In welcher linken Tradition sehe ich mich? Das ist einfach: in der nichtmarxistischen. So wie die SPD seit Godesberg, der Großteil der Grünen seit deren Gründung, usw. Man mag das auch, ziemlich ungenau, "linksliberal" nennen. Wenn nur Marxisten dazugehören würden, würde es auf der Linken ziemlich einsam werden...
"mitbestimmung, demokratie und emanzipation jedenfalls liegen weit entfernt von diesem diktum, da sind wir uns wohl einig?!" - Meinst du mit "Diktum" die neoliberale Ideologie? Dann würde ich dir nur sehr bedingt zustimmen. Wer sich neoliberale Schriften - etwa die von Friedman oder Hayek - tatsächlich ansieht, der merkt, dass es diesen Leuten auf ihre Weise wirklich um Mitbestimmung, Demokratie und Emanzipation geht. Zum Beispiel um das demokratische Potential der individuellen Konsumwahl oder die Emanzipation von zentralistischen Eliten. Man muss bei neoliberalen Argumentationen ja nicht mitgehen - ich tue es z. B. in den meisten Fällen nicht -, aber man sollte auch nicht glauben, dass Neoliberale - gerade die angesprochenen Theoretiker - böse oder dumm sind. Man muss sich schon ernsthafter mit dem Neoliberalismus auseinandersetzen, wenn man ihm tatsächlich entgegentreten will.
Dagegen sind rassistische und nationalistische Argumentationen oft genau das: böse und dumm. Vor kurzem durfte ich auf Facebook mal wieder mit einem echten Rassisten diskutieren (Anhänger der British National Party). Diese Leute haben tatsächlich eine absolut böse Ideologie, die die Grundfesten unserer Gesellschaft erschüttern wird, falls sie sich jemals durchsetzt. Mit diesen Leuten - und das gilt für den gesamten europäischen Rechtspopulismus - darf es keine Zusammenarbeit geben, erst recht nicht heute, wo es tatsächlich historisch um eine Entscheidung geht zwischen dem alten Nationalismus mit all seinen Schattenseiten - Ausländerfeindlichkeit, Verweigerung von Asyl, usw. - und einer globalisierten Welt, in der Grenzen immer durchsichtiger werden. Beispiel Arnaud Montebourg: Der Neoliberalismus, was auch immer man ihm vorwerfen mag, ist nicht so schlimm, dass man so reden müsste oder auch nur dürfte, dass einem Marine Le Pen anschließend anerkennend zustimmt. Darum geht es.