Der Umgang mit psychischen Erkrankungen in Deutschland
Foto: János Csongor Kerekes (CC BY 2.0)
Depressionen sind in Deutschland weit verbreitet. Fehlt es an Aufklärung? Ist es sinnvoll, Menschen mit diagnostizierten schweren depressiven Erkrankungen von Jobs mit hoher Verantwortung zurückzuhalten?
Ein Beitrag von wildehilde
Vor dem Hintergrund des tragischen Germanwings Flugunglückes möchte ich folgendes zur Diskussion stellen: In Deutschland sind ca. 4 Millionen Menschen von depressiven Störungen betroffen. Diese Menschen stehen unter einem extremen Leidensdruck. Ohne Behandlung kann eine Depressive Episode sich chronifizieren, in schweren Fällen (ca. 15%) kommt es zum Suizidversuch. Oftmals sind auch nicht nur 'Depressive' Opfer dieser lähmenden Erkrankung, sondern auch deren Angehörige. Allerdings ist der gesellschaftliche Umgang mit der Depressionserkrankung mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die Erkrankung wird entweder nicht als solche erkannt oder wird tabuisiert, man spricht nicht gerne darüber oder nimmt Symptome nicht ernst, was zum einen daran liegt, dass das Wissen über Depressionen meist sehr gering ist. Zum anderen ist aber auch die Fähigkeit des Depressiven, ihre Krankheit zu analysieren und sie den Mitmenschen zu erklären, stark herabgesetzt. Und nun meine Fragen: 1.) Ist es nicht an der Zeit, genauso über depressive Erkrankungen aufzuklären, wie über Herzinfarkt oder Schlaganfall? 2.) Ist es sinnvoll, Menschen mit diagnostizierten schweren depressiven Erkrankungen von Jobs mit hoher Verantwortung zurückzuhalten (Piloten, Busfahrer, Ärzte...)?
babbelgebrabbel
Hallo wildehilde,
gute Fragen.
1.) auf jeden Fall ist es Zeit, endlich (!) genauso über depressive Erkrankungen aufzuklären, wie über Herzinfarkt oder Schlaganfall. Depressionen werden immernoch anders gesehen als andere, körperliche Erkrankungen. Ich kenne eigentlich keinen, der sich schämt mal zum Hausarzt, Frauenarzt, oder Kardiologen zu gehen. Beim Psychologen oder gar Psychiater sieht das ganz anders aus. Depressionen müssen ihr Stigma verlieren. Das könnte auch dazu führen, dass Betroffene sich früher Hilfe holen und depressive Erkrankungen nicht verheimlichen.
Das bringt mich auch direkt zu 2.). Berufe mit hoher Verantwortung gehen ja quasi automatisch mit einer hohen emotionalen Belastung einher. Jeder geht damit anders um, aber würde ein Verbot oder ein Fernhalten von verantwortungsvollen Positionen im Fall diagnostizierter schwerer depressiver Erkrankungen diese Personen nicht eher davon abhalten, überhaupt psychologische Hilfe anzunehmen? Idealerweise sollten Menschen in diesen Positionen Hilfe ja so früh wie möglich in Anspruch nehmen, sodass es gar nicht erst zu einer schweren Erkrankung kommt (und wenn doch, dann sollten sie vielleicht mit ihrem Arzt darüber sprechen ob sie ihren Job überhaupt noch ausüben können). Ich glaube, das würden einige besonders gefährdete Menschen dann eben nicht mehr machen.
Also: Aufklärung und Entstigmatisierung auf jeden Fall, sodass sich Menschen früher und leichter Hilfe holen. Aber alles, was mit quasi automatischen Folgen für die Ausübung des Berufs einhergeht: meiner Meinung nach "nein".