Liebe/r Aha,
danke für Deine Antwort! Weil gleich meine Antwort länger ausfallen wird und ich Dich verwirrt habe hier schon das tl;wr ('too long won't read')
*Ich lehne pauschale Kapitalismuskritik ab, weil sie nichts verändert - zugunsten von konstruktiver Kritik, die etwas verändert."
Im Detail:
Warum bist Du das Bankensystem?: Das können andere besser erklären als ich, aber unser gesamtes marktwirtschaftliches Finanzierungs-System, für die Privatwirtschaft genauso wie für die staatliche Schuldenaufnahme, läuft über Banken! Und Banken sind doch letztlich nur das Scharnier zwischen denen, die Geld anlegen (Deine Rentenkasse zum Beispiel. um Deine Rente zu finanzieren) und denen die Geld brauchen, der Staat, der Großkonzern oder Dein Bäcker, bei dem Du Deine Brötchen kaufst. Es geht nicht um Dein Sparbuch, es geht um das marktwirtschaftliche System, in dem Du Dich bewegst und das funktioniert nicht ohne Banken. Auch Du bist öfter 'der Anleger' als Du das vielleicht denkst, allein über Deine Versicherungen. Was passiert, wenn die Kreditvergabe/aufnahme versagt, kannst Du erst Recht in Griechenland beobachten.
Ich kann es nicht mehr hören, dieses plumpe "Es werden ja nur die Banken gerettet", als würde da fiese Männer in dunklen Anzügen sitzen, die sich das alles in die Tasche stecken. Das ist unterkomplex.
Also sagen wir doch präziser, was zu kritisieren ist. Die Auswüchse des Finanzmarktkapitalismus, das sind wir völlig d'accord. Ich wage aber Deine These zu bezweifeln, dass "außer Basel III und einem Stresstest für Banken ist indes nicht viel passiert ist", abgesehen davon, dass diese beiden Punkte auch schon geeignet sind, um die schlimmsten Fehlanreize für das Finanzsystem zu verringern. Was ebenfalls passiert ist: eine Deckelung der Banker-Boni, ein Verbot bestimmter Finanzprodukte, eine strengere und europäische Finanzaufsicht, Fortschritte beim automatischen Informationsaustausch...
Ich sage nicht, dass das alles reicht. Im Gegenteil, es wäre elementar wichtig, wenn eine breite Öffentlichkeit dem Gesetzgeber hier genaustens auf die Finger schaut, damit er strenge Regeln gegen eine brutal mächtige Finanz-Lobby durchsetzt. Aber da hilft eben einfach nur Befassung mit der Materie und zielgerichtete, konstruktive Kirtik, und kein plumpes "die Banken". Weil diese Art von Systemkritik eben immer auch die Ohnmacht des Bürgers gegenüber 'finsteren' Mächten wie 'EZB' oder dem 'Kapital' suggeriert, was einfach Quatsch ist.
Vermögensverteilung: Wie oben gesagt, für Steuergerechtigkeit gilt es intelligent zu kämpfen. Aber das System ist eben nur so gerecht, wie eine Mehrhreit der Bürger es wählt (Stichwort Grünen-Debakel). Tja. Da könnte Blockupy ja mal den langen Weg antreten und versuchen, die Menschen für ihre Sache zu gewinnen.
Lohnrückgang in Griechenland: Genau dieser Rückgang war 2009 beim Ausbruch der Krise prognostiziert werden. Entweder Grexit oder interne Abwertung oder massive Transfers zugunsten des Status Quo. Mehr Möglichkeiten standen nicht zur Debatte. Wärst Du für den Grexit gewesen? Oder für die Dauer-Alementierung?
Das ganze Desaster hat MisterEde hier mal aufgeschrieben: https://publixphere.net/d/1081. Über die Fehler der Griechenland-Rettung können wir genr mal seperat streiten. Aber auch hier: es ist komplizierter als Blockupy es darstellt. Zur Wahrheit gehört eben auch, das Athen Spielräume bei der Umsetzung der Troika-Vorgaben hatte und viele Dinge, etwa Steuerreformen und die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum einfach nicht optimal hinbekommen hat, um das mal ultra-vorsichtig zu sagen.
Das die EZB überhaupt in dieses Schlamassel eingreifen musste, liegt am Versagen der Politik, das der mit der Fehlkonstruktion Euro und der Deregulierung der Finanzmärkte begann...