Hallo sophieso,

Ja, "das C bleibt bis heute trügerisch", wie Du schreibst, aber mehr noch, es macht die Partei unfrei. Sie kann die Geschichte und die Gegenwart nicht neutral beurteilen. Sie fürchtet, dass man ihr vorwirft, alles durch die christliche Brille zu sehen, und dem will sie auf jeden Fall entgegen steuern. Dabei schlägt das Pendel nach der andern Seite aus.

Das zeigt sich an ihrem Sich-Herumwinden um eine eindeutige Stellungnahme zu dem, was die Armenier vor 100 Jahren in der Türkei betraf. War es ein "Völkermord"? Man will die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches nicht vor den Kopf stoßen. Man will die Muslime nicht verletzen. Aber hat man diese Rücksichtnahme wirklich nötig in einem Land, das seit 70 Jahren dabei ist, seine eigene schuldhafte Vergangenheit aufzuarbeiten?

Die Grünen wie ihr Chef Cem Özdemir oder das MdB Franziska Brantner haben es einfacher zu urteilen, weil man ihnen nicht eine "christliche" Einseitigkeit der Sicht vorwerfen kann.

Auch will die CDU gerade, oder trotz ihres "C" im Parteinamen nichts davon wissen, dass z.Zt. 80 % aller Verfolgten Christen sind. Gut, ich kann es verstehen, man will in Deutschland keinen "clash of civilisations". Aber dann sollte die Partei auch so ehrlich sein und das "C" in ihrem Parteinamen z.B. durch ein "K" (= Konservative) zu ersetzen. M.E. würde es einer Selbstbefreiung der konservativen Demokraten gleichkommen zu mehr Unbefangenheit und Objektivität, was die Geschichte und die Gegenwart angeht.

Ich bin gespannt, wie sich J.Gauck zur Armenier-Frage äußern wird.