These zu den Folgen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
Nach der Banken- und Finanzmarktkrise von 2008/2009, die in vielen Ländern der Welt zu einer Rezession bei gleichzeitig stark steigenden Staatsschulden führte, wurden die Länder der Eurozone mit der Eurokrise konfrontiert. Die Ursache dieser speziellen Eurokrise ist kurz gesagt, dass es auf der einen Seite in der Eurozone keine Wechselkurse gibt und es auch nicht möglich ist, durch geldpolitische Maßnahmen auf die wirtschaftliche Entwicklung eines einzelnen Landes innerhalb der Währungsunion zu reagieren, auf der anderen Seite aber keine effektive Koordination stattfindet und sowohl Angleichungs- als auch Ausgleichsmechanismen fehlen. Dazu kommt, dass sich hierdurch begünstigt bereits im Vorfeld der Eurokrise die Preisniveaus der einzelnen Regionen deutlich auseinanderentwickelt haben.
Krise der Wettbewerbsfähigkeit: Eine Folge der Eurokrise war daher die Krise der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund von unterschiedlichen Lohn- und Preisniveaus. Zwar fand die Auseinanderentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit bereits in den Jahren zuvor statt, dennoch wurde dies erst im Anschluss an die Banken- und Finanzmarktkrise deutlich, weil hierdurch unter anderem auch Preisblasen platzten, die das Problem der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit lange Zeit überdeckten. Allerdings nicht die Divergenz der Wettbewerbsfähigkeit alleine, sondern die Kombination mit dem Währungsverbund verursachte diese Krise der Wettbewerbsfähigkeit, weil in einer Gemeinschaftswährung der übliche Anpassungsmechanismus, der Wechselkurs, fehlt. Ein Ausgleich der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeiten auf dem Weg der Geldpolitik war also versperrt und andere Instrumente, wie z.B. eine koordinierte Wirtschaftspolitik in der Eurozone, fehlten oder waren nicht ausreichend.
Krise der Bonität (Kreditklemme, Liquiditätskrise): Eine weitere Folge der Eurokrise war die Krise der Bonität, also die starken Unterschiede zwischen der Bonität der einzelnen Euro-Länder. Während hierdurch verstärkt Euro-Kapital nach Deutschland und in andere als sicher geltenden Euro-Ländern floss, mussten Länder mit sinkender Bonität immer höhere Zinsen zahlen. Das kleine Irland, das aufgrund der Banken- und Finanzmarktkrise einen erheblichen Finanzbedarf hatte, konnte sich daher zuerst nur noch mit Mühe an den Finanzmärkten mit Kapital versorgen und später gar nicht mehr. Auch andere Länder der Eurozone erlebten, z.B. wegen der oben genannten fehlenden Wettbewerbsfähigkeit, einen Rückgang der Bonität mit der Folge von Kapitalabwanderung und steigenden Zinsen. Besonders Griechenland, das neben der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit auch gefälschte Zahlen und ein riesiges Haushaltsdefizit eingestehen musste, wurde hiervon getroffen, aber auch z.B. Spanien, Portugal oder auch Italien mussten höhere Zinskosten verkraften. Bekannt ist dieser Teil der Eurokrise als „Europäische Staatsschuldenkrise“.
Krise der Politik: Eine dritte Folge der Eurokrise ist aus meiner Sicht eine Krise der europäischen Institutionen und der europäischen Politik. Deutlich wurde durch die Eurokrise nämlich nicht nur die Auseinanderentwicklung der Wirtschaften der Eurozone, z.B. bei der Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch, dass es an wesentlichen Instrumenten fehlt, um solche Scherenbewegungen effektiv zu verhindern oder, dort wo sie auftreten, Gegenmaßnahmen einzuleiten und die Folgen einer solchen Divergenz, z.B. bei der Bonität, abzumildern.
Die Krise der europäischen Politik wird dabei allerdings nicht einfach durch das Fehlen der passenden Institutionen und Mechanismen ausgelöst, sondern vielmehr dadurch, dass vieles von dem, was für die Eurozone sinnvoll oder notwendig wäre, mit den aktuellen EU-Verträgen nicht vereinbar ist. Dazu kommt, dass solche Gestaltungen häufig nicht einmal mit den Zielvorstellungen für die EU übereinstimmen, die manche politischen Kreise haben oder die bei Regierungen und Bevölkerungen in manchen EU-Staaten vorherrschen. Während vielerorts noch immer angestrebt wird, die EU im Wesentlichen zu einem Staatenbund mit viel Wettbewerb zwischen den Staaten zu entwickeln, benötigt eine Währungsunion eine wesentlich stärkere wirtschaftliche Koordination, weil ein Auseinanderentwickeln z.B. von Bonität oder Wettbewerbsfähigkeit nicht auf geldpolitischem Wege ausgeglichen werden kann. Die politische Krise besteht also nicht darin, dass der Ist-Zustand der Eurozone noch sehr weit davon entfernt ist, wie sie eigentlich aussehen sollte, sondern darin, dass dieser Soll-Zustand vielerorts überhaupt nicht den Vorstellungen der politischen Akteure entspricht. Dieser politischen Krise dürften daher auch das Notkonstrukt der Troika und die schräge Gestaltung der Rettungsschirme geschuldet sein, mit denen versucht wurde, an den Grenzen des durch nationale Verfassungen und europäische Verträge erlaubten, zumindest in einem gewissen Maße das Fehlen z.B. von gemeinsamer Haftung oder gemeinsamen Budgets auszugleichen.
Die Entwicklung in Deutschland: Deutschland wurde ähnlich wie andere Länder in und außerhalb der Eurozone 2008/2009 durch die Banken- und Finanzmarktkrise getroffen und schlitterte in eine Rezession. Allerdings eine recht ordentliche Ausgangslage, z.B. bei der Wettbewerbsfähigkeit, und auch die damals offensive Konjunkturpolitik, die trotz massivem Überschreiten der Maastricht-Kriterien betrieben wurde, haben eine schnelle wirtschaftliche Erholung ermöglicht. Desweiteren haben sowohl die Abwertung des Euro, welche vor allem wegen der Probleme in Südeuropa notwendig war, als auch die Bankenrettung in anderen Ländern, z.B. in Irland, dazu geführt, dass sich auf der einen Seite der Schaden durch die Finanzkrise für Deutschland in Grenzen hielt und auf der anderen Seite die Wirtschaft schnell wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehrte. In Folge dieser Erholung konnte Deutschland ab 2010 dann als „sicherer Hafen“ von seiner guten Bonität zusätzlich profitieren, zumal sich die Bonität in den Krisenstaaten weiter verschlechterte. Eine Folge der Eurokrise war daher, dass Deutschland eine deutliche konjunkturelle Unterstützung erhalten hat, welche die Auswirkungen der Banken- und Finanzmarktkrise abmilderte.
Die Entwicklung in Irland: Irland war nach der Banken- und Finanzmarktkrise mit einer schweren Rezession und erheblichen neuen Schulden konfrontiert. Auf der einen Seite sanken daher die Immobilienpreise, Unternehmen gingen pleite und die Arbeitslosenzahlen stiegen rasant, auf der anderen Seite sah sich der irische Staat mit erheblichen neuen Zinsbelastungen konfrontiert, die ein riesiges Loch in die künftigen Haushalte riss. Im Zusammenspiel von Rezession, großem Finanzbedarf und sinkender Bonität verschlechterten sich die Zinskonditionen dann soweit, dass Irland, trotz frühzeitiger Finanzhilfen der EU im Jahr 2009, im Verlauf des Jahres 2010 dem Staatsbankrot immer näher rückte.
Die Entwicklung in Griechenland: In Griechenland kam zur Rezession, die durch die Banken- und Finanzmarktkrise verursacht wurde, und zu den durch Stützungsmaßnahmen von Banken zusätzlich angefallenen Staatsschulden eine allgemein desolate Lage hinzu, die bis zu diesem Zeitpunkt verschleiert wurde. Der Zustand des Staats, die mangelnde Steuerverwaltung, fehlende Wettbewerbsfähigkeit und auch der schon vor der Krise aufgebaute massive Schuldenberg haben dazu geführt, dass Griechenland seinen erheblichen Finanzbedarf nicht mehr decken konnte und 2010 vor einer weitestgehend selbstverursachten Pleite stand.
Die Entwicklung in Spanien / Portugal / Italien / Frankreich: Spanien, Portugal, Italien und Frankreich waren ebenfalls durch die Banken- und Finanzmarktkrise von 2008/2009 angeschlagen und mussten steigenden Zinsen und eine Rezession verkraften. Dazu kam die nun deutlicher werdende mangelnde Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder, wegen der, anders als in Deutschland, nicht mit Konjunkturpaketen, sondern mit jenen Rezepten auf die wirtschaftliche Situation reagiert wurde, die später europaweit unter dem Namen Austeritätspolitik Bekanntheit erlangten. Daneben kennzeichnete sich die Situation in diesen Ländern, bevor die Rettungspolitik bei Irland bzw. Griechenland einsetzte, dadurch, dass vor allem die Frage im Vordergrund stand, ob die Banken dieser Länder, z.B. Frankreichs, noch weitere Stützungsmaßnahmen benötigen. Eine Befürchtung war dabei unter anderem, dass ein Staatsbankrot Griechenlands zu weiteren Verwerfungen unter den Banken führen könnte und hierdurch weitere Bankenrettungsmaßnahmen nötig werden, die eine Art Dominoeffekt in der Eurozone auslösen. Auch dies hat dazu beigetragen, dass im Verlauf des Jahres 2010 mit einer Euro-Rettungspolitik begonnen wurde, die an das Prinzip der Austerität anknüpfte.
www.mister-ede.de - Die zwei Krisen der Finanzkrise
These zu den Folgen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
These zu den Ursachen der Finanzkrise AB 2009 (Eurokrise)
These zu den Folgen der Finanzkrise von 2008 / 2009 (Bankenkrise)
These zu den Ursachen der Finanzkrise BIS 2009 (Bankenkrise)