Barbara Lochbihler MdEP, Grüne
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Dr. Steffen Angenendt hat natürlich Recht: Das grundlegende Problem sowohl der Flüchtlings- als auch der Migrationspolitik der EU besteht darin, dass es für die Betroffenen praktisch keine legalen Wege gibt, um in die Staaten der Europäische Union einzureisen. Dies zwingt die Menschen unabhängig davon, warum sie ihre Heimat verlassen und hierher kommen, risikoreiche Bootsfahrten auf dem Mittelmeer oder andere lebensgefährliche Reisen auf sich zu nehmen. Das muss sich grundlegend ändern.

Zur Flüchtlingspolitik

Schauen wir zunächst auf die Flüchtlingspolitik: Bislang tun die EU und ihre Mitgliedstaaten alles, um Asylsuchende von europäischem Boden fernzuhalten. Die Ersetzung des erfolgreichen italienischen Mare-Nostrum-Projekts zur Seenotrettung durch das Abschottungsprojekt „Triton“ sowie das Grenzüberwachungsprogramm Eurosur und die Pläne des deutschen Innenministers Thomas De Maizière, Auffanglager in nordafrikanischen Staaten zu schaffen, sprechen hier Bände. Es gibt jedoch auch nicht das eine Allheilmittel, um eine Einreise im Interesse der Flüchtlinge zu garantieren. Flüchtlingen aus dem syrischen Bürgerkrieg würde beispielsweise eine Erhöhung der Resettlement-Quoten (Neuansiedlung) helfen, anderen eine Erleichterung des Familiennachzugs. Resettlement-Programme auszuweiten und den Familiennachzug erleichtern wären also wichtige Ansatzpunkte. Überlegenswert ist auch die Schaffung eines „humanitären Visums“. Diese Visa könnten Schutzsuchende in einer EU-Botschaft oder der eines EU-Staates in ihrer Heimat oder in einem Transitland beantragen und damit dann in die EU einreisen, um dann dort Asyl zu beantragen. Ganz wichtig ist aber, dass dadurch keine Auslagerung der Asylpolitik stattfindet. Über den Asylantrag selbst darf nur innerhalb der EU oder eines Mitgliedsstaates entschieden werden. Sonst laufen wir Gefahr, dass humanitäre Visa wie de Maizières geplante Lager zu einem Baustein der Abschottung werden.

Die Migrationspolitik braucht grundlegende Reformen

Den meisten potentiellen Einwanderinnen und Einwanderern bleibt der Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt verwehrt. Fast nur Hochqualifizierte und Saisonarbeiter haben eine Chance. Da die EU und ihre Mitgliedstaaten kaum legale Arbeitsmigration erlauben, stellen viele einen Asylantrag – und landen damit in einem System, das für sie nicht vorgesehen ist. Von „Armutsflüchtlingen“ ist dann die Rede, die es „allein auf das europäische Sozialsystem“ abgesehen hätten und abgeschoben gehören. Dabei handelt es sich nicht selten um motivierte Menschen, die ihr Auskommen in Europa suchen wollen. Zugleich bestreitet praktisch niemand mehr, dass der demografische Wandel mehr Einwanderung nötig macht, da unsere Gesellschaften altern. Es gibt also keinen vernünftigen Grund für die Ignoranz, die weiterhin in einigen politischen Kreisen besteht. Dabei mangelt es nicht an Vorschlägen für eine gesteuerte Einwanderungspolitik. Ein paar Beispiele: Reformen im Aufenthaltsrecht mit Blick auf die zirkuläre Migration, ein vereinfachter Wechsel zwischen Asyl und Migration, ein Punktesystem, das Arbeitssuchende nach Ausbildung, Alter, Berufserfahrung etc. einstuft und die Ausstellung einer zeitlich festgelegten Aufenthaltserlaubnis erlaubt. Bislang hakt es noch immer am politischen Gestaltungswillen und nicht an den sich bietenden Möglichkeiten.