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Die Wahlrechtsproblematik


Manolo Gomez CC BY 2.0Im aktuellen 18. Deutschen Bundestag gibt es insgesamt 631 Abgeordnete. Foto & Teaser: Manolo Gómez (CC BY 2.0)


Ein Beitrag von MisterEde

Die Wahlrechtsproblematik

Bei der letzten Bundestagswahl wurde ein neues Wahlrecht verwendet, das zu einem „kleinen Größenproblem“ führen kann. Theoretisch könnte der Bundestag auf 1.000 oder gar 10.000 Abgeordnete anschwellen. Bundestagspräsident Lammert hat das Problem auch bei der konstituierenden Sitzung erwähnt und eine Prüfung angekündigt. Bislang habe ich aber noch nichts davon gehört, dass eine erneute Wahlrechtsreform auch wirklich angegangen wird. Außerdem bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob das Problem tatsächlich verstanden wurde, da Lammert bei seiner Rede fälschlicherweise die Ausgleichsmandate mit den Überhangmandaten begründete und auch Kauders Aussage bei der WiWo (Ursprung Welt) klingt irgendwie eher ungläubig „soll“.

Tatsächlich ist das Problem nach meiner Einschätzung auch insoweit eher gering, als dass große Abweichungen (100+) von den 598 Abgeordneten eher unwahrscheinlich sind, allerdings so wie ich das sehe wird es regelmäßig zu Ausgleichsmandaten kommen. Der Grund dafür:

  1. Jedes Bundesland bekommt garantiert seine Sitzzahl. (Bzw. korrekt ausgedrückt: Jede Bundespartei bekommt garantiert die Sitzzahl aus den Bundesländern)
  2. Jede Stimme ist gleich viel Wert.

Hierdurch kann es passieren, dass bei großen Unterschieden bei der Wahlbeteiligung, bzw. durch unterschiedliche „verlorene“ Stimmen (die auf Parteien entfallen die nicht in den Bundestag einziehen) zu Verschiebungen kommt. Bei der letzten Bundestagswahl hatte die CSU aus Bayern den Anspruch auf 56 Sitze (49,3% bei 81,5% von CSU, SPD, Linke, Grüne). Im Bundesgebiet aber nur Anspruch auf 54 (evtl. auch nur 53) von 598 Sitze. Die CSU musste wegen „Punkt 1“ 56 Sitze bekommen und die anderen Parteien wegen „Punkt 2“ 29 Ausgleichsmandate zu den 4 CDU-Überhangmandaten die sie eh schon hatten.

Hätte die CSU in Bayern Anspruch auf 58 Sitze gehabt, z.B. wenn noch ein paar mehr Wähler besonders von SPD, Linke oder Grünen sonstige Parteien oder gar nicht gewählt hätten, wären um die 60 Ausgleichsmandate fällig geworden. Das Problem ist dabei aber nicht nur auf die CSU beschränkt, sondern kann auch bei den gesamtdeutschen Parteien auftreten, wenn es regionale Unterschiede gibt, die sich nicht ausgleichen.

Anmerkung: Ein Vorteil hat das Ganze aber aus meiner Sicht. Im Gegensatz zu den Abgeordneten selbst, die in der Vergangenheit den Bundestag verkleinert haben, hätte ich eigentlich lieber einen größeren Bundestag (750-800 Abgeordnete, so dass auf 100.000 Einwohner 1 Abgeordneter kommt).

Älterer Artikel in meinem blog - Die Wirkung des neuen Wahlrechts: Bundestag wächst


Kommentare

  • Ich habe jetzt echt viele Artikel zum „Wahlrechtsproblem“ gelesen und es ist erschreckend, wie wenig Substanz die haben. Noch immer ist der einzige Artikel, der das Problem inhaltlich richtig erklärt, der Beitrag auf wahlrecht.de. Der einzige Haken dort sind die Begrifflichkeiten. Ich würde bei der Differenz von Landes- zu Bundesergebnis (föderale Ungleichgewichte nennt das Lammert) wirklich nicht von „neuem Typ des Überhangmandats“ sprechen, weil das meines Erachtens irreführend ist. Es geht ja gerade nicht um überhängende Direktmandate. Diese können zwar problemverschärfend hinzukommen, aber gerade die letzte Wahl hat ja gezeigt, dass es selbst ohne diese zu zahlreichen Ausgleichsmandaten kommen kann.

    Ich muss aber auch sagen, es ist irgendwie frustrierend, erfolglos gegen so eine Flut an Unverständnis anzuschreiben.

    Mein eigener Reformvorschlag und ein Vergleich zum Lammert-Vorschlag