Stalking und Beleidigung
Stalking und Beleidigung sind zwei unterschiedliche Tatbestände. Beleidigung, Verunglimpfung, Gewaltandrohung oder so sind das eine und Stalking das andere. Wenn jemand einen anderen verfolgt, ist das nämlich zunächst eben noch keine Beleidigung oder keine explizite Drohung, weshalb dafür ein anderes Gesetz notwendig ist.

Auf das Netz bezogen müsste entsprechend getrennt werden: 1. Schreiben 5 Personen einen beleidigenden Kommentar oder eine Mail, müsste fünfmal eine Anzeige wegen Beleidigung aufgenommen werden. 2. Schreiben 5 Personen jeden Tag jemandem eine E-Mail mit beleidigendem Inhalt, müsste fünfmal eine Anzeige wegen Stalking aufgenommen werden und jeden Tag fünfmal eine Anzeige wegen Beleidigung. 3. Schreiben 5 Personen jeden Tag Mails und Kommentare mit neutral gehaltenem Inhalt, müsste fünfmal eine Anzeige wegen Stalking aufgenommen werden.

Anzeigen wegen Beleidigung dürften, sofern der Täter ermittelt wird, wahrscheinlich recht gute Chancen haben, weil anders als außerhalb des Netzes ja ein Beweis existiert. Schwierig dürfte es allerdings mit Stalking sein, wenn es dieser „schwerwiegenden Beeinträchtigung“ bedarf, die mit Mails vermutlich nicht erreicht wird, zumindest nicht ohne gleichzeitig eine Beleidigung oder Nötigung zu sein.

Mobbing:
Online wie Offline ist es schwierig gegen Mobbing vorzugehen, weil Mobbing ja häufig „neutral gehalten“ ist, z.B. Tuscheln oder Ausgrenzen, die beides keine direkte Beleidigung und auch kein Stalking darstellen. Allerdings dürfte Mobbing im Netz wesentlich häufiger beleidigenden Charakter haben, also nicht mehr „neutral“ sein, z.B. wenn das Tuscheln plötzlich öffentlich stattfindet.

Keine neuen Strafgesetze
Insgesamt bin ich immer noch der Auffassung, es braucht hier keine neuen Strafgesetze. Es ist gut, dass sich Stalking auf die schweren Fälle bezieht und z.B. Facebook-Kommentare nur in Fällen einer klaren Beleidigung oder Ähnlichem strafrechtliche Konsequenzen haben. Viel wichtiger erscheint mir weiterhin, dass Plattformbetreiber schnell mit Löschungen und Sperrung reagieren.

Kernfrage
Die Kernfrage ist abseits von Strafgesetzen eigentlich eine andere: Wie wollen wir es mit der Datenhoheit und der Anonymität im Netz halten. Wenn wir Internetanschlüsse wie Telefonzellen betrachten, dann gibt es eben keine wirkliche Rückverfolgungsmöglichkeit. Der Drohanruf aus einer Telefonzelle kann, selbst wenn er aufgezeichnet wurde, nur schwer einem Täter zugeordnet werden. Dennoch sind Telefonzellen bis heute erlaubt. Akzeptieren wir das auch im Netz, müssen wir damit leben, dass es in manchen Fällen schwer oder gar unmöglich ist, einen Täter zu ermitteln, wie das eben auch offline in einer nicht komplett überwachten Welt der Fall sein kann.