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Ist der Euro-Beitritt Lettlands zu diesem Zeitpunkt richtig?


Nach wie vor beschäftigt die Euro-Krise die Währungsunion. Dennoch wird es ab nächstem Jahr ein weiteres Mitglied geben. Denn Lettland bereitet sich auf den Wechsel vom Lats zum Euro vor.

Analyse und Debatte von Kathrin Justen

„Eiro“ werden die Letten sie nennen, ihre neue Währung, zumindest umgangssprachlich. Denn in der lettischen Sprache gibt es kein „eu“. Ab Januar nächsten Jahres wird das kleine baltische Land das 18. Mitglied der Währungsunion sein und der Euro wird den Lats, der seit der Unabhängigkeit 1990 Zahlungsmittel war, ablösen. Bereits seit dem EU-Beitritt 2004 hatten die Regierungen des Landes darauf hingearbeitet. Man sieht die Gemeinschaftswährung als Weg insbesondere für kleinere Länder, sich ökonomisch und politisch enger an Europa zu binden. Ein erster Einführungstermin 2008 scheiterte jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Baltenstaates.

Lettland geriet damals in eine tiefe Wirtschafts- und Finanzkrise, sodass es unter anderem auf Hilfe des Internationalen Währungsfonds angewiesen war. Gleichzeitig entschied sich die politische Führung zu umfassenden Sparmaßnahmen und Strukturreformen. Gehälter wurden zum Teil um bis zu dreißig Prozent gekürzt, knapp zehn Prozent der Letten verließen in dieser Zeit ihr Heimatland.

Inzwischen scheint das Land wieder besser dazustehen, die Wirtschaft wuchs in den letzten zwei Jahren um jeweils mehr als fünf Prozent und im Juni attestierte die Europäische Zentralbank (EZB) Lettland die Erfüllung der Konvergenzkriterien wie Preis- und Wechselkursstabilität und Schuldenstand, die als Voraussetzung für den Beitritt zur Währungsunion gelten. Aber die EZB äußerte sich auch kritisch: Sie zweifelt daran, dass die Entwicklung dieser Rahmendaten nachhaltig genug sei und fordert Lettland dazu auf, weiter daran zu arbeiten die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren und die Inflation niedrig zu halten.

Nichtsdestotrotz sprachen sich die EU-Finanzminister – nach einer Anhörung im EU-Parlament und einer Diskussion im Rat der EU – im Sommer für den Beitritt Lettlands zur Währungsunion aus.

Es sind weitere Bedenken gegen den Euro zum jetzigen Zeitpunkt für Lettland geäußert worden, vor allem wird die Gefahr genannt, dass Lettland zu einem weiteren Steuerparadies in Europa avancieren könnte, ähnlich wie Zypern. Ermöglicht wird dies unter anderem durch einen extrem niedrigen Unternehmenssteuersatz und durch diverse Steuervorteile für Holdings. Besonders beliebt ist der Finanzplatz Lettland bei Kunden aus Russland und anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Und die Bürger sind ebenfalls zu einem großen Teil skeptisch, da hilft auch der groß angelegte „Changeover Plan“ nur bedingt, mit dem die lettische Regierung die Menschen informieren möchten. Zwar fühlen sich laut einer Eurobarometer-Umfrage vom April diesen Jahres erstmals die Hälfte der Bürger gut informiert – in der Vorjahresbefragung waren es nur 39 Prozent – doch nur 40 Prozent sind für einen Euro-Beitritt. Drei Viertel der Letten meinen, dass sich durch den Euro die Preise erhöhen werden und dass man mit der neuen Währung einen Teil der eigenen Identität verliere.

Lettland ist eines der ärmsten Länder der EU. Manche sorgen sich auch, dass man als Teil der Währungsunion dann anderen Krisenländern wie Griechenland oder Spanien helfen muss. Der Finanzminister des Landes sieht dagegen sein Land mitsamt der Reformen der vergangenen Jahre als Vorbild und forderte im Juli die Regierungen der Mitgliedsländer des Euro-Raumes auf, den bisherigen Konsolidierungskurs zu halten. Das Beispiel Lettland wirft außerdem die Diskussion auf, ob die Konvergenzkriterien der EU in ihrer bisherigen Form ausreichen, oder ob – gerade aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre – weitere und andere Kriterien passender wären. Grundsätzlich lässt sich auch darüber diskutieren, ob der Beitritt Lettlands zur Euro-Gruppe zu diesem Zeitpunkt richtig ist oder ob es sich vielleicht eher um Symbolpolitik seitens der Europäischen Union handelt, um zu zeigen, dass der Euro durchaus noch attraktiv ist.

Ist der Euro-Beitritt Lettlands zu diesem Zeitpunkt richtig?

Links zum Thema:

Webseite der Bundesbank: Lettlands Weg in den Euroraum Pressemitteilung der Europäischen Zentralbank zur wirtschaftlichen und rechtlichen Konvergenz Lettlands (5. Juni 2013) Informationsseite des lettischen Finanzministeriums zur Euro-Einführung


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