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    MisterEde · angelegt
     

    Hallo Mayte,

    vielleicht sollte ich kurz erwähnen, dass ich jetzt auch nicht derjenige bin, der Parteiarbeit als das ausnahmslos wichtigste politische oder gar gesellschaftliche Engagement empfindet.

    Gesellschaftliches Engagement: Was gesellschaftliches Engagement anbelangt, liegt dieses für mich schon im „verantwortlichen Handeln“ des Einzelnen. Der Landwirt, der weder in einer Partei noch sonst irgendwo ehrenamtlich aktiv ist, dafür aber versucht, so ökologisch wie möglich zu produzieren, oder die Pflegekraft, die sich den ganzen Tag liebevoll um Menschen kümmert und dann abends einfach abschalten muss, tragen auch ihren Teil zur Gesellschaft bei genauso wie auch Eltern, die ihre Kinder großziehen oder Konsumenten, die sich ordentlich informieren, um fair zu handeln. Und ich würde das jetzt einfach nicht untereinander oder mit politischem Engagement (Demo, Partei, NGO) in Konkurrenz setzen wollen. Und ja natürlich, für all diese Menschen wollen und müssen Parteien Politik machen, auch wenn diese nicht in Parteien organisiert sind. Und normalerweise ist hier dann der Weg, dass auf den unterschiedlichen Ebenen (EU/Bund/Land/Kommune) die Parteien Programme erarbeiten und sich damit um die Vertretung der Bürger beim Bürger bewerben, der dann am Ende in einer Wahl entscheidet.

    Insofern würde ich den weiten Bereich des gesellschaftlichen Engagements wieder zu machen, weil ich mich mit meinen Beiträgen auf den Unterpunkt des politischen Engagements beschränken wollte.

    „Zum Recht auf politischen Einfluss bei mangelndem politischen Engagement“

    Wie gesagt, der übliche Weg der politischen Einflussnahme ist zunächst die Wahl und hier kann eben nur jeder Bürger selbst aktiv werden. Selbiges gilt für das Zeichnen von Petitionen oder für Abstimmungen über Volksentscheide. Ansonsten gilt für die Repräsentation oben gesagtes, dass also natürlich auch Nichtwähler politisch repräsentiert werden müssen (z.B. Kinder und Jugendliche unter 16/18).

    Politisches Engagement: Auch beim politischen Engagement sollten unterschiedliche Formen des Engagements nicht als Gegensätze, sondern als zusammengehörig betrachtet werden. Ob jemand auf eine Demo geht, eine Partei oder NGO mit einer Spende unterstützt oder sich darin engagiert oder so wie Du Texte publiziert, Fehler benennt, Kritik äußert, Ideen beisteuert oder den gesellschaftlichen Dialog mit Publixphere fördert, macht für mich absolut keinen Unterschied. Das alles hat nicht nur seine Berechtigung, sondern ist extrem wichtig.

    In diesem Punkt bin ich übrigens ganz bei Aidin, wenn er sagt, dass auch diese Generation keineswegs unpolitisch ist. Deswegen bin ich ja auch extra auf Euren Kommentarstrang betreffs „politischen Druck erzeugen“ eingegangen und nicht direkt auf den Text von Aidin. Und da bin ich eben schon der Meinung, dass unterschiedliche Formen des politischen Engagements unterschiedliche Auswirkungen haben, z.B. auf die Frage, ob daraus „nur“ politischer Druck entsteht oder eben ein mehrheitsfähiger Kompromiss. Und du kannst mich ideologisch nennen, aber diese Mehrheits- und Kompromisssuche ist das, was für mich den Kern des demokratischen politischen Prozesses ausmacht. Wobei ich explizit anfügen will, dass auch das Suchen von Unterschriften für Petitionen, oder die Überzeugungsarbeit in einer NGO, dass eine Demo oder einen Informationsabend zu einem bestimmten Thema durchgeführt wird, nicht weniger Mehrheits- oder Kompromisssuche sind. Und genau das ist am Ende ja auch der Grund, warum es ein entsprechendes politisches Gewicht hat, wenn der Paritätische oder der Mieterschutzbund dann im Namen all ihrer Mitglieder eine Erklärung abgeben. Aus meiner Sicht lässt sich also die Frage nach der „politischen Schlagkraft“ gar nicht von der Frage der Kompromiss- und Mehrheitsfähigkeit trennen und das gilt natürlich auch für die Frage, ob Gruppen in Parteien gut organisiert sind und sich eben vorher schon auf eine gemeinsame Linie verständigen.

    „Um zu Kompromissen zu finden braucht man ja aber erstmal überhaupt den Austausch unterschiedlicher Meinungen.“

    Das stimmt und deshalb wünsche ich mir, dass Parteien, aber auch andere zivilgesellschaftlichen Organisationen (z.B. Stiftungen) in dieser Richtung mehr anbieten. Allerdings, wenn es um die Suche nach Kompromissen geht, braucht es nach meiner Auffassung neben dem Austausch eben auch die generelle Bereitschaft einer Mehrheit, sich auf einen gemeinsamen Weg zu einigen. Und diese Bereitschaft spiegelt sich eben darin wider, sich zunächst einer Gruppe (Partei, Verein, Initiative) anzuschließen, um dann gemeinsam für gewisse Ziele einzutreten.

    „Kann man so jemandem wie Dir denn z.B. auch von außen helfen eine bestimmte Position parteiintern zu vertreten?“

    Wenn Du bei Carta oder sonst wo Texte schreibst oder Aufmerksamkeit für Themen erzeugst, sie in den öffentlichen Diskurs einbringst und damit andere informierst und vielleicht sogar mobilisierst, machst Du das automatisch. Insofern habt Ihr beide, wenn ihr publiziert, ja durchaus einen direkten politischen Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von Themen. Nur eben die politische Schlagkraft im Sinne eines Einflusses auf z.B. Entscheidungen in Parlamenten oder Parteien ist eben sehr indirekt. Umgekehrt hat dafür z.B. ein Bundestagsabgeordneter zwar direkten Einfluss auf die Entscheidung im Parlament, muss aber damit leben, dass eben andere die Meinung machen. Das ist das, was ich damit meine, dass unterschiedliche Formen des politischen Engagements unterschiedliche Auswirkungen haben.

    „Ich würde jedenfalls gerne mit Dir überlegen, wie man die Distanz zwischen Parteien und "uns" verringern könnte.“

    Ende letzten Jahres war die Frage, wie die Distanz überbrückt werden kann, auch bei Carta ein Thema: Parteien auf der Suche nach Zukunft

    Ansonsten weiß ich aber auch nicht ganz, ob ich hierzu der richtige Ansprechpartner bin. Wir betrachten das glaube ich recht ähnlich und ich bin auch nur Bürger und als einfaches Parteimitglied ja kein Politiker.