Sehr geehrte Frau v. Knobloch
Ihrer Zustandsbeschreibung im ersten Abschnitt stimme ich zu, mit Ausnahme des EU-Türkei-Deals. Es gibt hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Türkei keine sinnvolle Alternative, weil die Türkei nun mal dort liegt, wo sie liegt, und die geographischen Verhältnisse dort so sind, wie sie sind. Die Spanier müssen mit Marokko und dem Senegal kooperieren, die Italiener mit Tunesien und eigentlich eben auch mit Libyen.
Meine Frage daher: Können Sie eine bessere Variante nennen, bei der gewährleistet wird, dass nur Schutzberechtigte in die EU einreisen?
Mir fallen da nämlich dann wirklich nur noch robuste Maßnahmen ein – und die wollen wir ja wohl beide nicht.
Der Intention des zweiten Abschnitts kann ich sehr gut folgen, allerdings nicht der Argumentation mit den von Ihnen angeführten Beispielen. Der Schüler- und Studentenaustausch funktioniert genauso gut mit den USA, frei Reisen kann man ebenso in die Schweiz, die Produktpalette ist voll von Waren aus China oder Bangladesch (Textilien) und Google, Facebook, Twitter und Co. sind ja auch nicht die Kinder eines EU-Digitalmarkts.
Meine Argumente sind daher andere. Der Euro ist, trotzt seiner Probleme, ein ziemlich starkes Konstrukt, das Investitionen nach Europa gebracht hat. Ökonomisch ein großer Vorteil und würden die Konstruktionsfehler behoben, könnte man diesen auch wieder voll nutzen. Und auch wenn man sich überlegt, wie sich die ehemaligen Länder der UDSSR gesellschaftlich entwickelt haben, grenzt das an ein Wunder. Man blicke zum Vergleich in das Nicht-EU-Land Weißrussland. Ich denke, so wird auch deutlich, was alles bei einem Zerfall der EU auf dem Spiel steht, nämlich Wohlstand, aber auch ein demokratisches und rechtsstaatliches Osteuropa.
Wir Europäer können friedlich miteinander in Kontakt treten, debattieren und voneinander lernen – wieso sollten wir das nicht nutzen?
Ganz meine Meinung, nutzen wir die Möglichkeit des Dialogs. Am Anfang stand das Wort.