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Jon Worth zur Frage nach der EU als Elitenprojekt


Die EU wird in der (Medien-) Öffentlichkeit zunehmend als ein "Elitenprojekt" wahrgenommen. Ist sie das? Wie kann sie zu einer "Union der Bürger" werden und wer trägt hierfür die Verantwortung?

Jon Worth: Ja, die EU ist ein Elitenprojekt, aber in welchem Mitgliedstaat der EU ist Politik das nicht? Wenn ich als Arbeitsloser ohne Universitätsabschluss eine ganze Reihe von Politikern und Journalisten im deutschen Fernsehen sehe, alle mit (möglicherweise gefälschten) Doktortiteln, soll ich dann wirklich denken dass diese Leute so sind wie ich?

Wir haben eben auch auf Ebene der EU in den letzten Jahren eine Reihe von erfolgreichen Bürgerbeteiligungsaktionen gesehen, etwa das "Neonicotinoidschädlingsbekämpfungsmittelsverbot", "Hugh’s Fish Fight" und die "Right to Water" Bürgerinitiative. Statt uns über ein Elitenprojekt zu beschweren sollten wir als einzelne Bürger uns selbst fragen: Was können wir tun? Was können wir bewegen? Besonders online haben wir schon jetzt die Möglichkeit, in der EU politische Prozesse voranzutreiben oder zu beeinflussen.

Kurzvorstellung Jon Worth


Wir haben die Podiumsgäste des zweiten Europäischen Salons zum Thema "Vor der Wahl zum Europäischen Parlament: Europa der Bürger – Europa der Eliten?" vorab um ihre Meinung zu unterschiedlichen Fragen gebeten, um sie online zu diskutieren. Alle Online-Beiträge und Kommentare haben die Chance, am 30. April auf dem Podium direkt in die Diskussion mit den Experten einzufließen.

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Kommentare

  • Liebes Forum, in der 'Offline'-Diskussion in Berlin ergaben sich zu dieser Frage noch einige Impulse.

    • Jon Worth machte auf eine neue Entwicklung der europäischen Demokratie aufmerksam. So stünden sich - auch aufgrund der neuen Online-Protest-Möglichkeiten und dem neuen Instrument der Europäischen Bürgerinitiative - vermehrt Bürgerinteressen und Wirtschaftsinteressen gegenüber. Worth verwies hier auf "Hughs Fish Fight" - einen Protest für mehr Nachhaltigkeit in der EU-Fischereipolitik. "Wir werden in den kommenden Jahren immer öfter sehen, wie interessierte und engagierte EU-Bürger die europäische Politik beeinflussen können", so Worth.
    • Jon Worth verwies zugleich auf das mangelnde Interesse der breiten Masse an der alltäglichen Arbeit des EU-Parlament.
  • Zu deinen Beispielen der EU-Bürgerinitiative: Diese kann man nicht wirklich als einen Ersatz für die politischen Entscheidungen (und deren Legitimation) betrachten, da sie zwar in Einzelfällen erfolgreich sind, aber wir weder die Mobilisierungsmöglichkeiten noch die Zeit haben, zu all diesen Themen eine Million Unterschriften zu sammeln. Dadurch gehen eine Vielzahl an Themen verloren, es werden nur solche Aktionen aufgerufen, die medial transportierbar sind und mehr oder minder zufällig eine Öffentlichkeitsschwelle überschreiten um Erfolg zu haben. Dies kann aber meiner Meinung nach nicht die Arbeit in den europäischen gremien ersetzen. Die repräsentative Demokratie ist insbesondere auf EU-Ebene die einzig wirksame und praktikable Volksvertretung!

    • Ich finde die Sichweise interessant, dass "insbesondere" auf EU-Ebene die repräsentative Demokratie die einzig praktikable Volksvertretung sei. Muss man hier in der Sache von der nationalen Demokratie differenzieren? Das wäre sicherlich mal ein interessantes Thema für die Diskussion

      • Das Argument zählt schon auch auf anderen politischen Ebenen: Eine von Bürgern initiierte Behandlung eines politischen Themas ist zwangsweise ein Ausschnitt aller möglichen Themen. Wie ein Thema im Mechanismus der Bürgerinitiative bestehen kann hängt nicht unbedingt von demokratischen Parametern ab. Ein gewähltes Parlament hat immerhin den Ansr´pruch sich um alle relevanten Themen zu kümmern.

  • Ich finde es auf jeden Fall super, dass du mal aufzeigst, was alles bereits von Bürgerseite getan wird. Also bist du der Meinung die Bürger selbst tragen die Verantwortung dafür, dass die EU zu einer "Union der Bürger" wird?

    Einerseits stimme ich dir bei diesem Ansatz zu, da es sich dann bei den Aktionen nicht um eine bloße "Kopfgeburt" handelt, wie Emil sie anspricht ... dennoch man sollte das Elitennetzwerk nutzen, die berufenen Entscheidungsträger sollten den Anstoß geben udn dann die Bürger durch weitere eigene Inititativen den Ball aufnehmen..

    Wir werden immer die sog. "Eliten" seien es Bildungs- Wirtschafts- Medieneliten (etc.) haben und auch brauchen, denn diese können den Entscheidungsprozessen Struktur geben ... in diesem Punkt gebe ich wieder EMil recht, denn die Entscheider sollten sich schon auskennen mit dem, was sie beschließen.

  • Ich bin bei dieser Frage hin und her gerissen. Jon Worth hat natürlich recht, wenn er sagt, dass Politik elitär ist. Und in gewissem Maß ist das ja auch gut so. Sehr komplexe Fragen (Banken-Union, CO2-Handel usw.) können nur Profis beackern. Es wäre schlimm, würden die Entscheider sich mit der Materie nicht auskennen. Andererseits kann Europa keine - noch so verbünftige - Kopfgeburt von oben bleiben.

    • weil es dem projekt und den menschen unrecht tun würde. es gibt austauschprogramme oberhalb einer bildungsschranke, für eine schicht, für die grenzen kaum mehr existieren. natürlich braucht es experten nur ist all die technokratie es wert ganze millieus zurückzulassen?