Hallo nemo,

vielen Dank für diese ausführliche Antwort. Leider kann ich Ihnen nicht annähernd so ausführlich antworten, weil meine Fragen nicht rhetorisch waren, sondern sich mir tatsächlich stellen. Ich kenne weder das Wahlsystem noch die Stimmungslage ausreichend, um z.B. einschätzen zu können, ob ein Szenario denkbar ist, bei dem sich jetzt die beiden großen Richtungen (aktuelle Politik fortsetzen / auf Konfrontation mit der Troika gehen) gegenseitig blockieren. Ist es möglich, dass wir wie in Weimar im nächsten Jahr 3 Wahlen kurz gefolgt von erneuten Parlamentsauflösungen erleben werden, weil weder die eine noch die andere Seite die entsprechenden notwendigen Mehrheiten erreichen können?

Und so setzt sich mein Rätseln fort. Was würde z.B. mit Syriza an der Regierung geschehen? Danke für den Hinweis auf ein mögliches Erfordernis einer Koalitionsbildung. Aber auch Syriza selbst kann ich zu wenig einschätzen. Gerade die Forderung den Schuldendienst einzustellen wirkt für mich z.B. wie eine Betrachtung durch eine nationalistische Brille. Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass Syriza tatsächlich ein paar wichtige Reformen anpacken würde, z.B. mit Hinblick auf Steuergestaltung und Steuerverwaltung. Insgesamt kann ich mir aber noch kein Urteil bilden, auch deshalb danke für Ihre Einschätzung.

Meine größten Befürchtungen, was einen Zahlungsstopp anbelangt, sind zurzeit ein Rückfall in die Rettungssystematik von 2009, das Entstehen einer moralischen Schieflage und steigende Zinsen für diverse Euro-Staaten. Letzteres haben Sie auch so genannt und mit dem Rückfall meine ich vor allem dieses Ungewisse, also eine Zeit, in der keiner weiß, wo es hingeht und sich die Spitzenpolitiker von einem Krisentreffen zum nächsten hangeln. Die moralische Schieflage könnte die Probleme zusätzlich verschärfen, denn wer könnte es z.B. Spanien oder Portugal verübeln, wenn diese nicht mehr bereit wären auch noch die Kredite aus Griechenland mit abzubezahlen. Oder was, wenn Irland seine Bankenrettungsschulden dann ebenfalls ganz oder teilweise nicht mehr bedienen möchte?

Beim ESM habe ich aufgrund seines Aufbaus grundsätzlich bedenken (www.mister-ede.de - Die Konstruktion des ESM und seine Zukunftsaussichten), allerdings kann ich nicht einschätzen, wie hoch die griechischen Verbindlichkeiten gegenüber dem ESM mittlerweile sind. Vor zwei Jahren wäre meines Erachtens ein Schuldenschnitt (was auch nochmal ein Unterschied zu einem Totalausfall ist) möglich gewesen, aber wie das bei einem Totalausfall im Frühjahr 2015 aussehen würde, traue ich mir zurzeit nicht zu beurteilen zu. Danke deshalb auch hier für Ihre Antwort.