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    151 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    152 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    153 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    154 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    155 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    156 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    157 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    158 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    159 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    160 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    161 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    162 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    163 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    164 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    165
    166 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    167 vertraglichen Handelspolitik
    168 ------------------------------------------------------------
    169 ---------------------------------------------------------
    170
    171 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    172
    173 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    174 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    175 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    176 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    177 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    178 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    179 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    180 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    181 zur transatlantischen Handels- und
    182 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    183 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    184 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    185 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    186 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    187 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    188 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    189 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    190 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    191 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    192 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    193 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    194 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    195 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    196 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    197 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    198 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    199 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    200 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    201 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    202 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    203 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    204 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    205 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    206 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    207 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    208 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    209 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    210 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    211 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    212 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    213 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    214 jedoch nicht.
    215
    216
    217 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    218 Legitimation von «TTIP»
    219 ------------------------------------------------------------
    220 ----------------------------------------------
    221
    222 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    223 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    224 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    225 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    226 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    227 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    228 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    229 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    230 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    231 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    232 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    233 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    234 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    235 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    236 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    237 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    238 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    239 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    240 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    241 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    242 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    243 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    244 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    245 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    246 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    247 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    248 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    249 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    250 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!**
    4 ------------------------------------------------------------
    5 ----------
    6
    7 ** DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    8 ------------------------------------------------------------
    9 ---------------------------------------------------
    10
    11 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    12 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    13 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    14 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    15 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    16 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    17 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    18 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    19 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    20 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    21 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    22 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    23 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    24 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    25 Parlament – moniert.
    26 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    27 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    28 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    29 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    30 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    31 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    32 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    33 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    34 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    35 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    36 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    37 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    38 das Scheitern eines fertig verhandelten
    39 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    40 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    41 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    42 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    43 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    44 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    45 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    46 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    47 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    48 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    49
    50
    51 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    52 Parlaments
    53 ------------------------------------------------------------
    54 --------------------------------------
    55
    56 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    57
    58 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    59 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    60 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    61 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    62 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    63 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    64 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    65 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    66 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    67 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    68 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    69 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    70 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    71 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    72 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    73 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    74 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    75 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    76 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    77 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    78 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    79 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    80 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    81 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    82 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    83 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    84 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    85 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    86 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    87 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    88 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    89 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    90 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    91 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    92 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    93 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    94 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    95 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    96 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    97 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    98 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    99 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    100 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    101 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    102 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    103 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    104 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    105 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    106 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    107 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    108 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    109 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    110 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    111 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    112 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    113 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    114 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    115 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    116 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    117 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    118 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    119 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    120 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    121 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    122 werden sollen.
    123
    124
    125 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    126 gemeinsamen Handelspolitik
    127 ------------------------------------------------------------
    128 ---------------------------------------------------------
    129
    130 **ARTIKEL 207 AEUV**
    131
    132 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    133 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    134 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    135 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    136 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    137 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    138 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    139 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    140 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    141 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    142 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    143 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    144 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    145 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    146 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    147 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    148 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    149 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    150 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    151 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    152 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    153 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    154 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    155 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    156 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    157 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    158 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    159 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    160 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    161 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    162 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    163 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    164
    165 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    166 vertraglichen Handelspolitik
    167 ------------------------------------------------------------
    168 ---------------------------------------------------------
    169
    170 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    171
    172 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    173 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    174 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    175 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    176 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    177 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    178 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    179 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    180 zur transatlantischen Handels- und
    181 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    182 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    183 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    184 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    185 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    186 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    187 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    188 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    189 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    190 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    191 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    192 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    193 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    194 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    195 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    196 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    197 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    198 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    199 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    200 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    201 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    202 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    203 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    204 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    205 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    206 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    207 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    208 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    209 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    210 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    211 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    212 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    213 jedoch nicht.
    214
    215
    216 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    217 Legitimation von «TTIP»
    218 ------------------------------------------------------------
    219 ----------------------------------------------
    220
    221 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    222 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    223 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    224 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    225 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    226 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    227 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    228 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    229 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    230 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    231 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    232 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    233 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    234 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    235 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    236 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    237 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    238 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    239 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    240 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    241 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    242 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    243 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    244 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    245 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    246 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    247 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    248 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    249 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!**
    4 ------------------------------------------------------------
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    6
    7 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    8 ------------------------------------------------------------
    9 ---------------------------------------------------
    10 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU**
    11 ------------------------------------------------------------
    12 -------
    13
    14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    24 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    25 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    26 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    27 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    28 Parlament – moniert.
    29 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    30 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    31 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    32 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    33 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    34 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    35 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    36 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    37 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    38 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    39 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    40 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    41 das Scheitern eines fertig verhandelten
    42 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    43 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    44 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    45 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    46 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    47 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    48 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    49 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    50 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    51 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    52
    53
    54 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    55 Parlaments
    56 ------------------------------------------------------------
    57 --------------------------------------
    58
    59 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    60
    61 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    62 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    63 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    64 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    65 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    66 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    67 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    68 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    69 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    70 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    71 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    72 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    73 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    74 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    75 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    76 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    77 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    78 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    79 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    80 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    81 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    82 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    83 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    84 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    85 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    86 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    87 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    88 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    89 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    90 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    91 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    92 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    93 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    94 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    95 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    96 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    97 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    98 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    99 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    100 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    101 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    102 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    103 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    104 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    105 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    106 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    107 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    108 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    109 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    110 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    111 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    112 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    113 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    114 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    115 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    116 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    117 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    118 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    119 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    120 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    121 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    122 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    123 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    124 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    125 werden sollen.
    126
    127
    128 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    129 gemeinsamen Handelspolitik
    130 ------------------------------------------------------------
    131 ---------------------------------------------------------
    132
    133 **ARTIKEL 207 AEUV**
    134
    135 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    136 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    137 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    138 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    139 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    140 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    141 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    142 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    143 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    144 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    145 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    146 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    147 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    148 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    149 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    150 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    151 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    152 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    153 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    154 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    155 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    156 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    157 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    158 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    159 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    160 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    161 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    162 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    163 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    164 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    165 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    166 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    167
    168 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    169 vertraglichen Handelspolitik
    170 ------------------------------------------------------------
    171 ---------------------------------------------------------
    172
    173 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    174
    175 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    176 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    177 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    178 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    179 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    180 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    181 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    182 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    183 zur transatlantischen Handels- und
    184 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    185 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    186 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    187 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    188 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    189 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    190 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    191 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    192 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    193 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    194 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    195 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    196 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    197 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    198 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    199 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    200 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    201 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    202 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    203 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    204 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    205 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    206 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    207 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    208 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    209 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    210 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    211 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    212 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    213 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    214 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    215 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    216 jedoch nicht.
    217
    218
    219 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    220 Legitimation von «TTIP»
    221 ------------------------------------------------------------
    222 ----------------------------------------------
    223
    224 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    225 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    226 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    227 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    228 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    229 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    230 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    231 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    232 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    233 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    234 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    235 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    236 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    237 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    238 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    239 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    240 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    241 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    242 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    243 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    244 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    245 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    246 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    247 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    248 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    249 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    250 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    251 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    252 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 *von Simon Wendelin Burger.*
    2
    3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!**
    4 ------------------------------------------------------------
    5 ----------
    6
    7 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    8 ------------------------------------------------------------
    9 ---------------------------------------------------
    10 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU**
    11 ------------------------------------------------------------
    12 -------
    13
    14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der
    18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    24 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    25 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    26 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    27 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    28 Parlament – moniert.
    29 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    30 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht
    31 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    32 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann,
    33 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    34 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    35 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende
    36 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    37 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    38 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    39 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    40 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    41 das Scheitern eines fertig verhandelten
    42 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    43 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    44 ACTA nachdrücklich bewiesen.
    45 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    46 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    47 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    48 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    49 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    50 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    51 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    52
    53
    54 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    55 Parlaments
    56 ------------------------------------------------------------
    57 --------------------------------------
    58
    59 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    60
    61 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    62 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    63 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    64 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    65 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    66 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    67 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    68 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    69 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    70 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    71 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    72 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    73 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    74 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    75 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    76 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    77 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    78 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    79 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    80 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    81 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    82 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    83 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    84 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste
    85 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    86 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    87 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    88 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten
    89 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    90 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche
    91 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren
    92 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in
    93 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie
    94 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.
    95 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    96 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    97 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    98 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    99 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    100 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen
    101 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    102 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    103 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    104 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    105 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    106 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    107 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.
    108 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    109 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    110 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    111 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    112 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    113 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    114 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    115 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.
    116 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    117 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    118 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    119 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    120 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    121 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    122 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    123 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    124 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    125 werden sollen.
    126
    127
    128 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    129 gemeinsamen Handelspolitik
    130 ------------------------------------------------------------
    131 ---------------------------------------------------------
    132
    133 **ARTIKEL 207 AEUV**
    134
    135 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    136 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    137 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    138 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    139 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    140 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    141 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    142 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    143 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    144 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    145 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    146 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    147 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    148 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    149 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    150 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    151 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.
    152 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    153 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    154 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die
    155 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    156 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    157 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    158 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    159 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    160 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    161 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    162 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen
    163 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im
    164 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    165 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    166 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    167
    168 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    169 vertraglichen Handelspolitik
    170 ------------------------------------------------------------
    171 ---------------------------------------------------------
    172
    173 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    174
    175 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    176 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    177 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    178 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    179 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    180 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    181 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    182 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    183 zur transatlantischen Handels- und
    184 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    185 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    186 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union
    187 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    188 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    189 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    190 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des
    191 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    192 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    193 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    194 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    195 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    196 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    197 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    198 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    199 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    200 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    201 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    202 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    203 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    204 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    205 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    206 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    207 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    208 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    209 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    210 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    211 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    212 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    213 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch
    214 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    215 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    216 jedoch nicht.
    217
    218
    219 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    220 Legitimation von «TTIP»
    221 ------------------------------------------------------------
    222 ----------------------------------------------
    223
    224 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    225 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    226 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    227 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    228 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    229 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    230 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    231 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    232 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    233 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    234 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    235 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    236 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    237 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    238 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    239 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    240 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    241 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    242 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    243 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    244 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    245 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    246 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    247 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    248 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    249 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union
    250 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament
    251 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    252 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der EU

    von admin, angelegt
    1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    2 ------------------------------------------------------------
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    4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU**
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    7
    8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch
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    10 peg)
    11 (c) European Parliament
    12
    13 *von Simon Wendelin Burger.*
    14
    15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der
    19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    29 Parlament – moniert.
    30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht
    32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann,
    34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende
    37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    42 das Scheitern eines fertig verhandelten
    43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5]
    46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    52 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    53
    54
    55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    56 Parlaments
    57 ------------------------------------------------------------
    58 --------------------------------------
    59
    60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    61
    62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    84 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste
    86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten
    90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7]
    92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr
    93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen
    94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen
    95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,
    96 Anwendung.[8]
    97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen
    103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10]
    110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11]
    118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    127 werden sollen.
    128
    129
    130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    131 gemeinsamen Handelspolitik
    132 ------------------------------------------------------------
    133 ---------------------------------------------------------
    134
    135 **ARTIKEL 207 AEUV**
    136
    137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12]
    154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die
    157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten
    165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament
    166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    169
    170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    171 vertraglichen Handelspolitik
    172 ------------------------------------------------------------
    173 ---------------------------------------------------------
    174
    175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    176
    177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    185 zur transatlantischen Handels- und
    186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union
    189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des
    193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    201 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    210 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch
    216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    218 jedoch nicht.
    219
    220
    221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    222 Legitimation von «TTIP»
    223 ------------------------------------------------------------
    224 ----------------------------------------------
    225
    226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    249 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische
    252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das
    253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
    255
    256 -------------------------------------------------------
    257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von
    258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages
    259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
    260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen
    261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes
    262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG
    263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht
    264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das
    265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und
    266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar.
    267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von
    268 Verhandlung und den Erlass eines Verhandlungsmandats jedoch
    269 zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe Entschließung
    270 des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen der EU mit
    271 den Verei-nigten Staaten von Amerika über ein Handels- und
    272 Investitionsabkommen, 15. Mai 2013, 2013/2558 (RSP).
    273 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt
    274 L 145, 31. Mai 2001.
    275 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
    276 Amtsblatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV)
    277 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf
    278 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting
    279 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen
    280 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt.
    281 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3,
    282 Nomos, 2012, Art 289 AEUV.
    283 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt
    284 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV).
    285 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze
    286 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV.
    287 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV.
    288 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.),
    289 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere
    290 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik,
    291 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit
    292 und Datenschutz.
    293 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV.
    294 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze
    295 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV.
    296 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV.
    297 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV.
    298 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV.
    299 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3
    300 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass
    301 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten
    302 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik
    303 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte
    304 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den
    305 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert
    306 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere
    307 Ausführungen verzichtet.
    308 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV.
    309 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV.
    310 * [19] Siehe Artikel 2 EUV.
  • Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments

    von admin, angelegt
    1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**
    2 ------------------------------------------------------------
    3 ---------------------------------------------------
    4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU**
    5 ------------------------------------------------------------
    6 -------
    7
    8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch
    9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j
    10 peg)
    11 (c) European Parliament
    12
    13 *von Simon Wendelin Burger.*
    14
    15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des
    16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische
    17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines
    18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der
    19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten
    20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft
    21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer
    22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer
    23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und
    24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des
    25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden
    26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen
    27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der
    28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen
    29 Parlament – moniert.
    30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen
    31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht
    32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während
    33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann,
    34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem
    35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die
    36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende
    37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,
    38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,
    39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den
    40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und
    41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar
    42 das Scheitern eines fertig verhandelten
    43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am
    44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens
    45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5]
    46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des
    47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der
    48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der
    49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung
    50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des
    51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der
    52 Europäischen Union kurz skizziert werden.
    53
    54
    55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen
    56 Parlaments
    57 ------------------------------------------------------------
    58 --------------------------------------
    59
    60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**
    61
    62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt
    63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem
    64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und
    65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der
    66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.
    67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im
    68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:
    69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich
    70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die
    71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome
    72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,
    73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch
    74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza
    75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter
    76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag
    77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu
    78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine
    79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats
    80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der
    81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch
    82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse
    83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte
    84 gegenüber der Europäischen Kommission zu.
    85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste
    86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am
    87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei
    88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von
    89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten
    90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle
    91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7]
    92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr
    93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen
    94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen
    95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,
    96 Anwendung.[8]
    97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen
    98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere
    99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der
    100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit
    101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes
    102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen
    103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des
    104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),
    105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des
    106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die
    107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung
    108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der
    109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10]
    110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen
    111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der
    112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den
    113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich
    114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der
    115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,
    116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den
    117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11]
    118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil
    119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der
    120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den
    121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und
    122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein
    123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die
    124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre
    125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen
    126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert
    127 werden sollen.
    128
    129
    130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    131 gemeinsamen Handelspolitik
    132 ------------------------------------------------------------
    133 ---------------------------------------------------------
    134
    135 **ARTIKEL 207 AEUV**
    136
    137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche
    138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa
    139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,
    140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für
    141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als
    142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden
    143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der
    144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess
    145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung
    146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den
    147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.
    148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte
    149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame
    150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet
    151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome
    152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch
    153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12]
    154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon
    155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen
    156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die
    157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich
    158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch
    159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der
    160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders
    161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien
    162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen
    163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
    164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten
    165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament
    166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,
    167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den
    168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.
    169
    170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der
    171 vertraglichen Handelspolitik
    172 ------------------------------------------------------------
    173 ---------------------------------------------------------
    174
    175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**
    176
    177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von
    178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel
    179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der
    180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-
    181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem
    182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der
    183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als
    184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen
    185 zur transatlantischen Handels- und
    186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der
    187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.
    188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union
    189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,
    190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in
    191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten
    192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des
    193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des
    194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte
    195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,
    196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame
    197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben
    198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses
    199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der
    200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.
    201 Zustimmungsverfahren, auszugehen.
    202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten
    203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen
    204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das
    205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens
    206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen
    207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht
    208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen
    209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission
    210 verhandelten Vertragstext nehmen kann.
    211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise
    212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der
    213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission
    214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen
    215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch
    216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und
    217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission
    218 jedoch nicht.
    219
    220
    221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische
    222 Legitimation von «TTIP»
    223 ------------------------------------------------------------
    224 ----------------------------------------------
    225
    226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass
    227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,
    228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im
    229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:
    230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome
    231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form
    232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der
    233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes
    234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,
    235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und
    236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es
    237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der
    238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch
    239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.
    240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die
    241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig
    242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des
    243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des
    244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,
    245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text
    246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige
    247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise
    248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von
    249 Missständen politischer Druck auf die Europäische
    250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der
    251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische
    252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das
    253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart
    254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen.
    255
    256 -------------------------------------------------------
    257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von
    258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages
    259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
    260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen
    261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes
    262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG
    263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht
    264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das
    265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und
    266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar.
    267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von
    268 Verhandlung und den Erlass eines Verhandlungsmandats jedoch
    269 zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe Entschließung
    270 des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen der EU mit
    271 den Verei-nigten Staaten von Amerika über ein Handels- und
    272 Investitionsabkommen, 15. Mai 2013, 2013/2558 (RSP).
    273 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt
    274 L 145, 31. Mai 2001.
    275 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
    276 Amtsblatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV)
    277 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf
    278 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting
    279 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen
    280 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt.
    281 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3,
    282 Nomos, 2012, Art 289 AEUV.
    283 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt
    284 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV).
    285 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze
    286 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV.
    287 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV.
    288 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.),
    289 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere
    290 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik,
    291 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit
    292 und Datenschutz.
    293 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV.
    294 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze
    295 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV.
    296 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV.
    297 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV.
    298 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV.
    299 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3
    300 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass
    301 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten
    302 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik
    303 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte
    304 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den
    305 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert
    306 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere
    307 Ausführungen verzichtet.
    308 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV.
    309 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV.
    310 * [19] Siehe Artikel 2 EUV.
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