Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU - Historie

1-10 von 19
Sortieren:
  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von admin, angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.


    Link

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.


    Link

    Startseite Europäischer Salon Link: https://publixphere.net/i/salon/instance/salon

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    Alle Diskussionen

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    Alle Diskussionen Link: https://publixphere.net/i/salon/proposal?proposals_facet=delegateablebadgecategory%3A153 des Europäischen Salons Link: https://publixphere.net/i/salon/proposal?proposals_facet=delegateablebadgecategory%3A153

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    [ Alle Diskussionen des Europäischen Salons ]

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    [Alle Diskussionen des Europäischen Salons]

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    [Alle Diskussionen des Europäischen Salons]

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    [ Alle Diskussionen des Europäischen Salons Link: https://publixphere.net/i/salon/proposal?proposals_facet=delegateablebadgecategory%3A153 ] alle Diskussionen zum Thema Link: https://publixphere.net/i/salon/proposal?proposals_facet=delegateablebadgecategory%3A153 ]

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von Community Management , angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

    [alle Diskussionen zum Thema Link: https://publixphere.net/i/salon/proposal?proposals_facet=delegateablebadgecategory%3A153 ]

  • Die unbegründete Wohlstandsangst - zur Debatte um „Sozialtourismus“ in der EU

    von admin, angelegt

    Foto: dpaDie rechtspopulistische Partei UKIP warnt im britischen Wahlkampf, die "unkontrollierte" Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren sei "katastrophal" für Großbritannien. Angelika Schenk (JEF Europe) sieht keinen Grund zur Panik. Im Gegenteil. Bild: UKIP-Chef Nigel Farage. Foto: dpa

    Bei der Freizügigkeit innerhalb Europas klaffen Realität und Wahrnehmung weit auseinander, meint Angelika Schenk. Sie stellt die Forderung der Jungen Europäischen Föderalisten zur Diskussion, die Mobilität in der EU zu fördern...


    Ein Beitrag von Angelika Schenk (JEF Europe)

    Zum Unwort des Jahres 2013 wurde „Sozialtourismus“ gewählt – nicht zuletzt aufgrund der Ängste, die im Zuge des Wegfalls der Personenfreizügigkeitsbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2014 geschürt wurden. So sandte beispielsweise der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zusammen mit seinen Kollegen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden im März 2013 einen Brief an die Europäische Kommission, in welchem sie den Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger aus mittel- und osteuropäischen Ländern anprangerten und von der EU ein schärferes Vorgehen gegen diese „Armutseinwanderung“ forderten.

    Entsprechende Gesetzesänderungen ließen nicht lange auf sich warten: in Deutschland wurden Ende November vergangenen Jahres mit einer Änderung des EU-Freizügigkeitsgesetzes befristete Wiedereinreisesperren verabschiedet sowie unter anderem eine strengere Prüfung von Kindergeldanträgen und eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Arbeitssuchende auf sechs Monate.

    Auch Großbritanniens Premier David Cameron hat – fast taggleich mit der deutschen Gesetzesverabschiedung – eine Einschränkung von Freizügigkeitsrechten für in Großbritannien lebende EU-Bürger angekündigt. In seine Vorschlägen ist ebenfalls die genannte Sechsmonatsbeschränkung für Arbeitssuchende enthalten. Die knapp zwei Wochen davor gefallene EuGH-Entscheidung in der Sache Dano kam diesen Mitgliedstaaten dabei sehr gelegen: hier wurde entschieden, dass nicht-erwerbstätigen EU-Bürgern, die nicht auf Jobsuche sind, in der großen Mehrheit der Fälle der Bezug von Sozialleistungen verwehrt werden kann. (1)

    Zulauf für Rechtspopulisten

    Die Sorge vor „Armutszuwanderung“ blieb hinter der Realität zurück Es zeigt jedoch auch über ein Jahr nach Wegfall der letzten Personenfreizügigkeitsbeschränkungen, dass keiner dieser Mitgliedstaaten die Befürchtungen in konkreten Zahlen nachweisen kann. Im Gegenteil: die Mobilitätsraten in der EU (durchschnittlich 2,8%) zeigen, dass die absolute Zahl der Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, sehr niedrig ist (14,1 Millionen). (2) Darüber hinaus haben diverse Studien herausgefunden, dass eingewanderte EU-Bürger im Schnitt sowohl eher berufstätig sind (61% im Vergleich zu 52%) (3) als auch seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen als ihre Mitbürger. (4)

    In der allgemeinen Öffentlichkeit kommt dies jedoch kaum an, was sich nicht zuletzt am deutlichen Stimmenzuwachs nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien bei der letzten Europawahl und weiteren nationalen Wahlen ablesen lässt. Laut aktuellster Umfragen könnte UKIP im Mai 15 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewinnen; Marine Le Pen und ihr Front National kämen nach momentanem Stand bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gar auf rund 30 Prozent der Stimmen – und läge damit deutlich vor allen anderen Kandidaten.

    Freizügigkeit stärken

    Es wird schnell deutlich, dass Realität und Wahrnehmung der Bürger zum Ausmaß der Freizügigkeit in Europa weit auseinanderklafft. Somit wird das Thema der „Armutseinwanderung“ trotz allem so bald nicht vom tagespolitischen Tableau verschwinden. Daher hat die JEF Europe Anfang November 2014 die Resolution „Genuine Free Movement for All – Advancing Citizenship and Welfare Rights across all EU Member States“ verabschiedet. Hierin fordern wir unter anderem:

    • die Zurücknahme der genannten Gesetzinitiativen zur Einschränkung von Freizügigkeitsrechten in Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Großbritannien

    • eine verbesserte Verbreitung von Informationen zu Freizügigkeitsrechten an EU-Bürger

    • eine vereinfachte gegenseitige Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen

    • die Förderung von Fremdsprachenunterricht, sowie

    • die Schaffung eines Europäischen Mobilitätsfonds – damit Personenfreizügigkeit in der EU zukünftig ein Gewinn für jeden sein wird.

    Ich möchte von euch wissen: Wie bewertet ihr die Personen- und Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union? Muss sie gestärkt oder eingeschränkt werden?


    Anmerkungen:

    (1) Wie die Rechtslage bezüglich arbeitssuchender EU-Bürger aussieht, bleibt bis zur EuGH-Entscheidung im Alimanovic-Fall noch offen – hiermit wird sich auch die Rechtmäßigkeit der deutschen wie britischen Initiative zur sechsmonatigen Aufenthaltsbeschränkung für Arbeitssuchende klären.

    (2) European Commission (Hrsg., 2013): Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of Regions. Free movement of EU citizens and their families: Five actions to make a difference. COM(2013) 837 final. Brussels: European Commission.*

    (3) ICF GHK und Milieu Ltd (Hrsg., 2013): A fact finding analysis on the impact on the Member States’ social security systems of the entitlements of non-active intra-EU migrants to special non-contributory cash benefits and healthcare granted on the basis of residence. Final report submitted for DG Employment, Social Affairs and Inclusion, European Commission, S. 19.

    (4) Eger, Thomas und Hans-Bernd Schäfer (2012): Research Handbook on the Economics of European Union Law. Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing, S. 173-7.

    Startseite Europäischer Salon

« vorherige
1 2
10 | 20 Einträge