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2 | **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** |
3 | ------------------------------------------------------------ |
4 | --------------------------------------------------- |
5 | **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** |
6 | ------------------------------------------------------------ |
7 | ------- |
8 | *von Simon Wendelin Burger.* |
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18 | vom Rat der Europäischen Union an die Europäische |
19 | Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines |
20 | Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der |
21 | dadurch enthüllten Tragweite der geplanten |
22 | transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft |
23 | TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer |
24 | Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer |
25 | stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und |
26 | Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des |
27 | Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden |
28 | dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen |
29 | unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der |
30 | europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen |
31 | Parlament – moniert. |
32 | Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen |
33 | Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht |
34 | vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während |
35 | des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, |
36 | kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem |
37 | Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die |
38 | Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende |
39 | Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, |
40 | das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, |
41 | zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den |
42 | rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und |
43 | die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar |
44 | das Scheitern eines fertig verhandelten |
45 | Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am |
46 | Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens |
47 | ACTA nachdrücklich bewiesen. |
48 | Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des |
49 | Europäischen Parlaments, und somit der Wille der |
50 | europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der |
51 | Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung |
52 | hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des |
53 | Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der |
54 | Europäischen Union kurz skizziert werden. |
55 | |
56 | |
57 | Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen |
58 | Parlaments |
59 | ------------------------------------------------------------ |
60 | -------------------------------------- |
61 | |
62 | **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** |
63 | |
64 | Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt |
65 | gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem |
66 | Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und |
67 | dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der |
68 | nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. |
69 | Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im |
70 | Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: |
71 | Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich |
72 | die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die |
73 | Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome |
74 | Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, |
75 | die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch |
76 | die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza |
77 | und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter |
78 | sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag |
79 | von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu |
80 | den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine |
81 | Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats |
82 | angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der |
83 | Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch |
84 | weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse |
85 | der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte |
86 | gegenüber der Europäischen Kommission zu. |
87 | Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste |
88 | Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am |
89 | sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei |
90 | welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von |
91 | der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten |
92 | zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle |
93 | Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche |
94 | Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren |
95 | in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in |
96 | einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie |
97 | zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. |
98 | Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen |
99 | Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere |
100 | Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der |
101 | jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit |
102 | geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes |
103 | Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen |
104 | vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des |
105 | Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), |
106 | oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des |
107 | Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die |
108 | Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung |
109 | entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der |
110 | beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. |
111 | Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen |
112 | der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der |
113 | Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den |
114 | mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich |
115 | ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der |
116 | gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, |
117 | die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den |
118 | Händen der nationalen Regierungen verbleibt. |
119 | Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil |
120 | des Politikbereichs des auswärtigen Handels der |
121 | Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den |
122 | Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und |
123 | Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein |
124 | Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die |
125 | Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre |
126 | Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen |
127 | Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert |
128 | werden sollen. |
129 | |
130 | |
131 | Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der |
132 | gemeinsamen Handelspolitik |
133 | ------------------------------------------------------------ |
134 | --------------------------------------------------------- |
135 | |
136 | **ARTIKEL 207 AEUV** |
137 | |
138 | Die Europäische Union ist der größte einheitliche |
139 | Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa |
140 | stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, |
141 | sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für |
142 | europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als |
143 | logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden |
144 | somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der |
145 | Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess |
146 | miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung |
147 | und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den |
148 | Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. |
149 | Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte |
150 | gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame |
151 | Handelspolitik» bezeichnet und begründet |
152 | Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome |
153 | Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch |
154 | in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. |
155 | Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon |
156 | fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen |
157 | Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die |
158 | Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich |
159 | nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch |
160 | nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der |
161 | Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders |
162 | hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien |
163 | und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen |
164 | Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren |
165 | erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen |
166 | bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im |
167 | diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, |
168 | formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den |
169 | Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. |
170 | |
171 | Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der |
172 | vertraglichen Handelspolitik |
173 | ------------------------------------------------------------ |
174 | --------------------------------------------------------- |
175 | |
176 | **ARTIKEL 207, 218 AEUV** |
177 | |
178 | Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von |
179 | Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel |
180 | durchaus begünstigt, wird ein Großteil der |
181 | Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- |
182 | oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem |
183 | oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der |
184 | gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als |
185 | vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen |
186 | zur transatlantischen Handels- und |
187 | Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der |
188 | vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. |
189 | Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union |
190 | internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, |
191 | wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in |
192 | dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten |
193 | ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des |
194 | speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des |
195 | Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte |
196 | Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, |
197 | die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame |
198 | Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben |
199 | gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses |
200 | des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der |
201 | Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. |
202 | Zustimmungsverfahren, auszugehen. |
203 | Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten |
204 | Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen |
205 | in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das |
206 | Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens |
207 | hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen |
208 | Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht |
209 | vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen |
210 | Einfluss auf den von der Europäischen Kommission |
211 | verhandelten Vertragstext nehmen kann. |
212 | Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise |
213 | dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der |
214 | vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission |
215 | dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen |
216 | Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch |
217 | berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und |
218 | Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission |
219 | jedoch nicht. |
220 | |
221 | |
222 | Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische |
223 | Legitimation von «TTIP» |
224 | ------------------------------------------------------------ |
225 | ---------------------------------------------- |
226 | |
227 | Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass |
228 | von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, |
229 | dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im |
230 | Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: |
231 | Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome |
232 | Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form |
233 | erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der |
234 | vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes |
235 | Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, |
236 | das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und |
237 | Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es |
238 | nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der |
239 | Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch |
240 | durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. |
241 | Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die |
242 | Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig |
243 | entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des |
244 | Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des |
245 | Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, |
246 | Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text |
247 | einzubringen. Auch wenn die regelmäßige |
248 | Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise |
249 | kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von |
250 | Missständen politischer Druck auf die Europäische |
251 | Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der |
252 | demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union |
253 | verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament |
254 | aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart |
255 | einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. |
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Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 2 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**3 ------------------------------------------------------------ 4 --------------------------------------------------- 5 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 6 ------------------------------------------------------------ 7 ------- 8 9 ![dokumente](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/euro 10 paeischer-salon-3/dokument-gross.png/@@images/image.png) 11 12 *von Simon Wendelin Burger.* 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 25 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 26 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 27 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 28 Parlament – moniert. 29 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 30 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 31 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 32 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 33 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 34 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 35 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 36 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 37 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 38 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 39 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 40 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 41 das Scheitern eines fertig verhandelten 42 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 43 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 44 ACTA nachdrücklich bewiesen. 45 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 46 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 47 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 48 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 49 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 50 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 51 Europäischen Union kurz skizziert werden. 52 53 54 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 55 Parlaments 56 ------------------------------------------------------------ 57 -------------------------------------- 58 59 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 60 61 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 62 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 63 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 64 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 65 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 66 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 67 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 68 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 69 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 70 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 71 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 72 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 73 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 74 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 75 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 76 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 77 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 78 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 79 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 80 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 81 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 82 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 83 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 84 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 85 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 86 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 87 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 88 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 89 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 90 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 91 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 92 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 93 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 94 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 95 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 96 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 97 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 98 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 99 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 100 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 101 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 102 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 103 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 104 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 105 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 106 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 107 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 108 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 109 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 110 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 111 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 112 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 113 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 114 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 115 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 116 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 117 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 118 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 119 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 120 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 121 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 122 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 123 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 124 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 125 werden sollen. 126 127 128 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 129 gemeinsamen Handelspolitik 130 ------------------------------------------------------------ 131 --------------------------------------------------------- 132 133 **ARTIKEL 207 AEUV** 134 135 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 136 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 137 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 138 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 139 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 140 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 141 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 142 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 143 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 144 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 145 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 146 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 147 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 148 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 149 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 150 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 151 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 152 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 153 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 154 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 155 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 156 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 157 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 158 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 159 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 160 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 161 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 162 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 163 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 164 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 165 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 166 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 167 168 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 169 vertraglichen Handelspolitik 170 ------------------------------------------------------------ 171 --------------------------------------------------------- 172 173 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 174 175 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 176 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 177 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 178 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 179 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 180 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 181 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 182 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 183 zur transatlantischen Handels- und 184 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 185 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 186 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 187 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 188 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 189 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 190 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 191 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 192 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 193 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 194 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 195 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 196 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 197 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 198 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 199 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 200 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 201 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 202 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 203 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 204 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 205 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 206 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 207 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 208 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 209 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 210 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 211 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 212 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 213 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 214 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 215 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 216 jedoch nicht. 217 218 219 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 220 Legitimation von «TTIP» 221 ------------------------------------------------------------ 222 ---------------------------------------------- 223 224 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 225 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 226 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 227 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 228 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 229 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 230 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 231 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 232 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 233 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 234 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 235 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 236 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 237 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 238 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 239 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 240 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 241 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 242 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 243 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 244 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 245 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 246 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 247 Missständen politischer Druck auf die Europäische 248 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 249 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 250 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 251 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 252 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european.jpg/@@images/image.jpe 10 g) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen. 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 92 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 93 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 94 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 95 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 96 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 97 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 98 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 99 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 100 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 101 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 102 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 103 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 104 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 105 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 106 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 107 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 108 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 109 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 110 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 111 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 112 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 113 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 114 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 115 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 116 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 117 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 118 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 119 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 120 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 121 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 122 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 123 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 124 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 125 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 126 werden sollen. 127 128 129 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 130 gemeinsamen Handelspolitik 131 ------------------------------------------------------------ 132 --------------------------------------------------------- 133 134 **ARTIKEL 207 AEUV** 135 136 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 137 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 138 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 139 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 140 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 141 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 142 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 143 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 144 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 145 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 146 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 147 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 148 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 149 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 150 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 151 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 152 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 153 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 154 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 155 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 156 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 157 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 158 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 159 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 160 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 161 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 162 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 163 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 164 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 165 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 166 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 167 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 168 169 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 170 vertraglichen Handelspolitik 171 ------------------------------------------------------------ 172 --------------------------------------------------------- 173 174 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 175 176 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 177 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 178 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 179 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 180 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 181 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 182 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 183 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 184 zur transatlantischen Handels- und 185 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 186 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 187 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 188 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 189 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 190 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 191 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 192 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 193 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 194 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 195 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 196 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 197 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 198 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 199 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 200 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 201 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 202 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 203 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 204 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 205 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 206 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 207 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 208 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 209 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 210 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 211 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 212 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 213 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 214 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 215 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 216 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 217 jedoch nicht. 218 219 220 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 221 Legitimation von «TTIP» 222 ------------------------------------------------------------ 223 ---------------------------------------------- 224 225 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 226 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 227 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 228 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 229 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 230 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 231 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 232 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 233 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 234 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 235 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 236 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 237 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 238 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 239 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 240 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 241 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 242 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 243 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 244 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 245 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 246 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 247 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 248 Missständen politischer Druck auf die Europäische 249 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 250 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 251 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 252 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 253 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen. 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 92 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 93 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 94 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 95 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 96 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 97 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 98 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 99 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 100 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 101 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 102 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 103 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 104 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 105 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 106 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 107 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 108 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 109 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 110 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 111 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 112 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 113 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 114 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 115 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 116 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 117 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 118 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 119 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 120 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 121 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 122 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 123 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 124 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 125 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 126 werden sollen. 127 128 129 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 130 gemeinsamen Handelspolitik 131 ------------------------------------------------------------ 132 --------------------------------------------------------- 133 134 **ARTIKEL 207 AEUV** 135 136 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 137 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 138 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 139 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 140 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 141 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 142 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 143 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 144 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 145 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 146 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 147 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 148 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 149 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 150 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 151 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 152 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 153 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 154 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 155 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 156 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 157 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 158 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 159 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 160 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 161 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 162 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 163 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 164 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 165 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 166 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 167 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 168 169 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 170 vertraglichen Handelspolitik 171 ------------------------------------------------------------ 172 --------------------------------------------------------- 173 174 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 175 176 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 177 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 178 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 179 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 180 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 181 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 182 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 183 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 184 zur transatlantischen Handels- und 185 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 186 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 187 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 188 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 189 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 190 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 191 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 192 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 193 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 194 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 195 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 196 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 197 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 198 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 199 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 200 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 201 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 202 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 203 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 204 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 205 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 206 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 207 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 208 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 209 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 210 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 211 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 212 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 213 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 214 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 215 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 216 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 217 jedoch nicht. 218 219 220 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 221 Legitimation von «TTIP» 222 ------------------------------------------------------------ 223 ---------------------------------------------- 224 225 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 226 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 227 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 228 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 229 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 230 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 231 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 232 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 233 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 234 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 235 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 236 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 237 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 238 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 239 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 240 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 241 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 242 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 243 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 244 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 245 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 246 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 247 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 248 Missständen politischer Druck auf die Europäische 249 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 250 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 251 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 252 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 253 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] 92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr 93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen 94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 96 Anwendung.[8] 97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen 103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] 110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] 118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 127 werden sollen. 128 129 130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 131 gemeinsamen Handelspolitik 132 ------------------------------------------------------------ 133 --------------------------------------------------------- 134 135 **ARTIKEL 207 AEUV** 136 137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] 154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die 157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten 165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament 166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 169 170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 171 vertraglichen Handelspolitik 172 ------------------------------------------------------------ 173 --------------------------------------------------------- 174 175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 176 177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 185 zur transatlantischen Handels- und 186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union 189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des 193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 201 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen 207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 210 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch 216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 218 jedoch nicht. 219 220 221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 222 Legitimation von «TTIP» 223 ------------------------------------------------------------ 224 ---------------------------------------------- 225 226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 249 Missständen politischer Druck auf die Europäische 250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische 252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das 253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. 255 256 ------------------------------------------------------- 257 [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von Artikel 258 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages über die 259 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erlassen. 260 Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der 261 Offenheit zugunsten des Schutzes strategischer 262 Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG vom 30.Mai 263 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht offiziell 264 bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das Dokument 265 jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und ist 266 nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. 267 [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von 268 Verhand-lung und den Erlass eines Verhandlungsmandats 269 jedoch zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe 270 Entschließung des Europäi-schen Parlaments zu den 271 Verhandlungen der EU mit den Verei-nigten Staaten von 272 Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen, 15. Mai 273 2013, 2013/2558 (RSP). 274 [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt L 275 145, 31. Mai 2001. 276 [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 277 Amts-blatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) 278 [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf 279 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting 280 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen 281 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. 282 [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 283 2012, Art 289 AEUV. 284 [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt 285 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). 286 [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze (Hrsg.), 287 EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. 288 [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. 289 [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), 290 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere 291 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, 292 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit 293 und Datenschutz. 294 [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. 295 [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze 296 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. 297 [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. 298 [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. 299 [15] Vergleiche: Art 47 EUV. 300 [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 301 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass 302 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten 303 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik 304 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte 305 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den 306 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert 307 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere 308 Ausführungen verzichtet. 309 [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. 310 [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. 311 [19] Siehe Artikel 2 EUV. 312 313 314 315 316 317 318 319 320 -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 --------------------------------------------------- 7 ------------------------------------------------------------8 ----------------------------------------------------9 Europäischen Union 10 -------------------------------- 11 -----------------------------------12 13 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 14 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 15 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 16 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 17 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 18 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 19 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 20 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 21 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 22 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 23 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 24 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 25 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 26 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 27 Parlament – moniert. 28 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 29 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 30 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 31 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 32 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 33 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 34 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 35 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 36 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 37 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 38 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 39 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 40 das Scheitern eines fertig verhandelten 41 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 42 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 43 ACTA nachdrücklich bewiesen. 44 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 45 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 46 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 47 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 48 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 49 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 50 Europäischen Union kurz skizziert werden. 51 52 53 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 54 Parlaments 55 ------------------------------------------------------------ 56 -------------------------------------- 57 58 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 59 60 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 61 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 62 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 63 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 64 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 65 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 66 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 67 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 68 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 69 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 70 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 71 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 72 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 73 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 74 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 75 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 76 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 77 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 78 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 79 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 80 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 81 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 82 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 83 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 84 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 85 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 86 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 87 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 88 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 89 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 90 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 91 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 92 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 93 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 94 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 95 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 96 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 97 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 98 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 99 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 100 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 101 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 102 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 103 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 104 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 105 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 106 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 107 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 108 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 109 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 110 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 111 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 112 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 113 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 114 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 115 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 116 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 117 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 118 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 119 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 120 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 121 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 122 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 123 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 124 werden sollen. 125 126 127 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 128 gemeinsamen Handelspolitik 129 ------------------------------------------------------------ 130 --------------------------------------------------------- 131 132 **ARTIKEL 207 AEUV** 133 134 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 135 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 136 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 137 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 138 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 139 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 140 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 141 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 142 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 143 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 144 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 145 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 146 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 147 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 148 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 149 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 150 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 151 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 152 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 153 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 154 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 155 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 156 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 157 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 158 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 159 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 160 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 161 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 162 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 163 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 164 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 165 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 166 167 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 168 vertraglichen Handelspolitik 169 ------------------------------------------------------------ 170 --------------------------------------------------------- 171 172 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 173 174 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 175 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 176 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 177 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 178 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 179 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 180 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 181 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 182 zur transatlantischen Handels- und 183 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 184 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 185 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 186 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 187 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 188 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 189 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 190 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 191 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 192 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 193 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 194 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 195 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 196 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 197 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 198 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 199 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 200 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 201 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 202 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 203 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 204 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 205 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 206 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 207 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 208 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 209 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 210 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 211 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 212 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 213 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 214 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 215 jedoch nicht. 216 217 218 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 219 Legitimation von «TTIP» 220 ------------------------------------------------------------ 221 ---------------------------------------------- 222 223 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 224 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 225 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 226 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 227 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 228 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 229 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 230 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 231 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 232 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 233 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 234 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 235 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 236 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 237 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 238 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 239 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 240 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 241 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 242 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 243 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 244 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 245 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 246 Missständen politischer Druck auf die Europäische 247 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 248 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 249 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 250 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 251 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 **Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 --------------------------------------------------- 7 8 Europäischen Union** 9 -------------------------------- 10 11 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 12 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 13 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 14 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 15 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 16 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 17 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 18 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 19 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 20 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 21 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 22 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 23 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 24 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 25 Parlament – moniert. 26 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 27 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 28 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 29 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 30 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 31 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 32 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 33 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 34 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 35 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 36 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 37 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 38 das Scheitern eines fertig verhandelten 39 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 40 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 41 ACTA nachdrücklich bewiesen. 42 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 43 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 44 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 45 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 46 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 47 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 48 Europäischen Union kurz skizziert werden. 49 50 51 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 52 Parlaments 53 ------------------------------------------------------------ 54 -------------------------------------- 55 56 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 57 58 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 59 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 60 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 61 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 62 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 63 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 64 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 65 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 66 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 67 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 68 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 69 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 70 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 71 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 72 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 73 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 74 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 75 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 76 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 77 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 78 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 79 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 80 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 81 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 82 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 83 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 84 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 85 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 86 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 87 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 88 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 89 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 90 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 91 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 92 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 93 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 94 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 95 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 96 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 97 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 98 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 99 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 100 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 101 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 102 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 103 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 104 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 105 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 106 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 107 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 108 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 109 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 110 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 111 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 112 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 113 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 114 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 115 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 116 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 117 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 118 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 119 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 120 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 121 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 122 werden sollen. 123 124 125 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 126 gemeinsamen Handelspolitik 127 ------------------------------------------------------------ 128 --------------------------------------------------------- 129 130 **ARTIKEL 207 AEUV** 131 132 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 133 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 134 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 135 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 136 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 137 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 138 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 139 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 140 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 141 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 142 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 143 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 144 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 145 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 146 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 147 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 148 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 149 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 150 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 151 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 152 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 153 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 154 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 155 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 156 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 157 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 158 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 159 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 160 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 161 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 162 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 163 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 164 165 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 166 vertraglichen Handelspolitik 167 ------------------------------------------------------------ 168 --------------------------------------------------------- 169 170 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 171 172 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 173 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 174 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 175 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 176 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 177 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 178 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 179 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 180 zur transatlantischen Handels- und 181 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 182 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 183 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 184 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 185 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 186 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 187 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 188 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 189 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 190 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 191 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 192 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 193 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 194 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 195 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 196 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 197 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 198 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 199 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 200 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 201 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 202 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 203 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 204 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 205 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 206 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 207 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 208 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 209 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 210 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 211 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 212 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 213 jedoch nicht. 214 215 216 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 217 Legitimation von «TTIP» 218 ------------------------------------------------------------ 219 ---------------------------------------------- 220 221 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 222 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 223 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 224 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 225 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 226 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 227 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 228 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 229 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 230 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 231 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 232 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 233 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 234 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 235 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 236 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 237 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 238 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 239 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 240 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 241 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 242 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 243 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 244 Missständen politischer Druck auf die Europäische 245 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 246 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 247 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 248 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 249 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu Dokumenten250 während des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden251 kann, kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den252 seit dem Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über253 die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende254 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,255 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,256 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den257 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und258 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar259 das Scheitern eines fertig verhandelten260 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am261 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens262 ACTA nachdrücklich bewiesen.263 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des264 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der265 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der266 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung267 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des268 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der269 Europäischen Union kurz skizziert werden.270 271 272 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen273 Parlaments274 ------------------------------------------------------------275 --------------------------------------276 277 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**278 279 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt280 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem281 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und282 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der283 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.284 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im285 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:286 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich287 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die288 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome289 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,290 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch291 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza292 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter293 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag294 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu295 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine296 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats297 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der298 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch299 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse300 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte301 gegenüber der Europäischen Kommission zu.302 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste303 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am304 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei305 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von306 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten307 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle308 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche309 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren310 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in311 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie312 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.313 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen314 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere315 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der316 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit317 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes318 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen319 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des320 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),321 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des322 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die323 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung324 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der325 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.326 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen327 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der328 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den329 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich330 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der331 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,332 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den333 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.334 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil335 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der336 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den337 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und338 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein339 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die340 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre341 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen342 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert343 werden sollen.344 345 346 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der347 gemeinsamen Handelspolitik348 ------------------------------------------------------------349 ---------------------------------------------------------350 351 **ARTIKEL 207 AEUV**352 353 Die Europäische Union ist der größte einheitliche354 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa355 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,356 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für357 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als358 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden359 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der360 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess361 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung362 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den363 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.364 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte365 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame366 Handelspolitik» bezeichnet und begründet367 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome368 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch369 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.370 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon371 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen372 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die373 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich374 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch375 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der376 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders377 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien378 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen379 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren380 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen381 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im382 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,383 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den384 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.385 386 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der387 vertraglichen Handelspolitik388 ------------------------------------------------------------389 ---------------------------------------------------------390 391 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**392 393 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von394 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel395 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der396 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-397 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem398 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der399 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als400 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen401 zur transatlantischen Handels- und402 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der403 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.404 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union405 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,406 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in407 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten408 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des409 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des410 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte411 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,412 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame413 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben414 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses415 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der416 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.417 Zustimmungsverfahren, auszugehen.418 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten419 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen420 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das421 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens422 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen423 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht424 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen425 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission426 verhandelten Vertragstext nehmen kann.427 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise428 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der429 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission430 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen431 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch432 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und433 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission434 jedoch nicht.435 436 437 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische438 Legitimation von «TTIP»439 ------------------------------------------------------------440 ----------------------------------------------441 442 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass443 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,444 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im445 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:446 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome447 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form448 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der449 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes450 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,451 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und452 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es453 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der454 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch455 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.456 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die457 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig458 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des459 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des460 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,461 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text462 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige463 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise464 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von465 Missständen politischer Druck auf die Europäische466 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der467 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union468 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament469 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart470 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zulassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] 92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr 93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen 94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 96 Anwendung.[8] 97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen 103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] 110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] 118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 127 werden sollen. 128 129 130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 131 gemeinsamen Handelspolitik 132 ------------------------------------------------------------ 133 --------------------------------------------------------- 134 135 **ARTIKEL 207 AEUV** 136 137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] 154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die 157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten 165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament 166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 169 170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 171 vertraglichen Handelspolitik 172 ------------------------------------------------------------ 173 --------------------------------------------------------- 174 175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 176 177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 185 zur transatlantischen Handels- und 186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union 189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des 193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 201 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen 207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 210 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch 216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 218 jedoch nicht. 219 220 221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 222 Legitimation von «TTIP» 223 ------------------------------------------------------------ 224 ---------------------------------------------- 225 226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 249 Missständen politischer Druck auf die Europäische 250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische 252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das 253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. 255 256 ------------------------------------------------------- 257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) 260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG 263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht 264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das 265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und 266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. 267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von 268 Verhand-lung und den Erlass eines Verhandlungsmandats 269 jedoch zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe 270 Entschließung des Europäi-schen Parlaments zu den 271 Verhandlungen der EU mit den Verei-nigten Staaten von 272 Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen, 15. Mai 273 2013, 2013/2558 (RSP). 274 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt 275 L 145, 31. Mai 2001. 276 [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 277 Amts-blatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) 278 [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf 279 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting 280 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen 281 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. 282 [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 283 2012, Art 289 AEUV. 284 [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt 285 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). 286 [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze (Hrsg.), 287 EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. 288 [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. 289 [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), 290 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere 291 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, 292 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit 293 und Datenschutz. 294 [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. 295 [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze 296 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. 297 [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. 298 [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. 299 [15] Vergleiche: Art 47 EUV. 300 [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 301 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass 302 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten 303 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik 304 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte 305 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den 306 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert 307 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere 308 Ausführungen verzichtet. 309 [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. 310 [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. 311 [19] Siehe Artikel 2 EUV. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER 4 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION 5 ------------------------------------------------------------ 6 --------------------------------------------------- 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 22 Parlament – moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 35 das Scheitern eines fertig verhandelten 36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 38 ACTA nachdrücklich bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 49 Parlaments 50 ------------------------------------------------------------ 51 -------------------------------------- 52 53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 54 55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 77 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 119 werden sollen. 120 121 122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 123 gemeinsamen Handelspolitik 124 ------------------------------------------------------------ 125 --------------------------------------------------------- 126 127 **ARTIKEL 207 AEUV** 128 129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 161 162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 163 vertraglichen Handelspolitik 164 ------------------------------------------------------------ 165 --------------------------------------------------------- 166 167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 168 169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 177 zur transatlantischen Handels- und 178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 193 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 202 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 210 jedoch nicht. 211 212 213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 214 Legitimation von «TTIP» 215 ------------------------------------------------------------ 216 ---------------------------------------------- 217 218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 239 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 241 Missständen politischer Druck auf die Europäische 242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu Dokumenten247 während des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden248 kann, kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den249 seit dem Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über250 die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende251 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,252 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,253 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den254 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und255 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar256 das Scheitern eines fertig verhandelten257 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am258 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens259 ACTA nachdrücklich bewiesen.260 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des261 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der262 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der263 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung264 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des265 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der266 Europäischen Union kurz skizziert werden.267 268 269 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen270 Parlaments271 ------------------------------------------------------------272 --------------------------------------273 274 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV**275 276 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt277 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem278 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und279 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der280 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer.281 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im282 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:283 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich284 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die285 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome286 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,287 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch288 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza289 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter290 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag291 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu292 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine293 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats294 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der295 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch296 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse297 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte298 gegenüber der Europäischen Kommission zu.299 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste300 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am301 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei302 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von303 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten304 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle305 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche306 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren307 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in308 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie309 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung.310 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen311 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere312 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der313 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit314 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes315 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen316 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des317 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren),318 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des319 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die320 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung321 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der322 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.323 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen324 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der325 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den326 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich327 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der328 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung,329 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den330 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.331 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil332 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der333 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den334 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und335 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein336 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die337 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre338 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen339 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert340 werden sollen.341 342 343 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der344 gemeinsamen Handelspolitik345 ------------------------------------------------------------346 ---------------------------------------------------------347 348 **ARTIKEL 207 AEUV**349 350 Die Europäische Union ist der größte einheitliche351 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa352 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten,353 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für354 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als355 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden356 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der357 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess358 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung359 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den360 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt.361 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte362 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame363 Handelspolitik» bezeichnet und begründet364 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome365 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch366 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.367 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon368 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen369 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die370 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich371 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch372 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der373 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders374 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien375 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen376 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren377 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen378 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im379 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat,380 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den381 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.382 383 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der384 vertraglichen Handelspolitik385 ------------------------------------------------------------386 ---------------------------------------------------------387 388 **ARTIKEL 207, 218 AEUV**389 390 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von391 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel392 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der393 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-394 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem395 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der396 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als397 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen398 zur transatlantischen Handels- und399 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der400 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.401 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union402 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,403 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in404 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten405 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des406 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des407 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte408 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,409 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame410 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben411 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses412 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der413 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.414 Zustimmungsverfahren, auszugehen.415 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten416 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen417 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das418 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens419 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen420 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht421 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen422 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission423 verhandelten Vertragstext nehmen kann.424 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise425 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der426 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission427 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen428 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch429 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und430 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission431 jedoch nicht.432 433 434 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische435 Legitimation von «TTIP»436 ------------------------------------------------------------437 ----------------------------------------------438 439 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass440 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,441 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im442 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt:443 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome444 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form445 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der446 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes447 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft,448 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und449 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es450 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der451 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch452 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.453 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die454 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig455 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des456 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des457 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,458 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text459 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige460 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise461 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von462 Missständen politischer Druck auf die Europäische463 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der464 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union465 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament466 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart467 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zulassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] 92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr 93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen 94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 96 Anwendung.[8] 97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen 103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] 110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] 118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 127 werden sollen. 128 129 130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 131 gemeinsamen Handelspolitik 132 ------------------------------------------------------------ 133 --------------------------------------------------------- 134 135 **ARTIKEL 207 AEUV** 136 137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] 154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die 157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten 165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament 166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 169 170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 171 vertraglichen Handelspolitik 172 ------------------------------------------------------------ 173 --------------------------------------------------------- 174 175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 176 177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 185 zur transatlantischen Handels- und 186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union 189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des 193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 201 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen 207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 210 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch 216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 218 jedoch nicht. 219 220 221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 222 Legitimation von «TTIP» 223 ------------------------------------------------------------ 224 ---------------------------------------------- 225 226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 249 Missständen politischer Druck auf die Europäische 250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische 252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das 253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. 255 256 ------------------------------------------------------- 257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) 260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG 263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht 264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das 265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und 266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. 267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von 268 Verhand-lung und den Erlass eines Verhandlungsmandats 269 jedoch zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe 270 Entschließung des Europäischen Parlaments zu den 271 Verhandlungen der EU mit den Verei-nigten Staaten von 272 Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen, 15. Mai 273 2013, 2013/2558 (RSP). 274 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt 275 L 145, 31. Mai 2001. 276 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 277 Amts-blatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) 278 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf 279 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting 280 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen 281 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. 282 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, 283 Nomos, 2012, Art 289 AEUV. 284 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt 285 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). 286 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze 287 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. 288 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. 289 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), 290 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere 291 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, 292 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit 293 und Datenschutz. 294 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. 295 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze 296 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. 297 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. 298 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. 299 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV. 300 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 301 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass 302 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten 303 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik 304 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte 305 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den 306 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert 307 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere 308 Ausführungen verzichtet. 309 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. 310 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. 311 * [19] Siehe Artikel 2 EUV. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger* 2 3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 ---------------------------------------------------- 7 Europäischen Union 8 ----------------------------------- 9 10 *von Simon Wendelin Burger*11 12 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des13 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 14 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 15 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 16 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 17 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 18 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 19 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 20 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 21 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 22 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 23 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 24 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 25 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 26 Parlament – moniert. 27 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 28 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 29 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 30 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 31 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 32 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 33 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 34 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 35 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 36 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 37 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 38 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 39 das Scheitern eines fertig verhandelten 40 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 41 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 42 ACTA nachdrücklich bewiesen. 43 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 44 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 45 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 46 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 47 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 48 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 49 Europäischen Union kurz skizziert werden. 50 51 52 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 53 Parlaments 54 ------------------------------------------------------------ 55 -------------------------------------- 56 57 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 58 59 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 60 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 61 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 62 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 63 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 64 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 65 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 66 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 67 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 68 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 69 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 70 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 71 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 72 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 73 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 74 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 75 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 76 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 77 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 78 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 79 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 80 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 81 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 82 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 83 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 84 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 85 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 86 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 87 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 88 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 89 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 90 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 91 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 92 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 93 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 94 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 95 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 96 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 97 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 98 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 99 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 100 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 101 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 102 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 103 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 104 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 105 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 106 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 107 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 108 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 109 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 110 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 111 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 112 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 113 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 114 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 115 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 116 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 117 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 118 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 119 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 120 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 121 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 122 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 123 werden sollen. 124 125 126 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 127 gemeinsamen Handelspolitik 128 ------------------------------------------------------------ 129 --------------------------------------------------------- 130 131 **ARTIKEL 207 AEUV** 132 133 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 134 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 135 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 136 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 137 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 138 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 139 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 140 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 141 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 142 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 143 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 144 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 145 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 146 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 147 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 148 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 149 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 150 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 151 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 152 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 153 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 154 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 155 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 156 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 157 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 158 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 159 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 160 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 161 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 162 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 163 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 164 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 165 166 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 167 vertraglichen Handelspolitik 168 ------------------------------------------------------------ 169 --------------------------------------------------------- 170 171 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 172 173 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 174 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 175 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 176 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 177 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 178 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 179 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 180 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 181 zur transatlantischen Handels- und 182 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 183 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 184 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 185 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 186 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 187 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 188 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 189 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 190 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 191 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 192 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 193 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 194 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 195 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 196 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 197 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 198 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 199 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 200 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 201 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 202 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 203 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 204 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 205 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 206 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 207 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 208 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 209 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 210 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 211 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 212 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 213 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 214 jedoch nicht. 215 216 217 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 218 Legitimation von «TTIP» 219 ------------------------------------------------------------ 220 ---------------------------------------------- 221 222 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 223 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 224 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 225 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 226 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 227 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 228 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 229 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 230 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 231 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 232 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 233 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 234 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 235 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 236 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 237 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 238 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 239 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 240 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 241 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 242 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 243 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 244 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 245 Missständen politischer Druck auf die Europäische 246 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 247 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 248 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 249 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 250 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 4 Außenhandelspolitik der 5 ------------------------------------------------------------ 6 --------------------------------------------------- 7 ------------------------------------------------------------ 8 ---------------------------------------------------- 9 Europäischen Union 10 -------------------------------- 11 ----------------------------------- 12 13 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 14 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 15 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 16 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 17 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 18 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 19 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 20 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 21 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 22 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 23 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 24 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 25 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 26 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 27 Parlament – moniert. 28 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 29 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 30 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 31 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 32 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 33 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 34 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 35 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 36 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 37 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 38 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 39 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 40 das Scheitern eines fertig verhandelten 41 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 42 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 43 ACTA nachdrücklich bewiesen. 44 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 45 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 46 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 47 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 48 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 49 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 50 Europäischen Union kurz skizziert werden. 51 52 53 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 54 Parlaments 55 ------------------------------------------------------------ 56 -------------------------------------- 57 58 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 59 60 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 61 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 62 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 63 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 64 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 65 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 66 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 67 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 68 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 69 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 70 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 71 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 72 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 73 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 74 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 75 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 76 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 77 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 78 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 79 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 80 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 81 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 82 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 83 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 84 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 85 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 86 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 87 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 88 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 89 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 90 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 91 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 92 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 93 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 94 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 95 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 96 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 97 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 98 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 99 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 100 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 101 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 102 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 103 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 104 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 105 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 106 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 107 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 108 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 109 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 110 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 111 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 112 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 113 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 114 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 115 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 116 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 117 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 118 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 119 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 120 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 121 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 122 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 123 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 124 werden sollen. 125 126 127 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 128 gemeinsamen Handelspolitik 129 ------------------------------------------------------------ 130 --------------------------------------------------------- 131 132 **ARTIKEL 207 AEUV** 133 134 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 135 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 136 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 137 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 138 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 139 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 140 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 141 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 142 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 143 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 144 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 145 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 146 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 147 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 148 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 149 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 150 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 151 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 152 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 153 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 154 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 155 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 156 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 157 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 158 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 159 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 160 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 161 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 162 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 163 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 164 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 165 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 166 167 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 168 vertraglichen Handelspolitik 169 ------------------------------------------------------------ 170 --------------------------------------------------------- 171 172 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 173 174 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 175 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 176 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 177 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 178 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 179 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 180 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 181 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 182 zur transatlantischen Handels- und 183 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 184 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 185 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 186 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 187 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 188 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 189 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 190 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 191 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 192 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 193 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 194 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 195 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 196 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 197 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 198 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 199 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 200 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 201 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 202 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 203 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 204 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 205 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 206 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 207 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 208 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 209 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 210 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 211 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 212 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 213 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 214 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 215 jedoch nicht. 216 217 218 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 219 Legitimation von «TTIP» 220 ------------------------------------------------------------ 221 ---------------------------------------------- 222 223 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 224 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 225 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 226 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 227 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 228 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 229 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 230 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 231 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 232 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 233 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 234 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 235 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 236 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 237 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 238 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 239 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 240 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 241 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 242 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 243 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 244 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 245 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 246 Missständen politischer Druck auf die Europäische 247 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 248 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 249 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 250 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 251 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER 4 ------------------------------------------------------------ 5 ------------------------------------------------- 6 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION 7 ------------------------------------------------------------ 8 --------------------------------------------------- 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft 2 mit TTIP? 3 4 Europarechtliche Hintergrundtexte zu «TTIP»: Die 5 Mitwirkungsrechte des Europäischen Parla-ments in der 6 Außenhandelspolitik der Europäischen Union 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische Kommission 10 erlasse-nen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihan-delsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der ge-planten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und Bürger 17 in die inhaltliche Ausgestaltung des Handelsvertrages immer 18 lauter. Besonders häu-fig werden dabei die fehlenden 19 Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen unmit-telbar 20 demokratisch gewählten Vertretungskör-pers der europäischen 21 Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen Parlament – 22 moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, kommen 27 dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem Vertrag 28 von Lissabon neu gefassten Vertrag über die Arbeitsweise der 29 Europäischen Union (AEUV) weitgehende Mitwirkungsrechte bei 30 der Erlassung des Rechtsaktes selbst, das heißt bei der 31 Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, zu. Dass diese 32 Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den rechtskräftigen 33 Abschluss eines Handelsvertrages ist und die mangelnde 34 Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar das Scheitern 35 eines fertig verhandelten Wirt-schaftsabkommens zur Folge 36 haben kann, wurde am Beispiel des multilateralen 37 Anti-Produktpiraterie-Abkommens ACTA nachdrück-lich 38 bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des 49 Europäischen Parlaments 50 51 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV 52 53 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 54 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem Europäischen 55 Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und dem Rat der 56 Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern der nationalen 57 Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. Dabei blieben 58 die Befugnisse des Parlaments im Entscheidungsprozess lange 59 hinter denen des Rats zurück: Bis zum Vertrag von Maastricht 60 von 1992 beschränkte sich die Beteiligung des Parlaments 61 größtenteils auf die Anhörung durch Rat und Kommission 62 einerseits sowie autonome Fragerechte gegenüber diesen 63 Institutionen andererseits, die jedoch jeweils keine 64 Bindungswirkung entfalteten. Durch die darauffolgenden 65 Vertragsänderungen von Ams-terdam, Nizza und Lissabon wurde 66 die Stellung des Parlaments weiter sukzessive aufgewertet, 67 sodass mit dem durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen 68 AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu den meisten 69 Politikbereichen der Europä-ischen Union eine Gleichstellung 70 der Rolle des Parlaments mit der des Rats angenommen wer-den 71 kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der Rechtsetzung kommen 72 dem Parlament darüber hinaus noch weitreichende Kompetenzen 73 hin-sichtlich der Budgetbeschlüsse der Europäischen Union 74 sowie umfassende Kontrollrechte gegenüber der Europäischen 75 Kommission zu. 76 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 77 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 78 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei 79 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über von 80 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 81 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 82 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche 83 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste 84 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und 85 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 86 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 87 Anwendung. 88 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 89 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 90 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 91 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit 92 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes 93 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen 94 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 95 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage (Zustimmungsverfahren), 96 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 97 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 98 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 99 entfalten. Darüber hin-aus kommt dem Parlament in keinem der 100 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 101 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in Belangen 102 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 103 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 104 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 105 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 106 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung, 107 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den 108 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt. 109 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen Bestandteil 110 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der Europäischen 111 Union darstellt, fällt diese nicht in den Anwendungs-bereich 112 der Gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik, weswegen 113 diesbezügliche Rege-lungen kein Anhörungsverfahren bedingen. 114 Vielmehr findet die Außenhandelspolitik der Europäischen 115 Union ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur 116 gemeinsamen Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz 117 erläutert werden sollen. 118 119 120 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par- 121 laments in der gemeinsamen Handelspolitik 122 123 ARTIKEL 207 AEUV 124 125 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche 126 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 127 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten, 128 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für 129 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als 130 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden 131 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 132 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess 133 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 134 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 135 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen fällt. 136 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 137 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame 138 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet 139 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome 140 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 141 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 142 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon 143 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den ausschließlichen 144 Zuständig-keitsbereich der Europäischen Union. Da die 145 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich nicht 146 mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch nationale 147 Parlamente besteht, bedürfen die von der Europäischen Union 148 gesetzten Maßnahmen einer besonders hohen demokratischen 149 Legitimierung, weswe-gen Richtlinien und Verordnungen, das 150 heißt Rechtsakte zur autonomen Handelssteuerung, im 151 ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im 152 Sinne der oben gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass 153 das Europäi-sche Parlament im diesbezüglichen 154 Entschei-dungsprozess das Recht hat, formelle 155 Abände-rungsvorschläge einzubringen oder den Rechts-akt 156 gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 157 158 159 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par- 160 laments in der vertraglichen Handelspolitik 161 162 ARTIKEL 207, 218 AEUV 163 164 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von Zöllen 165 oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel durchaus 166 begünstigt, wird ein Großteil der Außen-wirtschaftspolitik 167 der Europäischen Union durch bi- oder multilaterale 168 völkerrechtlichen Abkommen mit einem oder mehreren 169 Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil der ge-meinsamen 170 Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als vertragliche 171 Handelspolitik be-zeichnet. Auch das Abkommen zur 172 transat-lantischen Handels- und Investitionspartner-schaft 173 TTIP ist als Instrument der vertraglichen Handelspolitik zu 174 klassifizieren. 175 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union 176 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 177 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 178 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten 179 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 180 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 181 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 182 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 183 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 184 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben gemachten 185 Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses des 186 transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 187 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 188 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 189 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten 190 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen 191 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 192 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 193 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 194 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 195 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 196 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion 197 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 198 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 199 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 200 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission 201 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen 202 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch 203 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 204 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission 205 jedoch nicht. 206 207 208 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische 209 Legitimation von «TTIP» 210 211 212 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass 213 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 214 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 215 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt: 216 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 217 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form erneut 218 einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der vertraglichen 219 Handelspolitik immer noch ein absolutes Veto-recht. Das 220 Europäische Parlament hätte daher die Kraft, das Abkommen 221 zur transatlantischen Investitions- und Handelspartnerschaft 222 gänzlich zu blockieren, sollte es nicht seinem politischen 223 Willen entsprechen. Der Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das 224 Parlament auch durchaus zu einem derartigen Schritt bereit 225 sein könnte. 226 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 227 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig entfaltet 228 sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des Parlaments im 229 Hinsicht auf den Beschluss des Verhandlungsmandates vor und 230 erlaubt diesem auch nicht, Änderungs-vorschläge zum fertig 231 verhandelten Text einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige 232 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se 233 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von 234 Missständen politischer Druck auf die Europäische Kommission 235 ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der demokratischen 236 Grundwerte , der sich die Europäische Union verpflichtet, 237 vermutlich erstrebenswert, das Parlament aktiver an der 238 inhaltlichen Gestaltung von derart einschneidenden 239 Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 *von Simon Wendelin Burger* 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union** 6 ----------------------------------- 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 22 Parlament – moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 35 das Scheitern eines fertig verhandelten 36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 38 ACTA nachdrücklich bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 49 Parlaments 50 ------------------------------------------------------------ 51 -------------------------------------- 52 53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 54 55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 77 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 119 werden sollen. 120 121 122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 123 gemeinsamen Handelspolitik 124 ------------------------------------------------------------ 125 --------------------------------------------------------- 126 127 **ARTIKEL 207 AEUV** 128 129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 161 162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 163 vertraglichen Handelspolitik 164 ------------------------------------------------------------ 165 --------------------------------------------------------- 166 167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 168 169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 177 zur transatlantischen Handels- und 178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 193 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 202 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 210 jedoch nicht. 211 212 213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 214 Legitimation von «TTIP» 215 ------------------------------------------------------------ 216 ---------------------------------------------- 217 218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 241 Missständen politischer Druck auf die Europäische 242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu Dokumenten247 während des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden248 kann, kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den249 seit dem Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über250 die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende251 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst,252 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens,253 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeu-tung für den254 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und255 die mangelnde Zu-stimmung des Europäischen Parlaments sogar256 das Scheitern eines fertig verhandelten257 Wirt-schaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am258 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens259 ACTA nachdrück-lich bewiesen.260 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des261 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der262 europäischen Bürgerin-nen und Bürger, auch in Fragen der263 Außenhan-delspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeu-tung264 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des265 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der266 Europäischen Union kurz skizziert werden.267 268 269 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des270 Europäischen Parlaments271 272 ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV273 274 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt275 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem276 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und277 dem Rat der Euro-päischen Union, der sich aus Vertretern278 der nationalen Regierungen zusammensetzt, als279 Staatenkammer. Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments280 im Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück:281 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich282 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die283 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome284 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits,285 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch286 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Ams-terdam,287 Nizza und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter288 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag289 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu290 den meisten Politikbereichen der Europä-ischen Union eine291 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats292 angenommen wer-den kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der293 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch294 weitreichende Kompetenzen hin-sichtlich der295 Budgetbeschlüsse der Europäischen Union sowie umfassende296 Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission zu.297 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste298 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am299 sogenannten «ordentli-chen Gesetzgebungsverfahren», bei300 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegen-über301 von der Europäischen Kommission vorge-schlagenen302 Rechtsakten zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle303 Abänderungsvor-schläge zu beschließen. Das ordentliche304 Ge-setzgebungsverfahren ist das nunmehr wich-tigste305 Verfahren in der Rechtsetzung der Euro-päischen Union und306 findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen307 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik,308 Anwendung.309 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen310 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere311 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der312 jeweiligen Kom-petenzgrundlage in den Verträgen explizit313 gere-gelt ist; in diesen findet ein «besonderes314 Ge-setzgebungsverfahren» Anwendung. Die jewei-ligen315 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des316 Parlaments zu einer Geset-zesvorlage317 (Zustimmungsverfahren), oder aber auch nur eine318 diesbezügliche Anhörung des Parlaments (Anhörungsverfahren)319 vorsehen, in dem die Stellungnahmen des Parlaments jedoch320 keine Bindungswirkung entfalten. Darüber hin-aus kommt dem321 Parlament in keinem der beiden Fälle ein formelles322 Abänderungsrecht zu.323 Während das Zustimmungsverfahren bei-spielsweise in324 Belangen der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der325 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den326 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich327 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der328 gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik zur Anwendung,329 die mangels supra-nationalen Charakters weitgehend in den330 Hän-den der nationalen Regierungen verbleibt.331 Obwohl die Außenhandelspolitik einen in-tegralen332 Bestandteil des Politikbereichs des auswärtigen Handels der333 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den334 Anwendungs-bereich der Gemeinsamen Außen- und335 Sicher-heitspolitik, weswegen diesbezügliche Rege-lungen336 kein Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die337 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre338 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen339 Handels-politik, die im folgenden Absatz kurz erläutert340 werden sollen.341 342 343 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-344 laments in der gemeinsamen Handelspolitik345 346 ARTIKEL 207 AEUV347 348 Die Europäische Union ist der größte ein-heitliche349 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa350 stark vom Export eu-ropäischer Produkte in Drittstaaten,351 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importproduk-ten für352 europäische Produzenten und Verbrau-cher abhängig. Als353 logische Ergänzung des eu-ropäischen Binnenmarktes wurden354 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der355 Mit-gliedsstaaten in den europäischen Integrations-prozess356 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung357 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den358 Zuständigkeits-bereich der europäischen Institutionen359 fällt. Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte360 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «ge-meinsame361 Handelspolitik» bezeichnet und be-gründet362 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hin-blick auf autonome363 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch364 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.365 Seit den Änderungen durch den Reform-vertrag von Lissabon366 fällt die gemeinsame Han-delspolitik in den367 ausschließlichen Zuständig-keitsbereich der Europäischen368 Union. Da die Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher369 grundsätzlich nicht mehr tätig werden und daher keine370 Kontrolle durch nationale Parlamente besteht, bedürfen die371 von der Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer372 besonders hohen demokratischen Legitimierung, weswe-gen373 Richtlinien und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur374 autonomen Handelssteuerung, im ordentlichen375 Gesetzgebungsverfahren erlas-sen werden. Im Sinne der oben376 gemachten Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäi-sche377 Parlament im diesbezüglichen Entschei-dungsprozess das378 Recht hat, formelle Abände-rungsvorschläge einzubringen379 oder den Rechts-akt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen.380 381 382 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Par-383 laments in der vertraglichen Handelspolitik384 385 ARTIKEL 207, 218 AEUV386 387 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von388 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel389 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der390 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi-391 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem392 oder mehreren Dritt-staaten bestimmt. Dieser Bestandteil393 der ge-meinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt,394 als vertragliche Handelspolitik be-zeichnet. Auch das395 Abkommen zur transat-lantischen Handels- und396 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der397 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren.398 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europä-ische Union399 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen,400 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in401 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mit-gliedsstaaten402 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des403 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des404 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte405 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren,406 die von den all-gemeinen Bestimmungen für die gemeinsame407 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben408 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses409 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der410 Anwen-dung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw.411 Zustimmungsverfahren, auszugehen.412 Demgemäß muss das Europäische Parla-ment dem verhandelten413 Text des völkerrechtli-chen Vertrages zustimmen, um diesen414 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das415 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens416 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen417 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht418 vorgese-hen, was bedeutet, dass das Parlament keinen419 Einfluss auf den von der Europäischen Kommis-sion420 verhandelten Vertragstext nehmen kann.421 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise422 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der423 vertraglichen Han-delspolitik, die Europäische Kommission424 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Ver-handlungen425 Bericht erstatten muss. Das Par-lament ist dabei auch426 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und427 Stellungnah-men abzugeben; diese binden die Kommission428 jedoch nicht.429 430 431 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demo-kratische432 Legitimation von «TTIP»433 434 435 Die Analyse der primärrechtlichen Be-stimmungen zum Erlass436 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne,437 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im438 Rechtsetzungsverfahren zur Außen-wirtschaftspolitik zukommt:439 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome440 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form441 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der442 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes443 Veto-recht. Das Europäische Parlament hätte daher die444 Kraft, das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und445 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es446 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der447 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch448 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte.449 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die450 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig451 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des452 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des453 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht,454 Änderungs-vorschläge zum fertig verhandelten Text455 einzu-bringen. Auch wenn die regelmäßige456 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilwei-se457 kompensieren kann, in dem beim Bekannt-werden von458 Missständen politischer Druck auf die Europäische459 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der460 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union461 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament462 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart463 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zulassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 2 Außenhandelspolitik der 3 ------------------------------------------------------------ 4 ---------------------------------------------------- 5 Europäischen Union 6 ----------------------------------- 7 8 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 9 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 10 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 11 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 12 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 13 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 14 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 15 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 16 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 17 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 18 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 19 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 20 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 21 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 22 Parlament – moniert. 23 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 24 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 25 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 26 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 27 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 28 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 29 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 30 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 31 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 32 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 33 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 34 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 35 das Scheitern eines fertig verhandelten 36 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 37 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 38 ACTA nachdrücklich bewiesen. 39 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 40 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 41 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 42 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 43 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwir-kungsrechte des 44 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 45 Europäischen Union kurz skizziert werden. 46 47 48 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 49 Parlaments 50 ------------------------------------------------------------ 51 -------------------------------------- 52 53 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 54 55 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 56 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 57 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 58 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 59 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 60 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 61 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 62 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 63 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 64 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 65 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 66 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 67 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 68 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 69 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 70 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 71 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 72 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 73 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 74 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 75 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 76 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 77 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 78 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 79 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 80 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 81 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 82 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 83 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 84 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 85 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 86 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 87 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 88 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 89 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 90 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 91 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 92 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 93 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 94 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 95 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 96 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 97 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 98 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 99 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 100 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 101 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 102 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 103 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 104 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 105 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 106 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 107 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 108 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 109 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 110 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 111 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 112 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 113 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 114 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 115 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 116 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 117 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 118 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 119 werden sollen. 120 121 122 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 123 gemeinsamen Handelspolitik 124 ------------------------------------------------------------ 125 --------------------------------------------------------- 126 127 **ARTIKEL 207 AEUV** 128 129 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 130 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 131 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 132 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 133 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 134 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 135 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 136 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 137 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 138 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 139 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 140 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 141 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 142 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 143 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 144 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 145 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 146 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 147 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 148 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 149 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 150 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 151 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 152 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 153 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 154 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 155 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 156 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 157 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 158 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 159 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 160 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 161 162 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 163 vertraglichen Handelspolitik 164 ------------------------------------------------------------ 165 --------------------------------------------------------- 166 167 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 168 169 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 170 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 171 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 172 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 173 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 174 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 175 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 176 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 177 zur transatlantischen Handels- und 178 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 179 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 180 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 181 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 182 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 183 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 184 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 185 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 186 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 187 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 188 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 189 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 190 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 191 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 192 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 193 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 194 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 195 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 196 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 197 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 198 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 199 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 200 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 201 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 202 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 203 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 204 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 205 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 206 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 207 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 208 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 209 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 210 jedoch nicht. 211 212 213 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 214 Legitimation von «TTIP» 215 ------------------------------------------------------------ 216 ---------------------------------------------- 217 218 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 219 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 220 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 221 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 222 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 223 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 224 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 225 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 226 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 227 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 228 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 229 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 230 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 231 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 232 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 233 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 234 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 235 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 236 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 237 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 238 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 239 Unterrich-tungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 240 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 241 Missständen politischer Druck auf die Europäische 242 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 243 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 244 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 245 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 246 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER 4 ------------------------------------------------------------5 -------------------------------------------------6 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION7 ------------------------------------------------------------ 8 --------------------------------------------------- 9 10 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 11 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 12 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 13 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 14 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 15 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 16 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 17 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 18 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 19 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 20 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 21 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 22 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 23 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 24 Parlament – moniert. 25 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 26 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 27 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 28 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 29 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 30 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 31 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 32 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 33 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 34 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 35 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 36 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 37 das Scheitern eines fertig verhandelten 38 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 39 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 40 ACTA nachdrücklich bewiesen. 41 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 42 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 43 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 44 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 45 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 46 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 47 Europäischen Union kurz skizziert werden. 48 49 50 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 51 Parlaments 52 ------------------------------------------------------------ 53 -------------------------------------- 54 55 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 56 57 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 58 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 59 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 60 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 61 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 62 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 63 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 64 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 65 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 66 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 67 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 68 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 69 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 70 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 71 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 72 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 73 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 74 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 75 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 76 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 77 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 78 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 79 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 80 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 81 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 82 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 83 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 84 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 85 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 86 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 87 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 88 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 89 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 90 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 91 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 92 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 93 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 94 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 95 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 96 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 97 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 98 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 99 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 100 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 101 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 102 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 103 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 104 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 105 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 106 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 107 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 108 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 109 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 110 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 111 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 112 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 113 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 114 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 115 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 116 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 117 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 118 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 119 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 120 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 121 werden sollen. 122 123 124 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 125 gemeinsamen Handelspolitik 126 ------------------------------------------------------------ 127 --------------------------------------------------------- 128 129 **ARTIKEL 207 AEUV** 130 131 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 132 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 133 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 134 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 135 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 136 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 137 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 138 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 139 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 140 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 141 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 142 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 143 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 144 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 145 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 146 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 147 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 148 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 149 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 150 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 151 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 152 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 153 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 154 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 155 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 156 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 157 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 158 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 159 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 160 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 161 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 162 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 163 164 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 165 vertraglichen Handelspolitik 166 ------------------------------------------------------------ 167 --------------------------------------------------------- 168 169 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 170 171 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 172 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 173 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 174 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 175 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 176 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 177 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 178 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 179 zur transatlantischen Handels- und 180 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 181 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 182 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 183 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 184 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 185 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 186 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 187 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 188 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 189 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 190 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 191 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 192 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 193 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 194 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 195 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 196 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 197 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 198 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 199 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 200 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 201 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 202 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 203 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 204 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 205 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 206 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 207 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 208 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 209 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 210 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 211 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 212 jedoch nicht. 213 214 215 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 216 Legitimation von «TTIP» 217 ------------------------------------------------------------ 218 ---------------------------------------------- 219 220 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 221 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 222 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 223 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 224 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 225 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 226 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 227 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 228 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 229 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 230 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 231 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 232 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 233 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 234 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 235 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 236 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 237 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 238 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 239 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 240 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 241 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 242 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 243 Missständen politischer Druck auf die Europäische 244 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 245 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 246 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 247 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 248 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!** 4 ------------------------------------------------------------ 5 ---------- 6 7 ** DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER 8 AUßENHANDELSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION** 9 ------------------------------------------------------------ 10 --------------------------------------------------- 11 12 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 13 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 14 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 15 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 16 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 17 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 18 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 19 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 20 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 21 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 22 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 23 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 24 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 25 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 26 Parlament – moniert. 27 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 28 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 29 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 30 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 31 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 32 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 33 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 34 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 35 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 36 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 37 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 38 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 39 das Scheitern eines fertig verhandelten 40 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 41 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 42 ACTA nachdrücklich bewiesen. 43 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 44 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 45 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 46 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 47 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 48 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 49 Europäischen Union kurz skizziert werden. 50 51 52 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 53 Parlaments 54 ------------------------------------------------------------ 55 -------------------------------------- 56 57 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 58 59 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 60 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 61 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 62 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 63 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 64 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 65 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 66 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 67 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 68 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 69 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 70 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 71 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 72 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 73 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 74 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 75 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 76 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 77 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 78 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 79 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 80 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 81 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 82 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 83 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 84 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 85 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 86 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 87 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 88 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 89 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 90 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 91 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 92 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 93 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 94 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 95 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 96 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 97 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 98 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 99 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 100 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 101 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 102 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 103 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 104 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 105 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 106 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 107 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 108 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 109 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 110 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 111 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 112 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 113 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 114 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 115 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 116 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 117 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 118 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 119 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 120 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 121 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 122 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 123 werden sollen. 124 125 126 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 127 gemeinsamen Handelspolitik 128 ------------------------------------------------------------ 129 --------------------------------------------------------- 130 131 **ARTIKEL 207 AEUV** 132 133 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 134 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 135 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 136 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 137 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 138 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 139 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 140 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 141 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 142 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 143 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 144 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 145 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 146 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 147 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 148 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 149 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 150 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 151 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 152 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 153 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 154 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 155 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 156 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 157 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 158 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 159 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 160 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 161 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 162 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 163 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 164 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 165 166 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 167 vertraglichen Handelspolitik 168 ------------------------------------------------------------ 169 --------------------------------------------------------- 170 171 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 172 173 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 174 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 175 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 176 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 177 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 178 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 179 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 180 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 181 zur transatlantischen Handels- und 182 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 183 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 184 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 185 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 186 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 187 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 188 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 189 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 190 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 191 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 192 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 193 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 194 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 195 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 196 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 197 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 198 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 199 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 200 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 201 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 202 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 203 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 204 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 205 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 206 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 207 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 208 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 209 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 210 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 211 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 212 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 213 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 214 jedoch nicht. 215 216 217 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 218 Legitimation von «TTIP» 219 ------------------------------------------------------------ 220 ---------------------------------------------- 221 222 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 223 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 224 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 225 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 226 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 227 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 228 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 229 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 230 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 231 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 232 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 233 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 234 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 235 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 236 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 237 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 238 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 239 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 240 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 241 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 242 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 243 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 244 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 245 Missständen politischer Druck auf die Europäische 246 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 247 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 248 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 249 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 250 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!** 4 ------------------------------------------------------------ 5 ---------- 6 7 ** DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 8 ------------------------------------------------------------ 9 --------------------------------------------------- 10 11 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 12 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 13 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 14 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 15 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 16 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 17 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 18 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 19 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 20 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 21 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 22 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 23 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 24 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 25 Parlament – moniert. 26 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 27 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 28 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 29 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 30 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 31 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 32 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 33 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 34 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 35 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 36 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 37 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 38 das Scheitern eines fertig verhandelten 39 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 40 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 41 ACTA nachdrücklich bewiesen. 42 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 43 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 44 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 45 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 46 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 47 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 48 Europäischen Union kurz skizziert werden. 49 50 51 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 52 Parlaments 53 ------------------------------------------------------------ 54 -------------------------------------- 55 56 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 57 58 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 59 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 60 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 61 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 62 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 63 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 64 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 65 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 66 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 67 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 68 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 69 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 70 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 71 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 72 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 73 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 74 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 75 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 76 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 77 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 78 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 79 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 80 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 81 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 82 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 83 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 84 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 85 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 86 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 87 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 88 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 89 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 90 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 91 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 92 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 93 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 94 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 95 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 96 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 97 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 98 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 99 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 100 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 101 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 102 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 103 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 104 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 105 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 106 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 107 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 108 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 109 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 110 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 111 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 112 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 113 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 114 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 115 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 116 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 117 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 118 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 119 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 120 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 121 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 122 werden sollen. 123 124 125 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 126 gemeinsamen Handelspolitik 127 ------------------------------------------------------------ 128 --------------------------------------------------------- 129 130 **ARTIKEL 207 AEUV** 131 132 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 133 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 134 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 135 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 136 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 137 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 138 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 139 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 140 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 141 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 142 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 143 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 144 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 145 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 146 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 147 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 148 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 149 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 150 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 151 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 152 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 153 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 154 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 155 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 156 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 157 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 158 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 159 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 160 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 161 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 162 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 163 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 164 165 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 166 vertraglichen Handelspolitik 167 ------------------------------------------------------------ 168 --------------------------------------------------------- 169 170 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 171 172 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 173 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 174 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 175 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 176 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 177 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 178 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 179 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 180 zur transatlantischen Handels- und 181 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 182 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 183 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 184 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 185 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 186 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 187 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 188 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 189 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 190 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 191 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 192 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 193 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 194 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 195 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 196 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 197 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 198 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 199 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 200 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 201 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 202 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 203 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 204 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 205 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 206 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 207 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 208 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 209 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 210 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 211 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 212 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 213 jedoch nicht. 214 215 216 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 217 Legitimation von «TTIP» 218 ------------------------------------------------------------ 219 ---------------------------------------------- 220 221 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 222 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 223 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 224 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 225 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 226 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 227 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 228 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 229 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 230 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 231 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 232 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 233 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 234 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 235 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 236 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 237 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 238 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 239 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 240 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 241 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 242 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 243 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 244 Missständen politischer Druck auf die Europäische 245 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 246 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 247 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 248 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 249 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!** 4 ------------------------------------------------------------ 5 ---------- 6 7 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 8 ------------------------------------------------------------ 9 --------------------------------------------------- 10 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 11 ------------------------------------------------------------ 12 ------- 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 25 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 26 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 27 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 28 Parlament – moniert. 29 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 30 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 31 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 32 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 33 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 34 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 35 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 36 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 37 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 38 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 39 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 40 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 41 das Scheitern eines fertig verhandelten 42 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 43 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 44 ACTA nachdrücklich bewiesen. 45 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 46 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 47 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 48 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 49 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 50 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 51 Europäischen Union kurz skizziert werden. 52 53 54 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 55 Parlaments 56 ------------------------------------------------------------ 57 -------------------------------------- 58 59 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 60 61 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 62 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 63 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 64 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 65 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 66 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 67 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 68 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 69 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 70 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 71 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 72 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 73 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 74 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 75 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 76 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 77 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 78 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 79 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 80 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 81 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 82 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 83 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 84 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 85 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 86 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 87 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 88 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 89 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 90 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 91 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 92 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 93 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 94 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 95 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 96 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 97 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 98 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 99 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 100 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 101 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 102 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 103 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 104 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 105 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 106 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 107 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 108 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 109 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 110 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 111 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 112 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 113 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 114 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 115 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 116 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 117 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 118 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 119 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 120 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 121 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 122 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 123 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 124 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 125 werden sollen. 126 127 128 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 129 gemeinsamen Handelspolitik 130 ------------------------------------------------------------ 131 --------------------------------------------------------- 132 133 **ARTIKEL 207 AEUV** 134 135 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 136 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 137 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 138 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 139 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 140 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 141 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 142 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 143 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 144 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 145 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 146 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 147 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 148 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 149 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 150 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 151 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 152 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 153 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 154 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 155 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 156 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 157 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 158 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 159 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 160 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 161 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 162 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 163 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 164 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 165 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 166 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 167 168 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 169 vertraglichen Handelspolitik 170 ------------------------------------------------------------ 171 --------------------------------------------------------- 172 173 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 174 175 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 176 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 177 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 178 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 179 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 180 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 181 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 182 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 183 zur transatlantischen Handels- und 184 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 185 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 186 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 187 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 188 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 189 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 190 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 191 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 192 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 193 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 194 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 195 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 196 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 197 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 198 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 199 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 200 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 201 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 202 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 203 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 204 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 205 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 206 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 207 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 208 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 209 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 210 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 211 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 212 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 213 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 214 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 215 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 216 jedoch nicht. 217 218 219 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 220 Legitimation von «TTIP» 221 ------------------------------------------------------------ 222 ---------------------------------------------- 223 224 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 225 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 226 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 227 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 228 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 229 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 230 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 231 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 232 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 233 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 234 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 235 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 236 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 237 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 238 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 239 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 240 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 241 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 242 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 243 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 244 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 245 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 246 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 247 Missständen politischer Druck auf die Europäische 248 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 249 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 250 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 251 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 252 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 *von Simon Wendelin Burger.* 2 3 **«TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!**4 ------------------------------------------------------------5 ----------6 7 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS**8 ------------------------------------------------------------ 9 --------------------------------------------------- 10 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 11 ------------------------------------------------------------ 12 ------- 13 14 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 15 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 16 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 17 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten und der 18 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 19 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 20 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 21 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 22 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 23 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 24 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 25 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 26 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 27 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 28 Parlament – moniert. 29 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 30 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats nicht 31 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 32 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt werden kann, 33 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 34 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 35 Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weitgehende 36 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 37 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 38 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 39 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 40 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 41 das Scheitern eines fertig verhandelten 42 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 43 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 44 ACTA nachdrücklich bewiesen. 45 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 46 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 47 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 48 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 49 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 50 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 51 Europäischen Union kurz skizziert werden. 52 53 54 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 55 Parlaments 56 ------------------------------------------------------------ 57 -------------------------------------- 58 59 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 60 61 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 62 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 63 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 64 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 65 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 66 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 67 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 68 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 69 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 70 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 71 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 72 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 73 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 74 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 75 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 76 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 77 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 78 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 79 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 80 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 81 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 82 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 83 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 84 Im Rechtsetzungsverfahren besteht das wichtigste 85 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 86 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 87 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 88 der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Rechtsakten 89 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 90 Abänderungsvorschläge zu beschließen. Das ordentliche 91 Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr wichtigste Verfahren 92 in der Rechtsetzung der Europäischen Union und findet in 93 einem Großteil der gemeinschaftlichen Politikbereiche, wie 94 zum Beispiel der Umweltpolitik, Anwendung. 95 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 96 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 97 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 98 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 99 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 100 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung. Die jeweiligen 101 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 102 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 103 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 104 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 105 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 106 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 107 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu. 108 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 109 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 110 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 111 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 112 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 113 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 114 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 115 Händen der nationalen Regierungen verbleibt. 116 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 117 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 118 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 119 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 120 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 121 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 122 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 123 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 124 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 125 werden sollen. 126 127 128 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 129 gemeinsamen Handelspolitik 130 ------------------------------------------------------------ 131 --------------------------------------------------------- 132 133 **ARTIKEL 207 AEUV** 134 135 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 136 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 137 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 138 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 139 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 140 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 141 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 142 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 143 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 144 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 145 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 146 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 147 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 148 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 149 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 150 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 151 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten. 152 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 153 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 154 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Da die 155 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 156 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 157 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 158 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 159 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 160 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 161 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 162 erlas-sen werden. Im Sinne der oben gemachten Ausführungen 163 bedeutet dies, dass das Europäische Parlament im 164 diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 165 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 166 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 167 168 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 169 vertraglichen Handelspolitik 170 ------------------------------------------------------------ 171 --------------------------------------------------------- 172 173 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 174 175 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 176 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 177 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 178 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 179 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 180 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 181 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 182 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 183 zur transatlantischen Handels- und 184 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 185 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 186 Als Völkerrechtssubjekt kann die Europäische Union 187 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 188 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 189 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 190 ausschließliche Zuständigkeit zukommt. Aufgrund des 191 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 192 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 193 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 194 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 195 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 196 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 197 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 198 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 199 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 200 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 201 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 202 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 203 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 204 hat. Das Recht auf die Einbringung eines formellen 205 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 206 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 207 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 208 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 209 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 210 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 211 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 212 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 213 Bericht erstatten muss. Das Parlament ist dabei auch 214 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 215 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 216 jedoch nicht. 217 218 219 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 220 Legitimation von «TTIP» 221 ------------------------------------------------------------ 222 ---------------------------------------------- 223 224 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 225 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 226 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 227 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 228 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 229 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 230 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 231 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 232 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 233 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 234 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 235 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 236 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 237 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 238 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 239 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 240 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 241 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 242 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 243 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 244 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 245 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 246 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 247 Missständen politischer Druck auf die Europäische 248 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 249 demokratischen Grundwerte , der sich die Europäische Union 250 verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das Parlament 251 aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 252 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der EU
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] 92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr 93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen 94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 96 Anwendung.[8] 97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen 103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] 110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] 118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 127 werden sollen. 128 129 130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 131 gemeinsamen Handelspolitik 132 ------------------------------------------------------------ 133 --------------------------------------------------------- 134 135 **ARTIKEL 207 AEUV** 136 137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] 154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die 157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten 165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament 166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 169 170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 171 vertraglichen Handelspolitik 172 ------------------------------------------------------------ 173 --------------------------------------------------------- 174 175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 176 177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 185 zur transatlantischen Handels- und 186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union 189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des 193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 201 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen 207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 210 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch 216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 218 jedoch nicht. 219 220 221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 222 Legitimation von «TTIP» 223 ------------------------------------------------------------ 224 ---------------------------------------------- 225 226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 249 Missständen politischer Druck auf die Europäische 250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische 252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das 253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. 255 256 ------------------------------------------------------- 257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) 260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG 263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht 264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das 265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und 266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. 267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von 268 Verhandlung und den Erlass eines Verhandlungsmandats jedoch 269 zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe Entschließung 270 des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen der EU mit 271 den Verei-nigten Staaten von Amerika über ein Handels- und 272 Investitionsabkommen, 15. Mai 2013, 2013/2558 (RSP). 273 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt 274 L 145, 31. Mai 2001. 275 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 276 Amtsblatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) 277 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf 278 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting 279 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen 280 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. 281 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, 282 Nomos, 2012, Art 289 AEUV. 283 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt 284 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). 285 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze 286 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. 287 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. 288 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), 289 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere 290 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, 291 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit 292 und Datenschutz. 293 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. 294 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze 295 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. 296 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. 297 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. 298 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV. 299 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 300 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass 301 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten 302 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik 303 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte 304 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den 305 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert 306 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere 307 Ausführungen verzichtet. 308 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. 309 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. 310 * [19] Siehe Artikel 2 EUV. -
Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
von admin, angelegt1 **DIE MITWIRKUNGSRECHTE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS** 2 ------------------------------------------------------------ 3 --------------------------------------------------- 4 **IN DER AUßENHANDELSPOLITIK DER EU** 5 ------------------------------------------------------------ 6 ------- 7 8 ![EP](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaeisch 9 er-salon-3/parlament-gross-c-european-1.jpg/@@images/image.j 10 peg) 11 (c) European Parliament 12 13 *von Simon Wendelin Burger.* 14 15 Spätestens seit dem Bekanntwerden von Inhalt und Umfang des 16 vom Rat der Europäischen Union an die Europäische 17 Kommission erlassenen Mandates zur Verhandlung eines 18 Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten[1] und der 19 dadurch enthüllten Tragweite der geplanten 20 transatlantischen Handels- und Investi-tionspartnerschaft 21 TTIP werden die Rufe nach mehr Transparenz, einer 22 Demokratisierung des Verhandlungsprozesses und einer 23 stärkeren Einbindung der europäischen Bürgerinnen und 24 Bürger in die inhaltliche Ausgestaltung des 25 Handelsvertrages immer lauter. Besonders häufig werden 26 dabei die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des einzigen 27 unmittelbar demokratisch gewählten Vertretungskörpers der 28 europäischen Bürgerinnen und Bürger – dem Europäischen 29 Parlament – moniert. 30 Während es zutrifft, dass eine Beteiligung des Europäischen 31 Parlaments am Erlass des Verhandlungsmandats[2] nicht 32 vorgesehen ist, und auch der Zugang zu Dokumenten während 33 des Verhandlungsprozesses eingeschränkt[3] werden kann, 34 kommen dem Europäischen Parlament jedoch durch den seit dem 35 Vertrag von Lissabon neu gefassten Vertrag über die 36 Arbeitsweise der Europäischen Union[4] (AEUV) weitgehende 37 Mitwirkungsrechte bei der Erlassung des Rechtsaktes selbst, 38 das heißt bei der Inkraftsetzung des Freihandelsabkommens, 39 zu. Dass diese Kompetenz von elementarer Bedeutung für den 40 rechtskräftigen Abschluss eines Handelsvertrages ist und 41 die mangelnde Zustimmung des Europäischen Parlaments sogar 42 das Scheitern eines fertig verhandelten 43 Wirtschaftsabkommens zur Folge haben kann, wurde am 44 Beispiel des multilateralen Anti-Produktpiraterie-Abkommens 45 ACTA nachdrücklich bewiesen.[5] 46 Somit kann angenommen werden, dass die Zustimmung des 47 Europäischen Parlaments, und somit der Wille der 48 europäischen Bürgerinnen und Bürger, auch in Fragen der 49 Außenhandelspolitik letztlich ausschlaggebende Bedeutung 50 hat. Im Folgenden sollen daher die Mitwirkungsrechte des 51 Europäischen Parlaments in der Außenhandelspolitik der 52 Europäischen Union kurz skizziert werden. 53 54 55 Allgemeines zu den Mitwirkungsrechten des Europäischen 56 Parlaments 57 ------------------------------------------------------------ 58 -------------------------------------- 59 60 **ARTIKEL 14 EUV, ARTIKEL 289 – 294 AEUV** 61 62 Die Rechtsetzung der Europäischen Union erfolgt 63 gemeinschaftlich durch zwei Institutio-nen: Dem 64 Europäischen Parlament als direkt gewählte Bürgerkammer und 65 dem Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der 66 nationalen Regierungen zusammensetzt, als Staatenkammer. 67 Dabei blieben die Befugnisse des Parlaments im 68 Entscheidungsprozess lange hinter denen des Rats zurück: 69 Bis zum Vertrag von Maastricht von 1992 beschränkte sich 70 die Beteiligung des Parlaments größtenteils auf die 71 Anhörung durch Rat und Kommission einerseits sowie autonome 72 Fragerechte gegenüber diesen Institutionen andererseits, 73 die jedoch jeweils keine Bindungswirkung entfalteten. Durch 74 die darauffolgenden Vertragsänderungen von Amsterdam, Nizza 75 und Lissabon wurde die Stellung des Parlaments weiter 76 sukzessive aufgewertet, sodass mit dem durch den Vertrag 77 von Lissabon geschaffenen AEUV im Gesetzgebungsverfahren zu 78 den meisten Politikbereichen der Europäischen Union eine 79 Gleichstellung der Rolle des Parlaments mit der des Rats 80 angenommen werden kann. Zusätzlich zur Beteiligung an der 81 Rechtsetzung kommen dem Parlament darüber hinaus noch 82 weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Budgetbeschlüsse 83 der Europäischen Union sowie umfassende Kontrollrechte 84 gegenüber der Europäischen Kommission zu. 85 Im Rechtsetzungsverfahren[6] besteht das wichtigste 86 Mitwirkungsrecht des Parlaments in seiner Beteiligung am 87 sogenannten «ordentlichen Gesetzgebungsverfahren», bei 88 welchem dem Parlament nicht nur ein Vetorecht gegenüber von 89 der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Rechtsakten 90 zukommt, sondern auch die Kompetenz, formelle 91 Abänderungsvorschläge zu beschließen.[7] 92 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das nunmehr 93 wichtigste Verfahren in der Rechtsetzung der Europäischen 94 Union und findet in einem Großteil der gemeinschaftlichen 95 Politikbereiche, wie zum Beispiel der Umweltpolitik, 96 Anwendung.[8] 97 Neben dem weiten Anwendungsbereich des ordentlichen 98 Gesetzgebungsverfahrens gibt es jedoch besondere 99 Politikbereiche, für die das Rechtsetzungsverfahren in der 100 jeweiligen Kompetenzgrundlage in den Verträgen explizit 101 geregelt ist; in diesen findet ein «besonderes 102 Gesetzgebungsverfahren» Anwendung.[9] Die jeweiligen 103 vertraglichen Bestimmungen können dabei die Zustimmung des 104 Parlaments zu einer Gesetzesvorlage (Zustimmungsverfahren), 105 oder aber auch nur eine diesbezügliche Anhörung des 106 Parlaments (Anhörungsverfahren) vorsehen, in dem die 107 Stellungnahmen des Parlaments jedoch keine Bindungswirkung 108 entfalten. Darüber hinaus kommt dem Parlament in keinem der 109 beiden Fälle ein formelles Abänderungsrecht zu.[10] 110 Während das Zustimmungsverfahren beispielsweise in Belangen 111 der Unionsbürgerschaft (Artikel 18 AEUV), der 112 Flexibilitätsklausel (Artikel 352 AEUV) oder den 113 mehrjährigen Fi-nanzrahmen (Artikel 312 AEUV) erforderlich 114 ist, kommt das Anhörungsverfahren nur mehr im Rahmen der 115 gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Anwendung, 116 die mangels supranationalen Charakters weitgehend in den 117 Händen der nationalen Regierungen verbleibt.[11] 118 Obwohl die Außenhandelspolitik einen integralen Bestandteil 119 des Politikbereichs des auswärtigen Handels der 120 Europäischen Union darstellt, fällt diese nicht in den 121 Anwendungsbereich der Gemeinsamen Außen- und 122 Sicherheitspolitik, weswegen diesbezügliche Regelungen kein 123 Anhörungsverfahren bedingen. Vielmehr findet die 124 Außenhandelspolitik der Europäischen Union ihre 125 Rechtsgrundlage in den Bestimmungen zur gemeinsamen 126 Handelspolitik, die im folgenden Absatz kurz erläutert 127 werden sollen. 128 129 130 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 131 gemeinsamen Handelspolitik 132 ------------------------------------------------------------ 133 --------------------------------------------------------- 134 135 **ARTIKEL 207 AEUV** 136 137 Die Europäische Union ist der größte einheitliche 138 Wirtschaftsraum der Welt. Dabei ist der Wohlstand in Europa 139 stark vom Export europäischer Produkte in Drittstaaten, 140 sowie ebenso von der Verfügbarkeit von Importprodukten für 141 europäische Produzenten und Verbraucher abhängig. Als 142 logische Ergänzung des europäischen Binnenmarktes wurden 143 somit auch die Außenwirtschaftsbeziehungen der 144 Mitgliedsstaaten in den europäischen Integrationsprozess 145 miteinbezogen, wobei ein Gutteil der Maßnahmen zur Regelung 146 und Steuerung des Handels mit Drittstaaten in den 147 Zuständigkeitsbereich der europäischen Institutionen fällt. 148 Dieser in Artikel 206 und 207 AEUV geregelte 149 gemeinschaftliche Politikbereich wird als «gemeinsame 150 Handelspolitik» bezeichnet und begründet 151 Gesetzgebungszuständigkeiten in Hinblick auf autonome 152 Handelsmaßnahmen, wie zum Beispiel durch Zölle, sowie auch 153 in der vertraglichen Handelspolitik mit Drittstaaten.[12] 154 Seit den Änderungen durch den Reformvertrag von Lissabon 155 fällt die gemeinsame Handelspolitik in den ausschließlichen 156 Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.[13] Da die 157 Mitgliedsstaaten in diesem Bereich daher grundsätzlich 158 nicht mehr tätig werden und daher keine Kontrolle durch 159 nationale Parlamente besteht, bedürfen die von der 160 Europäischen Union gesetzten Maßnahmen einer besonders 161 hohen demokratischen Legitimierung, weswegen Richtlinien 162 und Verordnungen, das heißt Rechtsakte zur autonomen 163 Handelssteuerung, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 164 erlassen werden.[14] Im Sinne der oben gemachten 165 Ausführungen bedeutet dies, dass das Europäische Parlament 166 im diesbezüglichen Entscheidungsprozess das Recht hat, 167 formelle Abänderungsvorschläge einzubringen oder den 168 Rechtsakt gegebenenfalls gänzlich abzulehnen. 169 170 Die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in der 171 vertraglichen Handelspolitik 172 ------------------------------------------------------------ 173 --------------------------------------------------------- 174 175 **ARTIKEL 207, 218 AEUV** 176 177 Obwohl die autonome Festlegung (bzw. Abschaffung) von 178 Zöllen oder anderen Handelsmaßnahmen den Freihandel 179 durchaus begünstigt, wird ein Großteil der 180 Außen-wirtschaftspolitik der Europäischen Union durch bi- 181 oder multilaterale völkerrechtlichen Abkommen mit einem 182 oder mehreren Drittstaaten bestimmt. Dieser Bestandteil der 183 gemeinsamen Handelspolitik wird, wie bereits erwähnt, als 184 vertragliche Handelspolitik bezeichnet. Auch das Abkommen 185 zur transatlantischen Handels- und 186 Investitionspartner-schaft TTIP ist als Instrument der 187 vertraglichen Handelspolitik zu klassifizieren. 188 Als Völkerrechtssubjekt[15] kann die Europäische Union 189 internationale Übereinkünfte im eigenen Namen abschließen, 190 wobei ihr im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik auch in 191 dieser Hinsicht eine gegenüber den Mitgliedsstaaten 192 ausschließliche Zuständigkeit zukommt.[16] Aufgrund des 193 speziellen Charakters von Rechtsakten auf Grundlage des 194 Völkerrechts enthalten Artikel 207 und 218 AEUV gesonderte 195 Bestimmungen für das diesbezügliche Rechtsetzungsverfahren, 196 die von den allgemeinen Bestimmungen für die gemeinsame 197 Handelspolitik abweichen. Im Hinblick auf die oben 198 gemachten Ausführungen ist daher im Falle des Abschlusses 199 des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP von der 200 Anwendung des besonderen Gesetzgebungsverfahrens, bzw. 201 Zustimmungsverfahren, auszugehen. 202 Demgemäß muss das Europäische Parlament dem verhandelten 203 Text des völkerrechtlichen Vertrages zustimmen, um diesen 204 in Kraft zu setzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das 205 Parlament ein Vetorecht gegen den Abschluss des Abkommens 206 hat.[17] Das Recht auf die Einbringung eines formellen 207 Abänderungs-vorschlages ist jedoch im AEUV nicht 208 vorgesehen, was bedeutet, dass das Parlament keinen 209 Einfluss auf den von der Europäischen Kommission 210 verhandelten Vertragstext nehmen kann. 211 Diese fehlende Einflussmöglichkeit wird jedoch teilweise 212 dadurch kompensiert, dass, in Bezug auf Abkommen der 213 vertraglichen Handelspolitik, die Europäische Kommission 214 dem Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen 215 Bericht erstatten muss.[18] Das Parlament ist dabei auch 216 berechtigt, eigene Fragen an die Kommission zu richten und 217 Stellungnahmen abzugeben; diese binden die Kommission 218 jedoch nicht. 219 220 221 Schlussfolgerungen in Hinblick auf die demokratische 222 Legitimation von «TTIP» 223 ------------------------------------------------------------ 224 ---------------------------------------------- 225 226 Die Analyse der primärrechtlichen Bestimmungen zum Erlass 227 von Rechtsakten der Europäischen Union ergibt zweifelsohne, 228 dass dem Europäischen Parlament eine gewichtige Rolle im 229 Rechtsetzungsverfahren zur Außenwirtschaftspolitik zukommt: 230 Während das Parlament Gesetzesvorlagen zu autonome 231 Handelsmaßnahmen blockieren oder in abgeänderter Form 232 erneut einbringen kann, bleibt ihm im Bereich der 233 vertraglichen Handelspolitik immer noch ein absolutes 234 Vetorecht. Das Europäische Parlament hätte daher die Kraft, 235 das Abkommen zur transatlantischen Investitions- und 236 Handelspartnerschaft gänzlich zu blockieren, sollte es 237 nicht seinem politischen Willen entsprechen. Der 238 Präzedenzfall «ACTA» zeigt, dass das Parlament auch 239 durchaus zu einem derartigen Schritt bereit sein könnte. 240 Dennoch kann kritisch angemerkt werden, dass die 241 Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht vollständig 242 entfaltet sind: Der AEUV sieht keine Mitwirkung des 243 Parlaments im Hinsicht auf den Beschluss des 244 Verhandlungsmandates vor und erlaubt diesem auch nicht, 245 Änderungsvorschläge zum fertig verhandelten Text 246 einzubringen. Auch wenn die regelmäßige 247 Unterrichtungspflicht diese fehlende Kompetenz teilweise 248 kompensieren kann, in dem beim Bekanntwerden von 249 Missständen politischer Druck auf die Europäische 250 Kommission ausgeübt wird, wäre es in Anbetracht der 251 demokratischen Grundwerte[19], der sich die Europäische 252 Union verpflichtet, vermutlich erstrebenswert, das 253 Parlament aktiver an der inhaltlichen Gestaltung von derart 254 einschneidenden Regelungswerken teilhaben zu lassen. 255 256 ------------------------------------------------------- 257 * [1] Das Verhandlungsmandat wurde auf Grundlage von 258 Artikel 207 Abs. 3 und Artikel 218 Abs. 2 des Vertrages 259 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) 260 erlassen. Basierend auf der Ausnahme vom allgemeinen 261 Grundsatz der Offenheit zugunsten des Schutzes 262 strategischer Wirtschaftsinteressen nach Verordnung 1049/EG 263 vom 30.Mai 2001 wurden Inhalt und Umfang des Mandats nicht 264 offiziell bekannt gemacht. Durch ein „Leak“ gelangte das 265 Dokument jedoch im Frühjahr 2014 an die Öffentlichkeit und 266 ist nunmehr auf http://www.ttip-leak.eu einsehbar. 267 * [2] Das Europäische Parlament hatte die Aufnahme von 268 Verhandlung und den Erlass eines Verhandlungsmandats jedoch 269 zuvor in einer Entschließung gebilligt. Siehe Entschließung 270 des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen der EU mit 271 den Verei-nigten Staaten von Amerika über ein Handels- und 272 Investitionsabkommen, 15. Mai 2013, 2013/2558 (RSP). 273 * [3] Siehe Verordnung 1049/EG vom 30. Mai 2001, Amtsblatt 274 L 145, 31. Mai 2001. 275 * [4] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 276 Amtsblatt C 326, 26. Oktober 2012. (Im Weiteren: AEUV) 277 * [5] Der zwischen der Europäischen Kommission und zwölf 278 anderen Staaten verhandelte Text des Anti-Counterfeiting 279 Trade Agreement wurde am 4. Juli 2012 mit 478 Gegenstimmen 280 im Plenum des Europäischen Parlaments abgelehnt. 281 * [6] Siehe: Schoo in Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar3, 282 Nomos, 2012, Art 289 AEUV. 283 * [7] Siehe: Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt 284 C326, 26. Oktober 2012, Art 36; (Im Folgenden: EUV). 285 * [8] Zur Vertiefung siehe hierzu: Hatje in Schwarze 286 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 14 EUV. 287 * [9] Artikel 289 Abs.1 und Artikel 294 AEUV. 288 * [10] Siehe dazu: Kotzur in Geiger/Khan/Kotzur (Hrsg.), 289 EUV/AEUV5, Beck, 2010, Art. 294 AEUV; Weitere 290 Anwendungsbereiche sind unter anderem: Verkehrspolitik, 291 Entwicklungspolitik, ArbeitnehmerInnenschutz, Freizügigkeit 292 und Datenschutz. 293 * [11] Siehe Artikel 289 Abs. 2 AEUV. 294 * [12] Zur Vertiefung siehe hierzu: Osteneck in Schwarze 295 (Hrsg.), EU-Kommentar3, Nomos, 2012, Art 206 AEUV. 296 * [13] Artikel 3 Abs. 1 lit. e AEUV. 297 * [14] Artikel 207 Abs. 2 AEUV. 298 * [15] Vergleiche: Art 47 EUV. 299 * [16] Artikel 216 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 300 Abs. 1 lit. e AEUV; Jedoch muss man beachten, dass 301 Handelsabkommen unter Umständen auch Bestimmungen enthalten 302 können, die den Regelungsgegenstand der Handelspolitik 303 überschreiten. Derartige Abkommen werden als «gemischte 304 Abkommen» bezeichnet und müssen auch von den 305 Gesetzgebungsorganen der Mitgliedsstaaten ratifiziert 306 werden. Aus Gründen der Einfachheit wird auf weitere 307 Ausführungen verzichtet. 308 * [17] Artikel 218 Abs. 6 AEUV. 309 * [18] Artikel 207 Abs. 3 und Abs. 4 AEUV. 310 * [19] Siehe Artikel 2 EUV.