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    Doro · angelegt
     

    Körber-Stiftung!

    Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Sie wollen über die Wahrnehmung der Mauer-Feierlichkeiten sprechen: Die geplante 12 km lange Installation "Lichtgrenze" kommt vielleicht etwas sentimental rüber. Man wird sehen. Es ist eine Idee, jungen Leuten heute den ehemaligen Mauerverlauf ins Bewusstsein zu bringen.

    Ich gehöre zur älteren Generation und bin Westberlinerin. Ich wage einfach mal die These, die konträr ist zu Ihrer Einschätzung:

    Die "innere Einheit" zwischen West und Ost war nie wirklich zerrissen. Auch nicht in Zeiten der Spaltung Deutschlands in "BRD" und "West-Berlin" und "DDR". Jedenfalls bei sehr vielen Deutschen nicht.

    Die Spaltung wurde schmerzhaft empfunden, und die Unfreiheit der Ostdeutschen war auch eine Unfreiheit der Westdeutschen und Westberliner. Ich denke nur an die Reisebeschränkungen, die ja auch Westdeutschen und Westberlinern die "Einreise" in die DDR oder nach Ostberlin ungeheuer kompliziert machten.

    Oder ich denke an den "Korridor", an die Grenzkontrollen, die einem klar machen sollten, dass man durch verfeindete Länder fährt. Und trotzdem haben die Deutschen auf beiden Seiten an der "inneren Einheit" mit den Menschen, mit denen sie verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbunden waren, festgehalten.

    Und man hat sich voreinander geschämt, dass alles so war, wie es war. Spätestens, wenn die Geschenke, Kaffee, Orangen, Jeans etc übergeben wurden. Beide Seiten haben sich dann geschämt. Der Schenkende und der Beschenkte, der sich die Sachen gewünscht hatte.

    Ich weiß nicht, ob sich junge Deutsche heute überhaupt noch vorstellen können, welche äußere Befreiung und auch innere (psychologische) Befreiung der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung für die Eltern- und Großelterngeneration in Ost und West bedeutete.

    Und die 25 Jahre seitdem? Eine Erfolgsgeschichte? Ich kann es nicht anders sehen. Jungen Ostdeutschen die Frage vorlegen, ob sie sich (noch) diskriminiert fühlen, empfinde ich als suggestiv. Und wenn ihre Eltern oder Großeltern nostalgisch werden, empfinde ich das als ebenso geschichtsvergessen, wie wenn Westberliner sich die Mauer oder Westdeutsche sich die innerdeutsche Grenze zurückwünschen.

    Herzlichen Gruß! Doro

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    Doro · angelegt
     

    Körber-Stiftung!

    Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Sie wollen über die Wahrnehmung der Mauer-Feierlichkeiten sprechen: Die geplante 12 km lange Installation "Lichtgrenze" kommt vielleicht etwas sentimental rüber. Man wird sehen. Es ist eine Idee, jungen Leuten heute den ehemaligen Mauerverlauf ins Bewusstsein zu bringen.

    Ich gehöre zur älteren Generation und bin Westberlinerin. Ich wage einfach mal die These, die konträr ist zu Ihrer Einschätzung:

    Die "innere Einheit" zwischen West und Ost war nie wirklich zerrissen. Auch nicht in Zeiten der Spaltung Deutschlands in "BRD" und "West-Berlin" und "DDR". Jedenfalls bei sehr vielen Deutschen nicht.

    Die Spaltung wurde schmerzhaft empfunden, und die Unfreiheit der Ostdeutschen war auch eine Unfreiheit der Westdeutschen und Westberliner. Ich denke nur an die Reisebeschränkungen, die ja auch Westdeutschen und Westberlinern die "Einreise" in die DDR oder nach Ostberlin ungeheuer kompliziert machten.

    Oder ich denke an den "Korridor", an die Grenzkontrollen, die einem klar machen sollten, dass man durch verfeindete Länder fährt. Und trotzdem haben die Deutschen auf beiden Seiten an der "inneren Einheit" mit den Menschen, mit denen sie verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbunden waren, festgehalten.

    Und man hat sich voreinander geschämt, dass alles so war, wie es war. Spätestens, wenn die Geschenke, Kaffee, Orangen, Jeans etc übergeben wurden. Beide Seiten haben sich dann geschämt. Der Schenkende und der Beschenkte, der sich die Sachen gewünscht hatte.

    Ich weiß nicht, ob sich junge Deutsche heute überhaupt noch vorstellen können, welche äußere Befreiung und auch innere (psychologische) Befreiung der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung für die Eltern- und Großelterngeneration in Ost und West bedeutete.

    Und die 25 Jahre seitdem? Eine Erfolgsgeschichte? Ich kann es nicht anders sehen. Jungen Ostdeutschen die Frage vorlegen, ob sie sich (noch) diskriminiert fühlen, empfinde ich als suggestiv. Und wenn ihre Eltern oder Großeltern nostalgisch werden, empfinde ich das als ebenso geschichtsvergessen, wie wenn Westberliner sich die Mauer oder Westdeutsche sich die innerdeutsche Grenze zurückwünschen.

    Herzlichen Gruß! Doro