Ich lebe in der Schweiz. Ich habe noch nie beobachtet, dass Menschen genervt sind von zu viel Demokratie. Es passiert relativ oft, dass Fragen diskutiert werden, welche mich nicht sonderlich tangieren oder interessieren oder wo ich keine Meinung dazu habe. Das ist absolut ok. In diesen Fällen kann man, analog zur repräsentativen Demokratie einfach nicht partizipieren bzw. sich der Stimme enthalten. Nicht alle Menschen sind an allen Fragen interessiert. Aus diesem Grunde ist es auch natürlich ridikulös, Menschen zur politischen Partizipation zwingen zu wollen. Die direkte Demokratie führt auf der anderen Seite dazu, dass politische Diskussionen nicht nut theoretisch sind: “normale” Menschen auf der Strasse möchten andere Menschen von ihren Ideen überzeugen, da diese partizipieren können und da Jedermans Meinung Gewicht haben kann. Das Parlament ist überall. Ob via Smartphone App oder per Urne abgestimmt wird ist nebensächlich. Die Idee aber, dass Menschen auf der Strasse zu dumm oder ungebildet sind, an der politischen Diskussion teilzunehmen ist nicht nur elitär und arrogant, sondern schlicht und einfach unwahr. Parlamentarier sind auch nur Menschen, und denken und reden oft viel Nonsens, so wie alle anderen auch. Ich persönlich habe Mühe damit, darauf zu vertrauen das eine Polit-Marke/Partei/Person die ich nicht kenne mich adäquat repräsentiert. Ich denke, dass dieses Phänomen eine substantielle Quelle der Politmüdigkeit in der repräsentativen, indirekten Demokratie darstellt. Aufgrund der heutigen medialen und technologischen Möglichkeiten ist die artifizielle Distanz zwischen Bürger und Politik, welche durch die representative Demokratie verursacht wird schlicht und einfach nicht notwendig.