Dokumentation: Bericht über den vierten Europäischen Salon

Joanna Scheffel PhotographyDer vierte Europäische Salon in der Vertretung des Saarlandes beim Bund. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

„Entgrenzung des Staates und Gewährleistung der Menschenrechte? Perspektiven der europäischen Migrationspolitik

Angesichts der jüngsten Flüchtlingskatastrophen auf dem Mittelmeer überschlugen sich in den vergangenen Wochen die Ereignisse. Nur beispielhaft genannt seien der Krisengipfel der EU-Außen- und Innenminister am 20. April 2015 und der Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 24. April 2015, die den Tatendrang der Politik offenbarten. Aufgrund des öffentlichen Drucks waren die europäischen Politiker bei beiden Treffen förmlich gezwungen der Öffentlichkeit Ergebnisse zu liefern. Ersteres brachte einen Zehn-Punkte-Plan mit Sofortmaßnahmen hervor; letzteres u.a. die Verdreifachung der Gelder zur Seenotrettung von Flüchtlingen. Ein Zeugnis lässt sich für das Krisenmanagement der Politik wohl erst in einigen Monaten ausstellen, wenngleich der Dialog und das Handeln der Akteure schon Schritte in die richtige Richtung darstellen. „Welche humanitäre und menschenrechtliche Verantwortung trifft die EU im Hinblick auf die Tragödien? Und wie beeinflussen Migrationsprozesse die moderne Staatenwelt?“

Unter dem Titel „Entgrenzung des Staates und Gewährleistung der Menschenrechte? Perspektiven der europäischen Migrationspolitik“ widmete sich die bereits zum vierten Mal stattfindende Podiumsdiskussion und Veranstaltungsreihe Europäischer Salon diesen und weiteren flüchtlings-, migrations- und aufenthaltsrechtlichen Fragen. Auf dem hochkarätig besetzten Podium diskutierten der ehemalige niederländische Justizminister Prof. Dr. Ernst M.H. Ballin, Professor für Niederländisches und Europäisches Verfassungsrecht an der Universität Tilburg und Professor für Menschenrechte an der Universität von Amsterdam, Dr. Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Prof. Dr. Daniel Thym, Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Universität Konstanz, sowie Günter Burkhardt, Geschäftsführer und Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation PRO ASYL. Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier musste seine Teilnahme bedauerlicherweise absagen, weil er kurzfristig die Bundeskanzlerin bei einem Termin vertreten musste. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Prof. Dr. Christian Calliess, Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Freien Universität Berlin, der zugleich Mitinitiator und Projektverantwortlicher des Projektes Europäischer Salon ist.

In der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin-Mitte waren Studierende und Experten dazu eingeladen, folgende Diskussionsansätze und Fragen aus wissenschaftlich-sachlicher Perspektive näher zu beleuchten: Staatsbürgerschaft – EU-Unionsbürgerschaft – Weltbürgerschaft: Inwieweit muss das Verständnis von Staatsbürgerschaft an die Herausbildung transnationaler Gemeinschaften angepasst werden? Entzieht sich die Europäische Union in diesem Zusammenhang womöglich ihrer Verantwortung zum Schutz und zur Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern? Und welche Chancen bietet die Zuwanderung für den europäischen Wirtschafts- und Arbeitsmarkt?

Entsprechend der Idee und Konzeption des Projektes Europäischer Salon wurden diese Fragestellungen im Vorhinein bereits online diskutiert. Auf der Online-Präsenz des Projekts salon.publixphere.de konnten interessierte Bürger, Wissenschaftler, Politiker und sonstige Experten im Rahmen der Online-Diskussion ihre Positionen vertreten, Diskussionen eröffnen und so miteinander den Themenkomplex diskutieren.

Nach der Begrüßung der Gäste eröffnete Prof. Calliess die Diskussion mit einer kurzen Einführung, in der er die Bereiche Staatsbürgerschaft, Migration im Allgemeinen und Flucht im Speziellen in Kontext zueinander setzte. Das daran anschließende Eingangsstatement des niederländischen Professors Prof. Ernst Hirsch Ballin war gegliedert nach einem Dreiklang: Identität, Immigration und Integration. Zu Beginn stellte er dazu die Überlegung an, dass „Personen verschiedene Beziehungen in ihrer Identität verbinden können.“ Nach Auffassung von Hirsch Ballin hätten Menschen demnach nicht nur eine Identität und verschiedene Sphären wie beispielsweise Religion, Politik, Professionalität und Familie spielten bei der Definition von Identität eine Rolle. Die zentrale und alles beherrschende Frage der Migration sei jedoch: „Wo gibt es eine bessere Zukunft für meine Kinder?“ So sei Migration immer ein Merkmal der Menschheit gewesen und deswegen bestehe auch heutzutage die Notwendigkeit der Entwicklung einer langfristigen Strategie, die dazu beiträgt eine „shared human security“ anzustreben, welche aus Faktoren wie Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechte bestehe. Moderne Staaten müssten sich nach Auffassung von Hirsch Ballin heutzutage auf eine sogenannte „konstitutionelle Identität“ stützen, welche eine offene Identität sein sollte.

Joanna Scheffel PhotographyProf. Ernst Hirsch Ballin eröffnet die Diskussion mit einem Eingangsstatement. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

Die Binarität der Staatsangehörigkeit verdeutlichte Hirsch Ballin am Beispiel des Janus-Kopfes: „Staatsangehörigkeit bedeutet Inklusion, aber auch Exklusion.“ Diese Binarität werde problematisch, wenn die Exklusion auch angewendet werde auf Menschen, die de facto schon in einer Gesellschaft integriert sind. In diesem Zusammenhang verwies Hirsch Ballin auch auf seine jüngste Veröffentlichung „Citizens‘ Rights and the Right to be a Citizen“, die eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema biete.

Man könne den Problemen der unerwünschten und ungeordneten Migration nur dadurch begegnen, indem man „Migration auch aus der Sicht des Migranten versteht“ und Migranten mehr biete, als nur den Schutz eines Lagers. Aus Sicht von Hirsch Ballin gebe es zwei Bedingungen für eine funktionierende Integration: Erste Bedingung sei das Beherrschen einer gemeinsamen Sprache“; zweite Bedingung das Verwenden einer „gemeinsame[n] Grammatik“ für Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und andere Tätigkeiten. Diese Kombination bezeichnete Hirsch Ballin als „konstitutionelle Grammatik“ eines Landes. Zu einer vollständigen Integration gehöre nach Auffassung von Hirsch Ballin auch die Staatsangehörigkeit. Obgleich diese zur juristischen Zuständigkeit der Souveränität eines Staates gehöre, dürfe die Vergabe der Staatsangehörigkeit unter Berücksichtigung der Menschenrechte nicht als etwas Willkürliches betrachtet werden. Ansonsten schließe man die Person an der politischen Beteiligung im Staat aus und das demokratische Prinzip werde nur unvollständig angewendet. Zur Vervollständigung der Gewährleistung von Menschenrechten plädierte Hirsch Ballin zum Abschluss seines Eingangsvortrages für ein Recht auf Staatsangehörigkeit für diejenigen, die in einem Land zu Hause sind – mithin auch Drittstaatsangehörige – damit niemand von der Gesellschaft ausgeschlossen werde.

Im Folgenden übergab Prof. Calliess das Wort an Dr. Ole Schröder, der sodann ebenfalls die Gelegenheit nutzte, seine einführenden Worte aus Sicht der Bundesregierung vorzutragen und vor allem die europäische Perspektive zum Thema darzustellen. Schröder teilte die Auffassung seines Vorredners, dass es „als Schlussstein einer gelungenen Integration“ ein Recht geben müsse, Staatsbürger zu werden, um sich an der politischen Willensbildung beteiligen zu können. Dennoch sollte an der engen Verbindung von Staat und Staatsbürger festgehalten werden, ohne die es keine funktionierenden Institutionen geben würde, die die Freiheit der Bürger sicherstellten. Eine weitere Vertiefung der EU-Unionsbürgerschaft hält Schröder durchaus für denkbar, wohingegen er eine Form der „Welt-Staatsbürgerschaft“ zumindest solange für nicht realisierbar erachtet, solange Institutionen die Freiheit (bspw. der UN) nicht gewährleisten können.

Joanna Scheffel PhotographyDr. Ole Schröder schildert in seiner Einführung die Sicht der Bundesregierung auf das Thema. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

Als nächsten Punkt griff Schröder das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) auf, welchem es einerseits schon grundlegend an europaweiter Kohärenz fehle, andererseits aber vor allem an der einheitlichen Durchsetzung der Vorschriften und deren Umsetzung mangele. Kritik äußerte er ferner daran, dass in vielen Mitgliedstaaten „die Einhaltung von Menschenrechten, gerade in Bezug auf Asylbewerbern, unter den Vorbehalt der Finanzierung gestellt wird“ und ob in solchen Fällen nicht Konsequenzen folgen müssten.

Die kürzlich vereinbarte Verabredung der Staats- und Regierungschefs der EU, auf europäischer Ebene mehr Verantwortung im Bereich der Seenotrettung zu übernehmen, bezeichnete Schröder als „zweischneidiges Schwert“. Bisher sei völlig klar gewesen, dass die Seenotrettung Sache der Mitgliedstaaten ist. Mittlerweile sei allerdings die Kenntnis gereift, dass eine gesamteuropäische Verantwortung bestehe. Darauf folgend stellte Schröder einen interessanten Punkt klar: Auch nach dem Wegfall der „Mare Nostrum“ – Mission sei die gleiche Anzahl italienischer Marineschiffe auf dem Mittelmeer. Darüber hinaus entsprächen die Zahlen der geretteten Flüchtlingen unter „Mare Nostrum“ in etwa den aktuellen Rettungszahlen, die jetzt aus der Kombination von italienischer Marine und „Triton“ resultieren. Dennoch sei auch durch eine massive Aufstockung der finanziellen Mittel mit Blick auf Schleuserkriminalität nie jedes Risiko auszuschließen. Des Weiteren betonte Schröder, dass er eine weitere Unterstützung Italiens für notwendig halte, allerdings unter der Bedingung, dass Italien auch seine menschenrechtliche Verpflichtung im Umgang mit Flüchtlingen und die gesetzlichen Vorgaben wahre.

Völkerrechtlich gesehen hätten zudem auch die afrikanischen Staaten eine Verantwortung zur Seerettung, die in gewisser Weise in die Pflicht genommen werden müssten. Ohnehin könne die humanitäre Katastrophe an sich nur in den Herkunfts- und Transitstaaten bekämpft werden. Deswegen sei aus Sicht von Schröder auch mehr Engagement im Bereich Resettlement notwendig, auch weil der lange, beschwerliche Weg der Flüchtlinge vor allem für junge, kräftige Männer mit entsprechenden finanziellen Mitteln geebnet sei, wohingegen Frauen und Kinder oftmals weniger Chancen hätten.

Die wissenschaftliche Perspektive auf den Themenkomplex erläuterte im Anschluss Prof. Dr. Daniel Thym. Er stellte zunächst klar, dass die Europäische Union aus rein rechtlicher Perspektive grundsätzlich die Kompetenz habe, die entsprechenden rechtlichen Vorschriften zu erlassen, die Frage der tatsächlichen Durchführung dahingegen eine Frage des politischen Willens der EU sei. Ferner bezog sich Thym zu Beginn seines Statements auf die Ausführungen von Prof. Hirsch Ballin und seine jüngste Veröffentlichung (s.o.) und betonte in Einklang mit diesem noch einmal, dass Bürgerschaftszugehörigkeit nicht mehr definiert werden könne wie im geschlossenen Nationalstaat des 19. Jhd., und vor allem Identität nicht als etwas ethisch-kulturell Geschlossenes aufgefasst werden dürfe. Den Gedanken Hirsch Ballins, dass Migranten eine Perspektive haben müssten dazuzugehören, übersetze Thym noch einmal in rechtlichen bzw. politischen Duktus, nämlich „das Recht auf Einbürgerung“ und die Annahme, dass „Migranten sich nicht assimilieren, nur integrieren“ müssen. Die Streitpunkte des europäischen Flüchtlingsrechts betreffen laut Thym v.a. folgende Bereiche: die Vergabe von Sozialleistungen der Mitgliedstaaten an Migranten, die Unterbringung dieser und sowie Zugang zum Asylverfahren für Menschen, die sich noch nicht in Europa aufhalten.

Joanna Scheffel PhotographyProf. Dr. Daniel Thym erläutert die rechtswissenschaftliche Perspektive auf das Thema. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

Kritisch bezeichnete Thym die aktuell massiv divergierenden Schutzquoten in Deutschland als „Zwei-Klassen-Situation“, welche auch kennzeichnend für das Europäische Asylsystem der Gegenwart sei: Unter den Top Ten der Herkunftsstaaten des Jahres 2014 befänden sich fünf Länder, in denen die Schutzquoten teilweise über 90 % liege (Syrien, Eritrea, Somalia, Afghanistan, Irak). Auf der anderen Seite lägen die Schutzquoten der weiteren fünf Top Ten Herkunftsländer bei unter 1 % bzw. nahe 1 % (Albanien, Mazedonien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo). Aus diesem Zustand leitete Thym die Forderung ab, dass die Ressourcen, die für die zweitgenannte Gruppe der Asylbewerber aufgewendet würden, beispielsweise in die Bereiche Resettlement oder weitere legale Zugangswege investiert werden müssten. Von einem Zwei-Klassen-System müsse man überdies bei den, von den Vorrednern schon angesprochen, Anerkennungszahlen in den EU-Mitgliedstaaten und der Verteilung der Flüchtlinge auf die Mitgliedstaaten sprechen.

Im Hinblick auf den Zugangsweg Mittelmeer merkte Thym darauf hin an, dass seiner Auffassung nach der Ausbau der legalen Zugangswege beispielsweise Bürger einiger westafrikanischer Nationen oder andere vermeintlich nicht schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen nicht davon abhalten würde, den Weg über das Mittelmeer anzutreten. Insofern dürfe man sich bei der Diskussion um legale Zugangswege nicht der „Illusion hingeben“, dass durch diese das Problem gänzlich aufhören werde. Abschließend stellte Thym noch einmal die ebenfalls von Herrn Dr. Schröder angesprochene „Gender-Dimension“ der Flucht heraus. Wolle man Frauen und Kinder besseren Flüchtlingsschutz gewähren, müsse man Maßnahmen wie Resettlement forcieren, weil derzeit ca. 70 % der asylsuchenden Menschen in der EU Männer darstellten.

Als letztem Podiumsgast der Runde erteilte Prof. Calliess dem Geschäftsführer von PRO ASYL Günter Burkhart das Wort, mit der Bitte seine Sichtweise aus der Praxis darzulegen. Burkhardt betonte in seinen Eingangsworten, dass Deutschland legale Migration brauche, diese aber kein Asyl darstelle. Darüber hinaus vertrat er die Position, dass im Gebiet der Balkanstaaten eine „Politik, die nur auf eine Grenzziehung setzt“ und keine legale Wanderung ermögliche, auf Dauer nicht richtig sei. „Asylrecht ist ein Recht des Einzelnen, was der Einzelne hat, gegen den Staat, jenseits der Steuerungsmöglichkeiten“, so Burkhardt.

Joanna Scheffel PhotographyPRO ASYL-Mitgründer und Geschäftsführer Günter Burkhard betont, dass es in der Diskussion nicht ausschließlich um Migrationsrecht, sondern auch um die „Grundlagen dieser Gesellschaft“ gehen muss. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

Das Anwachsen der Flüchtlingszahlen über das Mittelmeer führte er mehrfach auf die Schließung der griechisch-türkischen und bulgarisch-türkischen Landgrenzen zurück, weswegen eine legale Einreise de facto nicht möglich sei und merkte an, dass der Trend schon seit geraumer Zeit sichtbar und kalkulierbar gewesen sei. Burkhardt unterstellte Herrn Dr. Schröder, dass sich dieser mit seinen Äußerungen zu „Mare Nostrum“ im Widerspruch zu Bundesinnenminister De Maizière befinde, der die Seenotrettungsmission zwei Wochen zuvor noch als Brücke nach Europa bezeichnet habe, welche Schlepper begünstige und es abgelehnt habe „Mare Nostrum“ zu europäisieren.

Die von Prof. Thym angesprochene hohe Quote von männlichen Flüchtlingen begründete Burkhardt nicht wie dieser ausschließlich mit der für die Flucht günstigeren körperlichen Konstitution, sondern warf daneben noch den Aspekt ein, dass Männer vor allem auch deswegen zuerst flöhen, um im Anschluss ihre Familienangehörigen nachzuholen.

Bei dem diskutierten Thema gehe es nach Auffassung von Burkhardt nicht ausschließlich um Migrationsrecht, sondern auch die „Grundlagen dieser Gesellschaft“, welche sich auch mit Problemen wie dem „Anwachsen von Nationalismus (Stichwort: Ukraine)“, dem „Anwachsen von religiös motiviertem Terror (Stichwort: Zerbrechen von Syrien)“, dem Erreichen der Kapazitätsgrenzen muslimisch geprägter Länder und insofern der „Politik der geschlossen Grenzen Europas“ auseinandersetzen müsse. Im Hinblick auf die Forcierung legaler Zugangswege sei Deutschland einsamer Vorreiter, der er aufgrund seiner Verantwortung auch sein müsse, wohingegen die anderen europäischen Staaten hier komplett versagten.

Joanna Scheffel PhotographyZitate aus der Online-Diskussion ergänzten die Podiumsdiskussion. Foto: ©Joanna Scheffel Photography

In Bezug auf das Anfangsstatement von Prof. Hirsch Ballin betonte Burkhardt, dass man „Migration von den Menschen her denken“ müsse und forderte zum Abschluss seiner Eingangsworte von der Bundesregierung die Schaffung einer legalen Einreisemöglichkeit für 60.000 Syrer, wodurch man Schleppern zum Teil die Geschäftsgrundlage entziehen könne.

Nach der eröffnenden Runde auf dem Podium stellte Eva Breitbach, Community Managerin des Europäischen Salon, einen besonders stark diskutierten Teil der vorhergehenden Online-Diskussion auf salon.publixphere.de vor und fragte das Podium, stellvertretend für die Online-Community, nach Aussichtschancen des Komplexes „legale Zugangswege“. Angestoßen wurde diese Diskussion online durch den Gastbeitrag „Legale Zugangswege für Flüchtlinge und Migranten in die EU schaffen“ von Dr. Steffen Angenendt, Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Joanna Scheffel PhotographyFoto: ©Joanna Scheffel Photography

Daraufhin hatte auch das Publikum die Gelegenheit Nachfragen zu stellen. Eine Stimme des Publikums fragte, welche Maßnahmen die Bundesregierung auf dem Gebiet der Ursachenbekämpfung in den Herkunftsländern ergreife und zielte somit auch auf das Gebiet der Entwicklungshilfe ab. Ebenfalls aus dem Publikum kam die Frage eines Kommunalpolitikers, den interessierte, wie den Problemen der Flüchtlingsunterbringung und Arbeitsintegration begegnet werden könne. Zwar werde immer wieder von Willkommenskultur gesprochen, in der Realität aber, würden Sprachkurse und berufliche Eingliederung nicht funktionieren.

Ein weiterer Teilnehmer des Europäischen Salon bemerkte, dass es zwei Gruppen von Menschen gebe, die es nach Europa zieht: Zum einen diejenigen, die von Tod unmittelbar bedroht sind, mithin wohl per Definition Asylsuchende, zum anderen diejenigen die auf der Suche nach einem besseren Leben nach Europa kommen wollen, ohne Asylsuchende zu sein. „Wenn können wir aufnehmen und wie viele?“ Diese Frage, und wie eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit aus Sicht der Bundesregierung und der Zivilgesellschaft möglich sei, interessierte den Gast.

Joanna Scheffel PhotographyFoto: ©Joanna Scheffel Photography

Im Anschluss folgte die offene Diskussion der verschiedenen angesprochenen Punkte, die den Fokus einerseits auf die Beantwortung der Fragen aus dem Publikum richtete, andererseits auf die Möglichkeit der legalen Zugangswege. Die verschiedenen Seiten waren stets bedacht auf klare Differenzierung der vielschichtigen und komplizierten Sachverhalte. Außerdem wurden besonders die Themen Dublin-III, Familiennachzug, Resettlement thematisiert.

Nach Beobachtung der Diskussion schien ein abstrakter Konsens der Podiumsgäste und des beteiligten Publikums zu sein: nämlich dass das Thema unsagbar komplex ist, die verschiedenen Stakeholder zuweilen hilflos, und eine Ideallösung nicht möglich erscheint. Nichtsdestotrotz war man sich einig, dass es die menschenrechtliche Verpflichtung der EU ist, Menschenleben von Flüchtlingen so gut wie möglich zu schützen und auf das Idealziel eines „gerechten“ Umgangs mit Flüchtlingen hinzuarbeiten.

Joanna Scheffel PhotographyFoto: ©Joanna Scheffel Photography

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion hatten sämtliche Teilnehmer des Europäischen Salon bei einem Empfang mit Essen und Trinken die Gelegenheit das Thema untereinander, sowie mit den Podiumsgästen weiter zu diskutieren.