Position: Einführung: Populismus, Öffentlichkeit und Werte in der EU

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Einführung

Die europäischen Werte bilden das Fundament europäischer Integration. Auch wenn die wirtschaftliche Integration und die Schaffung des europäischen Binnenmarktes anfangs das primäre Ziel der europäischen Integration gewesen sind, kommt den europäischen Werten bis heute eine vereinende, die Integration fördernde Rolle zu. Auf ihrer Grundlage hat sich die Europäische Gemeinschaft (EG) hin zur Europäischen Union von heute entwickelt. Beitrag zum Thema von Prof. Dr. Christian Calliess, Pdf-Download startet automatisch

Aktuell steht die Union - und damit auch die europäische Wertegemeinschaft - vor vielfältigen Herausforderungen: Staatsschuldenkrise, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, marode Renten- und Steuersysteme, steigende Mietpreise sowie die Haushaltspolitiken einzelner Mitgliedstaaten schüren eine Unzufriedenheit bei vielen Bürgern, die sich politisch thematisieren und instrumentalisieren lässt.

Die aktuellen Verfassungsänderungen in Ungarn und die ungarische Innenpolitik führen nicht nur zu Empörung und zu Protesten unter ungarischen Bürgern, sondern europaweit werden diese Entwicklungen insbesondere im Hinblick auf die europäischen Werte kritisch diskutiert - die Union wird aufgefordert, die Werte zu schützen.

Es ist zu einer allgemeinen Debatte über europäische Werte gekommen, im Rahmen derer die Ineffektivität der rechtlichen und politischen Unionsinstrumente zum Schutze der Werte beklagt wird. Alternativen zu bestehenden Schutzmechanismen werden momentan intensiv diskutiert: ein Ansatz ist die von mehreren Außenministern, unter ihnen der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, gestartete Rechtsstaatsinitiative. Guido Westerwelle plädiert dabei für „ein Element der Frühwarnung […], das rasch und möglichst frei von politischen Opportunitäten in Gang gesetzt werden kann.“ Er betont in diesem Zusammenhang, dass die Einführung - wenn möglich - ohne Vertragsänderungen umgesetzt werden soll. Die Forderung des Europäischen Parlaments nach einem Kopenhagen-Mechanismus, verbunden mit der Einführung einer Kopenhagen-Kommission, also einer Kontrollinstanz, die die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien und dabei insbesondere der Werte auch nach dem Beitritt überwacht, wird ebenfalls vielfach diskutiert. Dabei sehen Befürworter ihn als Lösung für bestehende Lücken im Rechtsschutzsystem.Kritiker wiederum stellen die Sinnhaftigkeit der Einführung einer neuen Institution zum Schutz der Werte in Frage und verweisen auf die bestehenden Handlungsmöglichkeiten der EU.

Die öffentliche Debatte in Europa erstreckt sich neben den „europäischen Werten" auch auf spezielle mitgliedstaatliche Themen. Dabei bestimmt die Innenpolitik anderer Mitgliedstaaten hierzulande die Schlagzeilen sowie die politische Tagesordnung. Ebenso rücken europapolitische Entscheidungen der Brüsseler Verantwortlichen immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit - sowohl in den einzelnen Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene. Diese europäischen Öffentlichkeiten leisten einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration in der Europäischen Union. Ebenso bringen sie „Europa" den Bürgern näher und tragen somit auch zur Identitätsbildung bei.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich populistische Entwicklungen im Rahmen europäischer Öffentlichkeiten allein negativ auswirken - oder ob sie sogar positiv Einfluss nehmen können, indem durch die Vereinfachung in der politischen Kommunikation eine neue Ebene des Austauschs herausgebildet wird.

Führt die öffentliche Debatte über den Populismus, und damit ein stärkeres Eintreten für gemäßigte Positionen im politischen Meinungskampf, gar zu einer Rückbesinnung auf das europäische Wertefundament?

(Stand des Textes: November 2013, Anm. d. Redaktion)

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8 Die europäischen Werte bilden das Fundament europäischer
9 Integration. Auch wenn die wirtschaftliche Integration und
10 die Schaffung des europäischen Binnenmarktes anfangs das
11 primäre Ziel der europäischen Integration gewesen sind,
12 kommt den europäischen Werten bis heute eine vereinende, die
13 Integration fördernde Rolle zu. Auf ihrer Grundlage hat sich
14 die Europäische Gemeinschaft (EG) hin zur Europäischen Union
15 von heute entwickelt. [Beitrag zum Thema von Prof. Dr.
16 Christian Calliess, Pdf-Download startet
17 automatisch](http://portal-europarecht.de/index.php?option=c
18 om_jdownloads&Itemid=17&view=finish&cid=11250&catid=5)
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20 Aktuell steht die Union - und damit auch die europäische
21 Wertegemeinschaft - vor vielfältigen Herausforderungen:
22 [Staatsschuldenkrise](http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/
23 lexikon-der-wirtschaft/159952/europaeische-schuldenkrise),
24 eine hohe
25 [Jugendarbeitslosigkeit](https://publixphere.de/i/publixpher
26 e-de/category/54), marode Renten- und Steuersysteme,
27 steigende Mietpreise sowie die Haushaltspolitiken einzelner
28 Mitgliedstaaten schüren eine Unzufriedenheit bei vielen
29 Bürgern, die sich politisch thematisieren und
30 instrumentalisieren lässt.
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32 Die [aktuellen Verfassungsänderungen in
33 Ungarn](http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/156390
34 /ungarn-verfassungsaenderung") und die ungarische
35 Innenpolitik führen nicht nur zu [Empörung und zu Protesten
36 unter ungarischen
37 Bürgern](http://www.zeit.de/2012/52/Orban-Ungarn-Volk),
38 sondern
39 [europaweit](http://www.theguardian.com/world/2012/jan/06/hu
40 ngary-viktor-orban-faces-protest) werden diese Entwicklungen
41 insbesondere im Hinblick auf die europäischen Werte kritisch
42 diskutiert - die Union wird aufgefordert, die Werte zu
43 schützen.
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45 Es ist zu einer allgemeinen Debatte über europäische Werte
46 gekommen, im Rahmen derer die [Ineffektivität der
47 rechtlichen und politischen Unionsinstrumente zum Schutze
48 der
49 Werte](http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-13-348_en
50 .htm) beklagt wird. Alternativen zu bestehenden
51 Schutzmechanismen werden momentan intensiv diskutiert: ein
52 Ansatz ist die von mehreren Außenministern, unter ihnen der
53 deutsche Außenminister Guido Westerwelle, gestartete
54 [Rechtsstaatsinitiative](http://www.netzwerk-ebd.de/fileadmi
55 n/files_ebd/PDF-Dateien/Brief_Rechtsstaatlichkeit.pdf).
56 Guido Westerwelle
57 [plädiert](http://www.rp-online.de/politik/deutschland/keine
58 -erosion-bei-europas-werten-1.3416202) dabei für „ein
59 Element der Frühwarnung […], das rasch und möglichst frei
60 von politischen Opportunitäten in Gang gesetzt werden kann.“
61 Er betont in diesem Zusammenhang, dass die Einführung - wenn
62 möglich - ohne Vertragsänderungen umgesetzt werden soll. Die
63 Forderung des Europäischen Parlaments nach einem
64 [Kopenhagen-Mechanismus](http://www.europarl.europa.eu/news/
65 de/headlines/content/20130624FCS14305/15/html/Ungarn-muss-di
66 e-Werte-der-EU-respektieren-sagen-die-Abgeordneten),
67 verbunden mit der Einführung einer Kopenhagen-Kommission,
68 also einer Kontrollinstanz, die die Einhaltung der
69 [Kopenhagener
70 Kriterien](http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Lexikon/
71 EUGlossar/K/2005-11-22-kopenhagener-kriterien.html9) und
72 dabei insbesondere der Werte auch nach dem Beitritt
73 überwacht, wird ebenfalls vielfach diskutiert. Dabei sehen
74 Befürworter ihn als
75 [Lösung](http://www.verfassungsblog.de/de/ungarn-was-tun-jan
76 -werner-muller/#.UfeXe6wzKys) für bestehende Lücken im
77 Rechtsschutzsystem.[Kritiker](http://www.verfassungsblog.de/
78 de/ungarn-was-tun-claudio-franzius/#.Ufek4KwzKyt) wiederum
79 stellen die Sinnhaftigkeit der Einführung einer neuen
80 Institution zum Schutz der Werte in Frage und verweisen auf
81 die bestehenden Handlungsmöglichkeiten der EU.
82
83 Die öffentliche Debatte in Europa erstreckt sich neben den
84 „europäischen Werten" auch auf spezielle mitgliedstaatliche
85 Themen. Dabei bestimmt die Innenpolitik anderer
86 Mitgliedstaaten hierzulande die Schlagzeilen sowie die
87 politische Tagesordnung. Ebenso rücken europapolitische
88 Entscheidungen der Brüsseler Verantwortlichen immer stärker
89 in den Fokus der Öffentlichkeit - sowohl in den einzelnen
90 Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene. Diese
91 europäischen Öffentlichkeiten leisten einen wichtigen
92 Beitrag zur gesellschaftlichen Integration in der
93 Europäischen Union. Ebenso bringen sie „Europa" den Bürgern
94 näher und tragen somit auch zur
95 [Identitätsbildung](http://www.das-parlament.de/2012/04/Beil
96 age/001.html) bei.
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98 Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich
99 populistische Entwicklungen im Rahmen europäischer
100 Öffentlichkeiten allein
101 [negativ](http://www.cafebabel.de/gesellschaft/artikel/europ
102 a-in-protest-vereint.html) auswirken - oder ob sie sogar
103 positiv Einfluss nehmen können, indem durch die
104 Vereinfachung in der politischen Kommunikation eine [neue
105 Ebene des
106 Austauschs](http://www.bpb.de/apuz/75856/populismus-als-tote
107 ngraeber-oder-moegliches-korrektiv-der-demokratie?p=8)
108 herausgebildet wird.
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110 Führt die öffentliche Debatte über den Populismus, und damit
111 ein stärkeres Eintreten für gemäßigte Positionen im
112 politischen Meinungskampf, gar zu einer Rückbesinnung auf
113 das europäische Wertefundament?
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132 Politologen und Juristen – die Glienicker Gruppe –
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134 (verfassungsblog.de, 18. Oktober 2013 - auch erschienen
135 unter dem Titel "Mobil, gerecht, einig" in der Zeit vom 17.
136 Oktober
137 2013)](http://www.verfassungsblog.de/de/aufbruch-in-die-euro
138 -union/#.UmFBIlMzLwA2)
139 >- [„Populismus und Massenmedien" von Paula Diehl (APuZ
140 5-6/2012)](http://www.bpb.de/apuz/75854/populismus-und-masse
141 nmedien?p=all)
142 >- [„Europa - das sind wir" von Ludwig Greven (Zeit Online,
143 19. Januar
144 2012)](http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-01/ungarn-eu-
145 freiheitsunion/komplettansicht)

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