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    MisterEde · angelegt
     

    Es gibt nur eine einzige Gesellschaft:

    Es ist relativ simpel. Man kann auf den unterschiedlichen Ebenen (Gemeinde, Land, Bund) ganz viele verschiedene gesellschaftliche Ausgestaltungen diskutieren, aber eben immer nur eine einzige umsetzen, die dann auch gilt. Das heißt, wir können zwar hunderte verschiedene Ideen für eine Neuregelung des Urheberrechts haben, aber am Ende kann es nur ein einziges Urheberrechtsgesetz in Deutschland geben.

    Irgendwie muss also aus den vielen Ideen genau eine Gestaltung entwickelt werden, hinter der in einem demokratischen System dann auch die Mehrheit steht. Und das läuft eben über Diskussion und Kompromisssuche.

    „ich halte Parteien für unverzichtbare Akteure im politischen System“

    Das sehe ich genauso, weshalb ich eben dafür werbe, sich auch dort zu engagieren. Parteien haben außerdem gerade die oben beschriebene Funktion, Ideen zu bündeln und durch innerparteiliche Diskussionen erste Kompromisse zu erarbeiten, die dann gemeinsam getragen werden. Diese Bündelung hat nicht nur eine wichtige Funktion bei der Meinungsbildung, sondern schafft dann eben gerade die notwendige politische Schlagkraft, die einem Einzelnen sonst meistens fehlt und diese fehlende Schlagkraft beklagt ihr ja.

    „Kann man angesichts der Masse von Menschen, die sich heute jenseits der politischen Parteien meinen zu engagieren, noch davon sprechen, dass sich politisches Engagement nur in politischen Parteien abspielt?“

    Man kann sich vielfach auch außerhalb von Parteien politisch engagieren. Das ist auch genauso ehrenwert, wobei ich das „ehrenwert“ insoweit einschränken muss, als sich Engagement natürlich nicht ohne den Inhalt bewerten lässt. Pegida oder NPD sind zwar auch engagiert, aber eben nicht gerade ehrenwert.

    „Sollten sich da wirklich nur wir an die eigene Nase fassen, und nicht auch die Parteien?“

    Definitiv müssen das auch die Parteien! Vor ein paar Tagen habe ich bei einem Treffen nur mal vorsichtig angeregt, Parteiveranstaltung im Vor- und Nachgang im Netz zu betreuen und erntete ziemliches Unverständnis. Die Menschen wollten etwas zum anfassen, war das Argument. Zwar reden alle immer wieder davon, dass etwas geändert werden muss, aber sobald man nur minimale Veränderungen vorschlägt, kommt der große Widerstand. Dabei würde da noch nicht mal irgendetwas z.B. an einem Vortrag wegfallen, wenn er dann zusätzlich auch im Netz diskutiert würde.

    Nur umgekehrt, ohne Eure Bereitschaft Euch auf Parteien einzulassen, bringt es auch nichts, wenn sich die Parteien ändern. Insofern will ich nochmal betonen, niemand kann für Euch Euer parteipolitisches Engagement übernehmen.

    „Nur weil jemand sich "nur" für Politik interessiert und nicht Politik "spielt" heißt das also nicht, dass er kein Recht auf politischen Einfluss hat“

    Das sehe ich gänzlich anders, wobei ich mit dem Vergleich nicht nur eine Parteimitgliedschaft meinte, sondern politisches Engagement im Allgemeinen. Jeder hat das Recht wählen zu gehen, aber dieses Recht wahrnehmen, kann nur jeder selbst. Und wer das eben nicht macht, der braucht nicht die Schuld bei anderen zu suchen. Genauso darf jeder auf Demos gehen, seinen Abgeordneten Mails oder Briefe schreiben, sie auf Versammlungen befragen, seine Meinungen einbringen, Petitionen einreichen, Parteien gründen und so weiter. Dies alles muss aber jeder selbst machen. Und interessieren alleine reicht da halt noch nicht aus.

    „Aber ich würde mich durchaus als politisch interessiert und auch engagiert bezeichnen“

    Natürlich bist Du politisch engagiert, die Frage ist aber, in welchem Teilbereich des politischen Prozesses dein Engagement anzusiedeln ist. Zwar ist das Einbringen von Ideen und Vorstellungen eine wichtige Grundlage, aber hier beginnt der politische Prozess ja erst. Denn das Einbringen alleine trägt eben noch nicht dazu bei, dass diese Vorstellungen dann mit anderen abgeglichen und zu einem Kompromiss geführt werden. Das aber ist gerade der Kern der Politik und gar nicht so sehr das einbringen unterschiedlicher Vorstellungen.

    „dennoch kann ich mich mit keiner einzigen Partei hinreichend identifizieren“

    Vielleicht sollten wir zusammen mal überlegen, was die Individualisierung unserer Gesellschaft mit dieser Entwicklung zu tun hat. Wir ziehen die Kleidung an, die uns gefällt, das Auto hat die Farbe, die wir wollen, unsere Netz-Profile sind auf unsere Bedürfnisse eingestellt, nur eben bei Vereinen oder Parteien geht das so nicht. Die können nicht so sein, dass jedes Mitglied genau das bekommt, was ihm gefällt. Könnte das mit dazu beitragen, dass nicht nur Du, sondern viele Menschen heutzutage das Gefühl haben, keine Partei passt zu Ihnen?

    „Man muss nicht im Stadion sitzen oder Vereinsmitglied sein, um als Zielgruppe für die Vereine interessant zu sein. Warum ist das in der Politik scheinbar anders?“

    Politik machen alle Parteien um die Gesellschaft zu verändern und insofern ist die Zielgruppe die gesamte Bürgerschaft, weshalb ich diese Wahrnehmung so nicht teilen kann. Klar ist aber, vor dem Fernseher sitzen und bei einer vergebenen Torchance zu meckern, ist das eine, das andere ist es, auf dem Platz zu stehen und es besser zu machen.

    Abschließend: Ich habe mir jetzt als einfaches Parteimitglied wirklich sehr viel Mühe gemacht, um Euch davon zu überzeugen, zumindest Euer generelles Nein zum Parteienengagement zu überdenken. Dort wo Ihr seid, nicht nur im Netz, sondern sogar auf der Plattform, die Ihr nutzt. Es würde mich daher wirklich interessieren, ob Ihr trotzdem auch morgen noch sagt, dass Parteien nicht auf Euch zugehen? Gerade Dein Nachtrag, Mayte, „eine Mitgliedschaft kommt für mich aber aus diversen Gründen einfach nicht in Frage“, zeigt doch, dass Parteien bei Dir im Prinzip keine Chance haben, egal was sie machen.

    Zumindest ich bleibe an dieser Stelle ratlos…