René Marquardt JEF Schleswig-Holstein JEF
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Moin Emil & MisterEde, vielen Dank für eure Antworten!

In der Frage einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine bin ich ähnlicher Meinung wie MisterEde. Die Gedanken meines Artikels sind nur Ideen und Vorschläge. Natürlich darf die Ukraine souverän entscheiden, was sie will. Und wenn die Mehrheit der Ukraine sich für einen EU-Beitritt ausspricht, dann ist das die Mehrheitsmeinung der Ukraine, die ich akzeptiere. Aber die EU muss nicht jeden aufnehmen, der an ihre Türen klopft. Denn neben den umfassenden Beitrittskriterien, die ein Staat erfüllen muss, halte ich es für absolut legitim, dass die EU auch außenpolitische Zusammenhänge berücksichtigt.

Die EU-Mitgliedschaft muss doch auch nicht das größte und wichtigste Ziel sein. Vorher gibt's ja noch zahlreiche Vorstufen, die auch gut sind für die beteiligten Staaten. Die Schweiz oder Norwegen sind ja z.B. auch eng angebunden, obwohl sie keine Mitglieder sind, und leben gut mit (dass die Schweiz ihre Währung gerade vom Euro entkoppelt hat, ist ein anderes Thema).

Aber auch bei diesen Vorstufen gilt es zu beachten, dass der große Akteur Russland ein besonderes Verhältnis zur Ukraine hat. Deshalb sollten sich meiner Meinung nach alle beteiligten Akteure (vor allem die Ukraine, Russland und die EU) gemeinsam überlegen, wer wie eng mit wem kooperiert, sodass alle einen Vorteil dadurch haben.

Wenn die russische Position nur ist, dass eine destabilisierte Ukraine dem russischen Staat nützlich ist, haben wir natürlich wenig Verhandlungsmasse. Ich hoffe aber, dass auch die russische Seite abseits der außenpolitischen Machtdemonstration, mit der auch innenpolitische Probleme relativiert werden können, eine gesunde, friedliche, stabile Ukraine gut und förderlich finden kann.

MisterEde sagt ja schon richtig, dass sowohl Russland als auch die Ukraine und die EU einen hohen Preis zahlen für die Auseinandersetzung. Kurzfristig mag für den ein oder anderen mit dem aktuellen Kurs Macht gesichert werden, langfristig schadet es aber allen Beteiligten.

Dass viele Menschen in der Konfliktregion nun Schmerzhaftes erlebt haben und deshalb aus gutem Grund für immer böse auf die jeweils andere Seite sein können, ist leider wahr, MisterEde. Es ist ja aber auch leider der Normal-Zustand bei jedem Konflikt dieser Welt. Besonders deutlich finden wir das im Israel-Palästina-Konflikt. Da kannst du viele Jahrzehnte zurück gehen und findest immer einen, der sagen kann: Ja, aber vorher hat X dies und das Schreckliches getan.

Das darf uns aber nicht davon abhalten, an Versöhnung und Zukunftsentwürfen zu arbeiten. Mit Perspektiven durch Investitionen, Bildung, Wiederaufbau und Wohlstand können wir Schritt für Schritt (sofern denn alle Akteure zusammenarbeiten) wieder etwas aufbauen und die täglichen Lebensbedingungen verbessern. Ein Dialog der Aussöhnung, des gegenseitigen Verständnisses muss dann folgen. Nur durch Vergebung und den Blick nach vorne kann es weitergehen.

Das mag alles idealistisch klingen. Du, MisterEde, beschreibst ja richtig die aktuelle Lage. Aber ich will einfach nicht aufgeben, an Dialog und Vergebung zu glauben.

Wir dürfen einfach nicht soweit kommen, dass z.B. der russische Staat, der vor 70 Jahren Ausschwitz befreite, nicht zu den Gedenkfeierlichkeiten eingeladen wird. Es sind die kleinen Dinge. Und je mehr sanktioniert, sich aufgeregt, nicht eingeladen und gegeneinander gehetzt wird, desto mehr kommen wir in eine negative Diskurs-Spirale... und desto weniger Hoffnung besteht für eine friedliche Lösung.