Ein paar Fragen an die deutsche Geschichte.
Vielleicht fühlt sich jemand berufen, mein Unwissen aufzuklären.
Der Holocaust ist in der Menschheitsgeschichte einmalig. Die Einmaligkeit gründet sich in der industriellen Durchführung dieses Massenmordes. Sowohl in der Antike als auch in Zeiten des Kolonialismus wurde der (teilweise erfolgreiche) Versuch unternommen, ganze Ethnien auszurotten, nur eben nicht mit industriellen Mitteln. Deshalb gilt die erfolgreiche Ausrottung einer Ethnie in der Antike oder zu Kolonialzeiten nicht als Menschheitsverbrechen, lediglich der (gescheiterte) Versuch der industriellen Ausrottung einer Ethnie ist ein Menschheitsverbrechen.
Vor diesem Hintergrund ist der Tod von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener kein Menschheitsverbrechen. Denn diese wurden nicht mit industriellen Mitteln getötet, sondern sind verhungert oder an Krankheiten gestorben. Gleiches gilt für deutsche Kriegsgefangene. Eine solche Argumentation gilt in Deutschland nicht als unmenschlich. Oft ist es andersherum. Weist man darauf hin, gilt man selbst als Unmensch.
Vor diesem Hintergrund ein paar Fragen:
Ist es menschenverachtend, das Ausrotten einer Ethnie als solches nicht als Menschheitsverbrechen zu sehen, sondern lediglich das industrielle Ausrotten einer Ethnie?
Wie viele Juden sind ab 1941 mit industriellen Mitteln ermordet worden? 6 Millionen? 4 Millionen?
Ist von diesen Millionen Toten wirklich niemand verhungert oder an Krankheiten gestorben? Weil, wenn dem so wäre, dürften diese Toten nicht mitgezählt werden (genausowenig wie die sowjetischen Kriegsgefangenen -- oder man ändert das Alleinstellungsmerkmal des Holocaust (industrieller Massenmord)).
Wie viele Menschen bleiben übrig, wenn man die in den KZs verhungerten und an Krankheit gestorbenen Menschen abzieht? 100000? 200000? 1000000?
Muss es stutzig machen, dass diese Zahl unbekannt ist (zu klein um zu beeindrucken)?
Ist es wissenschaftlich methodisch sauber, dass diese verhungerten und an Krankheiten Gestorbenen weiterhin zu den im Holocaust Ermordeten (industrielle Getöteten) gezählt werden, ohne das geschichtliche Alleinstellungsmerkmal des Holocaust zu ändern?
Ist es der Sache dienlich, weiterhin von geschichtlicher Einmaligkeit zu reden, ohne eine verbindliche Zahl Toter zu nennen, die mit industriellen Mitteln ermordet wurden (ohne also die an Hunger und Krankheit Gestorbenen abzuziehen)?
Oder ist ein an Hunger oder Krankheit verstorbener Jude etwas anderes als ein an Hunger oder Krankheit gestorbener sowjetischer Soldat?
Ist es Rassismus, an Hunger und Krankheit verstorbene Juden zu den Holocausttoten zu zählen, verhungerte oder an Krankheit gestorbene sowjetische Kriegsgefangene nicht?
Muss es stutzig machen, wenn verhungerte oder an Krankheit gestorbene Juden ganz natürlich zu den im Holocaust umgekommenen Menschen gezählt werden, ohne dass das Alleinstellungsmerkmal des Holocaust (industrieller Massenmord) geändert wird?
Ist dies Geschichtsfälschung oder erfolgreiche Siegerpropaganda der Alliierten?
Wird durch diese geschichtswissenschaftlich unpräzise Vorgehensweise (und ein unreflektiertes Festhalten an dieser) ein Einfallstor für rechtsextremes Denken auf dem Silbertablett serviert?
Vielleicht kann mir hier jemand helfen und meinen Denkfehler (gerne auch mehrere) aufzeigen ...