Eine Drohne des Typs MQ1-Predator auf einem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Kalifornien. Foto & Teaser: ©picture alliance/dpa
Die Bundesregierung beabsichtigt die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszurüsten, trotz ethischer Bedenken. Bei der Entwicklung des Aufklärungsdrohnenprojekts "Euro-Hawk" kämpfte das zuständige Verteidigungsministerium mit Problemen – und versenkte hunderte Millionen Euro.
Von Alexander Matschke
Die Bundesregierung will die Armee mit bewaffneten Kampfdrohnen ausstatten. Zuletzt forderte der Befehlshaber der deutschen Truppen in Nordafghanistan im Oktober 2013 den Einsatz bewaffneter Drohnen bei der Bundeswehr. Bislang setzt die Armee laut Medienberichten lediglich unbewaffnete Drohnen ein. Um die Frage ist eine heftige Debatte enstanden.
Galten Drohnen bis vor wenigen Jahren als Science-Fiction, sind sie nunmehr weit verbreitet. Immer mehr Armeen setzen auf die Technologie. Laut dem Politikwissenschaftler Peter W. Singer haben bislang 87 Staaten unbemannte Drohnen eingesetzt. In einem Text für die Zeitschrift "Internationale Politik" (Ausgabe Mai/Juni 2013) führte Singer zudem aus, dass 26 Länder über Modelle verfügen, die bewaffnet werden können. Die bekanntesten dieser größeren Systeme sind die US-Drohnen "Reaper" und "Predator" sowie die israelische "Heron".
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Diese Entwicklung spiegelt einen breiteren
Trend zu unbemannten Waffensystemen ("Killer-Roboter") wider, der eine Reihe von Fragen aufwirft. Singer formuliert beispielsweise mit Blick auf Drohnen: Gibt es Gebiete, auf denen diese Technologien vorsorglich verboten werden sollten? Ist der heutige Stand des internationalen Rechts ausreichend, um die Entwicklungen und den Einsatz dieser neuen Technologien abzudecken? Was unterscheidet eine geheime Mission unter Einsatz solcher Technologien von einem Kriegsakt? Und welche Rolle sollten Parlamente bei Entscheidungen über die Nutzung solcher Technologien spielen? Wird ihre Zustimmung auch dann benötigt, wenn gar keine Soldaten auf das Schlachtfeld entsandt werden?
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte im November 2012, vollautomatische Waffenssysteme sollten vorsorglich verboten werden, da sie eine Gefahr für Zivilisten in bewaffneten Konflikten darstellten. HRW weist in einer Studie darauf hin, dass es automatischen Systemen an Kontrollen mangeln könne, die die Tötung Unbeteiligter verhinderten. Es sei zudem kaum möglich jemanden im Nachhinein für Rechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Im April 2013 starteten HRW und weitere Menschenrechtsorganisationen eine Kampagne gegen autonome Waffensysteme.
Laut einer Umfrage hat sich im April 2013 eine Mehrheit von 59 Prozent der Bundesbürger dafür ausgesprochen, den Einsatz von Kampfdrohnen unter bestimmten Bedingungen zu erlauben. 27 Prozent waren für ein grundsätzliches Verbot des Waffensystems.
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Bundeswehr soll bewaffnete Drohnen erhalten – trotz "Euro-Hawk"-Debakels
Die Bundesregierung will die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszurüsten. Ende Mai 2013 befürwortete sie in einer Stellungnahme die Anschaffung von bis zu 16 Kampfdrohnen. Das sei jedoch keine abschließende Entscheidung.
Ebenfalls im Mai 2013 hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière das Rüstungsprojekts Euro-Hawk gestoppt. Dabei ging es im Wesentlichen um die Entwicklung einer Aufklärungsdrohne, die im Gegensatz zu Kampfdrohnen nicht bewaffnet ist. Beim Euro-Hawk war es zu gravierenden Problemen gekommen, nicht zuletzt bei der Zulassung des Fluggeräts für den zivilen Luftraum.
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Die Opposition wirft dem Minister vor, das Projekt zu spät gestoppt zu haben, wodurch nach ihren Schätzungen
680 Millionen Euro Steuergelder verschwendet worden seien. Mit den Vorgängen hat sich im Sommer 2013 über mehrere Wochen ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags
beschäftigt, der Ende August 2013 seinen Bericht
vorgelegt hat.
Mit dem im Jahr 2001 beschlossenen Projekt war im Jahr 2007 ein Joint Venture des europäischen Konzerns EADS mit dem US-Rüstungsunternehmen Northrop Grumman beauftragt worden. Der Auftrag hatte zunächst ein Volumen von 430 Millionen Euro, das Verteidigungsministerium war aber im Projektverlauf von deutlichen Mehrkosten ausgegangen.
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Drohneneinsatz im "Krieg gegen den Terror"
Die Vereinigten Staaten, setzen im "Krieg gegen den Terror" seit mehreren Jahren auf Drohnen, um Verdächtige außerhalb der USA per ferngesteuertem Angriff zu töten. Laut Spiegel Online startete US-Präsident George W. Bush den regelmäßigen Drohneneinsatz im Jahr 2004 und befahl insgesamt 52 Drohneneinsätze. Sein Amtsnachfolger Barack Obama habe in den ersten dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit an die 300 Drohneneinsätze angeordnet.
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Während Militärs die Präzision der Einsätze loben, hat die Praxis auch weit reichende
Kritik ausgelöst. Nachdem im Februar 2013 bekannt wurde, dass
auch US-Bürger im Ausland Ziel eines Angriffs sein könnten, hat Obama im Mai 2013 Richtlinien für den Drohneneinsatz
bekannt gegeben. Beispielsweise sei ein Drohnenangriff nun nur erlaubt, wenn die verdächtige Person nicht festgenommen werden kann. Zivilisten dürften nicht verletzt werden.
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Kampfdrohneneinsätze werden in Deutschland vorbereitet
Medienberichten zufolge befinden sind zwei für US-Drohneneinsätze wichtige Basen der US-Armee in Deutschland: Das Air Operations Center (AOC) der US-Luftwaffe im rheinland-pfälzischen Ramstein und das Oberkommando der US-Armee für Afrika (Africom) in Stuttgart. Letzteres sei entscheidend für Drohneneinsätze in Afrika mit dem Ziel, mutmaßliche Terroristen zu töten. Völkerrechtler haben Bedenken geäußert: So sagte der Gießener Rechtswissenschaftler Thilo Marauhn, dass die Bundesregierung unter bestimmten Umständen "an einem völkerrechtlichen Delikt beteiligt sein" könne. Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass bei den Angriffen immer wieder Unbeteiligte getötet werden. (Siehe auch: Beitrag des NDR-Magazins "Panorama".)
Zuletzt aktualisiert am 29. November 2013.