Liebe InitiatorInnen, ich bin bei eurem Brief hin- und hergerissen. Eure Ideale sind sicherlich richtig. Die vielen Milliarden Euro fuer den Anti-Terrorkrieg (oder ist es schon eine Billion?) waeren sicherlich besser investiert gewesen in eine emanzipative Bildung und Ausbildung, in Sozialarbeit und Arbeitsplaetze (selbst wenn es erstmal nur staatliche sind). Im besten Fall finden alle in der Geselschaft ihren Platz, ob als Wachmann, Baecker oder Atomphysiker, jeder nach seinen Moeglichkeiten. Nun ist das Geld in den Taschen von Waffenproduzenten und ihren Aktionaeren verschwunden, hat nur noch mehr Tod ueber die Welt gebracht. Ueber die Kriegsgewinnler muessen wir auch mal reden. Die freuen sich ueber jeden Terroristen auf der Welt. Eure typisch linke Art, strukturell zu denken, ist richtig.

Andererseits ist mir der Text auch zu einseitig. Nicht alle armen und perspektivlosen Menschen auf der Welt begehen ein Blutbad. Sie wuerden nie auf die Idee kommen, aus ihrer Lage heraus jede Menschlichkeit zu verlieren. Sie behalten sie. Deshalb habe ich etwas Probleme damit, die Attentaeter, ihre Familien und ihr Umfeld so leicht aus der Verantwortung zu entlassen. Ich waere meines Lebens nicht mehr froh, wenn mein Sohn so etwas tut. Genauso wenig, wie wenn mein Sohn 'Der Dreck muss weg' in Heidenau groehlt und Fluechtlinge verpruegelt. Wir muessen auch an der individuellen Verantwortung und Zurechenbarkeit festhalten, und duerfen nicht in einem Akt linker Selbstgeisselung alle Schuld der Welt auf uns nehmen, auf den Westen, auf den Kapitalismus, auf die ungerechten Strukturen. Jeder dieser jungen Attentaeter haette einen anderen Weg gehen koennen. Meinetwegen einen extremen Islam leben, aber dabei friedlich gegenueber Menschen bleiben. Sie haetten Proteste organisieren koennen gegen ihre Verhaeltnisse, vielleicht auch Sachbeschaedigungen verueben, so etwas kann in der Geschichte noetig sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber die Schuld, Unschuldige ueber den Haufen geschossen zu haben, Jugendliche, Muslime, einfach blind alle, die kann ihnen niemand nehmen.