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    SPD OV Siegen-Weidenau · angelegt
     

    Der Europa-Dialog zum Nachlesen: nachlesen:

    Nach einer kurzen Einführung in die Veranstaltung durch den Vorsitzenden der SPD Siegen-Weidenau, Reiner Lorenz, eröffnete taz-Wirtschaftsredakteurin Anja Krüger, die für Ulrike Herrmann eingesprungen ist, mit einem Vortrag und der Feststellung, dass die Zukunft der EU für sie keine Frage ist, denn irgendwie wird Europa überleben. Ein Problem in der EU sieht sie in unterschiedlichen Werten in Ost und West, die sich aktuell z.B. im Umgang mit Flüchtlingen zeigen. Außerdem hat die EU eine Identitätskrise, die z.B. in Polen oder in Österreich zu einem Rechtsruck führte, aber auch in Teilen der Linken vorhanden ist. Die Krise sei dabei auch von Deutschland mit verursacht, z.B. bei der Flüchtlingspolitik oder der Eurokrise. Um die EU aus der Krise zu führen, muss Europa nach Krügers Ansicht demokratischer werden. Das Europaparlament braucht mehr Rechte und auf der Ebene der Regierungschefs muss mehr geschehen. Außerdem muss die europäische Identität gestärkt werden. Wege aus der Krise sind mehr Investitionen in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit, Wachstumsimpulse in der EU und die Lösung des Schuldenproblems. Ein Finanzausgleich wäre zwar sinnvoll, jedoch kommt es dabei sehr stark auf die Ausgestaltung an. So muss z.B. den EU-Ländern eine freie Wirtschaftspolitik möglich sein. Daneben muss das Steuerdumping begrenzt werden und auch eine Diskussion über eine europäische Verfassungsreform wäre sinnvoll, um zu klären, was die gemeinsamen Werte sind und eine europäische Identität auszubilden.

    Auch Sippel beginnt ihren Vortrag mit der Feststellung, dass die spannende Frage nach der Zukunft der EU nicht das Ob ist, sondern wie Europa in Zukunft aussehen wird. Die EU sei aber immer mehr gewesen als nur ein Wirtschaftsbündnis. So stand schon seit Gründung der Montanunion auch die Frage der Friedenssicherung auf dem europäischen Kontinent im Raum. Daneben muss berücksichtigt werden, dass die EU-Staaten, z.B. Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, sehr unterschiedlich aufgebaut sind und auch innerhalb Deutschlands gebe es widerstreitende Länderinteressen, z.B. bei Auseinandersetzungen um den Länderfinanzausgleich. Gleichzeitig mahnt sie die Bürger, „Demokratie kann man nicht abgeben!“, Lebendige Demokratie braucht Interesse und Beteiligung aller Menschen. Das Erstarken der Rechtspopulisten hänge auch mit der schwachen Wahlbeteiligung zusammen. Notwendig sei es daher, Europas gemeinsamen Wertekanon konkret erlebbar zu machen. Anders als Krüger, sieht Sippel allerdings keinen speziellen Ost-West-Konflikt in der EU und verweist auf manche Positionen längerer EU-Mitglieder wie Großbritannien. Wichtig sei aber auch, dass die Wirtschaftsunion vollendet wird und es zur Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Nationalstaaten kommt. Auch Deutschland muss selbstkritisch sein. Zu lange hätte man sich nur über neue Märkte gefreut und zu wenig für die Integration z.B. Bulgariens oder Rumäniens getan. Sinnvoll sei eine breite politische Debatte über die europäische Zukunft in den Mitgliedsstaaten.

    Im Dialog der Gäste mit Moderator Florian Rubens beschrieb Birgit Sippel dann, dass die EU für sie bedeutet, Verantwortung und Entscheidung zu teilen. Globale Konflikte, die Strukturveränderungen und Verflechtungen in der Wirtschaft oder auch die Umweltpolitik machten die Zusammenarbeit der Nationalstaaten notwendig. Bei einem Fluss nutze es nichts, wenn man Umweltschutz betreibe und der Nachbar weiter oben alles Mögliche in den Fluss hinein kippe. Genauso sollte es aber auch Mindeststandards in der sozialen Dimension geben. Wichtig sei es auch, den Topf für Austauschprogramme zu erhöhen, um Europa für viele Menschen erlebbar zu machen. Die Werte Europas sind für Sippel z.B. die Rechtsstaatlichkeit oder die Grundreche, die in der Grundrechtecharta verankert sind und die genauso wie die EU-Verträge eingehalten werden müssen. Das Europaparlament arbeite deshalb zurzeit an einem Mechanismus zur ständigen Kontrolle, um die Einhaltung dieser Werte besser überwachen zu können. Allerdings müsste man sich dann auch auf Kriterien für Sanktionen verständigen. Derzeit läge ein Problem darin, dass bei den wenigen vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten immer der Rat entscheide, ob eine Sanktion verhängt wird. Auch Anja Krüger beklagt die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten. Ungarn müsste man eigentlich „ächten“ und die europäischen Werte, z.B. Pressefreiheit, viel klarer machen.

    Die Entwicklung mit zum Teil faschistischen Truppen lässt sich aber nicht europäisch lösen, mahnt Sippel. Pegida müssen sich die Menschen vor Ort entgegenstellen. Zur Unterbringung von Flüchtlingen sollten in Deutschland auch leerstehende Schulen, Kliniken aber auch Wohnungen z.B. in Ostdeutschland genutzt werden. Es gehe um eine anständige Unterbringung für die Wartezeit in den nächsten Monaten und nicht um Arbeitsplätze. Auf die Frage, wie weit die Türkei ist, merkt Sippel an, dass es zurzeit ein weites Entgegenkommen seitens der Europäer gibt. Man sollte jedoch nicht die langfristige Wirkung solcher Signale unterschätzen, denn die Türkei ist nicht sicher für Kurden, Journalisten oder Aktivisten. Krüger gibt zu bedenken, dass die EU den Demokratisierungsprozess zu wenig unterstützt hat. Die Frage aus dem Publikum nach den Zentrifugalkräften in Europa, „Le Pen könnte in Frankreich Präsidentin werden“, und was zu tun ist bzw. was an Europa zu retten ist, beantwortet Krüger mit „Aufklären! Den Londoner Finanzplatz von Europa abhängen – Grotesk!“. Le Pen würde für Europa aber wohl keinen Zerfall bedeuten, sondern nur Stillstand. Erasmus und andere Austauschprogramme sollten ausgebaut werden, um das Zusammenwachsen zu stärken. Auch sei eine bessere Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen wichtig.

    Auf die Frage nach TTIP erläutert Krüger, dass TTIP eine Art Integrationsvertrag zwischen den USA und Europa sei, weil er in sehr viele Bereiche eingreift. Aus Sicht von Krüger sind die TTIP-Proteste vor allem Ausdruck einer Angst vor einem Einflussverlust. Die Diskussion sei an manchen Stellen allerding ein bisschen schräg, weil es auch in den USA in einigen Bereichen gute Standards gibt, z.B. beim Unternehmensstrafrecht. Die TTIP-Proteste sieht sie nach den Friedensdemos als erste europäische Bürgerbewegung. Das Problem bei der Europäischen Bürgerinitiative zu TTIP sei aber, dass sie trotz mehr als 3 Mio. Stimmen nicht angenommen wurde. Sie fordert deshalb mehr Wertschätzung für engagierte Bürger. Birgit Sippel ergänzt, dass sie TTIP ebenfalls nicht grundsätzlich ablehne. Würden aus den USA und Europa die jeweils besten Standards übernommen, wäre dies gut. Wie bei CETA sei es daher wichtig aufzupassen. So seien die Schiedsgerichte ein großes Problem und auch die vielen Lobbyisten bei den Verhandlungen. Für CETA und TTIP fordert Sippel, dass der Vertragstext in alle Landessprachen übersetzt wird und den Abgeordneten auch genügend Zeit bis zu einer Entscheidung eingeräumt wird. Was TTIP anbelangt, hält Anja Krüger es für möglich, dass in naher Zukunft ein „TTIP Light“ verabschiedet werden könnte.

    Sippel und Krüger sehen die Überwindung der Konflikte in Europa nach zwei Weltkriegen als Grundstein der EU und Birgit Sippel würde sich hier auch mehr Geschichtsbewusstsein wünschen und ergänzt, dass die Vorläufer der EU „der Neuanfang Europas nach dem 2. Weltkrieg“ waren. Allerdings müsste man auch Unterschiede in Europa sehen. Großbritannien wollte eigentlich nie mehr als einen großen Binnenmarkt. Ein Binnenmarkt ohne gemeinsame Umwelt-, Verbraucher- und soziale Rechte sei aber keine Lösung Auf die Frage nach einer europäischen Öffentlichkeit sehen beide einige positive Entwicklungen. Als Beispiel führt Krüger das Zeitungsprojekt „Le Monde diplomatique“ oder eben auch die TTIP-Protestbewegung an. Auf eine Frage aus dem Publikum nach unbürokratischen und mehr Mitteln für Austauschprogramme z.B. von Schulen, nennt Sippel einige vorhandene Programme und erläutert, dass häufig durch die Nationalstaaten weitere Bürokratie hinzugefügt würde. Sie klagt jedoch auch über die mangelnde Finanzausstattung der EU, deren Mittel zuletzt gekürzt wurden.

    Ein anderes Wahlsystem für die Europawahl, z.B. transnationale Liste, sehen beide als nachrangiges Problem an. Das würde kaum mehr Leute an die Urne bringen, ist sich Krüger sicher und Sippel ergänzt: „Wir brauchen keine Volkshochschulkurse „Europa“!“ Die ökonomische Stärke Deutschlands innerhalb der EU und insbesondere des Euro ist aus Sicht beider ein Problem. Die deutschen Produkte sind auf dem Markt sehr wettbewerbsfähig und konkurrieren Südeuropa nieder, erklärt Krüger. Eine nicht wünschenswerte Folge sei, dass nun Hochqualifizierte von Deutschland angezogen werden und die schwächeren EU-Länder so weiter geschwächt werden. In diesem Zusammenhang verweist sie nochmal auf die Notwendigkeit eines Investitionsprogramms. Aus Sippels Sicht wäre es sinnvoll, zu fragen, wo sind die Stärken der einzelnen Länder, um in diesen Bereich dann zu investieren. Sippel fügt an, dass in besonderen Situationen für befristete Zeit auch ermöglicht werden könne, auf die Co-Finanzierung für EU-Projekte für einzelne Länder zu verzichten. Nach einigen abschließenden Fragen aus dem Online-Dialog endete die Veranstaltung dann mit einem Schlusswort des Ortsvereinsvorsitzenden.

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    SPD OV Siegen-Weidenau · angelegt
     

    Der Europa-Dialog zum nachlesen:

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    Auch Sippel beginnt ihren Vortrag mit der Feststellung, dass die spannende Frage nach der Zukunft der EU nicht das Ob ist, sondern wie Europa in Zukunft aussehen wird. Die EU sei aber immer mehr gewesen als nur ein Wirtschaftsbündnis. So stand schon seit Gründung der Montanunion auch die Frage der Friedenssicherung auf dem europäischen Kontinent im Raum. Daneben muss berücksichtigt werden, dass die EU-Staaten, z.B. Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, sehr unterschiedlich aufgebaut sind und auch innerhalb Deutschlands gebe es widerstreitende Länderinteressen, z.B. bei Auseinandersetzungen um den Länderfinanzausgleich. Gleichzeitig mahnt sie die Bürger, „Demokratie kann man nicht abgeben!“, Lebendige Demokratie braucht Interesse und Beteiligung aller Menschen. Das Erstarken der Rechtspopulisten hänge auch mit der schwachen Wahlbeteiligung zusammen. Notwendig sei es daher, Europas gemeinsamen Wertekanon konkret erlebbar zu machen. Anders als Krüger, sieht Sippel allerdings keinen speziellen Ost-West-Konflikt in der EU und verweist auf manche Positionen längerer EU-Mitglieder wie Großbritannien. Wichtig sei aber auch, dass die Wirtschaftsunion vollendet wird und es zur Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Nationalstaaten kommt. Auch Deutschland muss selbstkritisch sein. Zu lange hätte man sich nur über neue Märkte gefreut und zu wenig für die Integration z.B. Bulgariens oder Rumäniens getan. Sinnvoll sei eine breite politische Debatte über die europäische Zukunft in den Mitgliedsstaaten.

    Im Dialog der Gäste mit Moderator Florian Rubens beschrieb Birgit Sippel dann, dass die EU für sie bedeutet, Verantwortung und Entscheidung zu teilen. Globale Konflikte, die Strukturveränderungen und Verflechtungen in der Wirtschaft oder auch die Umweltpolitik machten die Zusammenarbeit der Nationalstaaten notwendig. Bei einem Fluss nutze es nichts, wenn man Umweltschutz betreibe und der Nachbar weiter oben alles Mögliche in den Fluss hinein kippe. Genauso sollte es aber auch Mindeststandards in der sozialen Dimension geben. Wichtig sei es auch, den Topf für Austauschprogramme zu erhöhen, um Europa für viele Menschen erlebbar zu machen. Die Werte Europas sind für Sippel z.B. die Rechtsstaatlichkeit oder die Grundreche, die in der Grundrechtecharta verankert sind und die genauso wie die EU-Verträge eingehalten werden müssen. Das Europaparlament arbeite deshalb zurzeit an einem Mechanismus zur ständigen Kontrolle, um die Einhaltung dieser Werte besser überwachen zu können. Allerdings müsste man sich dann auch auf Kriterien für Sanktionen verständigen. Derzeit läge ein Problem darin, dass bei den wenigen vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten immer der Rat entscheide, ob eine Sanktion verhängt wird. Auch Anja Krüger beklagt die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten. Ungarn müsste man eigentlich „ächten“ und die europäischen Werte, z.B. Pressefreiheit, viel klarer machen.

    Die Entwicklung mit zum Teil faschistischen Truppen lässt sich aber nicht europäisch lösen, mahnt Sippel. Pegida müssen sich die Menschen vor Ort entgegenstellen. Zur Unterbringung von Flüchtlingen sollten in Deutschland auch leerstehende Schulen, Kliniken aber auch Wohnungen z.B. in Ostdeutschland genutzt werden. Es gehe um eine anständige Unterbringung für die Wartezeit in den nächsten Monaten und nicht um Arbeitsplätze. Auf die Frage, wie weit die Türkei ist, merkt Sippel an, dass es zurzeit ein weites Entgegenkommen seitens der Europäer gibt. Man sollte jedoch nicht die langfristige Wirkung solcher Signale unterschätzen, denn die Türkei ist nicht sicher für Kurden, Journalisten oder Aktivisten. Krüger gibt zu bedenken, dass die EU den Demokratisierungsprozess zu wenig unterstützt hat. Die Frage aus dem Publikum nach den Zentrifugalkräften in Europa, „Le Pen könnte in Frankreich Präsidentin werden“, und was zu tun ist bzw. was an Europa zu retten ist, beantwortet Krüger mit „Aufklären! Den Londoner Finanzplatz von Europa abhängen – Grotesk!“. Le Pen würde für Europa aber wohl keinen Zerfall bedeuten, sondern nur Stillstand. Erasmus und andere Austauschprogramme sollten ausgebaut werden, um das Zusammenwachsen zu stärken. Auch sei eine bessere Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen wichtig.

    Auf die Frage nach TTIP erläutert Krüger, dass TTIP eine Art Integrationsvertrag zwischen den USA und Europa sei, weil er in sehr viele Bereiche eingreift. Aus Sicht von Krüger sind die TTIP-Proteste vor allem Ausdruck einer Angst vor einem Einflussverlust. Die Diskussion sei an manchen Stellen allerding ein bisschen schräg, weil es auch in den USA in einigen Bereichen gute Standards gibt, z.B. beim Unternehmensstrafrecht. Die TTIP-Proteste sieht sie nach den Friedensdemos als erste europäische Bürgerbewegung. Das Problem bei der Europäischen Bürgerinitiative zu TTIP sei aber, dass sie trotz mehr als 3 Mio. Stimmen nicht angenommen wurde. Sie fordert deshalb mehr Wertschätzung für engagierte Bürger. Birgit Sippel ergänzt, dass sie TTIP ebenfalls nicht grundsätzlich ablehne. Würden aus den USA und Europa die jeweils besten Standards übernommen, wäre dies gut. Wie bei CETA sei es daher wichtig aufzupassen. So seien die Schiedsgerichte ein großes Problem und auch die vielen Lobbyisten bei den Verhandlungen. Für CETA und TTIP fordert Sippel, dass der Vertragstext in alle Landessprachen übersetzt wird und den Abgeordneten auch genügend Zeit bis zu einer Entscheidung eingeräumt wird. Was TTIP anbelangt, hält Anja Krüger es für möglich, dass in naher Zukunft ein „TTIP Light“ verabschiedet werden könnte.

    Sippel und Krüger sehen die Überwindung der Konflikte in Europa nach zwei Weltkriegen als Grundstein der EU und Birgit Sippel würde sich hier auch mehr Geschichtsbewusstsein wünschen und ergänzt, dass die Vorläufer der EU „der Neuanfang Europas nach dem 2. Weltkrieg“ waren. Allerdings müsste man auch Unterschiede in Europa sehen. Großbritannien wollte eigentlich nie mehr als einen großen Binnenmarkt. Ein Binnenmarkt ohne gemeinsame Umwelt-, Verbraucher- und soziale Rechte sei aber keine Lösung Auf die Frage nach einer europäischen Öffentlichkeit sehen beide einige positive Entwicklungen. Als Beispiel führt Krüger das Zeitungsprojekt „Le Monde diplomatique“ oder eben auch die TTIP-Protestbewegung an. Auf eine Frage aus dem Publikum nach unbürokratischen und mehr Mitteln für Austauschprogramme z.B. von Schulen, nennt Sippel einige vorhandene Programme und erläutert, dass häufig durch die Nationalstaaten weitere Bürokratie hinzugefügt würde. Sie klagt jedoch auch über die mangelnde Finanzausstattung der EU, deren Mittel zuletzt gekürzt wurden.

    Ein anderes Wahlsystem für die Europawahl, z.B. transnationale Liste, sehen beide als nachrangiges Problem an. Das würde kaum mehr Leute an die Urne bringen, ist sich Krüger sicher und Sippel ergänzt: „Wir brauchen keine Volkshochschulkurse „Europa“!“ Die ökonomische Stärke Deutschlands innerhalb der EU und insbesondere des Euro ist aus Sicht beider ein Problem. Die deutschen Produkte sind auf dem Markt sehr wettbewerbsfähig und konkurrieren Südeuropa nieder, erklärt Krüger. Eine nicht wünschenswerte Folge sei, dass nun Hochqualifizierte von Deutschland angezogen werden und die schwächeren EU-Länder so weiter geschwächt werden. In diesem Zusammenhang verweist sie nochmal auf die Notwendigkeit eines Investitionsprogramms. Aus Sippels Sicht wäre es sinnvoll, zu fragen, wo sind die Stärken der einzelnen Länder, um in diesen Bereich dann zu investieren. Sippel fügt an, dass in besonderen Situationen für befristete Zeit auch ermöglicht werden könne, auf die Co-Finanzierung für EU-Projekte für einzelne Länder zu verzichten. Nach einigen abschließenden Fragen aus dem Online-Dialog endete die Veranstaltung dann mit einem Schlusswort des Ortsvereinsvorsitzenden.