Lieber Herr Reichenbach,

schön, dass Sie auf meinen Einwurf eingehen. Tatsächlich halte ich die Bemühungen um eine starke EU-Datenschutzverordnung ja auch für richtig. Es wäre fatal, die Flinte gleich ins Korn zu werfen, nur weil die Möglichkeiten der Gehemeinsienste so monströs erscheinen und ihre Moral so nicht-existent. Aufgeben geht nicht.

Und Sie haben natürlich Recht, was den zivilgesellschaftlichen Druck angeht, am besten hier verbünden sich die Akteure auf beiden Seiten des Atlantiks. Empfangen und besuchen Sie US-Organisationen wie ACLU, die etwa mit der EFF und Human Rights Watch gegen die Überwachung kämpfen?

Ich denke, die Politik sollte sich die Dimension des Ganzen immer wieder bewusst machen. Die allgemeine Verunsicherung über das Ausmaß, die Regeln und vor allem die Auswertung der Überwachung frisst sich tief in unser Bewusstsein. Was darf ich noch auf Facebook liken, wenn ich noch mal in die USA einreisen will? (ich like schon nicht mehr alles, was mir gefällt). Gründe ich noch eine Software-Schmiede, oder entschließt sich die USA in zehn Jahren zum Wirtschaftskrieg mit Europa, und all meine Betriebsgeheimnisse sind für meinen US-Konkurrenten mit einem Klick verfügbar? Ich hoffe auch so sehr, die US-Seite entwickelt mal Empathie mit uns Europäern, versteht endlich die Position derjenigen, die ihrer Überwachung ohnmächtig ausgeliefert sind.

Und auch wenn es heute nicht realistisch ist (wie sie andeuten), klares, verbindliches Völkerrecht zum digitalen Zeitalter wäre spätestens 'morgen' dringend notwendig. Ich hoffe, es ist nicht wie bei Chemiewaffen und wir müssen erst unseren ersten schmutzigen Krieg erleben (datenbasierte Diskrimierungen, Erpressungen, Mainpulationen, Ausbeutungen) oder eine datenbasierte Diktatur, bevor wir als Weltgemeinschaft die vielen Gefahren bannen, die ich mal der Phantasie der Überwachten überlassen will.