Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der 'überwachten Welt' - Historie

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  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der 'überwachten Welt'

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts sehen, nichts hören, Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manche die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis ständig mit jeder Ausspähung gerechnet wird? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

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    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manche die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis ständig mit jeder Ausspähung gerechnet wird? zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der 'überwachten Welt'

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manche manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der 'überwachten Welt'

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der 'überwachten Welt' überwachte Welt

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der überwachte Welt Überwachte Welt: Wohin führen unsere Gefühle und Spekulationen?

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea RiensbergNichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg Riensberg*


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Community-Abend: Gefühle und Spekulationen in der Überwachte Welt: Wohin führen unsere Gefühle und Spekulationen?

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea Riensberg Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg*


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Überwachte Welt: Wohin führen unsere Gefühle und Spekulationen?

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea Riensberg Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg*


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Überwachte Welt: Wohin führen Gefühle und Spekulationen?

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea Riensberg Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg*


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Frisst sich das Misstrauen immer tiefer in uns uns hinein, bis mit jeder Ausspähung zu rechnen ist? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

  • Überwachte Welt: Wohin führen Gefühle und Spekulationen?

    von Redaktion, angelegt

    Foto: Linnea Riensberg Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen? Beim Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt wurden spontan Reaktionen auf Überwachungspraktiken durchgespielt. Foto: Linnea Riensberg*


    Es wäre unmöglich, unseren Community-Abend zum #pxp_thema Überwachte Welt adäquat zusammenzufassen. Diskutierende mit ganz unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründen brachten ihre Sichtweisen ein – vom Fotografen über die Medizinerin bis zum Pensionär. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Beobachtungen und Fragen des Abends skizziert.

    Ein Beitrag von Alexander Wragge, Redaktion

    Wer allgemein die ‘Überwachungfrage’ stellt, bekommt schnell ein „Kladderadatsch-Problem“. Dann geht alles durcheinander: von der staatlichen Überwachung (NSA-Komplex) bis zur privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Datensammelwut. Die Debatte ist übervoll von Erkenntnissen. Allein die Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden und die Selbstversuche des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigen regelmäßig neue Pfade in den Überwachungs-Kollaps. Zugleich fällt das Gespräch immer wieder in Informationslücken: was können beispielsweise Algorithmen heute schon mit unserem Datenwust anfangen?

    Manche machen sich im Detail schlau, versuchen etwa Nutzungsbedingungen einer Taschenlampen-App zu verstehen oder lesen jede Überwachungs-News auf einem Fachportal wie Heise.de. Andere kommen nicht mehr hinterher oder geben auf. Eine Erkenntnis unseres Community-Abends zur „Überwachten Welt“: das Thema bewegt uns grundlegender, als es manche Umfragen vermuten lassen (wonach etwa die NSA-Enthüllungen für den Ausgang der Bundestagswahl 2013 nahezu irrelevant waren). Statt geplanten 90 Minuten sprachen wir ganze drei Stunden und es ging teilweise hoch her.

    Was wird aus den Gefühlen?

    Als Einstieg wählten wir eine persönliche Frage an jede/jeden. Was fühlst Du, wenn Du an den staatlich-privatwirtschaftliche Überwachungskomplex denkst? Das klingt vielleicht etwas nach Betroffenheits-Kitsch und Therapiegruppe. Allerdings sind die Gefühle jedes Einzelnen ziemlich wichtig für die gesamte 'Überwachungs'-Politik: Ändern wir unser privates und berufliches (Digital-)Verhalten oder nicht? Haben wir so viel Angst vor Überwachung, dass wir bereits Selbstzensur üben, etwa auf Facebook? Protestieren wir wütend vor dem Kanzleramt, oder vertrauen wir ganz gelassen auf den schützenden Gesetzgeber?

    Eine Erkenntnis: Der Gefühlshaushalt in der Überwachungsdebatte ist alles andere als homogen. Manche formulieren starke Empörung, etwa über die im Raum stehende 'Totalüberwachung'. Andere fühlen sich schlicht sprachlos, ohnmächtig, hilflos und verunsichert. Wieder andere wollen die vielen Chancen des digitalen Wandels nicht einfach einer dunklen Überwachungsangst opfern, bleiben tendenziell optimistisch.

    Beobachtung zwei: Die Gefühle wirken bislang eher privat als politisch. Ein unbestimmtes Misstrauen lässt manchen die Web-Cam am Laptop zukleben, weil diese zur heimlichen Video-Überwachung missbraucht werden könnte. Manche werden so vorsichtig, dass sie ganz auf ein Smartphone, den Facebook-Account und diverse Apps verzichten. Manche führen wichtige Gespräche tatsächlich nur noch persönlich und offline. Andere ändern rein gar nichts an ihrem Digital-Verhalten, haben dabei aber ein mulmiges Gefühl. An welcher Stelle im politischen Prozess sich die teils starken Gefühle sinnvoll artikulieren lassen, in der Überwachungsfrage sinnvoll politisch kanalisieren können, bleibt dagegen im Vagen: bei der Reform der BND-Aufsicht? Bei der EU-Datenschutzgrundverordnung?

    Es bleibt spannend zu beobachten, wohin sich die noch recht diffuse Gefühlslage in dieser Debatte entwickelt. Bleiben die Emotionen zu unbestimmt und privat, als dass es zu einem breiten Massenprotest gegen Totalüberwachung kommt? Ahnen wir zwar dunkel, dass das Internet „kaputt“ ist (Zitat Sascha Lobo), blenden das aber lieber aus? Oder fassen wir irgendwann neues Urvertrauen in Staaten und Unternehmen?

    Wohin führen die Spekulationen?

    Eine zweite Erkenntnis des Abends: Wer über die Überwachungsfrage spricht, redet zwangsläufig über die Zukunft. Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Staaten und Unternehmen ihre technischen Möglichkeiten künftig nutzen, um Menschen zu diskriminieren, Gegnern und Konkurrenten zu schaden, die Massen zu kontrollieren? An Angstszenarien hat die Debatte keinen Mangel – vom Unternehmen, das mittels Big-Data-Wissen Mitarbeiterinnen entlässt, noch bevor diese schwanger werden, bis zur Stasi 2.0, die sich digital merkt, wer mit was zu erpressen wäre.

    Vielleicht überfordern derartige Spekulationen manchmal ein ergebnisorientiertes, konkretes Gespräch. Trotzdem scheint es ein sinnvoller erster Schritt im Sinne einer konstruktiven Debatte zu sein, für sich selbst eine begründbare Haltung zu all den (Horror-)Szenarien zu finden. Können wir uns aus gutem Grund zurücklehnen, oder muss der Gesetzgeber schnell rote Linien ziehen, um einen Überwachungskollaps zu verhindern? Sollten wir Datensammel-Unternehmen schon heute regulieren, obwohl diese noch nicht einmal selbst wissen, was sie in 10, 20 Jahren mit ihren Daten über uns anfangen können und wollen? Werden Daten schleichend zum neuen Machtfaktor, zur „fünften Gewalt“, die das bisherige System in ungekannte Schranken weist? Oder müssen wir aufpassen, uns nicht mit übertriebenen, undifferenzierten Überwachungsängsten eine segensreiche Digital-Zukunft zu verbauen, in der beispielsweise Big Data in der Medizin hilft, Leben zu retten?

    Was der Community-Abend insgesamt zeigte: es ist bewusstseinserweiternd, sich mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen über die ‘Überwachte Welt’ auszutauschen. Eine Physikerin bringt etwa eine ganz andere Sichtweise auf Daten mit als ein Politikwissenschaftler oder die Datenschutz-Expertin aus einem Abgeordnetenbüro. Dass nur eine kleine, informierte “Netzgemeinde” fundiert, betroffen und leidenschaftlich über den Überwachungskomplex streiten kann und will, muss jedenfalls als Mythos gelten.


    Hinweis: Alle Interessierten sind weiterhin eingeladen, sich online mit eigenen Texten und Kommentaren in die Überwachungs-Debatte einzubringen - und natürlich auch eigene Eindrücke vom Community-Abend zu schildern. Am 26. November fließen eure Impulse ein in ein Publixphere-Panel zum Thema (Näheres in Kürze). Zugesagt haben bereits der SPD-Politiker Gerold ReichenbachMdB, SPD , der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt und die Regisseurin Christiane Mudra.

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