Zu Art. 12 GG: Die Frage ist ja, ob "Sexwork" ein Beruf ist. Für mich ist es Gewalt - in den allermeisten Fällen ganz konkret, in der Gesamtsicht eine Ausformung von ausbeuterischen, unterdrückenden Strukturen. Das ist die Diskussion, um die es hier geht: Gibt es diese Seite der Prostitution, die in ihrem Wesen gewalttätig ist und zu der Sie nichts zu sagen haben, obwohl Sie sagen, dass Sie sich gut auskennen?

Wenn diese Frage mit "ja" beantwortet wird, dann ist auch ein Rückgriff auf Art. 12 GG nicht möglich. Sonst könnten ja auch Diebe sagen, Diebstahl sei ein Beruf, Menschenhändler würden den Menschenhandel zum Beruf erklären und den Schutz des Art. 12 GG fordern. Ich kenne die höchstinstanzliche Rechtsprechung diesbezüglich und hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht der Argumentation folgen wird, dass Prostitution und die sie begleitenden Übel ein Verstoß gegen Art. 1 GG u.a. sowie gegen Menschenrechtsabkommen sind. Wenn Deutschland die UN-Konvention von 1949/1951 gegen Prostitution unterzeichnen und ratifizieren würde, so wie Frankreich und viele andere europäische Länder, dürfte Deutschland die Prostitution gar nicht mehr wie in der jetzigen Form legalisieren.

Mit dem zweiten Absatz suggerieren Sie: a) ich hätte unterstellt, dass ein Schwedisches Modell innerhalb weniger Jahre die Prostitution komplett beseitigt. Nein, das glaube ich nicht. b) Dort, wo die Prostitution legalisiert wurde, wie in Deutschland, gäbe es keine Prostitution im "Untergrund". Natürlich gibt es die. c) Ich würde die Tätigkeit der Prostituierten verbieten wollen. Nein, ich möchte den Sexkauf verbieten, die Prostituierten schützen und die Hilfsangebote für den Ausstieg verstärken.

Wen ich tatsächlich in die Illegalität bringen möchte, sind die, die an der Prostituierung von Frauen (und Kindern und zu einem sehr geringen Anteil Männer und Transgender) profitieren, sowohl die Prostituierer bzw. Freier als auch die Zuhälter, Bordellbesitzer, etc., die das meiste Geld einstreichen.

Sie schreiben allen Ernstes, dass die Prostituierten in Schweden nun "tatsächlich gefährdet" seien, ganz so, also ob sie in Deutschland nicht gefährdet seien. Das ist ein Hohn gegenüber allen Untersuchungen und Studien, die es auf diesem Gebiet gibt. Prostituierte haben ein erhöhtes Sterberisiko, erhöhtes Risiko für Geschlechtskrankheiten, Schwierigkeiten, ihre Rechte durchzusetzen, erhöhtes Risiko für Traumatisierungen - ähnlich wie Folteropfer, hohes Risiko für Altersarmut, etc. etc.

Und Sie schreiben, dass "Menschen [...] immer Sex gegen Geld anbieten" werden. Sie verkennen damit erstens die geschlechterspezifische Ausbeutung in der Prostitution. Außerdem scheinen Sie die historische Tatsache zu ignorieren, dass auch die Sklaverei (rechtlich) abgeschafft wurde, obwohl zuvor immer behauptet wurde, dass sei Naturrecht, Gottgegeben oder würde immer so sein. Wir legalisieren auch nicht Mord, weil immer noch Menschen ermordet werden.

Aber zumindest sehen Sie den Grund für das Anbot in der Nachfrage. Die soll ja gerade durch ein Sexkaufverbot verringert werden. Also könnten wir uns vielleicht doch einig werden?