These zu den Ursachen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
Die Protestaktion "Banken in die Schranken", organisiert von Campact, setzte sich für die Stärkung der Demokratie und das Zurückdrängen der Finanzlobby ein. Foto & Teaser: Campact CC BY NC 2.0.
Folgen der vorausgegangen Bankenkrise waren aus meiner Sicht eine steigende Staatsverschuldung, ein Rückgang der Kreditvergabe von Banken, eine schwere Rezession in vielen und das Platzen einer Immobilienblase in einigen EU-Staaten. Die Frage ist nun, welche Faktoren neben der Bankenkrise dazu beigetragen haben, dass sich eine Euro-Krise gebildet hat, bzw. warum sich die Folgen der Bankenkrise gerade in einigen Staaten der Euro-Zone so gravierend niedergeschlagen haben.
Problematik der Währungsunion
Kapitalverschiebungen in der Euro-Zone: Durch die einheitliche Währung fehlt der Wechselkurs. Dies führt dazu, dass Gelder aus einem Euroland abfließen können, ohne dabei gleichzeitig eine Stabilisierungswirkung zu entfalten. Fließen aus der Schweiz Gelder ab, dann wird der Franken automatisch schwächer, wodurch Waren aus der Schweiz im Ausland billiger, Importwaren in der Schweiz teurer und vor allem sämtliche in Franken gerechnete Kredite weniger Wert werden. In einer anderen Währung (z.B. Dollar) gerechnet, sinkt gleichzeitig mit dem Abfließen des Geldes auch die Staatsverschuldung, aber auch die Privatverschuldung.
Dieser Mechanismus fehlt jedoch in einem Währungsverbund. Die Euro konnten also sehr viel leichter aus Griechenland oder Spanien abfließen, als dies bei einer Konstruktion mit nationalen Währungen möglich gewesen wäre.
Fehlen von finanz- und wirtschaftspolitischen Instrumenten: Daneben fehlt in einem einheitlichen Währungsraum die Möglichkeit, Leitzinsen oder Vorschriften, die Auswirkungen auf die Geldmenge haben, an die unterschiedlichen Erfordernisse der verschiedenen nationalen Wirtschaften anzupassen. Wenn aber geldpolitische Instrumente fehlen, muss der Ausgleich unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklungen in den verschiedenen Teilen der Euro-Zone durch wirtschaftspolitische Steuerung erfolgen (Lohn- und Steuerpolitik, Transfer- und Ausgleichssysteme, Investitionshilfen, Förder- und Anreiz-Systeme). Solche Mechanismen gab es und gibt es allerdings bislang nicht.
Wirtschaftliche Ungleichentwicklung: Innerhalb einer Währungsunion muss es nicht zwingend zu wirtschaftlichen Ungleichentwicklungen kommen. Ob es zu einer Ungleichentwicklung kommt, hängt maßgeblich davon ab, ob sich die einzelnen Mitgliedsländer an Entwicklungsvorgaben, z.B. das Inflationsziel, halten oder nicht. Die Ungleichentwicklung, z.B. von Deutschland und Griechenland beim Preisniveau, ist damit eigentlich kein direktes Problem des Euro, allerdings begünstigt auch hier das Fehlen einer wirtschaftspolitischer Koordination eine solche Entwicklung.
Bankenkrise in der Währungsunion
Auch wenn ich die damalige Bankenrettung für die richtige Reaktion halte, weil die Risiken eines gänzlichen Zusammenbruchs meines Erachtens tatsächlich bestanden, halte ich den Umgang mit den Folgen der Bankenkrise für mitverantwortlich für die akute Euro-Problematik. Wäre die Bankenrettung nicht von den Nationalstaaten direkt, sondern über eine europäischen Fonds finanziert worden, dessen Lasten durch eine künftige Bankenabgabe getragen worden wären, dann gäbe es z.B. keine Schuldenproblematik in Irland. Viele Probleme, die auf die etwas schräge Verteilung der Krisenkosten zu Lasten nationaler Steuerzahler zurückgehen, wären somit gar nicht erst entstanden.
Kreditklemme: Staaten mit nationaler Währung, wie z.B. Großbritannien, haben die Kreditklemme geldpolitisch beseitigt. Die Nationalbanken haben z.B. zum Teil Staatsanleihen des eigenen Landes gekauft, um die Finanzierung sicherzustellen. In der Euro-Zone war dies nicht möglich. Zusätzlich führte die Kapitalverschiebung innerhalb der Euro-Zone dazu, dass nicht alle Länder von der Kreditklemme in gleichem Maße betroffen waren, sondern die Kreditklemme das schwächste Glied in der Kette am stärksten traf. Das Fehlen geldpolitischer oder wirtschaftspolitischer Instrumente, die zu einem Ausgleich der wachsenden Ungleichgewichte (in diesem Fall bei der Bonität bzw. den Zinsforderungen für Staatsanleihen) hätten beitragen können, verschärfte das Problem zusätzlich.
Fatale Rettungspolitik
Neben der schleichenden wirtschaftlichen Ungleichentwicklung in der Euro-Zone, einer Bankenkrise mit nicht gerade idealer Verteilung der Krisenkosten auf den Schultern nationaler Steuerzahler und Mechanismen, welche die Folgen der entstandenen Ungleichgewichte zusätzlich verschärften, setze in der Folge der Verwerfungen auch noch eine Rettungspolitik mit zum Teil fatalen Auswirkungen ein. Sowohl die grundsätzliche Konstruktion des ESM sehe ich als sehr zweifelhaft an als auch die einseitig auf Ausgabenkürzung setzenden Konsolidierungspolitik.
www.mister-ede.de - Die zwei Krisen der Finanzkrise
These zu den Folgen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
These zu den Ursachen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
These zu den Folgen der Finanzkrise von 2008 / 2009 (Bankenkrise)
These zu den Ursachen der Finanzkrise BIS 2009 (Bankenkrise)
nemo
Sehr gute und verständliche Analyse MisterEDE!
Ich möchte noch hinzufügen, dass die europäische Bankenkrise weiteraus bedrohlicher ist, als es der jüngste EZB-Stresstest suggeriert, der so eine Art Valium für die Finanzmärkte sein soll. So blieb bei der Bewertung der geprüften Banken weitgehend außen vor in wieweit sie möglichen Verlusten durch alle möglichen Formen von Derivaten (Futures, Optionen, Swaps etc.) ausgesetzt sind, Finanzprodukte, die sie weitgehend außerhalb der offiziellen Bilanzen geparkt haben.
Ein Indiz dafür: Warum peilt die EZB die gigantische Summe von 9 Billionen EUR an, um allein Asset Backed Securities mit AAA Ranking anzukaufen und davon auch jeweils nur die Senior Tranchen. Was ist mit dem Restmüll. Die Darstellung in der Öffentlichkeit dieser Aktion als Ankauf von Pfandbriefen, dem deutschen Inbegriff einer quasi mündelsicheren Anlageform war schon eine Frechheit. Es fragt sich also was noch für Schrott in den Büchern der Banken versteckt ist.
Außerdem sind die Banken der Eurozone nicht mehr nur to big to fail, sondern inzwischen auch to big to bail. So ist würde ein Totalzusammenbruch und ein Bailout der (3) wichtigsten systemrelevanten US-Banken des BIP in den USA mit 20 bis 30 % belasten. Schon dies eine grauenhafte Vorstellung in einem Land in dem 150 Millionen Menschen von Pay check zu Pay check leben und 70 Millionen Handfeuerwaffen unterwegs sind, aber trotzdem sicher nicht das Ende der Geschichte der USA.
In der Eurozone liegt diese Ratio bei 300 bis 400% (!) des Gesamt BIP der Eurozone mit unvorstellbaren Konsequenzen. To big to bail!!. Deswegen wird die EZB, um die Banken liquide zu halten, Geldmengen in Umlauf bringen, gegen die der Bundeshaushalt bald aussieht wie die Portokasse der Kanzlerin.
Zudem haben die US-Banken das sogenannte Leverage, das du an anderer Stelle schon dankenswerterweise thematisiert hat, deutlich reduziert, während es in der Eurozone immer noch abenteuerlich hoch ist.