Die letzten Wochen haben mein Weltbild ziemlich durcheinander gerüttelt. Konflikte waren weit weg und eher Gegenstand von Vorlesungen oder Zeitungsartikeln. Manchmal hat mich das Weltgeschehen glücklich gestimmt und mal sehr traurig gemacht, aber immer habe ich eine Distanz dazu bewahren können.

Jetzt verläuft die digitale Front durch mein Wohnzimmer und nicht viel weiter im Osten stehen sich Soldaten mit geladenen Waffen gegenüber. Ich habe mein Vertrauen in die alte Weltordnung, die sich mit "Im Westen alles OK, im Osten alles OK, hier alles OK" zusammenfassen lässt, verloren.

Das ist nicht mehr die Welt der 1990er und 2000er in der ich aufgewachsen bin. Ich trauere den alten Zeiten nicht hinterher – politische Realitäten ändern sich – aber mit einmal sehe ich die EU in einem anderen Licht. Wo früher die Betonung der gemeinsamen europäischen Werte bestenfalls abstrakte Assoziationen bei mir ausgelöst haben, kann ich mir mittlerweile sehr deutlich vorstellen wie die Welt aussehen könnte, ohne die Ideen, die die EU ausmachen.

Die Populisten in der EU mögen mit den existenziellen Sorgen der Leute spielen und weniger EU als Abhilfe vorschlagen, aber ich denke es ist nicht weit bis viele andere sehen werden, dass die EU das einzige Gefüge sein kann, um in der heutigen Welt unsere, von vergangenen Generationen hart erfochtenen, Grundwerte durchzusetzen und zu bewahren. Eben die Werte, die sich nach der Urlaubsreise außerhalb der EU durch ein "es war schön, aber wohnen möchte ich dort nicht." auf den Punkt bringen lassen.